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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Gedächtnisse ins Jahr-Buch/ und machte aus-
ser der Zeit den in Africa noch abwesenden
Marius zum Bürgermeister; welcher aber bald
hierauff nach Rom kam/ den König Jugurtha
nebst seinen zwey Söhnen im Siegs-Geprän-
ge einführte/ und in dem Tullianischen Ge-
fängnisse unter der Erde/ und zwar mit einer
erbärmlichen Begierde zu leben verschmachten
ließ. Das Römische Volck empfing ihn mit
unbeschreiblichen Frolocken/ nennte ihn die
Zierde seiner Zeit/ und den Wiederbringer der
durch den Adel verfallener Tugend. Mas-
sen sie ihm denn auch bald darnach die Both-
mäßigkeit über Gallien/ die Wahl der Kriegs-
Heere übergaben/ ihn auff folgendes Jahr
schon wieder zum Bürgermeister erklärten;
und zwar mit diesem den Edlen verkleinerli-
chen Beysatze: daß die Tugend die Art des ie
länger ie schöner gläntzenden Marmels/ der
Adel aber des mit der Zeit veralternden Hel-
fenbein und Agsteins an sich habe; also die fri-
sche Tugend des unedelgebohrnen Marius an
die Lücke des verwegenen Sylanus/ des ver-
zagten Cöpio/ der geilen Fabier/ der auffge-
blasenen Appier/ und anderer durch Wollüste
absetzender Geschlechte treten/ und man die-
fen das übrige Reichthum/ als nur zu La-
stern dienende Schwung-Federn ausrauffen
müste.

Bojorich ließ hierauff zwar auff der seini-
gen Gutachten an den König Teutobach mu-
then: daß er über den Rhodan/ und mit ihm
in Jtalien fortrücken möchte. Dieser ver-
sprach auch solches kam aber selbtem langsam
nach; weil er sich seine unzeitige Empfindlig-
keit/ oder vielmehr die Begierde mit eigener
Hand etwas denckwürdiges auszurichten über
das Pyreneische Gebürge zu ziehen verleiten
ließ. Die Ursache/ oder doch der Vorwand
war: daß die Celtiberier ihn geäffet hätten/ und
ihrem Versprechen gegen die Römer auffzu-
stehen nicht nachkommen wären. Er drang
[Spaltenumbruch] auch zwar biß an den Fluß Jberus/ und erober-
ten viel Plätze; aber die mit dem Römischen Stadt-
Vogte Fulvius vereinbarten Celtiberier wiesen
ihnen; daß sie nicht wie die weichen Gallier von
der streitbaren Art ihrer Deutschen Voreltern
gewiechen/ noch aus dem Geschirre geschlagen
wären. Daher muste Ulfo nach etlichem Ver-
lust wieder in Gallien weichen. Gleichwol
ließ erden Lusitaniern etliche Hülffs-Völcker;
mit derer Beystand sie den Römern einen em-
pfindlichen Streich versetzten. König Teuto-
bach wendete sich hierauff wohl von dem Pyre-
neischen Gebürge gegen den Rhodan/ in wil-
lens mit ihm in Jtalien zu dringen; jagte fast
alle Römer aus dem Narbonischen Gallien/
und setzte darinnen Kopiln zum Könige ein.
Bojorich stand auch schon unter dem höchsten
Berge der Penninischen Alpen/ die Sonnen-
Säule genant/ und Teutobach bey Secuster
an dem Fluße Druentia; es lieff aber unver-
muthet die Zeitung ein: daß Lucius Sylla vom
Marius/ welcher inzwischen zum Kriege sich
ciffrigst rüstete/ mit einem Heere voran nach
Narbo geschickt; dieser aber mit Hülf-
fe des Gallischen Fürsten Egritomar/ wel-
cher hernach den Junius Silanus als einen
Urheber alles von den Cimbern entsponnenen
Unheils angab/ der Tectosagischen Gallier
König Kopill geschlagen und gefangen bekom-
men hätte. Daher Teutobach nicht für rath-
sam hielt fort zu rücken/ und einen solchen
Feind im Rücken zu lassen. Dem Könige Bo-
jorich ward nichts minder von den Marsen ein
Stein in den Weg geworffen. Denn dieses
zwischen dem Rheine und der Jsel wohnende
Volck ward auff einer Seite von den Sicam-
bern/ auff der andern von den Bructerern so
enge eingesperret: daß sie ihr Vaterland nicht
beherbergen konte. Daher setzte die Helffte ih-
ren Fuß in das fruchtbare Gallien fort/ zohe
an der Mosel hinauff/ an der Arar aber hin-
unter/ machte mit dem Könige Bojorich ein

Bünd-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Gedaͤchtniſſe ins Jahr-Buch/ und machte auſ-
ſer der Zeit den in Africa noch abweſenden
Marius zum Buͤrgermeiſter; welcher aber bald
hierauff nach Rom kam/ den Koͤnig Jugurtha
nebſt ſeinen zwey Soͤhnen im Siegs-Gepraͤn-
ge einfuͤhrte/ und in dem Tullianiſchen Ge-
faͤngniſſe unter der Erde/ und zwar mit einer
erbaͤrmlichen Begierde zu leben verſchmachten
ließ. Das Roͤmiſche Volck empfing ihn mit
unbeſchreiblichen Frolocken/ nennte ihn die
Zierde ſeiner Zeit/ und den Wiederbringer der
durch den Adel verfallener Tugend. Maſ-
ſen ſie ihm denn auch bald darnach die Both-
maͤßigkeit uͤber Gallien/ die Wahl der Kriegs-
Heere uͤbergaben/ ihn auff folgendes Jahr
ſchon wieder zum Buͤrgermeiſter erklaͤrten;
und zwar mit dieſem den Edlen verkleinerli-
chen Beyſatze: daß die Tugend die Art des ie
laͤnger ie ſchoͤner glaͤntzenden Marmels/ der
Adel aber des mit der Zeit veralternden Hel-
fenbein und Agſteins an ſich habe; alſo die fri-
ſche Tugend des unedelgebohrnen Marius an
die Luͤcke des verwegenen Sylanus/ des ver-
zagten Coͤpio/ der geilen Fabier/ der auffge-
blaſenen Appier/ und anderer durch Wolluͤſte
abſetzender Geſchlechte treten/ und man die-
fen das uͤbrige Reichthum/ als nur zu La-
ſtern dienende Schwung-Federn ausrauffen
muͤſte.

Bojorich ließ hierauff zwar auff der ſeini-
gen Gutachten an den Koͤnig Teutobach mu-
then: daß er uͤber den Rhodan/ und mit ihm
in Jtalien fortruͤcken moͤchte. Dieſer ver-
ſprach auch ſolches kam aber ſelbtem langſam
nach; weil er ſich ſeine unzeitige Empfindlig-
keit/ oder vielmehr die Begierde mit eigener
Hand etwas denckwuͤrdiges auszurichten uͤber
das Pyreneiſche Gebuͤrge zu ziehen verleiten
ließ. Die Urſache/ oder doch der Vorwand
war: daß die Celtiberier ihn geaͤffet haͤtten/ und
ihrem Verſprechen gegen die Roͤmer auffzu-
ſtehen nicht nachkommen waͤren. Er drang
[Spaltenumbruch] auch zwar biß an den Fluß Jberus/ und erober-
ten viel Plaͤtze; aber die mit dem Roͤmiſchẽ Stadt-
Vogte Fulvius vereinbarten Celtiberier wieſen
ihnen; daß ſie nicht wie die weichen Gallier von
der ſtreitbaren Art ihrer Deutſchen Voreltern
gewiechen/ noch aus dem Geſchirre geſchlagen
waͤren. Daher muſte Ulfo nach etlichem Ver-
luſt wieder in Gallien weichen. Gleichwol
ließ erden Luſitaniern etliche Huͤlffs-Voͤlcker;
mit derer Beyſtand ſie den Roͤmern einen em-
pfindlichen Streich verſetzten. Koͤnig Teuto-
bach wendete ſich hierauff wohl von dem Pyre-
neiſchen Gebuͤrge gegen den Rhodan/ in wil-
lens mit ihm in Jtalien zu dringen; jagte faſt
alle Roͤmer aus dem Narboniſchen Gallien/
und ſetzte darinnen Kopiln zum Koͤnige ein.
Bojorich ſtand auch ſchon unter dem hoͤchſten
Berge der Penniniſchen Alpen/ die Sonnen-
Saͤule genant/ und Teutobach bey Secuſter
an dem Fluße Druentia; es lieff aber unver-
muthet die Zeitung ein: daß Lucius Sylla vom
Marius/ welcher inzwiſchen zum Kriege ſich
ciffrigſt ruͤſtete/ mit einem Heere voran nach
Narbo geſchickt; dieſer aber mit Huͤlf-
fe des Galliſchen Fuͤrſten Egritomar/ wel-
cher hernach den Junius Silanus als einen
Urheber alles von den Cimbern entſponnenen
Unheils angab/ der Tectoſagiſchen Gallier
Koͤnig Kopill geſchlagen und gefangen bekom-
men haͤtte. Daher Teutobach nicht fuͤr rath-
ſam hielt fort zu ruͤcken/ und einen ſolchen
Feind im Ruͤcken zu laſſen. Dem Koͤnige Bo-
jorich ward nichts minder von den Marſen ein
Stein in den Weg geworffen. Denn dieſes
zwiſchen dem Rheine und der Jſel wohnende
Volck ward auff einer Seite von den Sicam-
bern/ auff der andern von den Bructerern ſo
enge eingeſperret: daß ſie ihr Vaterland nicht
beherbergen konte. Daher ſetzte die Helffte ih-
ren Fuß in das fruchtbare Gallien fort/ zohe
an der Moſel hinauff/ an der Arar aber hin-
unter/ machte mit dem Koͤnige Bojorich ein

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[907[909]/0969] Arminius und Thußnelda. Gedaͤchtniſſe ins Jahr-Buch/ und machte auſ- ſer der Zeit den in Africa noch abweſenden Marius zum Buͤrgermeiſter; welcher aber bald hierauff nach Rom kam/ den Koͤnig Jugurtha nebſt ſeinen zwey Soͤhnen im Siegs-Gepraͤn- ge einfuͤhrte/ und in dem Tullianiſchen Ge- faͤngniſſe unter der Erde/ und zwar mit einer erbaͤrmlichen Begierde zu leben verſchmachten ließ. Das Roͤmiſche Volck empfing ihn mit unbeſchreiblichen Frolocken/ nennte ihn die Zierde ſeiner Zeit/ und den Wiederbringer der durch den Adel verfallener Tugend. Maſ- ſen ſie ihm denn auch bald darnach die Both- maͤßigkeit uͤber Gallien/ die Wahl der Kriegs- Heere uͤbergaben/ ihn auff folgendes Jahr ſchon wieder zum Buͤrgermeiſter erklaͤrten; und zwar mit dieſem den Edlen verkleinerli- chen Beyſatze: daß die Tugend die Art des ie laͤnger ie ſchoͤner glaͤntzenden Marmels/ der Adel aber des mit der Zeit veralternden Hel- fenbein und Agſteins an ſich habe; alſo die fri- ſche Tugend des unedelgebohrnen Marius an die Luͤcke des verwegenen Sylanus/ des ver- zagten Coͤpio/ der geilen Fabier/ der auffge- blaſenen Appier/ und anderer durch Wolluͤſte abſetzender Geſchlechte treten/ und man die- fen das uͤbrige Reichthum/ als nur zu La- ſtern dienende Schwung-Federn ausrauffen muͤſte. Bojorich ließ hierauff zwar auff der ſeini- gen Gutachten an den Koͤnig Teutobach mu- then: daß er uͤber den Rhodan/ und mit ihm in Jtalien fortruͤcken moͤchte. Dieſer ver- ſprach auch ſolches kam aber ſelbtem langſam nach; weil er ſich ſeine unzeitige Empfindlig- keit/ oder vielmehr die Begierde mit eigener Hand etwas denckwuͤrdiges auszurichten uͤber das Pyreneiſche Gebuͤrge zu ziehen verleiten ließ. Die Urſache/ oder doch der Vorwand war: daß die Celtiberier ihn geaͤffet haͤtten/ und ihrem Verſprechen gegen die Roͤmer auffzu- ſtehen nicht nachkommen waͤren. Er drang auch zwar biß an den Fluß Jberus/ und erober- ten viel Plaͤtze; aber die mit dem Roͤmiſchẽ Stadt- Vogte Fulvius vereinbarten Celtiberier wieſen ihnen; daß ſie nicht wie die weichen Gallier von der ſtreitbaren Art ihrer Deutſchen Voreltern gewiechen/ noch aus dem Geſchirre geſchlagen waͤren. Daher muſte Ulfo nach etlichem Ver- luſt wieder in Gallien weichen. Gleichwol ließ erden Luſitaniern etliche Huͤlffs-Voͤlcker; mit derer Beyſtand ſie den Roͤmern einen em- pfindlichen Streich verſetzten. Koͤnig Teuto- bach wendete ſich hierauff wohl von dem Pyre- neiſchen Gebuͤrge gegen den Rhodan/ in wil- lens mit ihm in Jtalien zu dringen; jagte faſt alle Roͤmer aus dem Narboniſchen Gallien/ und ſetzte darinnen Kopiln zum Koͤnige ein. Bojorich ſtand auch ſchon unter dem hoͤchſten Berge der Penniniſchen Alpen/ die Sonnen- Saͤule genant/ und Teutobach bey Secuſter an dem Fluße Druentia; es lieff aber unver- muthet die Zeitung ein: daß Lucius Sylla vom Marius/ welcher inzwiſchen zum Kriege ſich ciffrigſt ruͤſtete/ mit einem Heere voran nach Narbo geſchickt; dieſer aber mit Huͤlf- fe des Galliſchen Fuͤrſten Egritomar/ wel- cher hernach den Junius Silanus als einen Urheber alles von den Cimbern entſponnenen Unheils angab/ der Tectoſagiſchen Gallier Koͤnig Kopill geſchlagen und gefangen bekom- men haͤtte. Daher Teutobach nicht fuͤr rath- ſam hielt fort zu ruͤcken/ und einen ſolchen Feind im Ruͤcken zu laſſen. Dem Koͤnige Bo- jorich ward nichts minder von den Marſen ein Stein in den Weg geworffen. Denn dieſes zwiſchen dem Rheine und der Jſel wohnende Volck ward auff einer Seite von den Sicam- bern/ auff der andern von den Bructerern ſo enge eingeſperret: daß ſie ihr Vaterland nicht beherbergen konte. Daher ſetzte die Helffte ih- ren Fuß in das fruchtbare Gallien fort/ zohe an der Moſel hinauff/ an der Arar aber hin- unter/ machte mit dem Koͤnige Bojorich ein Buͤnd- Y y y y y 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 907[909]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/969>, abgerufen am 10.06.2024.