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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] denen Beotiern in Thessalien Gutes bedeute-
ten. Denn Udalrich ein deutscher Edelmann
setzte über den Fluß/ und forderte den hertzhaff-
testen der Römer zum Zweykampffe aus. Die
Römischen Wahrsager brachten es bey dem Ca-
millus wider vorige Gewohnheit der Römer/
welche sonst schwer hierzu kamen; in dem ein
gantzes Heer meist aus solchen Gefechten den
Ausschlag des gantzen Krieges urtheilte/ durch
grosse Vertröstungen dahin: daß einem Kriegs-
Obersten Marcus Valerius mit dem Deut-
schen zu kämpffen erlaubt ward. Wie der
Streit nun angehen solte/ kam über das Deut-
sche Läger ein Rabe von ungemeiner Grösse
mit grausamen Geschrey geflogen/ setzte sich
dem Valerius auff den Helm/ und beym An-
binden flohe er dem Udalrich ins Gesichte/ hack-
te und kratzte ihm die Augen aus; also daß Va-
lerius bey dieser seiner Bländung ihm leicht et-
liche tödtliche Stiche beybringen konte. Die
Deutschen schmertzte dieser zauberische Be-
trug/ und die Bezauberung des Todten so sehr:
daß die Vorwache ohne Verlaub durch den
Fluß schwemmte und den Valerius mit seinen
Gefärthen verfolgte/ unter denen waren zwey
Hermundurische Edelleute; welche dem Va-
lerius nicht nur die abgenommenen Waffen ab-
jagten/ sondern ihm auch den Helm von dem
Kopffe schlugen/ und eroberten; weßwegen
der eine hernach den Zunahmen Rabe/ und ei-
nen mit einem Raben aus geputzten Helm/ der
andere Rabenstein mit einem Raben im Schil-
de führte. Uber diesem Gefechte aber dran-
gen aus beyden Lägern so viel Kriegsleute nach
und nach herzu: daß beyde Feldherren endlich
um nicht ihre bereit kämpffenden Leute im Sti-
che zu lassen/ gezwungen wurden mit vollen
Kräfften loß zu gehen. Camillus munterte
die Seinigen darmit auf: daß der dem Vale-
rius zu Hülffe gekommene Rabe den Römern
zur rechten/ den Deutschen zur lincken Hand
geflogen wäre; also jenen den Sieg/ diesen den
[Spaltenumbruch] Untergang angekündigt hätte. Diesem ih-
rem Glücks-Vogel und Wegweiser solten sie
nur behertzt nachfolgen. Die Götter schick-
ten den Menschen mehrmals Thiere zu Ge-
hülffen und zu Leitern. Also hätten die Tau-
ben den Chalcidensern über das Meer an den
Ort/ wo sie hernach Cuma hingebaut/ eine
Schlange der Antinoe nach Mantinea/ eine
Kuh dem Cadmus nach Thebe/ ein Widder dem
Bacchus in Africa den Weg gewiesen. Leuch-
tenberg hingegen redete diß den Deutschen aus;
und meldete: daß der Aber glaube die heßlichste
Larve der Vernunfft/ und eine Ohnmacht des
Gemüthes wäre. Jedoch hatten die Deut-
schen/ welche durch den Fluß Amasen theils
schwimmen/ theils waten/ und in dem Wasser
biß an die Achsel stehende gegen die an dem fe-
sten und meist hohem Ufer fechtenden Römer
kämpffen musten/ einen schweren Stand.
Nichts desto weniger setzten sie endlich festen
Fuß/ und erfolgte beyderseits eine grausame
Blutstürtzung so lange/ biß die wieder Gewohn-
heit stockfinstere Nacht die gegen einander ra-
sende Feinde von einander sonderte/ und ieden
in sein Läger zu kehren zwang; also: daß sich
kein Theil mit Warheit eines Sieges rühmen
konte/ beyde aber wol den verlohrnen Kern ih-
res Volckes zu betrauren/ und nur die höllischen
Geister über ihrer Mordstifftung sich zu er-
freuen hatten. Camillus zohe hierauff nach
Rom/ die Deutschen aber erfrischten sich in A-
pulien; und machte diese geschehene Prüfung
beyderseitiger Kräfften zwischen ihnen einen
stillschweigenden Stillestand; welchen die Rö-
mer hernach mit vielen Geschencken und Liebko-
sungen unterhielten; wormit sie bey dieser Ein-
schläffung die Samniter und Lateiner unter ihre
Botmäßigkeit bringen konten. Diese Ruhe un-
terhielte von seiten der Deutschen auch theils die
zwischen denen Semnonern/ Bojen und andern
über die Alpen gestiegenen Völckern erwach-
sende Unruh/ theils daß den streitbaren Hertzog

Lud-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] denen Beotiern in Theſſalien Gutes bedeute-
ten. Denn Udalrich ein deutſcher Edelmann
ſetzte uͤber den Fluß/ und forderte den hertzhaff-
teſten der Roͤmer zum Zweykampffe aus. Die
Roͤmiſchen Wahrſager brachten es bey dem Ca-
millus wider vorige Gewohnheit der Roͤmer/
welche ſonſt ſchwer hierzu kamen; in dem ein
gantzes Heer meiſt aus ſolchen Gefechten den
Ausſchlag des gantzen Krieges urtheilte/ durch
groſſe Vertroͤſtungen dahin: daß einem Kriegs-
Oberſten Marcus Valerius mit dem Deut-
ſchen zu kaͤmpffen erlaubt ward. Wie der
Streit nun angehen ſolte/ kam uͤber das Deut-
ſche Laͤger ein Rabe von ungemeiner Groͤſſe
mit grauſamen Geſchrey geflogen/ ſetzte ſich
dem Valerius auff den Helm/ und beym An-
binden flohe er dem Udalrich ins Geſichte/ hack-
te und kratzte ihm die Augen aus; alſo daß Va-
lerius bey dieſer ſeiner Blaͤndung ihm leicht et-
liche toͤdtliche Stiche beybringen konte. Die
Deutſchen ſchmertzte dieſer zauberiſche Be-
trug/ und die Bezauberung des Todten ſo ſehr:
daß die Vorwache ohne Verlaub durch den
Fluß ſchwemmte und den Valerius mit ſeinen
Gefaͤrthen verfolgte/ unter denen waren zwey
Hermunduriſche Edelleute; welche dem Va-
lerius nicht nur die abgenommenen Waffen ab-
jagten/ ſondern ihm auch den Helm von dem
Kopffe ſchlugen/ und eroberten; weßwegen
der eine hernach den Zunahmen Rabe/ und ei-
nen mit einem Raben aus geputzten Helm/ der
andere Rabenſtein mit einem Raben im Schil-
de fuͤhrte. Uber dieſem Gefechte aber dran-
gen aus beyden Laͤgern ſo viel Kriegsleute nach
und nach herzu: daß beyde Feldherren endlich
um nicht ihre bereit kaͤmpffenden Leute im Sti-
che zu laſſen/ gezwungen wurden mit vollen
Kraͤfften loß zu gehen. Camillus munterte
die Seinigen darmit auf: daß der dem Vale-
rius zu Huͤlffe gekommene Rabe den Roͤmern
zur rechten/ den Deutſchen zur lincken Hand
geflogen waͤre; alſo jenen den Sieg/ dieſen den
[Spaltenumbruch] Untergang angekuͤndigt haͤtte. Dieſem ih-
rem Gluͤcks-Vogel und Wegweiſer ſolten ſie
nur behertzt nachfolgen. Die Goͤtter ſchick-
ten den Menſchen mehrmals Thiere zu Ge-
huͤlffen und zu Leitern. Alſo haͤtten die Tau-
ben den Chalcidenſern uͤber das Meer an den
Ort/ wo ſie hernach Cuma hingebaut/ eine
Schlange der Antinoe nach Mantinea/ eine
Kuh dem Cadmus nach Thebe/ ein Widder dem
Bacchus in Africa den Weg gewieſen. Leuch-
tenberg hingegen redete diß den Deutſchen aus;
und meldete: daß der Aber glaube die heßlichſte
Larve der Vernunfft/ und eine Ohnmacht des
Gemuͤthes waͤre. Jedoch hatten die Deut-
ſchen/ welche durch den Fluß Amaſen theils
ſchwimmen/ theils waten/ und in dem Waſſer
biß an die Achſel ſtehende gegen die an dem fe-
ſten und meiſt hohem Ufer fechtenden Roͤmer
kaͤmpffen muſten/ einen ſchweren Stand.
Nichts deſto weniger ſetzten ſie endlich feſten
Fuß/ und erfolgte beyderſeits eine grauſame
Blutſtuͤrtzung ſo lange/ biß die wieder Gewohn-
heit ſtockfinſtere Nacht die gegen einander ra-
ſende Feinde von einander ſonderte/ und ieden
in ſein Laͤger zu kehren zwang; alſo: daß ſich
kein Theil mit Warheit eines Sieges ruͤhmen
konte/ beyde aber wol den verlohrnen Kern ih-
res Volckes zu betrauren/ und nur die hoͤlliſchen
Geiſter uͤber ihrer Mordſtifftung ſich zu er-
freuen hatten. Camillus zohe hierauff nach
Rom/ die Deutſchen aber erfriſchten ſich in A-
pulien; und machte dieſe geſchehene Pruͤfung
beyderſeitiger Kraͤfften zwiſchen ihnen einen
ſtillſchweigenden Stilleſtand; welchen die Roͤ-
mer hernach mit vielen Geſchencken und Liebko-
ſungen unterhielten; wormit ſie bey dieſer Ein-
ſchlaͤffung die Samniter und Lateiner unter ihre
Botmaͤßigkeit bringen konten. Dieſe Ruhe un-
terhielte von ſeiten der Deutſchen auch theils die
zwiſchen denen Semnonern/ Bojen und andern
uͤber die Alpen geſtiegenen Voͤlckern erwach-
ſende Unruh/ theils daß den ſtreitbaren Hertzog

Lud-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 759[761]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/821>, abgerufen am 23.11.2024.