Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachts allen mit Waffen aus gerüsteten Troß
nebst hundert Reutern in ein Gepüsche auf ei-
nem Tusculanischen Hügel/ und stellte des
Morgens sein Heer für dem Lager in Schlacht-
Ordnung. Die Deutschen waren so begierig
zum Fechten: daß sie die Römer ehe anfielen/
ehe Hertzog Arnold seine Schlacht-Ordnung
gemacht/ oder das Zeichen gegeben hatte. Sie
brachten auch den rechten Flügel/ darinnen doch
der Feldherr selbst fochte/ und das Ampt eines
tapffern Kriegs-Mannes verwaltete/ zum
weichen in Verwirrung. Der lincke Flügel
aber hielt mit dem Marcus Valerius den
Semnonern die Wage; iedoch muste der noth-
leidende Sulpitius seinem Troß ein Zeichen
geben: daß selbter auf der Seite gegen die Deut-
schen herfür brach. Durch welche Bländung
denn die Deutschen stutzig gemacht wurden.
Weil nun sich der Wind zugleich wendete/ und
den Deutschen den Staub recht in die Augen
wehete/ zohe Hertzog Arnold sein Heer mit einer
so klugen Art zwischen die Berge: daß der Ver-
lust beyder streitbaren Theile gleiche war; unge-
achtet die Römer dem Sulpitius ihrer Mei-
nung nach ein wahrhafftes/ nicht aber wie vor-
mals andern falsch ertichtete Siegs-Gepränge
erlaubten. Hingegen gewan Ritter Sultz/
welcher mit 10000. Semnonern denen Tar-
qviniern beystand/ dem Fabius einen herrlichen
Sieg ab/ welche/ weil die Römer vorher etliche
Gefangene dem Mars geopffert hatten/ 307.
gefangene Römische Edelleute ebenfals ab-
schlachteten. Diesen Verlust einzubringen
ward das Jahr hernach der Bürgermeister Po-
pilius Lenas wider die Tarqvinier und Deut-
schen geschickt; welcher aber mit einer schweren
Niederlage abgefertigt war; worzu die Deut-
schen Priester nicht wenig halffen/ welche für
dem Tarqvinischen rechten Flügel mit brennen-
den und mit Schlangen umwundenen Fackeln
vorher lieffen/ und die über diesem neuen Aufru-
ge bestürtzten Römer verwirrten/ denen Tar-
[Spaltenumbruch] qviniern aber ein Hertze machten. Es wur-
den aber die Deutschen mit denen Tarqviniern
wegen der Beute uneines; weßwegen jene ihre
Hülffs-Völcker nach Hause berufften/ diese also
unterschiedene mal grossen Schiffbruch liedten.
Weil die Römer aber aufs neue die Tiburtiner
überfielen/ schickte Hertzog Ludwig/ Erdmann/
sein Schoßkind einen jungen Semnonischen
Ritter/ wieder mit einem frischen Kriegs-Heere
ins Latium; gegen welchen der Bürgermeister
Popilius Lenas mit einem starcken Heere auf-
zoh; weil er aber den Deutschen sich gleichwol
nicht gewachsen zu seyn/ oder die Langsamkeit
einem Feldherren anständiger als die Vermes-
senheit hielt/ sich auff dem kalten Berge ver-
schantzte. Dem jungen und hitzigen Erdmann
ward die Zeit zu lang/ und die Gedult zu kurtz
den Feind an einem gelegnern Orte anzugreif-
fen/ daher entschloß er wider die Einrathung/
welche entweder von Art oder Alter zum Ver-
zuge geneigt waren/ den Berg und das befestig-
te Läger zu stürmen; und zwar unter diesem
Vorwand: daß der Feind sich nur auff seinen
Wall/ er sich aber auf die Hertzen seiner Deut-
schen verliesse/ welche lieber stürben/ als etwas
unüberwindlich hielten. Zu dem wären sie so
fruchtbar: daß ihrem Hertzoge alle Nacht ein
Heer gezeugt würde. Er selbst führte anfangs
den Sturm an; und ob die Deutschen gleich aus
dem Athem kamen/ ehe sie des Berges Höhe er-
stiegen/ oben auch noch zweyfache Graben und
Wälle für sich hatten/ und es augenscheinliche
Unmögligkeit war das Lager einzunehmen/
stürmte er doch mit stets abgelösten Völckern
Tag und Nacht durch; eroberte auch zwar den
eusersten Wall/ und warf dem Bürgermeister
einen Spieß durch die lincke Achsel; also: daß
das Römische Lager nun mehr in Gefahr stand;
aber das Blat wendete sich unverhofft/ indem
Erdmann mit einem Steine so harte am Kopf-
fe verwundet war: daß er für todt zu Bodem fiel.
Worauf die andern Kriegs-Obersten nicht für

ver-
C c c c c 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachts allen mit Waffen aus geruͤſteten Troß
nebſt hundert Reutern in ein Gepuͤſche auf ei-
nem Tuſculaniſchen Huͤgel/ und ſtellte des
Morgens ſein Heer fuͤr dem Lager in Schlacht-
Ordnung. Die Deutſchen waren ſo begierig
zum Fechten: daß ſie die Roͤmer ehe anfielen/
ehe Hertzog Arnold ſeine Schlacht-Ordnung
gemacht/ oder das Zeichen gegeben hatte. Sie
brachten auch den rechten Fluͤgel/ darinnen doch
der Feldherr ſelbſt fochte/ und das Ampt eines
tapffern Kriegs-Mannes verwaltete/ zum
weichen in Verwirrung. Der lincke Fluͤgel
aber hielt mit dem Marcus Valerius den
Semnonern die Wage; iedoch muſte der noth-
leidende Sulpitius ſeinem Troß ein Zeichen
geben: daß ſelbter auf der Seite gegen die Deut-
ſchen herfuͤr brach. Durch welche Blaͤndung
denn die Deutſchen ſtutzig gemacht wurden.
Weil nun ſich der Wind zugleich wendete/ und
den Deutſchen den Staub recht in die Augen
wehete/ zohe Hertzog Arnold ſein Heer mit einer
ſo klugen Art zwiſchen die Berge: daß der Ver-
luſt beyder ſtreitbaren Theile gleiche war; unge-
achtet die Roͤmer dem Sulpitius ihrer Mei-
nung nach ein wahrhafftes/ nicht aber wie vor-
mals andern falſch ertichtete Siegs-Gepraͤnge
erlaubten. Hingegen gewan Ritter Sultz/
welcher mit 10000. Semnonern denen Tar-
qviniern beyſtand/ dem Fabius einen herrlichen
Sieg ab/ welche/ weil die Roͤmer vorher etliche
Gefangene dem Mars geopffert hatten/ 307.
gefangene Roͤmiſche Edelleute ebenfals ab-
ſchlachteten. Dieſen Verluſt einzubringen
ward das Jahr hernach der Buͤrgermeiſter Po-
pilius Lenas wider die Tarqvinier und Deut-
ſchen geſchickt; welcher aber mit einer ſchweren
Niederlage abgefertigt war; worzu die Deut-
ſchen Prieſter nicht wenig halffen/ welche fuͤr
dem Tarqviniſchen rechten Fluͤgel mit brennen-
den und mit Schlangen umwundenen Fackeln
vorher lieffen/ und die uͤber dieſem neuen Aufꝛu-
ge beſtuͤrtzten Roͤmer verwirrten/ denen Tar-
[Spaltenumbruch] qviniern aber ein Hertze machten. Es wur-
den aber die Deutſchen mit denen Tarqviniern
wegen der Beute uneines; weßwegen jene ihre
Huͤlffs-Voͤlcker nach Hauſe berufften/ dieſe alſo
unterſchiedene mal groſſen Schiffbruch liedten.
Weil die Roͤmer aber aufs neue die Tiburtiner
uͤberfielen/ ſchickte Hertzog Ludwig/ Erdmann/
ſein Schoßkind einen jungen Semnoniſchen
Ritter/ wieder mit einem friſchen Kriegs-Heere
ins Latium; gegen welchen der Buͤrgermeiſter
Popilius Lenas mit einem ſtarcken Heere auf-
zoh; weil er aber den Deutſchen ſich gleichwol
nicht gewachſen zu ſeyn/ oder die Langſamkeit
einem Feldherren anſtaͤndiger als die Vermeſ-
ſenheit hielt/ ſich auff dem kalten Berge ver-
ſchantzte. Dem jungen und hitzigen Erdmann
ward die Zeit zu lang/ und die Gedult zu kurtz
den Feind an einem gelegnern Orte anzugreif-
fen/ daher entſchloß er wider die Einrathung/
welche entweder von Art oder Alter zum Ver-
zuge geneigt waren/ den Berg und das befeſtig-
te Laͤger zu ſtuͤrmen; und zwar unter dieſem
Vorwand: daß der Feind ſich nur auff ſeinen
Wall/ er ſich aber auf die Hertzen ſeiner Deut-
ſchen verlieſſe/ welche lieber ſtuͤrben/ als etwas
unuͤberwindlich hielten. Zu dem waͤren ſie ſo
fruchtbar: daß ihrem Hertzoge alle Nacht ein
Heer gezeugt wuͤrde. Er ſelbſt fuͤhrte anfangs
den Sturm an; und ob die Deutſchen gleich aus
dem Athem kamen/ ehe ſie des Berges Hoͤhe er-
ſtiegen/ oben auch noch zweyfache Graben und
Waͤlle fuͤr ſich hatten/ und es augenſcheinliche
Unmoͤgligkeit war das Lager einzunehmen/
ſtuͤrmte er doch mit ſtets abgeloͤſten Voͤlckern
Tag und Nacht durch; eroberte auch zwar den
euſerſten Wall/ und warf dem Buͤrgermeiſter
einen Spieß durch die lincke Achſel; alſo: daß
das Roͤmiſche Lager nun mehr in Gefahr ſtand;
aber das Blat wendete ſich unverhofft/ indem
Erdmann mit einem Steine ſo harte am Kopf-
fe verwundet war: daß er fuͤr todt zu Bodem fiel.
Worauf die andern Kriegs-Oberſten nicht fuͤr

ver-
C c c c c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0819" n="757[759]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Nachts allen mit Waffen aus geru&#x0364;&#x017F;teten Troß<lb/>
neb&#x017F;t hundert Reutern in ein Gepu&#x0364;&#x017F;che auf ei-<lb/>
nem Tu&#x017F;culani&#x017F;chen Hu&#x0364;gel/ und &#x017F;tellte des<lb/>
Morgens &#x017F;ein Heer fu&#x0364;r dem Lager in Schlacht-<lb/>
Ordnung. Die Deut&#x017F;chen waren &#x017F;o begierig<lb/>
zum Fechten: daß &#x017F;ie die Ro&#x0364;mer ehe anfielen/<lb/>
ehe Hertzog Arnold &#x017F;eine Schlacht-Ordnung<lb/>
gemacht/ oder das Zeichen gegeben hatte. Sie<lb/>
brachten auch den rechten Flu&#x0364;gel/ darinnen doch<lb/>
der Feldherr &#x017F;elb&#x017F;t fochte/ und das Ampt eines<lb/>
tapffern Kriegs-Mannes verwaltete/ zum<lb/>
weichen in Verwirrung. Der lincke Flu&#x0364;gel<lb/>
aber hielt mit dem Marcus Valerius den<lb/>
Semnonern die Wage; iedoch mu&#x017F;te der noth-<lb/>
leidende Sulpitius &#x017F;einem Troß ein Zeichen<lb/>
geben: daß &#x017F;elbter auf der Seite gegen die Deut-<lb/>
&#x017F;chen herfu&#x0364;r brach. Durch welche Bla&#x0364;ndung<lb/>
denn die Deut&#x017F;chen &#x017F;tutzig gemacht wurden.<lb/>
Weil nun &#x017F;ich der Wind zugleich wendete/ und<lb/>
den Deut&#x017F;chen den Staub recht in die Augen<lb/>
wehete/ zohe Hertzog Arnold &#x017F;ein Heer mit einer<lb/>
&#x017F;o klugen Art zwi&#x017F;chen die Berge: daß der Ver-<lb/>
lu&#x017F;t beyder &#x017F;treitbaren Theile gleiche war; unge-<lb/>
achtet die Ro&#x0364;mer dem Sulpitius ihrer Mei-<lb/>
nung nach ein wahrhafftes/ nicht aber wie vor-<lb/>
mals andern fal&#x017F;ch ertichtete Siegs-Gepra&#x0364;nge<lb/>
erlaubten. Hingegen gewan Ritter Sultz/<lb/>
welcher mit 10000. Semnonern denen Tar-<lb/>
qviniern bey&#x017F;tand/ dem Fabius einen herrlichen<lb/>
Sieg ab/ welche/ weil die Ro&#x0364;mer vorher etliche<lb/>
Gefangene dem Mars geopffert hatten/ 307.<lb/>
gefangene Ro&#x0364;mi&#x017F;che Edelleute ebenfals ab-<lb/>
&#x017F;chlachteten. Die&#x017F;en Verlu&#x017F;t einzubringen<lb/>
ward das Jahr hernach der Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter Po-<lb/>
pilius Lenas wider die Tarqvinier und Deut-<lb/>
&#x017F;chen ge&#x017F;chickt; welcher aber mit einer &#x017F;chweren<lb/>
Niederlage abgefertigt war; worzu die Deut-<lb/>
&#x017F;chen Prie&#x017F;ter nicht wenig halffen/ welche fu&#x0364;r<lb/>
dem Tarqvini&#x017F;chen rechten Flu&#x0364;gel mit brennen-<lb/>
den und mit Schlangen umwundenen Fackeln<lb/>
vorher lieffen/ und die u&#x0364;ber die&#x017F;em neuen Auf&#xA75B;u-<lb/>
ge be&#x017F;tu&#x0364;rtzten Ro&#x0364;mer verwirrten/ denen Tar-<lb/><cb/>
qviniern aber ein Hertze machten. Es wur-<lb/>
den aber die Deut&#x017F;chen mit denen Tarqviniern<lb/>
wegen der Beute uneines; weßwegen jene ihre<lb/>
Hu&#x0364;lffs-Vo&#x0364;lcker nach Hau&#x017F;e berufften/ die&#x017F;e al&#x017F;o<lb/>
unter&#x017F;chiedene mal gro&#x017F;&#x017F;en Schiffbruch liedten.<lb/>
Weil die Ro&#x0364;mer aber aufs neue die Tiburtiner<lb/>
u&#x0364;berfielen/ &#x017F;chickte Hertzog Ludwig/ Erdmann/<lb/>
&#x017F;ein Schoßkind einen jungen Semnoni&#x017F;chen<lb/>
Ritter/ wieder mit einem fri&#x017F;chen Kriegs-Heere<lb/>
ins Latium; gegen welchen der Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter<lb/>
Popilius Lenas mit einem &#x017F;tarcken Heere auf-<lb/>
zoh; weil er aber den Deut&#x017F;chen &#x017F;ich gleichwol<lb/>
nicht gewach&#x017F;en zu &#x017F;eyn/ oder die Lang&#x017F;amkeit<lb/>
einem Feldherren an&#x017F;ta&#x0364;ndiger als die Verme&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enheit hielt/ &#x017F;ich auff dem kalten Berge ver-<lb/>
&#x017F;chantzte. Dem jungen und hitzigen Erdmann<lb/>
ward die Zeit zu lang/ und die Gedult zu kurtz<lb/>
den Feind an einem gelegnern Orte anzugreif-<lb/>
fen/ daher ent&#x017F;chloß er wider die Einrathung/<lb/>
welche entweder von Art oder Alter zum Ver-<lb/>
zuge geneigt waren/ den Berg und das befe&#x017F;tig-<lb/>
te La&#x0364;ger zu &#x017F;tu&#x0364;rmen; und zwar unter die&#x017F;em<lb/>
Vorwand: daß der Feind &#x017F;ich nur auff &#x017F;einen<lb/>
Wall/ er &#x017F;ich aber auf die Hertzen &#x017F;einer Deut-<lb/>
&#x017F;chen verlie&#x017F;&#x017F;e/ welche lieber &#x017F;tu&#x0364;rben/ als etwas<lb/>
unu&#x0364;berwindlich hielten. Zu dem wa&#x0364;ren &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
fruchtbar: daß ihrem Hertzoge alle Nacht ein<lb/>
Heer gezeugt wu&#x0364;rde. Er &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;hrte anfangs<lb/>
den Sturm an; und ob die Deut&#x017F;chen gleich aus<lb/>
dem Athem kamen/ ehe &#x017F;ie des Berges Ho&#x0364;he er-<lb/>
&#x017F;tiegen/ oben auch noch zweyfache Graben und<lb/>
Wa&#x0364;lle fu&#x0364;r &#x017F;ich hatten/ und es augen&#x017F;cheinliche<lb/>
Unmo&#x0364;gligkeit war das Lager einzunehmen/<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rmte er doch mit &#x017F;tets abgelo&#x0364;&#x017F;ten Vo&#x0364;lckern<lb/>
Tag und Nacht durch; eroberte auch zwar den<lb/>
eu&#x017F;er&#x017F;ten Wall/ und warf dem Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter<lb/>
einen Spieß durch die lincke Ach&#x017F;el; al&#x017F;o: daß<lb/>
das Ro&#x0364;mi&#x017F;che Lager nun mehr in Gefahr &#x017F;tand;<lb/>
aber das Blat wendete &#x017F;ich unverhofft/ indem<lb/>
Erdmann mit einem Steine &#x017F;o harte am Kopf-<lb/>
fe verwundet war: daß er fu&#x0364;r todt zu Bodem fiel.<lb/>
Worauf die andern Kriegs-Ober&#x017F;ten nicht fu&#x0364;r<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c c c c 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[757[759]/0819] Arminius und Thußnelda. Nachts allen mit Waffen aus geruͤſteten Troß nebſt hundert Reutern in ein Gepuͤſche auf ei- nem Tuſculaniſchen Huͤgel/ und ſtellte des Morgens ſein Heer fuͤr dem Lager in Schlacht- Ordnung. Die Deutſchen waren ſo begierig zum Fechten: daß ſie die Roͤmer ehe anfielen/ ehe Hertzog Arnold ſeine Schlacht-Ordnung gemacht/ oder das Zeichen gegeben hatte. Sie brachten auch den rechten Fluͤgel/ darinnen doch der Feldherr ſelbſt fochte/ und das Ampt eines tapffern Kriegs-Mannes verwaltete/ zum weichen in Verwirrung. Der lincke Fluͤgel aber hielt mit dem Marcus Valerius den Semnonern die Wage; iedoch muſte der noth- leidende Sulpitius ſeinem Troß ein Zeichen geben: daß ſelbter auf der Seite gegen die Deut- ſchen herfuͤr brach. Durch welche Blaͤndung denn die Deutſchen ſtutzig gemacht wurden. Weil nun ſich der Wind zugleich wendete/ und den Deutſchen den Staub recht in die Augen wehete/ zohe Hertzog Arnold ſein Heer mit einer ſo klugen Art zwiſchen die Berge: daß der Ver- luſt beyder ſtreitbaren Theile gleiche war; unge- achtet die Roͤmer dem Sulpitius ihrer Mei- nung nach ein wahrhafftes/ nicht aber wie vor- mals andern falſch ertichtete Siegs-Gepraͤnge erlaubten. Hingegen gewan Ritter Sultz/ welcher mit 10000. Semnonern denen Tar- qviniern beyſtand/ dem Fabius einen herrlichen Sieg ab/ welche/ weil die Roͤmer vorher etliche Gefangene dem Mars geopffert hatten/ 307. gefangene Roͤmiſche Edelleute ebenfals ab- ſchlachteten. Dieſen Verluſt einzubringen ward das Jahr hernach der Buͤrgermeiſter Po- pilius Lenas wider die Tarqvinier und Deut- ſchen geſchickt; welcher aber mit einer ſchweren Niederlage abgefertigt war; worzu die Deut- ſchen Prieſter nicht wenig halffen/ welche fuͤr dem Tarqviniſchen rechten Fluͤgel mit brennen- den und mit Schlangen umwundenen Fackeln vorher lieffen/ und die uͤber dieſem neuen Aufꝛu- ge beſtuͤrtzten Roͤmer verwirrten/ denen Tar- qviniern aber ein Hertze machten. Es wur- den aber die Deutſchen mit denen Tarqviniern wegen der Beute uneines; weßwegen jene ihre Huͤlffs-Voͤlcker nach Hauſe berufften/ dieſe alſo unterſchiedene mal groſſen Schiffbruch liedten. Weil die Roͤmer aber aufs neue die Tiburtiner uͤberfielen/ ſchickte Hertzog Ludwig/ Erdmann/ ſein Schoßkind einen jungen Semnoniſchen Ritter/ wieder mit einem friſchen Kriegs-Heere ins Latium; gegen welchen der Buͤrgermeiſter Popilius Lenas mit einem ſtarcken Heere auf- zoh; weil er aber den Deutſchen ſich gleichwol nicht gewachſen zu ſeyn/ oder die Langſamkeit einem Feldherren anſtaͤndiger als die Vermeſ- ſenheit hielt/ ſich auff dem kalten Berge ver- ſchantzte. Dem jungen und hitzigen Erdmann ward die Zeit zu lang/ und die Gedult zu kurtz den Feind an einem gelegnern Orte anzugreif- fen/ daher entſchloß er wider die Einrathung/ welche entweder von Art oder Alter zum Ver- zuge geneigt waren/ den Berg und das befeſtig- te Laͤger zu ſtuͤrmen; und zwar unter dieſem Vorwand: daß der Feind ſich nur auff ſeinen Wall/ er ſich aber auf die Hertzen ſeiner Deut- ſchen verlieſſe/ welche lieber ſtuͤrben/ als etwas unuͤberwindlich hielten. Zu dem waͤren ſie ſo fruchtbar: daß ihrem Hertzoge alle Nacht ein Heer gezeugt wuͤrde. Er ſelbſt fuͤhrte anfangs den Sturm an; und ob die Deutſchen gleich aus dem Athem kamen/ ehe ſie des Berges Hoͤhe er- ſtiegen/ oben auch noch zweyfache Graben und Waͤlle fuͤr ſich hatten/ und es augenſcheinliche Unmoͤgligkeit war das Lager einzunehmen/ ſtuͤrmte er doch mit ſtets abgeloͤſten Voͤlckern Tag und Nacht durch; eroberte auch zwar den euſerſten Wall/ und warf dem Buͤrgermeiſter einen Spieß durch die lincke Achſel; alſo: daß das Roͤmiſche Lager nun mehr in Gefahr ſtand; aber das Blat wendete ſich unverhofft/ indem Erdmann mit einem Steine ſo harte am Kopf- fe verwundet war: daß er fuͤr todt zu Bodem fiel. Worauf die andern Kriegs-Oberſten nicht fuͤr ver- C c c c c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/819
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 757[759]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/819>, abgerufen am 23.11.2024.