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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] so gar in der Milch unterscheiden können: ob sie
ein Weib oder Mann gemolcken? Unter wel-
chen die zwey ersten nicht nur für scharffrüchen-
de/ sondern auch für tieffsinnige W[e]isen gelten
könten. Flavius setzte bey: Er erinnerte sich/
daß König Juba in Africa bey seinem Heere
Kundschaffter gehabt/ die das fette und sandich-
te Land auff etliche Meilen ausspüren müssen.
Salonine sagte: Wo die Trockenheit eine
Schärffung des Geruchs/ wie die Feuchtigkeit
des Geschmacks ist/ müssen die verbrennten
Mohren nothwendig am besten rüchen. Jn
alle wege/ antwortete Zeno. Dahero wäre der
starcke Mosch denen heissen Babyloniern ein
rechtes Gifft/ und den Arabern stiege der Bal-
sam/ wie uns die geriebene Brunnkresse oder
Senff in die Nase. Die schwefflichten Ka-
tzen aber würden von starckem Rauchwercke gar
rasend. Der Geruch der Rosen tödtete die Kä-
fer/ die Salben- und Narden-Wasser die Gey-
er. Rhemetalces fiel ein: die bey dem Ursprun-
ge des Ganges wohnenden Völcker müsten bey
ihrem scharffen Geruche noch etwas gar beson-
ders haben; wo sie anders nur von süssem Ge-
ruche der Blumen lebten/ von widrigem aber
stürben. Zeno versetzte: Jch bin bey dem Brun-
nen des in Scythen entspringenden Ganges
wohl gewest/ habe aber das minste davon gehö-
ret. Dahero dieser eingezogene Bericht zweif-
fels frey so wenig wahr ist/ als daß der Wür-
mer und Fliegen fressende Camelion nur von der
Lufft oder denen eingebiesamten Sonnen-Stra-
len leben solle. Wiewohl ich nicht läugne/ daß
wohlrüchende Sachen die Geister erqvicken/
und das Gehirne stärcken; den Magen aber
zu vergnügen sind sie wohl allzu dünne und zu
flüchtig. Weßwegen auch die kräfftigsten Val-
same in den Speisen sehr ungesund seyn sollen;
wiewohl itzt den lüsternen Mäulern keine schme-
cken wollen/ wo die Nase sich nicht so sehr mit
Bisam/ als der Magen mit Würtzen sättigt.
Salonine warff ein: Sie könte keine Ursache
[Spaltenumbruch] ergründen/ warum die wohlrüchenden Spei-
sen ungesund seyn solten/ da die dem Menschen
zur Speise und Artzney geschaffene Kräuter/
Pomerantzen und Granat-Aepffel so herrlich
rüchen; ja die Bienen/ welche in so vielen Din-
gen der Menschen Lehrmeister wären/ von eitel
wohlrüchenden Blumen und Blüthen-Gei-
stern lebten. Es ist wohl wahr/ antwortete Ze-
no; aber unser Weyrauch/ Ambra und Mosch
ist ihnen gantz zuwider/ ja wenn eine Biene de-
rogleichen Geruch an sich gezogen/ wird sie von
den andern gleich/ als wenn sie sich durch ein La-
ster verunreinigt hätte/ gestrafft. Vielleicht/
sagte Flavius/ geschiehet dieses nur darum/ weil
dieser kräfftige Geruch den schwächern der Blu-
men zu sehr dämpffet und ersteckt/ daraus sie doch
ihre Nahrung saugen müssen. Sintemal auch
das Pantherthier/ welches durch seinen starcken
Geruch allerhand andere Thiere an sich locket/
in Gegenwart des Menschen diese Krafft ein-
büsset. Denn ich traue denen edlen Bienen
nicht zu/ daß sie schlechter Dings für so köstlichen
Geschöpffen der Natur einen Eckel; hingegen
einen Zug zum Gestancke/ wie jener Verres
haben solten; welcher den dem Apronius aus
seinem Leibe und Munde auffdampffenden
Stanck für Süßigkeit hielt/ wormit er doch sonst
Menschen und Vieh verjagte. Die holdseli-
ge Fürstin Jsmene brach ein: Sie wüste wohl/
daß noch mehr Menschen lieber Knobloch/ als
Syrischen Baum-Balsam rüchen; sie hielte diß
aber für eine Eigenschafft unreiner Seelen/ oder
zum minsten ungesunder Menschen. Denn
der Gestanck wäre eine Anzeigung eines Aaßes/
oder zum minsten einer Fäulniß/ der gute Ge-
ruch aber eine Lebhafftigkeit. Der Himmel er-
öffnete seinen Zorn durch den Schwefel-Ge-
stanck des Blitzes; und/ der Griechen Be-
richt nach/ hätte Venus die Weiber auf Sta-
limene und Lemnos mit nichts ärgerm/ als daß
sie nach einem Bocke gestuncken/ zu straffen ge-
wüst. Welche Straffe so viel härter wäre/ weil

die

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſo gar in der Milch unterſcheiden koͤnnen: ob ſie
ein Weib oder Mann gemolcken? Unter wel-
chen die zwey erſten nicht nur fuͤr ſcharffruͤchen-
de/ ſondern auch fuͤr tieffſinnige W[e]iſen gelten
koͤnten. Flavius ſetzte bey: Er erinnerte ſich/
daß Koͤnig Juba in Africa bey ſeinem Heere
Kundſchaffter gehabt/ die das fette und ſandich-
te Land auff etliche Meilen ausſpuͤren muͤſſen.
Salonine ſagte: Wo die Trockenheit eine
Schaͤrffung des Geruchs/ wie die Feuchtigkeit
des Geſchmacks iſt/ muͤſſen die verbrennten
Mohren nothwendig am beſten ruͤchen. Jn
alle wege/ antwortete Zeno. Dahero waͤre der
ſtarcke Moſch denen heiſſen Babyloniern ein
rechtes Gifft/ und den Arabern ſtiege der Bal-
ſam/ wie uns die geriebene Brunnkreſſe oder
Senff in die Naſe. Die ſchwefflichten Ka-
tzen aber wuͤrden von ſtarckem Rauchwercke gar
raſend. Der Geruch der Roſen toͤdtete die Kaͤ-
fer/ die Salben- und Narden-Waſſer die Gey-
er. Rhemetalces fiel ein: die bey dem Urſprun-
ge des Ganges wohnenden Voͤlcker muͤſten bey
ihrem ſcharffen Geruche noch etwas gar beſon-
ders haben; wo ſie anders nur von ſuͤſſem Ge-
ruche der Blumen lebten/ von widrigem aber
ſtuͤrben. Zeno verſetzte: Jch bin bey dem Brun-
nen des in Scythen entſpringenden Ganges
wohl geweſt/ habe aber das minſte davon gehoͤ-
ret. Dahero dieſer eingezogene Bericht zweif-
fels frey ſo wenig wahr iſt/ als daß der Wuͤr-
mer und Fliegen freſſende Camelion nuꝛ von der
Lufft oder denen eingebieſamten Soñen-Stra-
len leben ſolle. Wiewohl ich nicht laͤugne/ daß
wohlruͤchende Sachen die Geiſter erqvicken/
und das Gehirne ſtaͤrcken; den Magen aber
zu vergnuͤgen ſind ſie wohl allzu duͤnne und zu
fluͤchtig. Weßwegen auch die kraͤfftigſten Val-
ſame in den Speiſen ſehr ungeſund ſeyn ſollen;
wiewohl itzt den luͤſternen Maͤulern keine ſchme-
cken wollen/ wo die Naſe ſich nicht ſo ſehr mit
Biſam/ als der Magen mit Wuͤrtzen ſaͤttigt.
Salonine warff ein: Sie koͤnte keine Urſache
[Spaltenumbruch] ergruͤnden/ warum die wohlruͤchenden Spei-
ſen ungeſund ſeyn ſolten/ da die dem Menſchen
zur Speiſe und Artzney geſchaffene Kraͤuter/
Pomerantzen und Granat-Aepffel ſo herrlich
ruͤchen; ja die Bienen/ welche in ſo vielen Din-
gen der Menſchen Lehrmeiſter waͤren/ von eitel
wohlruͤchenden Blumen und Bluͤthen-Gei-
ſtern lebten. Es iſt wohl wahr/ antwortete Ze-
no; aber unſer Weyrauch/ Ambra und Moſch
iſt ihnen gantz zuwider/ ja wenn eine Biene de-
rogleichen Geruch an ſich gezogen/ wird ſie von
den andern gleich/ als wenn ſie ſich durch ein La-
ſter verunreinigt haͤtte/ geſtrafft. Vielleicht/
ſagte Flavius/ geſchiehet dieſes nur darum/ weil
dieſer kraͤfftige Geruch den ſchwaͤchern der Blu-
men zu ſehr daͤmpffet und erſteckt/ daraus ſie doch
ihre Nahrung ſaugen muͤſſen. Sintemal auch
das Pantherthier/ welches durch ſeinen ſtarcken
Geruch allerhand andere Thiere an ſich locket/
in Gegenwart des Menſchen dieſe Krafft ein-
buͤſſet. Denn ich traue denen edlen Bienen
nicht zu/ daß ſie ſchlechter Dings fuͤr ſo koͤſtlichen
Geſchoͤpffen der Natur einen Eckel; hingegen
einen Zug zum Geſtancke/ wie jener Verres
haben ſolten; welcher den dem Apronius aus
ſeinem Leibe und Munde auffdampffenden
Stanck fuͤr Suͤßigkeit hielt/ wormit er doch ſonſt
Menſchen und Vieh verjagte. Die holdſeli-
ge Fuͤrſtin Jſmene brach ein: Sie wuͤſte wohl/
daß noch mehr Menſchen lieber Knobloch/ als
Syriſchen Baum-Balſam ruͤchen; ſie hielte diß
aber fuͤr eine Eigenſchafft unreiner Seelen/ oder
zum minſten ungeſunder Menſchen. Denn
der Geſtanck waͤre eine Anzeigung eines Aaßes/
oder zum minſten einer Faͤulniß/ der gute Ge-
ruch aber eine Lebhafftigkeit. Der Himmel er-
oͤffnete ſeinen Zorn durch den Schwefel-Ge-
ſtanck des Blitzes; und/ der Griechen Be-
richt nach/ haͤtte Venus die Weiber auf Sta-
limene und Lemnos mit nichts aͤrgerm/ als daß
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/727>, abgerufen am 23.11.2024.