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Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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rohen, erhitzten Einbildungskraft. Dann ging er zur Stärkung seiner Zuhörerin auf den Ruhm des Königs Friedrich über, und die Begeisterung, die dieser Held damals so vielen Gemüthern einflößte, machte sein unbedeutendes Gesicht lebendig und beseelt. Das ist kein Wunder, wertheste Gevatterin, rief er aus, daß solch ein König solche Soldaten hat! Wie Sie mich hier sehen, ich bin ein friedlicher Mann, aber wenn ich recht an ihn denke, ich glaube, ich könnte selbst mit dreinschlagen. Ueberlegen Sie nur: die Schlacht bei Leuthen! Dreimal so schwach war er, wie der Feind; bei ihm Mangel, bei jenem Ueberfluß; seine Leute hatte der Marsch erschöpft, die Anderen hatten Ruhe genossen. Das konnte Alles nichts ausrichten gegen sein Genie und seinen Blick. Angegriffen, und gesiegt. Und die Sterbenden, als sie am Boden lagen, riefen ihren Brüdern noch zu: Fechtet wie brave Preußen, an uns ist nichts gelegen, wir sterben für den König!

Justine trocknete die Augen. War denn mein General Ziethen auch dabei? fragte sie. Du lieber Gott, hätte ich das denken sollen, als ich ihn auf dem Arme trug! Aber ich sagte oft: Junker Joachim, sagte ich --

Er ist überall dabei, wo der König ist, unterbrach sie Neumann; dieses Mal hat er die Feinde bis Böhmen gejagt, 2000 Gefangene und 3000 Wagen erbeutet. Es sind überhaupt nach meiner Berechnung --

Junker Joachim, sagte ich, fiel ihm Justine wie-

rohen, erhitzten Einbildungskraft. Dann ging er zur Stärkung seiner Zuhörerin auf den Ruhm des Königs Friedrich über, und die Begeisterung, die dieser Held damals so vielen Gemüthern einflößte, machte sein unbedeutendes Gesicht lebendig und beseelt. Das ist kein Wunder, wertheste Gevatterin, rief er aus, daß solch ein König solche Soldaten hat! Wie Sie mich hier sehen, ich bin ein friedlicher Mann, aber wenn ich recht an ihn denke, ich glaube, ich könnte selbst mit dreinschlagen. Ueberlegen Sie nur: die Schlacht bei Leuthen! Dreimal so schwach war er, wie der Feind; bei ihm Mangel, bei jenem Ueberfluß; seine Leute hatte der Marsch erschöpft, die Anderen hatten Ruhe genossen. Das konnte Alles nichts ausrichten gegen sein Genie und seinen Blick. Angegriffen, und gesiegt. Und die Sterbenden, als sie am Boden lagen, riefen ihren Brüdern noch zu: Fechtet wie brave Preußen, an uns ist nichts gelegen, wir sterben für den König!

Justine trocknete die Augen. War denn mein General Ziethen auch dabei? fragte sie. Du lieber Gott, hätte ich das denken sollen, als ich ihn auf dem Arme trug! Aber ich sagte oft: Junker Joachim, sagte ich —

Er ist überall dabei, wo der König ist, unterbrach sie Neumann; dieses Mal hat er die Feinde bis Böhmen gejagt, 2000 Gefangene und 3000 Wagen erbeutet. Es sind überhaupt nach meiner Berechnung —

Junker Joachim, sagte ich, fiel ihm Justine wie-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:20:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:20:58Z)

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Zitationshilfe: Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/40>, abgerufen am 21.11.2024.