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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] der alles zermalmenden Mühl-Steine hät-
ten. Also wären sie fertig ihre Klingen ge-
geneinander zu versuchen. Aber Alexander lies
diß Unvernehmen unterbrechen/ und verfügen:
daß der Vorzug im Einzuge nach der Ordnung
der geschehenen Empfangungen eingerichtet wer-
den solte. Zeno bezeugte ein sonderbares Ver-
gnügen über der Deutschen so fertiger Ent-
schlüssung/ und so stachlichter Antwort; als
durch welche er seinem hochmüthigen Gegen-
theil so gut/ wo nicht besser begegnet wäre/ als
der Parthische Gesandte Vagises dem Cras-
sus/ da dieser jenen zu Selevcia zu beantwor-
ten bescheidete/ jener aber mit Lachen ihm den
Hand-Teller wieß/ und versetzte: Es würden
auff selbtem ehe Haare wachsen/ als seine Au-
gen Selevcia sehen. Und als der Tauromi-
nische Fürst Andromachus/ für welchem der
Carthaginensische Gesandte die Hand umdre-
hete/ und andeutete: Würde er nicht aus
ihrem Gewässer die Corinthische Schiffs-
Flotte abziehen/ wolten sie Tauromin/ wie er
seine Hand zu oberste zu unterste drehen; wor-
auff Andromachus mit der Hand gleiche Ge-
berdung machte und dem Gesandten sagte:
Er solte bey Sonnen-Schein von dar weg/
oder er wolte es seinem Schiffe auff diese Art
mitspielen. Adgandester kam wieder in sei-
ne Erzehlung/ und meldete: daß die Deut-
schen beym Alexander von Tage zu Tage im-
mer in grösser Ansehen kommen; und die ersten
gewest wären/ mit welchen er das Bündniß
verneuert hätte. Sie hingegen gewannen
Alexandern so lieb: daß sie seinen kurtz darauf
folgenden Tod zwar nicht so weibisch/ als die
Persen beweineten/ aber sein Gedächtniß wer-
ther/ als seine Macedonier hielten. Denn
diese konten den meineydigen Cassander/ welcher
Alexandern bey Aufffrischung seines Tran-
ckes alles ausser Pferde-Huff zerbeitzendes
Gifft einschenckte/ und seines wohlthätigen
[Spaltenumbruch] Königs gantzes Geschlechte ausrottete/ zu ih-
rem Könige; jene aber nicht wohl zu ihrem
Nachbar leiden. Dahero sie mit einem Kriegs-
Heere über die Donau setzten/ um des Ale-
xanders Sohn Hercules mit Hülffe des Po-
lyperchon auff den Macedonischen Stul zu er-
heben. Westwegen auch Cassander sein ei-
gen Feuer zu leschen gezwungen/ und zu fol-
ge des mit dem Ptolomeus in Egypten und
Lysimachus in Thracien getroffenen Bünd-
nisses wider den Antigonus auffzuziehen ver-
hindert ward. Hätte auch Polyperchon
sich nicht vom Cassander bestechen/ und den
Hercules Meuchelmörderisch hinrichten las-
sen; würde Cassandern seine Krone auff dem
Häupte gewaltig gewackelt haben. Gleich-
wohl aber war er den Deutschen und der mit
ihnen verbundenen Könige der Sarmater Dro-
michetes nicht gewachsen; sondern es muste
ihm Lysimachus mit allen seinen Kräfften zu
Hülffe kommen/ welcher aber auffs Haupt
geschlagen/ selbst gefangen/ aber/ als die Deut-
schen nur des Cassanders Tod vernahmen/ von
ihnen seiner Tapfferkeit halber ohne Löse-Geld
großmüthig freygegeben ward.

Also beginnte in Griechenland den Deut-
schen ihr Glücks-Stern auff-in Jtalien a-
ber/ weil das Verhängniß Rom nunmehr em-
por zu heben anfing/ allgemach nieder zu ge-
hen. Denn es kriegten die Semnoner etliche
friedliebende Fürsten zu ihren Herrschern/ wel-
che zwar anfangs von ihrem kriegerischen Vol-
cke denen von Rom bedrängten Völckern zu ste-
hen gleichsam gezwungen wurden; Hernach a-
ber nam das Volck auch die Art ihrer Fürsten
an/ die der süssen Ruh gewohnten/ und sich die
Liebkosungen der Römer einschläffen liessen/ und
als sie die tapfferen Samniter verschlungen/
nichts minder blinde Zuschauer ihres eigenen/ als
unbarmhertzige fremden Unterganges abga-
ben. Jedoch gaben die Semnoner/ wie die aus-

leschen-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] der alles zermalmenden Muͤhl-Steine haͤt-
ten. Alſo waͤren ſie fertig ihre Klingen ge-
geneinander zu verſuchen. Aber Alexander lies
diß Unvernehmen unterbrechen/ und verfuͤgen:
daß der Vorzug im Einzuge nach der Ordnung
der geſchehenẽ Empfangungen eingerichtet wer-
den ſolte. Zeno bezeugte ein ſonderbares Ver-
gnuͤgen uͤber der Deutſchen ſo fertiger Ent-
ſchluͤſſung/ und ſo ſtachlichter Antwort; als
durch welche er ſeinem hochmuͤthigen Gegen-
theil ſo gut/ wo nicht beſſer begegnet waͤre/ als
der Parthiſche Geſandte Vagiſes dem Craſ-
ſus/ da dieſer jenen zu Selevcia zu beantwor-
ten beſcheidete/ jener aber mit Lachen ihm den
Hand-Teller wieß/ und verſetzte: Es wuͤrden
auff ſelbtem ehe Haare wachſen/ als ſeine Au-
gen Selevcia ſehen. Und als der Tauromi-
niſche Fuͤrſt Andromachus/ fuͤr welchem der
Carthaginenſiſche Geſandte die Hand umdre-
hete/ und andeutete: Wuͤrde er nicht aus
ihrem Gewaͤſſer die Corinthiſche Schiffs-
Flotte abziehen/ wolten ſie Tauromin/ wie er
ſeine Hand zu oberſte zu unterſte drehen; wor-
auff Andromachus mit der Hand gleiche Ge-
berdung machte und dem Geſandten ſagte:
Er ſolte bey Sonnen-Schein von dar weg/
oder er wolte es ſeinem Schiffe auff dieſe Art
mitſpielen. Adgandeſter kam wieder in ſei-
ne Erzehlung/ und meldete: daß die Deut-
ſchen beym Alexander von Tage zu Tage im-
mer in groͤſſer Anſehen kommen; und die erſten
geweſt waͤren/ mit welchen er das Buͤndniß
verneuert haͤtte. Sie hingegen gewannen
Alexandern ſo lieb: daß ſie ſeinen kurtz darauf
folgenden Tod zwar nicht ſo weibiſch/ als die
Perſen beweineten/ aber ſein Gedaͤchtniß wer-
ther/ als ſeine Macedonier hielten. Denn
dieſe konten den meineydigen Caſſander/ welcher
Alexandern bey Aufffriſchung ſeines Tran-
ckes alles auſſer Pferde-Huff zerbeitzendes
Gifft einſchenckte/ und ſeines wohlthaͤtigen
[Spaltenumbruch] Koͤnigs gantzes Geſchlechte ausrottete/ zu ih-
rem Koͤnige; jene aber nicht wohl zu ihrem
Nachbar leiden. Dahero ſie mit einem Kriegs-
Heere uͤber die Donau ſetzten/ um des Ale-
xanders Sohn Hercules mit Huͤlffe des Po-
lyperchon auff den Macedoniſchen Stul zu er-
heben. Weſtwegen auch Caſſander ſein ei-
gen Feuer zu leſchen gezwungen/ und zu fol-
ge des mit dem Ptolomeus in Egypten und
Lyſimachus in Thracien getroffenen Buͤnd-
niſſes wider den Antigonus auffzuziehen ver-
hindert ward. Haͤtte auch Polyperchon
ſich nicht vom Caſſander beſtechen/ und den
Hercules Meuchelmoͤrderiſch hinrichten laſ-
ſen; wuͤrde Caſſandern ſeine Krone auff dem
Haͤupte gewaltig gewackelt haben. Gleich-
wohl aber war er den Deutſchen und der mit
ihnen verbundenen Koͤnige der Sarmater Dro-
michetes nicht gewachſen; ſondern es muſte
ihm Lyſimachus mit allen ſeinen Kraͤfften zu
Huͤlffe kommen/ welcher aber auffs Haupt
geſchlagen/ ſelbſt gefangen/ aber/ als die Deut-
ſchen nur des Caſſanders Tod vernahmen/ von
ihnen ſeiner Tapfferkeit halber ohne Loͤſe-Geld
großmuͤthig freygegeben ward.

Alſo beginnte in Griechenland den Deut-
ſchen ihr Gluͤcks-Stern auff-in Jtalien a-
ber/ weil das Verhaͤngniß Rom nunmehr em-
por zu heben anfing/ allgemach nieder zu ge-
hen. Denn es kriegten die Semnoner etliche
friedliebende Fuͤrſten zu ihren Herrſchern/ wel-
che zwar anfangs von ihrem kriegeriſchen Vol-
cke denen von Rom bedraͤngten Voͤlckern zu ſte-
hen gleichſam gezwungen wurden; Hernach a-
ber nam das Volck auch die Art ihrer Fuͤrſten
an/ die der ſuͤſſen Ruh gewohnten/ und ſich die
Liebkoſungen der Roͤmer einſchlaͤffen lieſſen/ und
als ſie die tapfferen Samniter verſchlungen/
nichts mindeꝛ blinde Zuſchaueꝛ ihres eigenen/ als
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ben. Jedoch gaben die Semnoner/ wie die aus-

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[764[766]/0826] Sechſtes Buch der alles zermalmenden Muͤhl-Steine haͤt- ten. Alſo waͤren ſie fertig ihre Klingen ge- geneinander zu verſuchen. Aber Alexander lies diß Unvernehmen unterbrechen/ und verfuͤgen: daß der Vorzug im Einzuge nach der Ordnung der geſchehenẽ Empfangungen eingerichtet wer- den ſolte. Zeno bezeugte ein ſonderbares Ver- gnuͤgen uͤber der Deutſchen ſo fertiger Ent- ſchluͤſſung/ und ſo ſtachlichter Antwort; als durch welche er ſeinem hochmuͤthigen Gegen- theil ſo gut/ wo nicht beſſer begegnet waͤre/ als der Parthiſche Geſandte Vagiſes dem Craſ- ſus/ da dieſer jenen zu Selevcia zu beantwor- ten beſcheidete/ jener aber mit Lachen ihm den Hand-Teller wieß/ und verſetzte: Es wuͤrden auff ſelbtem ehe Haare wachſen/ als ſeine Au- gen Selevcia ſehen. Und als der Tauromi- niſche Fuͤrſt Andromachus/ fuͤr welchem der Carthaginenſiſche Geſandte die Hand umdre- hete/ und andeutete: Wuͤrde er nicht aus ihrem Gewaͤſſer die Corinthiſche Schiffs- Flotte abziehen/ wolten ſie Tauromin/ wie er ſeine Hand zu oberſte zu unterſte drehen; wor- auff Andromachus mit der Hand gleiche Ge- berdung machte und dem Geſandten ſagte: Er ſolte bey Sonnen-Schein von dar weg/ oder er wolte es ſeinem Schiffe auff dieſe Art mitſpielen. Adgandeſter kam wieder in ſei- ne Erzehlung/ und meldete: daß die Deut- ſchen beym Alexander von Tage zu Tage im- mer in groͤſſer Anſehen kommen; und die erſten geweſt waͤren/ mit welchen er das Buͤndniß verneuert haͤtte. Sie hingegen gewannen Alexandern ſo lieb: daß ſie ſeinen kurtz darauf folgenden Tod zwar nicht ſo weibiſch/ als die Perſen beweineten/ aber ſein Gedaͤchtniß wer- ther/ als ſeine Macedonier hielten. Denn dieſe konten den meineydigen Caſſander/ welcher Alexandern bey Aufffriſchung ſeines Tran- ckes alles auſſer Pferde-Huff zerbeitzendes Gifft einſchenckte/ und ſeines wohlthaͤtigen Koͤnigs gantzes Geſchlechte ausrottete/ zu ih- rem Koͤnige; jene aber nicht wohl zu ihrem Nachbar leiden. Dahero ſie mit einem Kriegs- Heere uͤber die Donau ſetzten/ um des Ale- xanders Sohn Hercules mit Huͤlffe des Po- lyperchon auff den Macedoniſchen Stul zu er- heben. Weſtwegen auch Caſſander ſein ei- gen Feuer zu leſchen gezwungen/ und zu fol- ge des mit dem Ptolomeus in Egypten und Lyſimachus in Thracien getroffenen Buͤnd- niſſes wider den Antigonus auffzuziehen ver- hindert ward. Haͤtte auch Polyperchon ſich nicht vom Caſſander beſtechen/ und den Hercules Meuchelmoͤrderiſch hinrichten laſ- ſen; wuͤrde Caſſandern ſeine Krone auff dem Haͤupte gewaltig gewackelt haben. Gleich- wohl aber war er den Deutſchen und der mit ihnen verbundenen Koͤnige der Sarmater Dro- michetes nicht gewachſen; ſondern es muſte ihm Lyſimachus mit allen ſeinen Kraͤfften zu Huͤlffe kommen/ welcher aber auffs Haupt geſchlagen/ ſelbſt gefangen/ aber/ als die Deut- ſchen nur des Caſſanders Tod vernahmen/ von ihnen ſeiner Tapfferkeit halber ohne Loͤſe-Geld großmuͤthig freygegeben ward. Alſo beginnte in Griechenland den Deut- ſchen ihr Gluͤcks-Stern auff-in Jtalien a- ber/ weil das Verhaͤngniß Rom nunmehr em- por zu heben anfing/ allgemach nieder zu ge- hen. Denn es kriegten die Semnoner etliche friedliebende Fuͤrſten zu ihren Herrſchern/ wel- che zwar anfangs von ihrem kriegeriſchen Vol- cke denen von Rom bedraͤngten Voͤlckern zu ſte- hen gleichſam gezwungen wurden; Hernach a- ber nam das Volck auch die Art ihrer Fuͤrſten an/ die der ſuͤſſen Ruh gewohnten/ und ſich die Liebkoſungen der Roͤmer einſchlaͤffen lieſſen/ und als ſie die tapfferen Samniter verſchlungen/ nichts mindeꝛ blinde Zuſchaueꝛ ihres eigenen/ als unbarmhertzige fremden Unterganges abga- ben. Jedoch gaben die Semnoner/ wie die aus- leſchen-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 764[766]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/826>, abgerufen am 23.11.2024.