Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ber Helenens/ und einen Erleger des Achilles für-stellte. Dieses ließ ich nebst die Agsteinerne He- lena setzen/ als welche fürlängst Liebe und Ver- hängnüß zusammen vermählet hätte. Maro verwunderte sich über unsere so wol eintreffende Geschencke/ konte sich auch kaum bereden lassen/ daß wir von diesen neuen Bildern des Mecenas keinen Wind kriegt haben solten/ sondern diese Einstimmung aus blossem Zufalle herrübren solte. Nebst diesem meldete er/ weil er in diesem Garten nichts zu befehlen hätte/ könte er uns unsern Geschencken zwar nicht den Raum ver- schrencken/ iedoch zweiffelte er/ daß Mecenas sich würde überwinden können selbte anzunehmen. Denn wir möchten glauben/ daß es gefährlich wä- re/ bey ihm etwas zu loben/ daß man es nicht sel- bige Stunde noch in sein Hauß bekäme. Ja wie groß gleich die Freygebgkeit des Käysers gegen den Mecenas wäre/ so verwendete doch Mece- nas diß und ein mehrers zu nichts anderm/ als dem Augustus hierdurch die Gemüther tapffe- rer Leute zu erkauffen; also/ daß der Käyser mit seinen Geschencken mehr ein Kauffmann/ Me- cenas aber mehr des Käysers guter Haußhalter/ als sein Schoßkind zu seyn schiene. Hierentge- gen vermöchten ihm gantze Länder/ denen er gleich die Freyheit von allen Schatzungen erbe- ten/ nicht ein Crystallen Gefäß einzunöthigen; weil er theils die Verbindligkeit der Gemüther aller Welt Schätzen vorziehe/ theils seine Wol- thaten nicht mit dem Schatten des geringsten Eigennutzes verdüstern wolte. Niemals aber hätte ihn der Käyser selbst bewegen können/ ei- niges Ampt oder Ding/ das ein Verdammter be- sessen/ und zu der Käyserlichen Schatzkammer eingezogen worden/ anzunehmen/ gleich als wenn des vorigen Besitzers Laster hiermit auch auf ihn verfielen. Maro hatte diß letzte Wort noch im Munde/ als Mecenas selbst in den Saal trat/ und nach unserer freundlichsten Bewill- kommung auf des Maro Winck unserer Ge- gengeschencke gewahr ward. Worauf er denn [Spaltenumbruch] alsofort sich als beschämt zu seyn beklagte/ daß wir durch unsere übermäßige Vergeltung ihm nicht allein sein Unvermögen uns nach Ver- dienst zu beschencken/ für Augen stellten/ sondern auch/ da wir uns nicht erbitten liessen ihn dieser allzu schätzbaren Gaben zu überheben/ ihm ein Verbrechen wider sein Ampt aufnöthigten. Ge- genwärtige an den Ecken der Blumenstücke ste- hende Bilder erinnerten ihn seiner Schuldig- keit/ daß eines Fürsten Diener zwar Augen/ um die Früchte seines Herren zu bewachen/ nicht a- ber Hände selbte abzubrechen haben solte. Die anfängliche Uberwündung anfangs was von ei- nem guten Freunde anzunehmen/ ziehe leicht ei- ne Begierde nach sich auch diß/ wormit die Boß- heit den redlichsten Richter zu bestechen versu- chet/ nicht zu verschmähen. Denn der Geitz und das Feuer wachse von dem/ wormit sich beydes sättigen solte. Alleine solche Diener/ wenn sie sich mit dem Raube des Volckes über alle Maaß ü- berleget/ würden hernach nicht unbillich als Schwämme von ihren Fürsten ausgedrückt/ o- der sie würden auch ein fettes Schlacht-Opffer des aus gesogenen Pöfels/ und erführen mit ih- rem Untergange zu spät/ daß sie wie die Holtz- würmer ihnen zwar in grosse Bäume ihre Woh- nungen gebauet hätten/ mit dem ausgefressenen Stamme aber endlich zu Grunde giengen. Am ärgsten aber wäre/ daß solche unersättliche Leute mit ihrem Laster noch den unschuldigen Fürsten besudelten/ in dem das Volck selbten entweder für unachtsam/ der seiner Diener Schalckhei- ten übersehe/ oder für eben so boßhafft hielte/ der an solchem Raube theil hätte. Wir hinge- gen baten: unsere Geringigkeiten nicht durch den Nahmen einer Vergeltung noch mehr zu vergeringern. Denn/ ob wir wol durch seine Wolthaten uns von Natur hierzu verbindlich erkennten/ so überstiegen sie doch das Maaß un- serer Kräfften. Uberdiß hielten wir darfür/ daß die Danckbarkeit alleine mit dem Her- tzen/ die Zahlung aber durch Liefferung eines gleich- T t t t 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
beꝛ Helenens/ und einen Erlegeꝛ des Achilles fuͤr-ſtellte. Dieſes ließ ich nebſt die Agſteinerne He- lena ſetzen/ als welche fuͤrlaͤngſt Liebe und Ver- haͤngnuͤß zuſammen vermaͤhlet haͤtte. Maro verwunderte ſich uͤber unſere ſo wol eintreffende Geſchencke/ konte ſich auch kaum bereden laſſen/ daß wir von dieſen neuen Bildern des Mecenas keinen Wind kriegt haben ſolten/ ſondern dieſe Einſtimmung aus bloſſem Zufalle herruͤbren ſolte. Nebſt dieſem meldete er/ weil er in dieſem Garten nichts zu befehlen haͤtte/ koͤnte er uns unſern Geſchencken zwar nicht den Raum ver- ſchrencken/ iedoch zweiffelte er/ daß Mecenas ſich wuͤrde uͤberwinden koͤnnen ſelbte anzunehmen. Deñ wir moͤchten glauben/ daß es gefaͤhꝛlich waͤ- re/ bey ihm etwas zu loben/ daß man es nicht ſel- bige Stunde noch in ſein Hauß bekaͤme. Ja wie groß gleich die Freygebgkeit des Kaͤyſers gegen den Mecenas waͤre/ ſo verwendete doch Mece- nas diß und ein mehrers zu nichts anderm/ als dem Auguſtus hierdurch die Gemuͤther tapffe- rer Leute zu erkauffen; alſo/ daß der Kaͤyſer mit ſeinen Geſchencken mehr ein Kauffmann/ Me- cenas aber mehr des Kaͤyſers guter Haußhalter/ als ſein Schoßkind zu ſeyn ſchiene. Hierentge- gen vermoͤchten ihm gantze Laͤnder/ denen er gleich die Freyheit von allen Schatzungen erbe- ten/ nicht ein Cryſtallen Gefaͤß einzunoͤthigen; weil er theils die Verbindligkeit der Gemuͤther aller Welt Schaͤtzen vorziehe/ theils ſeine Wol- thaten nicht mit dem Schatten des geringſten Eigennutzes verduͤſtern wolte. Niemals aber haͤtte ihn der Kaͤyſer ſelbſt bewegen koͤnnen/ ei- niges Ampt oder Ding/ das ein Verdam̃ter be- ſeſſen/ und zu der Kaͤyſerlichen Schatzkammer eingezogen worden/ anzunehmen/ gleich als wenn des vorigen Beſitzers Laſter hiermit auch auf ihn verfielen. Maro hatte diß letzte Wort noch im Munde/ als Mecenas ſelbſt in den Saal trat/ und nach unſerer freundlichſten Bewill- kommung auf des Maro Winck unſerer Ge- gengeſchencke gewahr ward. Worauf er denn [Spaltenumbruch] alſofort ſich als beſchaͤmt zu ſeyn beklagte/ daß wir durch unſere uͤbermaͤßige Vergeltung ihm nicht allein ſein Unvermoͤgen uns nach Ver- dienſt zu beſchencken/ fuͤr Augen ſtellten/ ſondern auch/ da wir uns nicht erbitten lieſſen ihn dieſer allzu ſchaͤtzbaren Gaben zu uͤberheben/ ihm ein Verbrechen wider ſein Ampt aufnoͤthigten. Ge- genwaͤrtige an den Ecken der Blumenſtuͤcke ſte- hende Bilder erinnerten ihn ſeiner Schuldig- keit/ daß eines Fuͤrſten Diener zwar Augen/ um die Fruͤchte ſeines Herren zu bewachen/ nicht a- ber Haͤnde ſelbte abzubrechen haben ſolte. Die anfaͤngliche Uberwuͤndung anfangs was von ei- nem guten Freunde anzunehmen/ ziehe leicht ei- ne Begierde nach ſich auch diß/ wormit die Boß- heit den redlichſten Richter zu beſtechen verſu- chet/ nicht zu verſchmaͤhen. Denn der Geitz und das Feuer wachſe von dem/ wormit ſich beydes ſaͤttigen ſolte. Alleine ſolche Diener/ wenn ſie ſich mit dem Raube des Volckes uͤber alle Maaß uͤ- berleget/ wuͤrden hernach nicht unbillich als Schwaͤmme von ihren Fuͤrſten ausgedruͤckt/ o- der ſie wuͤrden auch ein fettes Schlacht-Opffer des aus geſogenen Poͤfels/ und erfuͤhren mit ih- rem Untergange zu ſpaͤt/ daß ſie wie die Holtz- wuͤrmeꝛ ihnen zwar in groſſe Baͤume ihre Woh- nungen gebauet haͤtten/ mit dem ausgefreſſenen Stamme aber endlich zu Grunde giengen. Am aͤrgſten aber waͤre/ daß ſolche unerſaͤttliche Leute mit ihrem Laſter noch den unſchuldigen Fuͤrſten beſudelten/ in dem das Volck ſelbten entweder fuͤr unachtſam/ der ſeiner Diener Schalckhei- ten uͤberſehe/ oder fuͤr eben ſo boßhafft hielte/ der an ſolchem Raube theil haͤtte. Wir hinge- gen baten: unſere Geringigkeiten nicht durch den Nahmen einer Vergeltung noch mehr zu vergeringern. Denn/ ob wir wol durch ſeine Wolthaten uns von Natur hierzu verbindlich erkennten/ ſo uͤberſtiegen ſie doch das Maaß un- ſerer Kraͤfften. Uberdiß hielten wir darfuͤr/ daß die Danckbarkeit alleine mit dem Her- tzen/ die Zahlung aber durch Liefferung eines gleich- T t t t 2
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Arminius und Thußnelda.
beꝛ Helenens/ und einen Erlegeꝛ des Achilles fuͤr-
ſtellte. Dieſes ließ ich nebſt die Agſteinerne He-
lena ſetzen/ als welche fuͤrlaͤngſt Liebe und Ver-
haͤngnuͤß zuſammen vermaͤhlet haͤtte. Maro
verwunderte ſich uͤber unſere ſo wol eintreffende
Geſchencke/ konte ſich auch kaum bereden laſſen/
daß wir von dieſen neuen Bildern des Mecenas
keinen Wind kriegt haben ſolten/ ſondern dieſe
Einſtimmung aus bloſſem Zufalle herruͤbren
ſolte. Nebſt dieſem meldete er/ weil er in dieſem
Garten nichts zu befehlen haͤtte/ koͤnte er uns
unſern Geſchencken zwar nicht den Raum ver-
ſchrencken/ iedoch zweiffelte er/ daß Mecenas ſich
wuͤrde uͤberwinden koͤnnen ſelbte anzunehmen.
Deñ wir moͤchten glauben/ daß es gefaͤhꝛlich waͤ-
re/ bey ihm etwas zu loben/ daß man es nicht ſel-
bige Stunde noch in ſein Hauß bekaͤme. Ja wie
groß gleich die Freygebgkeit des Kaͤyſers gegen
den Mecenas waͤre/ ſo verwendete doch Mece-
nas diß und ein mehrers zu nichts anderm/ als
dem Auguſtus hierdurch die Gemuͤther tapffe-
rer Leute zu erkauffen; alſo/ daß der Kaͤyſer mit
ſeinen Geſchencken mehr ein Kauffmann/ Me-
cenas aber mehr des Kaͤyſers guter Haußhalter/
als ſein Schoßkind zu ſeyn ſchiene. Hierentge-
gen vermoͤchten ihm gantze Laͤnder/ denen er
gleich die Freyheit von allen Schatzungen erbe-
ten/ nicht ein Cryſtallen Gefaͤß einzunoͤthigen;
weil er theils die Verbindligkeit der Gemuͤther
aller Welt Schaͤtzen vorziehe/ theils ſeine Wol-
thaten nicht mit dem Schatten des geringſten
Eigennutzes verduͤſtern wolte. Niemals aber
haͤtte ihn der Kaͤyſer ſelbſt bewegen koͤnnen/ ei-
niges Ampt oder Ding/ das ein Verdam̃ter be-
ſeſſen/ und zu der Kaͤyſerlichen Schatzkammer
eingezogen worden/ anzunehmen/ gleich als
wenn des vorigen Beſitzers Laſter hiermit auch
auf ihn verfielen. Maro hatte diß letzte Wort
noch im Munde/ als Mecenas ſelbſt in den Saal
trat/ und nach unſerer freundlichſten Bewill-
kommung auf des Maro Winck unſerer Ge-
gengeſchencke gewahr ward. Worauf er denn
alſofort ſich als beſchaͤmt zu ſeyn beklagte/ daß
wir durch unſere uͤbermaͤßige Vergeltung ihm
nicht allein ſein Unvermoͤgen uns nach Ver-
dienſt zu beſchencken/ fuͤr Augen ſtellten/ ſondern
auch/ da wir uns nicht erbitten lieſſen ihn dieſer
allzu ſchaͤtzbaren Gaben zu uͤberheben/ ihm ein
Verbrechen wider ſein Ampt aufnoͤthigten. Ge-
genwaͤrtige an den Ecken der Blumenſtuͤcke ſte-
hende Bilder erinnerten ihn ſeiner Schuldig-
keit/ daß eines Fuͤrſten Diener zwar Augen/ um
die Fruͤchte ſeines Herren zu bewachen/ nicht a-
ber Haͤnde ſelbte abzubrechen haben ſolte. Die
anfaͤngliche Uberwuͤndung anfangs was von ei-
nem guten Freunde anzunehmen/ ziehe leicht ei-
ne Begierde nach ſich auch diß/ wormit die Boß-
heit den redlichſten Richter zu beſtechen verſu-
chet/ nicht zu verſchmaͤhen. Denn der Geitz und
das Feuer wachſe von dem/ wormit ſich beydes
ſaͤttigen ſolte. Alleine ſolche Diener/ wenn ſie ſich
mit dem Raube des Volckes uͤber alle Maaß uͤ-
berleget/ wuͤrden hernach nicht unbillich als
Schwaͤmme von ihren Fuͤrſten ausgedruͤckt/ o-
der ſie wuͤrden auch ein fettes Schlacht-Opffer
des aus geſogenen Poͤfels/ und erfuͤhren mit ih-
rem Untergange zu ſpaͤt/ daß ſie wie die Holtz-
wuͤrmeꝛ ihnen zwar in groſſe Baͤume ihre Woh-
nungen gebauet haͤtten/ mit dem ausgefreſſenen
Stamme aber endlich zu Grunde giengen. Am
aͤrgſten aber waͤre/ daß ſolche unerſaͤttliche Leute
mit ihrem Laſter noch den unſchuldigen Fuͤrſten
beſudelten/ in dem das Volck ſelbten entweder
fuͤr unachtſam/ der ſeiner Diener Schalckhei-
ten uͤberſehe/ oder fuͤr eben ſo boßhafft hielte/ der
an ſolchem Raube theil haͤtte. Wir hinge-
gen baten: unſere Geringigkeiten nicht durch
den Nahmen einer Vergeltung noch mehr zu
vergeringern. Denn/ ob wir wol durch ſeine
Wolthaten uns von Natur hierzu verbindlich
erkennten/ ſo uͤberſtiegen ſie doch das Maaß un-
ſerer Kraͤfften. Uberdiß hielten wir darfuͤr/
daß die Danckbarkeit alleine mit dem Her-
tzen/ die Zahlung aber durch Liefferung eines
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/755>, abgerufen am 13.06.2024. |