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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ren ins Gesichte fiel; und also die Rachgier in
ihren ohne diß verbitterten Gemüthern ver-
grösserte. Bojorich unterließ nichts/ was ein
kluger Feldherr/ und ein hertzhaffter Held aus-
üben kan; und Marius bezeigte sich als ein
Wunder in der Kriegs-Wissenschafft. Drey
Stunden lang blieben beyde Schlacht-Ord-
nungen noch unverrückt; ungeachtet der Wind
mit erregtem Staube/ und zugleich die Sonne
die Deutschen eine gute Zeit blendete. Denn
Bojorich ließ den Hertzog Cesorich wissen: daß
er mit dem lincken Flügel und dem mittelsten
Heere etwas gegen Westen weichen wolte/ um
halben Wind und Sonne zu gewinnen. Da-
her solte er mit dem rechten Flügel feste stehen
bleiben; welcher Anschlag auch glückte; und
würden die Römer wie die Sonne/ welche die
der Hitze ungewohnten Cimbern hefftig plag-
te/ den Staub ins Gesichte bekommen haben:
wenn nicht der Wind sich/ gleich als wenn selb-
ter unter der Botmäßigkeit der Römer/ und das
Glücke ihr angebohrnes Erbgut wäre/ sich aber-
mahls gewer det/ und aus Ost so starck zu wü-
ten angehoben hätte: daß die Deutschen fast
kein Auge auffthun konten; sondern gleichsam
blinde Fechter abgeben musten.

Ob nun wolder Staub der deutschen Helden
Augen verdüsterte/ versehrte er doch nicht ihre
Hertzen. Bojorich durchstach einen Römischen
Obersten Lucius Drusus; welchen er wegen sei-
ner güldenen Rüstung für den Marius ansahe/
Hertzog Merodach verwundete den Catulus;
und der verzweiffelte Fürst Lucius riß einen Rö-
mischen Adler zu Bodem; ward aber zu grossem
Unglück erstochen. Aber welche Großmüthig-
keit mag gegen dem donnernden Verhängnisse
bestehen? Welche Riesen-Armen sind dem Win-
de gewachsen; welcher auch hundertjährige Ei-
chen mit ihren Wurtzeln ausreisset. Wer kan
denen Pfeilen fürbeugen/ die der Himmel selbst
von seinen Bogen abscheust/ und uns ins Hertze
richtet? Wer wil die Augen des Leibes und des
[Spaltenumbruch] Gemüthes gegen die uns selbst bländende Gott-
heit auffthun? Daher stürtzte Hertzog Cesorich
ohne seine Verwahrlosung mit dem Pferde in
einen Graben/ und ward gefangen. Sylla
erlegte mit eigener Faust seinen Bruder Uffo/
einen zwar hertzhafften Fürsten; von welchem
aber noch die besten Früchte zu hoffen waren.
König Bojorich/ welcher ihm vorgesätzt hatte
zu sterben/ oder den Wind noch einmahl zu ge-
winnen/ drang durch drey Römische Hauffen
wie ein Blitz/ und erlegte selbigen Tag eigen-
händig zwey und dreißig Feinde; aber er ward
doch endlich durch eben so viel Wunden erleget.
Worbey Marius das Glücke hatte: daß er ihm
die letzte/ und hiermit auch selbten vom Pferde
setzte; welchem aber dieser Römische Feldherr
nachrühmte: Bojorich hätte wie ein Löw ge-
fochten/ und seine Haut theuer verkaufft. Bey
Entfallung dieser drey fürnehmer Häupter mu-
sten die von dem dürren Winde/ und der uner-
träglichen Hitze der damahls im Löwen bren-
nenden Sonne fast verschmachtenden und zer-
schmeltzenden Deutschen nicht so wohl der Tu-
gend der Römer/ als dem Winde/ der Sonne
und dem Verhängniße aus dem Wege tre-
ten/ und so gut sie konten sich in ihr Läger ziehen.
Ein Theil derselben flüchtete sich auch in eine
Wagenburg; in welche die Königin Hatta/ des
Fennischen Königs Tochter/ die Fürstin Leut-
garde/ Kumißa/ Adela/ und etliche tausend ed-
le Frauen und Jungfrauen ohne die gemeinen
sich unter einem rauhen Berge engeschlossen
hatten. An diese setzten zwey Römische Legi-
onen mit etlich tausend Balearischen Schützen
an; weil Marius in einem Tage dem Cimbri-
schen Kriege ein Ende machen wolte/ sie wur-
den aber nicht so wohlvon der wenigen Mann-
schafft/ als denen behertzten Weibern/ und
zugleich denen starcken Hunden dreymahl zu-
rück getrieben. Als aber Marius endlich durch
Pech/ Hartzt und Schwefel die Wagenburg in
Brand brachte/ und sie sich verlohren sahen;

schickte

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ren ins Geſichte fiel; und alſo die Rachgier in
ihren ohne diß verbitterten Gemuͤthern ver-
groͤſſerte. Bojorich unterließ nichts/ was ein
kluger Feldherr/ und ein hertzhaffter Held aus-
uͤben kan; und Marius bezeigte ſich als ein
Wunder in der Kriegs-Wiſſenſchafft. Drey
Stunden lang blieben beyde Schlacht-Ord-
nungen noch unverruͤckt; ungeachtet der Wind
mit erregtem Staube/ und zugleich die Sonne
die Deutſchen eine gute Zeit blendete. Denn
Bojorich ließ den Hertzog Ceſorich wiſſen: daß
er mit dem lincken Fluͤgel und dem mittelſten
Heere etwas gegen Weſten weichen wolte/ um
halben Wind und Sonne zu gewinnen. Da-
her ſolte er mit dem rechten Fluͤgel feſte ſtehen
bleiben; welcher Anſchlag auch gluͤckte; und
wuͤrden die Roͤmer wie die Sonne/ welche die
der Hitze ungewohnten Cimbern hefftig plag-
te/ den Staub ins Geſichte bekommen haben:
wenn nicht der Wind ſich/ gleich als wenn ſelb-
ter unter der Botmaͤßigkeit der Roͤmer/ und das
Gluͤcke ihr angebohrnes Erbgut waͤre/ ſich aber-
mahls gewer det/ und aus Oſt ſo ſtarck zu wuͤ-
ten angehoben haͤtte: daß die Deutſchen faſt
kein Auge auffthun konten; ſondern gleichſam
blinde Fechter abgeben muſten.

Ob nun wolder Staub der deutſchen Helden
Augen verduͤſterte/ verſehrte er doch nicht ihre
Hertzen. Bojorich durchſtach einen Roͤmiſchen
Oberſten Lucius Druſus; welchen er wegen ſei-
ner guͤldenen Ruͤſtung fuͤr den Marius anſahe/
Hertzog Merodach verwundete den Catulus;
und der verzweiffelte Fuͤrſt Lucius riß einen Roͤ-
miſchen Adler zu Bodem; ward aber zu groſſem
Ungluͤck erſtochen. Aber welche Großmuͤthig-
keit mag gegen dem donnernden Verhaͤngniſſe
beſtehen? Welche Rieſen-Armen ſind dem Win-
de gewachſen; welcher auch hundertjaͤhrige Ei-
chen mit ihren Wurtzeln ausreiſſet. Wer kan
denen Pfeilen fuͤrbeugen/ die der Himmel ſelbſt
von ſeinen Bogen abſcheuſt/ und uns ins Hertze
richtet? Wer wil die Augen des Leibes und des
[Spaltenumbruch] Gemuͤthes gegen die uns ſelbſt blaͤndende Gott-
heit auffthun? Daher ſtuͤrtzte Hertzog Ceſorich
ohne ſeine Verwahrloſung mit dem Pferde in
einen Graben/ und ward gefangen. Sylla
erlegte mit eigener Fauſt ſeinen Bruder Uffo/
einen zwar hertzhafften Fuͤrſten; von welchem
aber noch die beſten Fruͤchte zu hoffen waren.
Koͤnig Bojorich/ welcher ihm vorgeſaͤtzt hatte
zu ſterben/ oder den Wind noch einmahl zu ge-
winnen/ drang durch drey Roͤmiſche Hauffen
wie ein Blitz/ und erlegte ſelbigen Tag eigen-
haͤndig zwey und dreißig Feinde; aber er ward
doch endlich durch eben ſo viel Wunden erleget.
Worbey Marius das Gluͤcke hatte: daß er ihm
die letzte/ und hiermit auch ſelbten vom Pferde
ſetzte; welchem aber dieſer Roͤmiſche Feldherr
nachruͤhmte: Bojorich haͤtte wie ein Loͤw ge-
fochten/ und ſeine Haut theuer verkaufft. Bey
Entfallung dieſer drey fuͤꝛnehmer Haͤupter mu-
ſten die von dem duͤrren Winde/ und der uner-
traͤglichen Hitze der damahls im Loͤwen bren-
nenden Sonne faſt verſchmachtenden und zer-
ſchmeltzenden Deutſchen nicht ſo wohl der Tu-
gend der Roͤmer/ als dem Winde/ der Sonne
und dem Verhaͤngniße aus dem Wege tre-
ten/ und ſo gut ſie konten ſich in ihr Laͤger ziehen.
Ein Theil derſelben fluͤchtete ſich auch in eine
Wagenburg; in welche die Koͤnigin Hatta/ des
Fenniſchen Koͤnigs Tochter/ die Fuͤrſtin Leut-
garde/ Kumißa/ Adela/ und etliche tauſend ed-
le Frauen und Jungfrauen ohne die gemeinen
ſich unter einem rauhen Berge engeſchloſſen
hatten. An dieſe ſetzten zwey Roͤmiſche Legi-
onen mit etlich tauſend Baleariſchen Schuͤtzen
an; weil Marius in einem Tage dem Cimbri-
ſchen Kriege ein Ende machen wolte/ ſie wur-
den aber nicht ſo wohlvon der wenigen Mann-
ſchafft/ als denen behertzten Weibern/ und
zugleich denen ſtarcken Hunden dreymahl zu-
ruͤck getrieben. Als aber Marius endlich durch
Pech/ Hartzt und Schwefel die Wagenburg in
Brand brachte/ und ſie ſich verlohren ſahen;

ſchickte
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 919[921]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/981>, abgerufen am 23.11.2024.