Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] sium erstreckten; ja denen Römern in gantz
Africa und Sardinien alle Handlung unter-
sagten. Alles dieses aber ward durch den Si-
cilischen Frieden verlohren/ und so gar gantz
Sicilien; in welches vorher die Römer mit ge-
nauer Noth anlenden durfften. Der tapfere
Amilcar trug den Römern damals zwar mit
einem beliebten Gesichte aus Noth die Ablegung
der Waffen an; aber sein für Ungedult schäumen-
des Hertze legte den Harnisch niemals ab/ und
sein Gemüthe saan Tag und Nacht auf fügliche
Rache. Aber der inerliche Krieg mit den
Hülffs - Völckern hielt nichts minder seine
Meynung verdeckt/ als die Schwerdter in der
Scheide. Zu dem verhielt die Aufbrechung
dieser nur von aussen zugewachsenen/ inwendig
aber nie zugeheilten Wunde das von den Rö-
mern vernünftig gebrauchte Kühl-Pflaster/ da
sie nemlich der Stadt Carthago wider den Ma-
thos und Spendius etwas Hülffe schickten.
Als aber die Römer hernach ohne einige gege-
bene Ursache ihnen Sardinien abdrückten/ und
noch darzu eine jährliche Schatzung von zwölff
hundert Talenten aufbürdeten; wolte zu Car-
thago und bey Amilcarn die Ungedult ausreis-
sen; alleine die Klugheit hieß sie ihrer durch
den letzten Krieg entkräffteten Stadt gerin ge/
hin gegen der Römer vergrösserte Macht gegen
einander auf die Wage legen; und also lieber
zu ihrem empfangenen Unrechte ein Auge
zudrücken/ als durch unzeitige Rache zu Grun-
de gehen. Der Staats-verständige Amilcar
rieth dannenher: daß Carthago/ ehe es mit den
Römern wieder anbinde/ die Numidier/ als
gleichsam im Busem sitzende Feinde demüthigen/
und sich in Hispanien vor groß machen solte.
Welches beydes er mit grosser Tapferkeit aus-
richtete; aus Hispanien ein grosses Reichthumer-
oberter Beute nach Carthago schickte/ dardurch
alle von ihm abgeneigten Gemüther gewan/ und
seinem Vaterlande die Hoffnung der Begierde
gantz Hispanien zu bemeistern einpflantzte.
[Spaltenumbruch] Diesen Zweck zu erlangen war überaus vor-
träglich: daß Amilcar noch in Sicilien des Cel-
tiberischen Königs Salonichs Tochter die schö-
ne Arimene geheyrathet/ und mit selbter zum
unschätzbaren Braut-Schatze der Celtiberier
Zuneigung gegen Carthago/ und den Haß wi-
der die Römer bekommen hatte; als welche biß
auf den letzten Athem gleichsam in unverrück-
ter Treue für jene wider diese verharreten;
und den Lauff des Römischen Glücks-Rades
lange Zeit hemmeten. Die Stadt Sagunt und
andere Griechen/ welche in Hispanien festen Fuß
gesetzt hatten/ nahmen bey Vergrösserung dieser
neuen Macht zwar nach Rom ihre Zuflucht/
und vertrauten sich ihrem Schutze; aber die
damals anderwerts von den Deutschen fort
für fort beunruhigten Römer musten den sieg-
haften Waffen Amilcars nur den Lauff lassen;
welchen nicht allein die Liebe seines Vaterlan-
des und angebohrne Tugend/ sondern auch sei-
ne aus deutschem Geblüte entsprossene und da-
her den Römern von der ersten Mutter-Milch
abholde Gemahlin/ die behertzte Arimene un-
aufhörlich wider diese allgemeine Feinde anreitz-
te. Diese hatte Amilcarn fünf Kinder geboh-
ren/ Elißen/ Hermegilden/ Annibaln/ Aßdru-
baln/ und den Mago. Hermegilde ward
dem zu Carthago hochangesehenen Asdrubal/
derer Tochter Sophonisbe nachmals den Nu-
midischen König Syphax zur Eh nahm/ Elißa
dem grossen Hanno vermählet/ welcher beyder
Tochter Dido hernach dem Maßesyler Könige
Desalces heyrathete. Wie nun die Vermäh-
lung geschehen solte/ führte Arimene
ihre Tochter Hermegildis für das Altar der
gewaffneten Venus/ oder Derceto; und nö-
thigte sie in Anwesenheit Amilcars ihr eyd-
lich zu versprechen: sie wolte ihrem Könige
Asdrubaln Tag und Nacht in Ohren liegen
Carthago wider die Römer in Waffen zu bringen.
Amilcar war über diese Verbitterung gegen
seine Tod-Feinde nichts minder beschämet/ als

er-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] ſium erſtreckten; ja denen Roͤmern in gantz
Africa und Sardinien alle Handlung unter-
ſagten. Alles dieſes aber ward durch den Si-
ciliſchen Frieden verlohren/ und ſo gar gantz
Sicilien; in welches vorher die Roͤmer mit ge-
nauer Noth anlenden durfften. Der tapfere
Amilcar trug den Roͤmern damals zwar mit
einem beliebten Geſichte aus Noth die Ablegung
der Waffen an; aber ſein fuͤr Ungedult ſchaͤumẽ-
des Hertze legte den Harniſch niemals ab/ und
ſein Gemuͤthe ſaan Tag und Nacht auf fuͤgliche
Rache. Aber der inerliche Krieg mit den
Huͤlffs - Voͤlckern hielt nichts minder ſeine
Meynung verdeckt/ als die Schwerdter in der
Scheide. Zu dem verhielt die Aufbrechung
dieſer nur von auſſen zugewachſenen/ inwendig
aber nie zugeheilten Wunde das von den Roͤ-
mern vernuͤnftig gebrauchte Kuͤhl-Pflaſter/ da
ſie nemlich der Stadt Carthago wider den Ma-
thos und Spendius etwas Huͤlffe ſchickten.
Als aber die Roͤmer hernach ohne einige gege-
bene Urſache ihnen Sardinien abdruͤckten/ und
noch darzu eine jaͤhrliche Schatzung von zwoͤlff
hundert Talenten aufbuͤrdeten; wolte zu Car-
thago und bey Amilcarn die Ungedult ausreiſ-
ſen; alleine die Klugheit hieß ſie ihrer durch
den letzten Krieg entkraͤffteten Stadt gerin ge/
hin gegen der Roͤmer vergroͤſſerte Macht gegen
einander auf die Wage legen; und alſo lieber
zu ihrem empfangenen Unrechte ein Auge
zudruͤcken/ als durch unzeitige Rache zu Grun-
de gehen. Der Staats-verſtaͤndige Amilcar
rieth dannenher: daß Carthago/ ehe es mit den
Roͤmern wieder anbinde/ die Numidier/ als
gleichſam im Buſem ſitzende Feinde demuͤthigẽ/
und ſich in Hiſpanien vor groß machen ſolte.
Welches beydes er mit groſſer Tapferkeit aus-
richtete; aus Hiſpanien ein groſſes Reichthumer-
oberter Beute nach Carthago ſchickte/ dardurch
alle von ihm abgeneigten Gemuͤther gewan/ und
ſeinem Vaterlande die Hoffnung der Begierde
gantz Hiſpanien zu bemeiſtern einpflantzte.
[Spaltenumbruch] Dieſen Zweck zu erlangen war uͤberaus vor-
traͤglich: daß Amilcar noch in Sicilien des Cel-
tiberiſchen Koͤnigs Salonichs Tochter die ſchoͤ-
ne Arimene geheyrathet/ und mit ſelbter zum
unſchaͤtzbaren Braut-Schatze der Celtiberier
Zuneigung gegen Carthago/ und den Haß wi-
der die Roͤmer bekommen hatte; als welche biß
auf den letzten Athem gleichſam in unverruͤck-
ter Treue fuͤr jene wider dieſe verharreten;
und den Lauff des Roͤmiſchen Gluͤcks-Rades
lange Zeit hemmeten. Die Stadt Sagunt und
andere Griechen/ welche in Hiſpanien feſten Fuß
geſetzt hatten/ nahmen bey Vergroͤſſerung dieſer
neuen Macht zwar nach Rom ihre Zuflucht/
und vertrauten ſich ihrem Schutze; aber die
damals anderwerts von den Deutſchen fort
fuͤr fort beunruhigten Roͤmer muſten den ſieg-
haften Waffen Amilcars nur den Lauff laſſen;
welchen nicht allein die Liebe ſeines Vaterlan-
des und angebohrne Tugend/ ſondern auch ſei-
ne aus deutſchem Gebluͤte entſproſſene und da-
her den Roͤmern von der erſten Mutter-Milch
abholde Gemahlin/ die behertzte Arimene un-
aufhoͤrlich wider dieſe allgemeine Feinde anreitz-
te. Dieſe hatte Amilcarn fuͤnf Kinder geboh-
ren/ Elißen/ Hermegilden/ Annibaln/ Aßdru-
baln/ und den Mago. Hermegilde ward
dem zu Carthago hochangeſehenen Asdrubal/
derer Tochter Sophonisbe nachmals den Nu-
midiſchen Koͤnig Syphax zur Eh nahm/ Elißa
dem groſſen Hanno vermaͤhlet/ welcher beyder
Tochter Dido hernach dem Maßeſyler Koͤnige
Deſalces heyrathete. Wie nun die Vermaͤh-
lung geſchehen ſolte/ fuͤhrte Arimene
ihre Tochter Hermegildis fuͤr das Altar der
gewaffneten Venus/ oder Derceto; und noͤ-
thigte ſie in Anweſenheit Amilcars ihr eyd-
lich zu verſprechen: ſie wolte ihrem Koͤnige
Asdrubaln Tag und Nacht in Ohren liegen
Carthago wider die Roͤmer in Waffen zu bringẽ.
Amilcar war uͤber dieſe Verbitterung gegen
ſeine Tod-Feinde nichts minder beſchaͤmet/ als

er-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0880" n="818[820]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;ium er&#x017F;treckten; ja denen Ro&#x0364;mern in gantz<lb/>
Africa und Sardinien alle Handlung unter-<lb/>
&#x017F;agten. Alles die&#x017F;es aber ward durch den Si-<lb/>
cili&#x017F;chen Frieden verlohren/ und &#x017F;o gar gantz<lb/>
Sicilien; in welches vorher die Ro&#x0364;mer mit ge-<lb/>
nauer Noth anlenden durfften. Der tapfere<lb/>
Amilcar trug den Ro&#x0364;mern damals zwar mit<lb/>
einem beliebten Ge&#x017F;ichte aus Noth die Ablegung<lb/>
der Waffen an; aber &#x017F;ein fu&#x0364;r Ungedult &#x017F;cha&#x0364;ume&#x0303;-<lb/>
des Hertze legte den Harni&#x017F;ch niemals ab/ und<lb/>
&#x017F;ein Gemu&#x0364;the &#x017F;aan Tag und Nacht auf fu&#x0364;gliche<lb/>
Rache. Aber der inerliche Krieg mit den<lb/>
Hu&#x0364;lffs - Vo&#x0364;lckern hielt nichts minder &#x017F;eine<lb/>
Meynung verdeckt/ als die Schwerdter in der<lb/>
Scheide. Zu dem verhielt die Aufbrechung<lb/>
die&#x017F;er nur von au&#x017F;&#x017F;en zugewach&#x017F;enen/ inwendig<lb/>
aber nie zugeheilten Wunde das von den Ro&#x0364;-<lb/>
mern vernu&#x0364;nftig gebrauchte Ku&#x0364;hl-Pfla&#x017F;ter/ da<lb/>
&#x017F;ie nemlich der Stadt Carthago wider den Ma-<lb/>
thos und Spendius etwas Hu&#x0364;lffe &#x017F;chickten.<lb/>
Als aber die Ro&#x0364;mer hernach ohne einige gege-<lb/>
bene Ur&#x017F;ache ihnen Sardinien abdru&#x0364;ckten/ und<lb/>
noch darzu eine ja&#x0364;hrliche Schatzung von zwo&#x0364;lff<lb/>
hundert Talenten aufbu&#x0364;rdeten; wolte zu Car-<lb/>
thago und bey Amilcarn die Ungedult ausrei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; alleine die Klugheit hieß &#x017F;ie ihrer durch<lb/>
den letzten Krieg entkra&#x0364;ffteten Stadt gerin ge/<lb/>
hin gegen der Ro&#x0364;mer vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erte Macht gegen<lb/>
einander auf die Wage legen; und al&#x017F;o lieber<lb/>
zu ihrem empfangenen Unrechte ein Auge<lb/>
zudru&#x0364;cken/ als durch unzeitige Rache zu Grun-<lb/>
de gehen. Der Staats-ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Amilcar<lb/>
rieth dannenher: daß Carthago/ ehe es mit den<lb/>
Ro&#x0364;mern wieder anbinde/ die Numidier/ als<lb/>
gleich&#x017F;am im Bu&#x017F;em &#x017F;itzende Feinde demu&#x0364;thige&#x0303;/<lb/>
und &#x017F;ich in Hi&#x017F;panien vor groß machen &#x017F;olte.<lb/>
Welches beydes er mit gro&#x017F;&#x017F;er Tapferkeit aus-<lb/>
richtete; aus Hi&#x017F;panien ein gro&#x017F;&#x017F;es Reichthumer-<lb/>
oberter Beute nach Carthago &#x017F;chickte/ dardurch<lb/>
alle von ihm abgeneigten Gemu&#x0364;ther gewan/ und<lb/>
&#x017F;einem Vaterlande die Hoffnung der Begierde<lb/>
gantz Hi&#x017F;panien zu bemei&#x017F;tern einpflantzte.<lb/><cb/>
Die&#x017F;en Zweck zu erlangen war u&#x0364;beraus vor-<lb/>
tra&#x0364;glich: daß Amilcar noch in Sicilien des Cel-<lb/>
tiberi&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs Salonichs Tochter die &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ne Arimene geheyrathet/ und mit &#x017F;elbter zum<lb/>
un&#x017F;cha&#x0364;tzbaren Braut-Schatze der Celtiberier<lb/>
Zuneigung gegen Carthago/ und den Haß wi-<lb/>
der die Ro&#x0364;mer bekommen hatte; als welche biß<lb/>
auf den letzten Athem gleich&#x017F;am in unverru&#x0364;ck-<lb/>
ter Treue fu&#x0364;r jene wider die&#x017F;e verharreten;<lb/>
und den Lauff des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Glu&#x0364;cks-Rades<lb/>
lange Zeit hemmeten. Die Stadt Sagunt und<lb/>
andere Griechen/ welche in Hi&#x017F;panien fe&#x017F;ten Fuß<lb/>
ge&#x017F;etzt hatten/ nahmen bey Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung die&#x017F;er<lb/>
neuen Macht zwar nach Rom ihre Zuflucht/<lb/>
und vertrauten &#x017F;ich ihrem Schutze; aber die<lb/>
damals anderwerts von den Deut&#x017F;chen fort<lb/>
fu&#x0364;r fort beunruhigten Ro&#x0364;mer mu&#x017F;ten den &#x017F;ieg-<lb/>
haften Waffen Amilcars nur den Lauff la&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
welchen nicht allein die Liebe &#x017F;eines Vaterlan-<lb/>
des und angebohrne Tugend/ &#x017F;ondern auch &#x017F;ei-<lb/>
ne aus deut&#x017F;chem Geblu&#x0364;te ent&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;ene und da-<lb/>
her den Ro&#x0364;mern von der er&#x017F;ten Mutter-Milch<lb/>
abholde Gemahlin/ die behertzte Arimene un-<lb/>
aufho&#x0364;rlich wider die&#x017F;e allgemeine Feinde anreitz-<lb/>
te. Die&#x017F;e hatte Amilcarn fu&#x0364;nf Kinder geboh-<lb/>
ren/ Elißen/ Hermegilden/ Annibaln/ Aßdru-<lb/>
baln/ und den Mago. Hermegilde ward<lb/>
dem zu Carthago hochange&#x017F;ehenen Asdrubal/<lb/>
derer Tochter Sophonisbe nachmals den Nu-<lb/>
midi&#x017F;chen Ko&#x0364;nig Syphax zur Eh nahm/ Elißa<lb/>
dem gro&#x017F;&#x017F;en Hanno verma&#x0364;hlet/ welcher beyder<lb/>
Tochter Dido hernach dem Maße&#x017F;yler Ko&#x0364;nige<lb/>
De&#x017F;alces heyrathete. Wie nun die Verma&#x0364;h-<lb/>
lung ge&#x017F;chehen &#x017F;olte/ fu&#x0364;hrte Arimene<lb/>
ihre Tochter Hermegildis fu&#x0364;r das Altar der<lb/>
gewaffneten Venus/ oder Derceto; und no&#x0364;-<lb/>
thigte &#x017F;ie in Anwe&#x017F;enheit Amilcars ihr eyd-<lb/>
lich zu ver&#x017F;prechen: &#x017F;ie wolte ihrem Ko&#x0364;nige<lb/>
Asdrubaln Tag und Nacht in Ohren liegen<lb/>
Carthago wider die Ro&#x0364;mer in Waffen zu bringe&#x0303;.<lb/>
Amilcar war u&#x0364;ber die&#x017F;e Verbitterung gegen<lb/>
&#x017F;eine Tod-Feinde nichts minder be&#x017F;cha&#x0364;met/ als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[818[820]/0880] Sechſtes Buch ſium erſtreckten; ja denen Roͤmern in gantz Africa und Sardinien alle Handlung unter- ſagten. Alles dieſes aber ward durch den Si- ciliſchen Frieden verlohren/ und ſo gar gantz Sicilien; in welches vorher die Roͤmer mit ge- nauer Noth anlenden durfften. Der tapfere Amilcar trug den Roͤmern damals zwar mit einem beliebten Geſichte aus Noth die Ablegung der Waffen an; aber ſein fuͤr Ungedult ſchaͤumẽ- des Hertze legte den Harniſch niemals ab/ und ſein Gemuͤthe ſaan Tag und Nacht auf fuͤgliche Rache. Aber der inerliche Krieg mit den Huͤlffs - Voͤlckern hielt nichts minder ſeine Meynung verdeckt/ als die Schwerdter in der Scheide. Zu dem verhielt die Aufbrechung dieſer nur von auſſen zugewachſenen/ inwendig aber nie zugeheilten Wunde das von den Roͤ- mern vernuͤnftig gebrauchte Kuͤhl-Pflaſter/ da ſie nemlich der Stadt Carthago wider den Ma- thos und Spendius etwas Huͤlffe ſchickten. Als aber die Roͤmer hernach ohne einige gege- bene Urſache ihnen Sardinien abdruͤckten/ und noch darzu eine jaͤhrliche Schatzung von zwoͤlff hundert Talenten aufbuͤrdeten; wolte zu Car- thago und bey Amilcarn die Ungedult ausreiſ- ſen; alleine die Klugheit hieß ſie ihrer durch den letzten Krieg entkraͤffteten Stadt gerin ge/ hin gegen der Roͤmer vergroͤſſerte Macht gegen einander auf die Wage legen; und alſo lieber zu ihrem empfangenen Unrechte ein Auge zudruͤcken/ als durch unzeitige Rache zu Grun- de gehen. Der Staats-verſtaͤndige Amilcar rieth dannenher: daß Carthago/ ehe es mit den Roͤmern wieder anbinde/ die Numidier/ als gleichſam im Buſem ſitzende Feinde demuͤthigẽ/ und ſich in Hiſpanien vor groß machen ſolte. Welches beydes er mit groſſer Tapferkeit aus- richtete; aus Hiſpanien ein groſſes Reichthumer- oberter Beute nach Carthago ſchickte/ dardurch alle von ihm abgeneigten Gemuͤther gewan/ und ſeinem Vaterlande die Hoffnung der Begierde gantz Hiſpanien zu bemeiſtern einpflantzte. Dieſen Zweck zu erlangen war uͤberaus vor- traͤglich: daß Amilcar noch in Sicilien des Cel- tiberiſchen Koͤnigs Salonichs Tochter die ſchoͤ- ne Arimene geheyrathet/ und mit ſelbter zum unſchaͤtzbaren Braut-Schatze der Celtiberier Zuneigung gegen Carthago/ und den Haß wi- der die Roͤmer bekommen hatte; als welche biß auf den letzten Athem gleichſam in unverruͤck- ter Treue fuͤr jene wider dieſe verharreten; und den Lauff des Roͤmiſchen Gluͤcks-Rades lange Zeit hemmeten. Die Stadt Sagunt und andere Griechen/ welche in Hiſpanien feſten Fuß geſetzt hatten/ nahmen bey Vergroͤſſerung dieſer neuen Macht zwar nach Rom ihre Zuflucht/ und vertrauten ſich ihrem Schutze; aber die damals anderwerts von den Deutſchen fort fuͤr fort beunruhigten Roͤmer muſten den ſieg- haften Waffen Amilcars nur den Lauff laſſen; welchen nicht allein die Liebe ſeines Vaterlan- des und angebohrne Tugend/ ſondern auch ſei- ne aus deutſchem Gebluͤte entſproſſene und da- her den Roͤmern von der erſten Mutter-Milch abholde Gemahlin/ die behertzte Arimene un- aufhoͤrlich wider dieſe allgemeine Feinde anreitz- te. Dieſe hatte Amilcarn fuͤnf Kinder geboh- ren/ Elißen/ Hermegilden/ Annibaln/ Aßdru- baln/ und den Mago. Hermegilde ward dem zu Carthago hochangeſehenen Asdrubal/ derer Tochter Sophonisbe nachmals den Nu- midiſchen Koͤnig Syphax zur Eh nahm/ Elißa dem groſſen Hanno vermaͤhlet/ welcher beyder Tochter Dido hernach dem Maßeſyler Koͤnige Deſalces heyrathete. Wie nun die Vermaͤh- lung geſchehen ſolte/ fuͤhrte Arimene ihre Tochter Hermegildis fuͤr das Altar der gewaffneten Venus/ oder Derceto; und noͤ- thigte ſie in Anweſenheit Amilcars ihr eyd- lich zu verſprechen: ſie wolte ihrem Koͤnige Asdrubaln Tag und Nacht in Ohren liegen Carthago wider die Roͤmer in Waffen zu bringẽ. Amilcar war uͤber dieſe Verbitterung gegen ſeine Tod-Feinde nichts minder beſchaͤmet/ als er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/880
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 818[820]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/880>, abgerufen am 23.11.2024.