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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] Krieg geführet. Zuletzt aber wären sie vom
Cato Censorius etliche mahl geschlagen/ vom
Gracchus ihnen wol anderthalb hundert Städ-
te eingeäschert/ und des itzigen Celtiberischen Kö-
nigs Salonticus verrätherisch erschlagen wor-
den; für dessen silberner ihm von den Göttern
aus dem Himmel geworffener Lantze die Römer
hundert mahl vorher gebebt hätten. Diesem-
nach möchte König Teutobach lieber in Jtalien
seine Bluts-Freunde aus der Dienstbarkeit er-
lösen/ die ihnen geraubten Länder einehmen;
als sie mit ungerechtem Einfall/ welches die
Götter so wohl mit Donner und Blitz/ als sie
mit ihren Degen verwehren würden/ bekräncken.
Sie wolten inzwischen mit denen Lusitaniern den
Römern in Hispanien genug zu schaffen ma-
chen; und dem in Africa wider Rom aufgestan-
denen Jugurtha möglichst an der Hand stehen.
Sintemal zwar Jugurtha den Calpurnius Be-
stia mit Gelde bestochen: daß er unverrichteter
Sachen abgezogen; den Aulus Posthumius Al-
binus durch blosses Schrecken verjaget/ sein Lä-
ger erobert/ ihm auch einen schimpflichen Frie-
den abgezwungen hätte; es wäre aber dieser
vom Römischen Rathe gebrochen/ und Cöcili-
us Metellus mit einem neuen Heere in Numi-
dien geschickt worden. Dieser Vortrag und Er-
bieten bewegte die Deutschen ihren Fuß zurücke
zu setzen/ und durch das Narbonische Gallien
in der Maßilier Gebiete einzufallen. Diese
hielten dem Teutobach ein: daß ehe er wider die
Römer sich feindlich erklärte; möchte er vorher
seinen Anspruch ihnen eröffnen. Daher er
den auff einem Maßilischen Schiffe Gesand-
ten nach Rom schickte/ und eben diß/ was Kö-
nig Bojorich verlangt hatte/ von den Rö-
mern forderte/ auch auff solchen Fall den Rö-
mern wider Jugurthen Beystand versprach.
Der Rath/ welcher wohl wuste: daß die Römer
mit den Deutschen nicht Ruhms-sondern ihrer
Wohlfahrt halber zu fechten hätten/ erwieß den
Gesandten grosse Ehre/ zeigte ihnen alle denck-
[Spaltenumbruch] würdige Sachen der Stadt/ und unter andern
die unschätzbaren Bilder und Gemälde/ welche
Mummius aus der eingeäscherten Stadt Corinth
nach Rom bracht hatte; unter welchen ein auff
einen alten Stab sich lehnender Hirte überaus
hochgehalten ward. Wie nun der eine Gesand-
te gefragt ward: was für einen Preiß er diesem
Bilde zueignete? gab er zur Antwort: Er möch-
te auch ihn lebendig nicht umsonst haben. Denn
denen Cimbern wäre nur mit frischer Mann-
schafft/ welche ihre Schwerdter zu brauchen
wüsten/ und sich auf die Leichen ihrer Feinde leh-
nete/ gedienet. Wie sie nun die Gesandten lan-
ge/ und biß Marcus Junius Silanus über die
Alpen mit einem mächtigen Heere kommen/
und zu den Maßiliern und Heduern gestossen
war/ durch allerhand Vertröstungen auffge-
halten hatten/ liessen sie sie mit leeren Händen
von sich; meldende: Es wäre wider die Hoheit
und Gewonheit der Römer: daß sie sich ihre
Feinde einiges Land abtrotzen lassen solten; da
Jtalien ihnen selbst zu enge wäre/ und sie mit so
viel Aecker-Gesetzen kaum die Landleute in
Ruh und in ihren Gräntzen erhalten könten.
Zu dem wären sie alle ihren Feinden für sich selbst
übrig genung gewachsen. Hiermit kam es zwi-
schen beyden Theilen zur Schlacht; aber die an die
Spitze gestellten Maßilier und Heduer/ welche
nicht einst die grimmigen Gesichter der Deutschen
vertragen konten/ kamen mit dem ersten An-
griffe in die Flucht/ und verursachten unter
den Lateinern eine Unordnung. Die Römi-
schen drey Legionen hielten ein paar Stunden;
biß Enano/ ein Hertzog der zwischen der Elbe
und der Edora wohnenden Sachsen mit seiner
Reuterey auff der einen/ und Holstein/ ein Her-
tzog der Angeln zwischen dem Flusse Chalusus
und der Varne/ auff der andern Seite durch-
brach. Alles Fußvolck ward zerhauen oder
zertreten; die Römischen Fahnen mit welchem
Tockenwercke die Deutschen damahls einiges
Gepränge zu machen sich schämeten/ zerbro-

chen/

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] Krieg gefuͤhret. Zuletzt aber waͤren ſie vom
Cato Cenſorius etliche mahl geſchlagen/ vom
Gracchus ihnen wol anderthalb hundert Staͤd-
te eingeaͤſchert/ und des itzigen Celtiberiſchen Koͤ-
nigs Salonticus verraͤtheriſch erſchlagen wor-
den; fuͤr deſſen ſilberner ihm von den Goͤttern
aus dem Himmel geworffener Lantze die Roͤmer
hundert mahl vorher gebebt haͤtten. Dieſem-
nach moͤchte Koͤnig Teutobach lieber in Jtalien
ſeine Bluts-Freunde aus der Dienſtbarkeit er-
loͤſen/ die ihnen geraubten Laͤnder einehmen;
als ſie mit ungerechtem Einfall/ welches die
Goͤtter ſo wohl mit Donner und Blitz/ als ſie
mit ihren Degen verwehren wuͤrden/ bekraͤnckẽ.
Sie woltẽ inzwiſchen mit denen Luſitaniern den
Roͤmern in Hiſpanien genug zu ſchaffen ma-
chen; und dem in Africa wider Rom aufgeſtan-
denen Jugurtha moͤglichſt an der Hand ſtehen.
Sintemal zwar Jugurtha den Calpurnius Be-
ſtia mit Gelde beſtochen: daß er unverrichteter
Sachen abgezogen; den Aulus Poſthumius Al-
binus durch bloſſes Schrecken verjaget/ ſein Laͤ-
ger erobert/ ihm auch einen ſchimpflichen Frie-
den abgezwungen haͤtte; es waͤre aber dieſer
vom Roͤmiſchen Rathe gebrochen/ und Coͤcili-
us Metellus mit einem neuen Heere in Numi-
dien geſchickt worden. Dieſer Vortrag und Er-
bieten bewegte die Deutſchen ihren Fuß zuruͤcke
zu ſetzen/ und durch das Narboniſche Gallien
in der Maßilier Gebiete einzufallen. Dieſe
hielten dem Teutobach ein: daß ehe er wider die
Roͤmer ſich feindlich erklaͤrte; moͤchte er vorher
ſeinen Anſpruch ihnen eroͤffnen. Daher er
den auff einem Maßiliſchen Schiffe Geſand-
ten nach Rom ſchickte/ und eben diß/ was Koͤ-
nig Bojorich verlangt hatte/ von den Roͤ-
mern forderte/ auch auff ſolchen Fall den Roͤ-
mern wider Jugurthen Beyſtand verſprach.
Der Rath/ welcher wohl wuſte: daß die Roͤmer
mit den Deutſchen nicht Ruhms-ſondern ihrer
Wohlfahrt halber zu fechten haͤtten/ erwieß den
Geſandten groſſe Ehre/ zeigte ihnen alle denck-
[Spaltenumbruch] wuͤrdige Sachen der Stadt/ und unter andern
die unſchaͤtzbaren Bilder und Gemaͤlde/ welche
Mum̃ius aus der eingeaͤſcherten Stadt Corinth
nach Rom bracht hatte; unter welchen ein auff
einen alten Stab ſich lehnender Hirte uͤberaus
hochgehalten ward. Wie nun der eine Geſand-
te gefragt ward: was fuͤr einen Preiß er dieſem
Bilde zueignete? gab er zur Antwort: Er moͤch-
te auch ihn lebendig nicht umſonſt haben. Denn
denen Cimbern waͤre nur mit friſcher Mann-
ſchafft/ welche ihre Schwerdter zu brauchen
wuͤſten/ und ſich auf die Leichen ihrer Feinde leh-
nete/ gedienet. Wie ſie nun die Geſandten lan-
ge/ und biß Marcus Junius Silanus uͤber die
Alpen mit einem maͤchtigen Heere kommen/
und zu den Maßiliern und Heduern geſtoſſen
war/ durch allerhand Vertroͤſtungen auffge-
halten hatten/ lieſſen ſie ſie mit leeren Haͤnden
von ſich; meldende: Es waͤre wider die Hoheit
und Gewonheit der Roͤmer: daß ſie ſich ihre
Feinde einiges Land abtrotzen laſſen ſolten; da
Jtalien ihnen ſelbſt zu enge waͤre/ und ſie mit ſo
viel Aecker-Geſetzen kaum die Landleute in
Ruh und in ihren Graͤntzen erhalten koͤnten.
Zu dem waͤren ſie alle ihren Feindẽ fuͤr ſich ſelbſt
uͤbrig genung gewachſen. Hiermit kam es zwi-
ſchen beyden Theilen zuꝛ Schlacht; abeꝛ die an die
Spitze geſtellten Maßilier und Heduer/ welche
nicht einſt die grim̃igen Geſichter der Deutſchen
vertragen konten/ kamen mit dem erſten An-
griffe in die Flucht/ und verurſachten unter
den Lateinern eine Unordnung. Die Roͤmi-
ſchen drey Legionen hielten ein paar Stunden;
biß Enano/ ein Hertzog der zwiſchen der Elbe
und der Edora wohnenden Sachſen mit ſeiner
Reuterey auff der einen/ und Holſtein/ ein Her-
tzog der Angeln zwiſchen dem Fluſſe Chaluſus
und der Varne/ auff der andern Seite durch-
brach. Alles Fußvolck ward zerhauen oder
zertreten; die Roͤmiſchen Fahnen mit welchem
Tockenwercke die Deutſchen damahls einiges
Gepraͤnge zu machen ſich ſchaͤmeten/ zerbro-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 902[904]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/964>, abgerufen am 23.11.2024.