Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
welchen die Natur einen Riegel vorgeschoben/wo menschliche Klugheit nirgends aus gewüßt/ ein Licht angesteckt/ und einen Weg über Meer und durch Felsen gewiesen! Wie offt bist du dem/ der aus der Wiege der Morgen-Röthe biß zum Sarche der Sonnen in einem Athem zu rennen vermeynt/ beym ersten Ansprunge in Zügel ge- fallen; und hast die Vermessenheit menschlicher Rathschlüsse mit einem grausamen Untergange bestrafft! Wir elende Menschen können ja wohl den ersten Abrieß eines Gebäues entwerffen; nimmermehr aber selbtes ausbauen; wenn die Göttliche Versehung nicht den ersten Grund- Stein legt. Diese ist die Sonne/ welche die Jrrwische der alberen Vernunfft zernichtet; diese ist der Wegweiser zu Lande/ und sie sitzet beym Steuer-Ruder auf dem bittern Meere dieser Welt/ umb uns entweder in die Strudel des Verderbens zu stürtzen/ oder bey den Schiff- bruchs-Klippen des Untergangs vorbey zu füh- ren. Diese ist die oberste Gebieterin/ welcher Gesetzen wir unterworffen; in welcher Gebiete wir eingeschränckt sind; welche der halben Welt Kräfften dem einigen Rom unterworffen hat. Der Fortgang der Römischen Siege gescha- Amil- Erster Theil. Q q q q q
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
welchen die Natur einen Riegel vorgeſchoben/wo menſchliche Klugheit nirgends aus gewuͤßt/ ein Licht angeſteckt/ und einen Weg uͤber Meer und durch Felſen gewieſen! Wie offt biſt du dem/ der aus der Wiege der Morgen-Roͤthe biß zum Sarche der Sonnen in einem Athem zu rennen vermeynt/ beym erſten Anſprunge in Zuͤgel ge- fallen; und haſt die Vermeſſenheit menſchlicheꝛ Rathſchluͤſſe mit einem grauſamen Untergange beſtrafft! Wir elende Menſchen koͤnnen ja wohl den erſten Abrieß eines Gebaͤues entwerffen; nimmermehr aber ſelbtes ausbauen; wenn die Goͤttliche Verſehung nicht den erſten Grund- Stein legt. Dieſe iſt die Sonne/ welche die Jrrwiſche der alberen Vernunfft zernichtet; dieſe iſt der Wegweiſer zu Lande/ und ſie ſitzet beym Steuer-Ruder auf dem bittern Meere dieſer Welt/ umb uns entweder in die Strudel des Verderbens zu ſtuͤrtzen/ oder bey den Schiff- bruchs-Klippen des Untergangs vorbey zu fuͤh- ren. Dieſe iſt die oberſte Gebieterin/ welcher Geſetzen wir unterworffen; in welcher Gebiete wir eingeſchraͤnckt ſind; welche der halben Welt Kraͤfften dem einigen Rom unterworffen hat. Der Fortgang der Roͤmiſchen Siege geſcha- Amil- Erſter Theil. Q q q q q
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Arminius und Thußnelda.
welchen die Natur einen Riegel vorgeſchoben/
wo menſchliche Klugheit nirgends aus gewuͤßt/
ein Licht angeſteckt/ und einen Weg uͤber Meer
und durch Felſen gewieſen! Wie offt biſt du dem/
der aus der Wiege der Morgen-Roͤthe biß zum
Sarche der Sonnen in einem Athem zu rennen
vermeynt/ beym erſten Anſprunge in Zuͤgel ge-
fallen; und haſt die Vermeſſenheit menſchlicheꝛ
Rathſchluͤſſe mit einem grauſamen Untergange
beſtrafft! Wir elende Menſchen koͤnnen ja wohl
den erſten Abrieß eines Gebaͤues entwerffen;
nimmermehr aber ſelbtes ausbauen; wenn die
Goͤttliche Verſehung nicht den erſten Grund-
Stein legt. Dieſe iſt die Sonne/ welche die
Jrrwiſche der alberen Vernunfft zernichtet;
dieſe iſt der Wegweiſer zu Lande/ und ſie ſitzet
beym Steuer-Ruder auf dem bittern Meere
dieſer Welt/ umb uns entweder in die Strudel
des Verderbens zu ſtuͤrtzen/ oder bey den Schiff-
bruchs-Klippen des Untergangs vorbey zu fuͤh-
ren. Dieſe iſt die oberſte Gebieterin/ welcher
Geſetzen wir unterworffen; in welcher Gebiete
wir eingeſchraͤnckt ſind; welche der halben Welt
Kraͤfften dem einigen Rom unterworffen hat.
Der Fortgang der Roͤmiſchen Siege geſcha-
he wider die Macedonier; welch Volck ſich vor-
her der Herrſchafft des Erdbodems angemaßt;
deſſen Koͤnig Philipp aber ſich mit Annibaln
verknipft hatte. Ja das Verhaͤngnuͤß ſpielte
den Roͤmern nicht nur eine ſcheinbare Urſache
des Krieges/ nemlich den Schirm der bedraͤng-
ten Stadt Athen in die Hand; ſondern es kuͤn-
digte ihnen auch durch ein auf dem oberſten
Kriegs-Schiffe wachſendes Lorber-Reiß den
ungezweifelten Sieg an. Ja nicht nur Phi-
lip/ ſondern Thebe/ Euboͤa und Sparta wurden
bezwungen. Dieſes Gluͤcke konten die zwey
hertzhaften Helden Annibal und Amilcar/ denen
ihres Vaterlandes Unterdruͤckung durchs Her-
tze ging/ ohne ſchaͤle Augen nicht anſehen; weil
ſie aber weder eigene Kraͤfften was hauptſaͤchli-
ches zu unterfangen hatten/ noch auch Carthago
aufs neue in Gefahr ſetzen wolten; ging Amil-
car zu den Deutſchen/ Annibal zum maͤchtigen
Koͤnige Antiochus uͤber. Jener brachte die
nunmehr unter dem Joche der hochmuͤthigen
Roͤmer ſchwitzenden Jnſubrier/ Bojen/ Ceno-
maͤnner/ und Ligurier dahin: daß als Cajus
Appius mit gewaffneter Hand in das Gebiete
der Bojen einfiel/ und ihre Land-Fruͤchte ge-
waltſam abmeihete/ ſie ihn mit ſieben tauſend
Roͤmern erſchlugen/ die uͤbrigen mit dem Buͤr-
germeiſter Elius nach Rom jagten/ und ſie ſich/
in Hoffnung: Es wuͤrde Antiochus den Roͤ-
mern biß ins Hertze kommen/ mit einander in
Buͤndnuͤß einlieſſen/ und den Roͤmern den Ge-
horſam aufkuͤndigten/ die Roͤmiſche Stadt Pla-
centz mit Sturm einnahmen/ ſelbte einaͤſcherten/
und mit viertzig tauſend Mann Cremona belaͤ-
gerten; alſo: daß der Buͤrgermeiſter Aurelius
und der Landvogt Lucius Furius mit einem
maͤchtigen Heere zum Entſatz eilen muſten. Ob
nun zwar die Deutſchen allhier uͤbermannet/
Amilcar getoͤdtet/ und ſie uͤber den Po zuruͤcke zu
weichen genoͤthigt wurden; ſo unterhielten doch
die deutſchen Fuͤrſten und der junge Amilcar
ſelbige Voͤlcker noch in den Waffen; wormit
ſie ihre Freyheit biß auf den letzten Bluts-Tro-
pfen zu vertheidigen entſchloſſen waren. Aber
weil der furchtſame Antiochus Annibals klugen
Rathſchlaͤgen langſames Gehoͤre gab/ zohen als-
bald beyde Buͤrgermeiſter mit maͤchtiger Hee-
res-Krafft gegen die Deutſchen und Gallier auf.
Quintus Minutius fiel bey den Liguriern ein/
eroberte die Staͤdte Claſtidium und Libubium;
hierauf ruͤckte er gegen die Bojen; der andere
Buͤrgermeiſter Cornelius gegen die am Fluſſe
Mincius ſtehenden Jnſubrier und Cenomaͤn-
ner: daß ſelbte bey erfolgender Schlacht von den
Deutſchen nicht nur ab; ſondern/ weil ſie zum
Hinterhalte geſtellt waren/ ihnen gar in Ruͤcken
fielen/ und alſo den ſonſt zweifelhaften Sieg
durch ihren Meineyd den Roͤmern zuſchantzten/
in welchem drey deutſche Fuͤrſten und der junge
Amil-
Erſter Theil. Q q q q q
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 857[859]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/919>, abgerufen am 11.06.2024. |