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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] verantwortlich hielten dieses so vermessene
Werck zu verfolgen; sondern von Sturme ab-
blasen liessen; ihr Läger ansteckten/ und sich
nach Alba zohen/ sondern daß sich die Römer sie
zu verfolgen wagten. Erdmann kam den drit-
ten Tag erst wieder zu sich selbst; und als die O-
bersten sich über dem allzu hitzigen Fürnehmen
beklagten/ nur die Achseln einzoh/ und antwor-
tete: Es war wol eine harte Ecke. Worvon
er hernach den Zunahmen Harteck bekam; ie-
doch diese Scharte hernach durch einen herrli-
chen Sieg gegen die Griechischen See-Räu-
ber/ welche bey Laurentum/ wo vor Zeiten
Eneas ausgestiegen war/ aussetzten und das
Land verheereten. Sintemal er diese nicht nur
mit grossem Verlust in die Schiffe jagte/ sondern
auch die Lateiner dadurch gewan: daß sie den
Römern aufs neue den Bund aufkündigten.
Hierüber ward Rom so bestürtzt: daß sie ein
Heer von zehn Legionen/ iede zu fünftehalb tau-
send Mann aufrichteten; mit dessen gröstem
Theile der Bürgermeister Camillus gegen die
Deutschen in das Pomptinische Gebiete auf-
zoh; welcher aber durch Langsamkeit die zum
kämpffen eifrige Deutschen gleichfals abmatten
und durch Verdrüßligkeit zu einem unvernünf-
tigen Treffen verleiten wolte; also sich allezeit/
wann der Feind auf ihn drang/ zwischen die
Pomptinischen Sümpffe versteckte. Der Fluß
Amasen scheidete beyde Läger von einander/ ü-
ber diesen kam um Mitternacht ein altes Weib
auff einem Hunde mit einem Krantze von Eisen-
Kraute auf dem Haupte/ und mit einer bren-
nenden Fackel in der Hand geschwommen;
machte mit selbter einen Kreiß in die Hand; und
nach vielen gemahlten Zeichen und seltzamen
Gebehrden fing sie gegen das Deutsche Lä-
ger mit heiserer Stimme aus allen Kräfften zu
ruffen: Jst irgends ein Gott/ eine Göttin/ o-
der Geist/ der die Deutschen beschützet/ so ver-
ehre und bitte ich euch: verlasset der Deutschen
[Spaltenumbruch] Land/ Städte und Läger. Jaget ihnen Schre-
cken/ Zagheit und Vergessenheit ein. Kommt
nach Rom; erwehlet unsere Heiligthümer/ und
stehet unserm Heere für; so geloben wir euch
Tempel zu bauen/ Opffer zu liefern und Spie-
le zu halten. Die Deutsche Wache ward hier-
über verbittert/ schossen daher mit Pfeilen auff
sie/ welche aber alle für dem Kreisse niederfielen.
Sie ließ sich auch in ihrer Gauck eley nicht hin-
dern/ sondern machte einen Hauffen wächserne
Bilder und zerschmeltzte sie in der Fackel; zuletzt
steckte sie einen Stab in die Erde in einen A-
meiß-Hauffen; an welchem die Ameissen hin-
auf lieffen; an der Spitze sich in Raben verwan-
delten/ und davon flohen. Hierauf fing sie so
ein jämmerliches Geheule an: daß den Deut-
schen die Haare zu Berge stunden/ und sprang
in den Fluß/ über welchen diese Zauberin ihr
Höllen-Hund an dem Römischen Ufer aussetz-
te. Zeno fing an: Es ist diß eine Zauber-Art/
wie sie in Pannonien aus den Ameissen Staare
machen/ und ihrem Nachbar in die Weinber-
ge die Trauben abzufressen schicken sollen.
Aber ich glaube/ daß diß alles abergläubische
Bländungen sind. Adgandester versetzte:
Der Deutsche Heerführer Leuchtenberg war in
eben dieser Meinung; daher er die Deutschen/
welche zu Abwendung dieser Zauberey drey mal
in die Schooß den Speichel ausspien/ verlach-
te/ die in seinem Heere befindlichen Tiburtiner
aber/ die dem Neptun und der Nemesis opf-
fern/ oder in dem Läger des Priapus Bildnüß
auffrichten wolten/ wie nichts minder denen
Kriegsleuten viel mit Raute/ Knaben- und Fa-
selwurtz gefüllte Knispel an Hals zu hencken
mittheilten/ auch ihm das Läger zu verrücken
riethen/ mit hartem Verweiß abfertigte; allei-
ne der Aus gang wieß gleich wol: daß das göttli-
che Verhängnüß doch der Zauberey zuweilen
etwas enträume; und daß die schwartzen Ra-
ben den Deutschen so viel Böses/ als die weissen

denen

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] verantwortlich hielten dieſes ſo vermeſſene
Werck zu verfolgen; ſondern von Sturme ab-
blaſen lieſſen; ihr Laͤger anſteckten/ und ſich
nach Alba zohen/ ſondern daß ſich die Roͤmer ſie
zu verfolgen wagten. Erdmann kam den drit-
ten Tag erſt wieder zu ſich ſelbſt; und als die O-
berſten ſich uͤber dem allzu hitzigen Fuͤrnehmen
beklagten/ nur die Achſeln einzoh/ und antwor-
tete: Es war wol eine harte Ecke. Worvon
er hernach den Zunahmen Harteck bekam; ie-
doch dieſe Scharte hernach durch einen herrli-
chen Sieg gegen die Griechiſchen See-Raͤu-
ber/ welche bey Laurentum/ wo vor Zeiten
Eneas ausgeſtiegen war/ ausſetzten und das
Land verheereten. Sintemal er dieſe nicht nur
mit groſſem Verluſt in die Schiffe jagte/ ſondern
auch die Lateiner dadurch gewan: daß ſie den
Roͤmern aufs neue den Bund aufkuͤndigten.
Hieruͤber ward Rom ſo beſtuͤrtzt: daß ſie ein
Heer von zehn Legionen/ iede zu fuͤnftehalb tau-
ſend Mann aufrichteten; mit deſſen groͤſtem
Theile der Buͤrgermeiſter Camillus gegen die
Deutſchen in das Pomptiniſche Gebiete auf-
zoh; welcher aber durch Langſamkeit die zum
kaͤmpffen eifrige Deutſchen gleichfals abmatten
und durch Verdruͤßligkeit zu einem unvernuͤnf-
tigen Treffen verleiten wolte; alſo ſich allezeit/
wann der Feind auf ihn drang/ zwiſchen die
Pomptiniſchen Suͤmpffe verſteckte. Der Fluß
Amaſen ſcheidete beyde Laͤger von einander/ uͤ-
ber dieſen kam um Mitternacht ein altes Weib
auff einem Hunde mit einem Krantze von Eiſen-
Kraute auf dem Haupte/ und mit einer bren-
nenden Fackel in der Hand geſchwommen;
machte mit ſelbter einen Kreiß in die Hand; und
nach vielen gemahlten Zeichen und ſeltzamen
Gebehrden fing ſie gegen das Deutſche Laͤ-
ger mit heiſerer Stimme aus allen Kraͤfften zu
ruffen: Jſt irgends ein Gott/ eine Goͤttin/ o-
der Geiſt/ der die Deutſchen beſchuͤtzet/ ſo ver-
ehre und bitte ich euch: verlaſſet der Deutſchen
[Spaltenumbruch] Land/ Staͤdte und Laͤger. Jaget ihnen Schre-
cken/ Zagheit und Vergeſſenheit ein. Kommt
nach Rom; erwehlet unſere Heiligthuͤmer/ und
ſtehet unſerm Heere fuͤr; ſo geloben wir euch
Tempel zu bauen/ Opffer zu liefern und Spie-
le zu halten. Die Deutſche Wache ward hier-
uͤber verbittert/ ſchoſſen daher mit Pfeilen auff
ſie/ welche aber alle fuͤr dem Kreiſſe niederfielen.
Sie ließ ſich auch in ihrer Gauck eley nicht hin-
dern/ ſondern machte einen Hauffen waͤchſerne
Bilder und zerſchmeltzte ſie in der Fackel; zuletzt
ſteckte ſie einen Stab in die Erde in einen A-
meiß-Hauffen; an welchem die Ameiſſen hin-
auf lieffen; an der Spitze ſich in Raben verwan-
delten/ und davon flohen. Hierauf fing ſie ſo
ein jaͤmmerliches Geheule an: daß den Deut-
ſchen die Haare zu Berge ſtunden/ und ſprang
in den Fluß/ uͤber welchen dieſe Zauberin ihr
Hoͤllen-Hund an dem Roͤmiſchen Ufer ausſetz-
te. Zeno fing an: Es iſt diß eine Zauber-Art/
wie ſie in Pannonien aus den Ameiſſen Staare
machen/ und ihrem Nachbar in die Weinber-
ge die Trauben abzufreſſen ſchicken ſollen.
Aber ich glaube/ daß diß alles aberglaͤubiſche
Blaͤndungen ſind. Adgandeſter verſetzte:
Der Deutſche Heerfuͤhrer Leuchtenberg war in
eben dieſer Meinung; daher er die Deutſchen/
welche zu Abwendung dieſer Zauberey drey mal
in die Schooß den Speichel ausſpien/ verlach-
te/ die in ſeinem Heere befindlichen Tiburtiner
aber/ die dem Neptun und der Nemeſis opf-
fern/ oder in dem Laͤger des Priapus Bildnuͤß
auffrichten wolten/ wie nichts minder denen
Kriegsleuten viel mit Raute/ Knaben- und Fa-
ſelwurtz gefuͤllte Kniſpel an Hals zu hencken
mittheilten/ auch ihm das Laͤger zu verruͤcken
riethen/ mit hartem Verweiß abfertigte; allei-
ne der Aus gang wieß gleich wol: daß das goͤttli-
che Verhaͤngnuͤß doch der Zauberey zuweilen
etwas entraͤume; und daß die ſchwartzen Ra-
ben den Deutſchen ſo viel Boͤſes/ als die weiſſen

denen
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 758[760]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/820>, abgerufen am 23.11.2024.