Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] unerträgliche Schmach hätte Huhansien zu rä-
chen bey der Sebel und Nacht-Eule geschworen/
welche die Tattern so klug und so heilig/ als die der
Pallas opffernden Athenienser verehrten/ sich
auch alsbald mit denen verhandenen Kräfften
auffgemacht/ die Serer nicht allein aus denen
in Tebet und Ususang habenden Orten getrie-
ben/ sondern auch in Xensi die Grentz-Festung
Socheu erobert/ folgends über den Saffran-
Fluß gesetzt/ und auff dem Gebürge Pexe den
belagerten Leanghoejus mit seinem halben Se-
rischen Heere durch Durst getödtet. Weil a-
ber hierüber Juen seines gantzen Reiches
Macht auff geführet/ hätte nunmehr auch Hu-
hansien alle seine Kräfften zusammen gesucht/
und fast alle Tatterische Könige in sein Bünd-
niß gebracht. Weil nun die Nord-Tattern
gleichfals in Xensi oder Xansi/ sein anders Heer
aber durch Tibee einbrechen solten/ versehen sie
sich eines erwünschten Fortganges; sonderlich
weil die Gerechtigkeit der Sache ihrer Kriegs-
Wage den Ausschlag gäbe. Dieses/ sagte Ze-
no/ wäre die Erzehlung des Scythischen Fürsten
gewest.

Unsere Reise aber anreichend/ so bald das
Scythische Kriegs-Heer über das Damasische
Gebürge an den Fluß Lu kam/ führte König
Huhansien selbtes in so schneller Eyl auff etlich
tausend kleinen Schiffen Strom ab/ und kam
über den See Mahu (der diesen Nahmen von
einem einst darauff gesehenen Drachen-Pfer-
de bekommen haben soll) so unversehens für die
vom Könige Hiaovus erbaute Stadt Jangko/
daß die Einwohner meinten/ wir fielen ihnen
vom Himmel auff den Halß. Dieses Schre-
cken öffnete uns alsobald die Pforten der Stadt/
und wir segelten nun mit allhier eroberten grös-
sern Schiffen auff dem strengen Fluße Mahu
hinunter/ und kamen für die mächtige Stadt
Siucheu/ dessen Mauern von diesem und dem
Flusse Kiang bestrichen werden. Diese stellten
sich zwar Anfangs zu tapfferer Gegenwehr/ und
[Spaltenumbruch] wir würden Noth gehabt haben/ diese von der
Natur so wohl befestigte Stadt zu erobern/ wenn
sie nicht ein thörichter Aberglaube/ welcher die
Furchtsamsten in Löwen/ die Hertzhafftigsten a-
ber in Hasen zu verwandeln vermag/ in der Scy-
then Hände geliefert hätte. Diese Stadt/ sagte
Zeno/ ist überlegt mit redenden Papagoyen und
andern Vögeln. Von diesen kam drey Tage
nach einander ein Papagoy auff die Spitze
des fürnehmsten Tempels zu sitzen/ und rieff mit
heller Stimme: Würden sie die Stadt nicht er-
geben/ so würde keine Seele den Scythischen
Schwerdtern entrinnen. Huhansien erfuhr
diese Begebenheit von einem Uberläuffer; Da-
her schickte er auff den Morgen eine Tafel/ dar-
auff eben diese des Papagoyens Worte geschrie-
ben waren/ nebst einer brennenden Fackel und
blutigem Schwerdte zum Zeichen ihrer Einä-
scherung und Unter gangs in die Stadt. Weil
nun die Serer glauben/ daß die Seelen der ab-
sterben den Menschen in ein ihrem Leben gleich
geartetes Thier/ der Weltweisen aber fürnehm-
lich in solche beredsame Vogel fahren; Uber diß
die Ubereinstimmung des Ausfoderungs-Schrei-
ben und des wahrsagenden Papagoyen merck-
würdig überein traff/ schickten sie noch selbigen
Tag zwölff Mandarinen heraus/ welche dem
Huhansien einen Fußfall thaten/ und ihm die
Stadt ergaben. Also ist die Vernunfft auch
der scharffsichtigsten Weltweisen/ wenn selbte
nicht von der göttlichen Versehung geleitet
wird/ ein Compaßohne Magnet-Nadel. Hu-
hansien zohe in die Stadt/ nicht als wie zu Fein-
den/ sondern als seinen geliebten Unterthanen
ein; kein Scythe dorffte einigem Einwohner
ein Haar krümmen; er ver geringerte ihnen ihre
Schatzung/ und alles Thun dieses gütigen Kö-
niges schien denen Uberwundenen ein Wun-
derwerck/ weil selbter ihnen mehr Wohlthaten
erzeigte/ als sie von einem Lands-Vater hätten
hoffen können. Wie nun Huhansien von die-
ser Stadt mit viel Köstligkeiten/ als edlen Stei-

nen

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] unertraͤgliche Schmach haͤtte Huhanſien zu raͤ-
chen bey deꝛ Sebel und Nacht-Eule geſchworen/
welche die Tattern ſo klug uñ ſo heilig/ als die der
Pallas opffernden Athenienſer verehrten/ ſich
auch alsbald mit denen verhandenen Kraͤfften
auffgemacht/ die Serer nicht allein aus denen
in Tebet und Uſuſang habenden Orten getrie-
ben/ ſondern auch in Xenſi die Grentz-Feſtung
Socheu erobert/ folgends uͤber den Saffran-
Fluß geſetzt/ und auff dem Gebuͤrge Pexe den
belagerten Leanghoejus mit ſeinem halben Se-
riſchen Heere durch Durſt getoͤdtet. Weil a-
ber hieruͤber Juen ſeines gantzen Reiches
Macht auff gefuͤhret/ haͤtte nunmehr auch Hu-
hanſien alle ſeine Kraͤfften zuſammen geſucht/
und faſt alle Tatteriſche Koͤnige in ſein Buͤnd-
niß gebracht. Weil nun die Nord-Tattern
gleichfals in Xenſi oder Xanſi/ ſein anders Heer
aber durch Tibee einbrechen ſolten/ verſehen ſie
ſich eines erwuͤnſchten Fortganges; ſonderlich
weil die Gerechtigkeit der Sache ihrer Kriegs-
Wage den Ausſchlag gaͤbe. Dieſes/ ſagte Ze-
no/ waͤre die Erzehlung des Scythiſchen Fuͤrſten
geweſt.

Unſere Reiſe aber anreichend/ ſo bald das
Scythiſche Kriegs-Heer uͤber das Damaſiſche
Gebuͤrge an den Fluß Lu kam/ fuͤhrte Koͤnig
Huhanſien ſelbtes in ſo ſchneller Eyl auff etlich
tauſend kleinen Schiffen Strom ab/ und kam
uͤber den See Mahu (der dieſen Nahmen von
einem einſt darauff geſehenen Drachen-Pfer-
de bekommen haben ſoll) ſo unverſehens fuͤr die
vom Koͤnige Hiaovus erbaute Stadt Jangko/
daß die Einwohner meinten/ wir fielen ihnen
vom Himmel auff den Halß. Dieſes Schre-
cken oͤffnete uns alſobald die Pforten der Stadt/
und wir ſegelten nun mit allhier eroberten groͤſ-
ſern Schiffen auff dem ſtrengen Fluße Mahu
hinunter/ und kamen fuͤr die maͤchtige Stadt
Siucheu/ deſſen Mauern von dieſem und dem
Fluſſe Kiang beſtrichen werden. Dieſe ſtellten
ſich zwar Anfangs zu tapfferer Gegenwehr/ und
[Spaltenumbruch] wir wuͤrden Noth gehabt haben/ dieſe von der
Natur ſo wohl befeſtigte Stadt zu erobern/ weñ
ſie nicht ein thoͤrichter Aberglaube/ welcher die
Furchtſamſten in Loͤwen/ die Hertzhafftigſten a-
ber in Haſen zu verwandeln vermag/ in deꝛ Scy-
then Haͤnde geliefert haͤtte. Dieſe Stadt/ ſagte
Zeno/ iſt uͤberlegt mit redenden Papagoyen und
andern Voͤgeln. Von dieſen kam drey Tage
nach einander ein Papagoy auff die Spitze
des fuͤrnehmſten Tempels zu ſitzen/ und rieff mit
heller Stimme: Wuͤrden ſie die Stadt nicht er-
geben/ ſo wuͤrde keine Seele den Scythiſchen
Schwerdtern entrinnen. Huhanſien erfuhr
dieſe Begebenheit von einem Uberlaͤuffer; Da-
her ſchickte er auff den Morgen eine Tafel/ dar-
auff eben dieſe des Papagoyens Worte geſchrie-
ben waren/ nebſt einer brennenden Fackel und
blutigem Schwerdte zum Zeichen ihrer Einaͤ-
ſcherung und Unter gangs in die Stadt. Weil
nun die Serer glauben/ daß die Seelen der ab-
ſterben den Menſchen in ein ihrem Leben gleich
geartetes Thier/ der Weltweiſen aber fuͤrnehm-
lich in ſolche beredſame Vogel fahren; Uber diß
die Ubereinſtim̃ung des Ausfoderungs-Schrei-
ben und des wahrſagenden Papagoyen merck-
wuͤrdig uͤberein traff/ ſchickten ſie noch ſelbigen
Tag zwoͤlff Mandarinen heraus/ welche dem
Huhanſien einen Fußfall thaten/ und ihm die
Stadt ergaben. Alſo iſt die Vernunfft auch
der ſcharffſichtigſten Weltweiſen/ wenn ſelbte
nicht von der goͤttlichen Verſehung geleitet
wird/ ein Compaßohne Magnet-Nadel. Hu-
hanſien zohe in die Stadt/ nicht als wie zu Fein-
den/ ſondern als ſeinen geliebten Unterthanen
ein; kein Scythe dorffte einigem Einwohner
ein Haar kruͤm̃en; er ver geringerte ihnen ihre
Schatzung/ und alles Thun dieſes guͤtigen Koͤ-
niges ſchien denen Uberwundenen ein Wun-
derwerck/ weil ſelbter ihnen mehr Wohlthaten
erzeigte/ als ſie von einem Lands-Vater haͤtten
hoffen koͤnnen. Wie nun Huhanſien von die-
ſer Stadt mit viel Koͤſtligkeiten/ als edlen Stei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0662" n="606"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
unertra&#x0364;gliche Schmach ha&#x0364;tte Huhan&#x017F;ien zu ra&#x0364;-<lb/>
chen bey de&#xA75B; Sebel und Nacht-Eule ge&#x017F;chworen/<lb/>
welche die Tattern &#x017F;o klug un&#x0303; &#x017F;o heilig/ als die der<lb/>
Pallas opffernden Athenien&#x017F;er verehrten/ &#x017F;ich<lb/>
auch alsbald mit denen verhandenen Kra&#x0364;fften<lb/>
auffgemacht/ die Serer nicht allein aus denen<lb/>
in Tebet und U&#x017F;u&#x017F;ang habenden Orten getrie-<lb/>
ben/ &#x017F;ondern auch in Xen&#x017F;i die Grentz-Fe&#x017F;tung<lb/>
Socheu erobert/ folgends u&#x0364;ber den Saffran-<lb/>
Fluß ge&#x017F;etzt/ und auff dem Gebu&#x0364;rge Pexe den<lb/>
belagerten Leanghoejus mit &#x017F;einem halben Se-<lb/>
ri&#x017F;chen Heere durch Dur&#x017F;t geto&#x0364;dtet. Weil a-<lb/>
ber hieru&#x0364;ber Juen &#x017F;eines gantzen Reiches<lb/>
Macht auff gefu&#x0364;hret/ ha&#x0364;tte nunmehr auch Hu-<lb/>
han&#x017F;ien alle &#x017F;eine Kra&#x0364;fften zu&#x017F;ammen ge&#x017F;ucht/<lb/>
und fa&#x017F;t alle Tatteri&#x017F;che Ko&#x0364;nige in &#x017F;ein Bu&#x0364;nd-<lb/>
niß gebracht. Weil nun die Nord-Tattern<lb/>
gleichfals in Xen&#x017F;i oder Xan&#x017F;i/ &#x017F;ein anders Heer<lb/>
aber durch Tibee einbrechen &#x017F;olten/ ver&#x017F;ehen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich eines erwu&#x0364;n&#x017F;chten Fortganges; &#x017F;onderlich<lb/>
weil die Gerechtigkeit der Sache ihrer Kriegs-<lb/>
Wage den Aus&#x017F;chlag ga&#x0364;be. Die&#x017F;es/ &#x017F;agte Ze-<lb/>
no/ wa&#x0364;re die Erzehlung des Scythi&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
gewe&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Un&#x017F;ere Rei&#x017F;e aber anreichend/ &#x017F;o bald das<lb/>
Scythi&#x017F;che Kriegs-Heer u&#x0364;ber das Dama&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Gebu&#x0364;rge an den Fluß Lu kam/ fu&#x0364;hrte Ko&#x0364;nig<lb/>
Huhan&#x017F;ien &#x017F;elbtes in &#x017F;o &#x017F;chneller Eyl auff etlich<lb/>
tau&#x017F;end kleinen Schiffen Strom ab/ und kam<lb/>
u&#x0364;ber den See Mahu (der die&#x017F;en Nahmen von<lb/>
einem ein&#x017F;t darauff ge&#x017F;ehenen Drachen-Pfer-<lb/>
de bekommen haben &#x017F;oll) &#x017F;o unver&#x017F;ehens fu&#x0364;r die<lb/>
vom Ko&#x0364;nige Hiaovus erbaute Stadt Jangko/<lb/>
daß die Einwohner meinten/ wir fielen ihnen<lb/>
vom Himmel auff den Halß. Die&#x017F;es Schre-<lb/>
cken o&#x0364;ffnete uns al&#x017F;obald die Pforten der Stadt/<lb/>
und wir &#x017F;egelten nun mit allhier eroberten gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern Schiffen auff dem &#x017F;trengen Fluße Mahu<lb/>
hinunter/ und kamen fu&#x0364;r die ma&#x0364;chtige Stadt<lb/>
Siucheu/ de&#x017F;&#x017F;en Mauern von die&#x017F;em und dem<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;e Kiang be&#x017F;trichen werden. Die&#x017F;e &#x017F;tellten<lb/>
&#x017F;ich zwar Anfangs zu tapfferer Gegenwehr/ und<lb/><cb/>
wir wu&#x0364;rden Noth gehabt haben/ die&#x017F;e von der<lb/>
Natur &#x017F;o wohl befe&#x017F;tigte Stadt zu erobern/ wen&#x0303;<lb/>
&#x017F;ie nicht ein tho&#x0364;richter Aberglaube/ welcher die<lb/>
Furcht&#x017F;am&#x017F;ten in Lo&#x0364;wen/ die Hertzhafftig&#x017F;ten a-<lb/>
ber in Ha&#x017F;en zu verwandeln vermag/ in de&#xA75B; Scy-<lb/>
then Ha&#x0364;nde geliefert ha&#x0364;tte. Die&#x017F;e Stadt/ &#x017F;agte<lb/>
Zeno/ i&#x017F;t u&#x0364;berlegt mit redenden Papagoyen und<lb/>
andern Vo&#x0364;geln. Von die&#x017F;en kam drey Tage<lb/>
nach einander ein Papagoy auff die Spitze<lb/>
des fu&#x0364;rnehm&#x017F;ten Tempels zu &#x017F;itzen/ und rieff mit<lb/>
heller Stimme: Wu&#x0364;rden &#x017F;ie die Stadt nicht er-<lb/>
geben/ &#x017F;o wu&#x0364;rde keine Seele den Scythi&#x017F;chen<lb/>
Schwerdtern entrinnen. Huhan&#x017F;ien erfuhr<lb/>
die&#x017F;e Begebenheit von einem Uberla&#x0364;uffer; Da-<lb/>
her &#x017F;chickte er auff den Morgen eine Tafel/ dar-<lb/>
auff eben die&#x017F;e des Papagoyens Worte ge&#x017F;chrie-<lb/>
ben waren/ neb&#x017F;t einer brennenden Fackel und<lb/>
blutigem Schwerdte zum Zeichen ihrer Eina&#x0364;-<lb/>
&#x017F;cherung und Unter gangs in die Stadt. Weil<lb/>
nun die Serer glauben/ daß die Seelen der ab-<lb/>
&#x017F;terben den Men&#x017F;chen in ein ihrem Leben gleich<lb/>
geartetes Thier/ der Weltwei&#x017F;en aber fu&#x0364;rnehm-<lb/>
lich in &#x017F;olche bered&#x017F;ame Vogel fahren; Uber diß<lb/>
die Uberein&#x017F;tim&#x0303;ung des Ausfoderungs-Schrei-<lb/>
ben und des wahr&#x017F;agenden Papagoyen merck-<lb/>
wu&#x0364;rdig u&#x0364;berein traff/ &#x017F;chickten &#x017F;ie noch &#x017F;elbigen<lb/>
Tag zwo&#x0364;lff Mandarinen heraus/ welche dem<lb/>
Huhan&#x017F;ien einen Fußfall thaten/ und ihm die<lb/>
Stadt ergaben. Al&#x017F;o i&#x017F;t die Vernunfft auch<lb/>
der &#x017F;charff&#x017F;ichtig&#x017F;ten Weltwei&#x017F;en/ wenn &#x017F;elbte<lb/>
nicht von der go&#x0364;ttlichen Ver&#x017F;ehung geleitet<lb/>
wird/ ein Compaßohne Magnet-Nadel. Hu-<lb/>
han&#x017F;ien zohe in die Stadt/ nicht als wie zu Fein-<lb/>
den/ &#x017F;ondern als &#x017F;einen geliebten Unterthanen<lb/>
ein; kein Scythe dorffte einigem Einwohner<lb/>
ein Haar kru&#x0364;m&#x0303;en; er ver geringerte ihnen ihre<lb/>
Schatzung/ und alles Thun die&#x017F;es gu&#x0364;tigen Ko&#x0364;-<lb/>
niges &#x017F;chien denen Uberwundenen ein Wun-<lb/>
derwerck/ weil &#x017F;elbter ihnen mehr Wohlthaten<lb/>
erzeigte/ als &#x017F;ie von einem Lands-Vater ha&#x0364;tten<lb/>
hoffen ko&#x0364;nnen. Wie nun Huhan&#x017F;ien von die-<lb/>
&#x017F;er Stadt mit viel Ko&#x0364;&#x017F;tligkeiten/ als edlen Stei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[606/0662] Fuͤnfftes Buch unertraͤgliche Schmach haͤtte Huhanſien zu raͤ- chen bey deꝛ Sebel und Nacht-Eule geſchworen/ welche die Tattern ſo klug uñ ſo heilig/ als die der Pallas opffernden Athenienſer verehrten/ ſich auch alsbald mit denen verhandenen Kraͤfften auffgemacht/ die Serer nicht allein aus denen in Tebet und Uſuſang habenden Orten getrie- ben/ ſondern auch in Xenſi die Grentz-Feſtung Socheu erobert/ folgends uͤber den Saffran- Fluß geſetzt/ und auff dem Gebuͤrge Pexe den belagerten Leanghoejus mit ſeinem halben Se- riſchen Heere durch Durſt getoͤdtet. Weil a- ber hieruͤber Juen ſeines gantzen Reiches Macht auff gefuͤhret/ haͤtte nunmehr auch Hu- hanſien alle ſeine Kraͤfften zuſammen geſucht/ und faſt alle Tatteriſche Koͤnige in ſein Buͤnd- niß gebracht. Weil nun die Nord-Tattern gleichfals in Xenſi oder Xanſi/ ſein anders Heer aber durch Tibee einbrechen ſolten/ verſehen ſie ſich eines erwuͤnſchten Fortganges; ſonderlich weil die Gerechtigkeit der Sache ihrer Kriegs- Wage den Ausſchlag gaͤbe. Dieſes/ ſagte Ze- no/ waͤre die Erzehlung des Scythiſchen Fuͤrſten geweſt. Unſere Reiſe aber anreichend/ ſo bald das Scythiſche Kriegs-Heer uͤber das Damaſiſche Gebuͤrge an den Fluß Lu kam/ fuͤhrte Koͤnig Huhanſien ſelbtes in ſo ſchneller Eyl auff etlich tauſend kleinen Schiffen Strom ab/ und kam uͤber den See Mahu (der dieſen Nahmen von einem einſt darauff geſehenen Drachen-Pfer- de bekommen haben ſoll) ſo unverſehens fuͤr die vom Koͤnige Hiaovus erbaute Stadt Jangko/ daß die Einwohner meinten/ wir fielen ihnen vom Himmel auff den Halß. Dieſes Schre- cken oͤffnete uns alſobald die Pforten der Stadt/ und wir ſegelten nun mit allhier eroberten groͤſ- ſern Schiffen auff dem ſtrengen Fluße Mahu hinunter/ und kamen fuͤr die maͤchtige Stadt Siucheu/ deſſen Mauern von dieſem und dem Fluſſe Kiang beſtrichen werden. Dieſe ſtellten ſich zwar Anfangs zu tapfferer Gegenwehr/ und wir wuͤrden Noth gehabt haben/ dieſe von der Natur ſo wohl befeſtigte Stadt zu erobern/ weñ ſie nicht ein thoͤrichter Aberglaube/ welcher die Furchtſamſten in Loͤwen/ die Hertzhafftigſten a- ber in Haſen zu verwandeln vermag/ in deꝛ Scy- then Haͤnde geliefert haͤtte. Dieſe Stadt/ ſagte Zeno/ iſt uͤberlegt mit redenden Papagoyen und andern Voͤgeln. Von dieſen kam drey Tage nach einander ein Papagoy auff die Spitze des fuͤrnehmſten Tempels zu ſitzen/ und rieff mit heller Stimme: Wuͤrden ſie die Stadt nicht er- geben/ ſo wuͤrde keine Seele den Scythiſchen Schwerdtern entrinnen. Huhanſien erfuhr dieſe Begebenheit von einem Uberlaͤuffer; Da- her ſchickte er auff den Morgen eine Tafel/ dar- auff eben dieſe des Papagoyens Worte geſchrie- ben waren/ nebſt einer brennenden Fackel und blutigem Schwerdte zum Zeichen ihrer Einaͤ- ſcherung und Unter gangs in die Stadt. Weil nun die Serer glauben/ daß die Seelen der ab- ſterben den Menſchen in ein ihrem Leben gleich geartetes Thier/ der Weltweiſen aber fuͤrnehm- lich in ſolche beredſame Vogel fahren; Uber diß die Ubereinſtim̃ung des Ausfoderungs-Schrei- ben und des wahrſagenden Papagoyen merck- wuͤrdig uͤberein traff/ ſchickten ſie noch ſelbigen Tag zwoͤlff Mandarinen heraus/ welche dem Huhanſien einen Fußfall thaten/ und ihm die Stadt ergaben. Alſo iſt die Vernunfft auch der ſcharffſichtigſten Weltweiſen/ wenn ſelbte nicht von der goͤttlichen Verſehung geleitet wird/ ein Compaßohne Magnet-Nadel. Hu- hanſien zohe in die Stadt/ nicht als wie zu Fein- den/ ſondern als ſeinen geliebten Unterthanen ein; kein Scythe dorffte einigem Einwohner ein Haar kruͤm̃en; er ver geringerte ihnen ihre Schatzung/ und alles Thun dieſes guͤtigen Koͤ- niges ſchien denen Uberwundenen ein Wun- derwerck/ weil ſelbter ihnen mehr Wohlthaten erzeigte/ als ſie von einem Lands-Vater haͤtten hoffen koͤnnen. Wie nun Huhanſien von die- ſer Stadt mit viel Koͤſtligkeiten/ als edlen Stei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/662
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/662>, abgerufen am 03.07.2024.