Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
vus den König durch einen Gesandten Suvus ab-mahnen/ und ihn aller guten Nachbarschaft ver- sich ern ließ. Weil aber der zu ihm geflohene Se- rer Gveli ihn als einen Kundschaffter angab/ ward er auffdas Eiland Tarata in dem Nord- Meer geschickt/ und zu einem Schaaf-Hirten gebraucht. Hiaovus zohe diß zu rächen mit eylff starcken Heeren durch die Sand-Wüsten Xamo; die Tattern aber räumten das Feld/ ver- schlossen sich in die Gebürge/ und lachten den sie zum Streit ausfordernden Hiaovus aus/ wel- cher aus Verdruß zurücke zoh/ und dem tapffern Feld-Hauptmanne Laus die Kriegs-Macht ü- bergab. Dieser drang in das Gebürge Sinuck/ und brachte zwar den König in Tanyu in die Flucht; Weil aber der König in Samahan hin- ter ihm das Gebürge einnahm/ und ihm alle Zu- fuhr abschnitt/ gerieth er in so grosse Noth/ daß Anfangs sein Unter-Feldherr Qvoncan zu den Tattern überging/ und hernach Laus selbst mit seinem gantzen Heere sich ergeben muste. Hiao- vus verlohr hiermit das Hertze die Tattern fer- ner zu bekriegen; sondern verwahrte nur die Flä- che zwischen der Serischen Mauer und dem Gebürge Kin. Der König in Samahan oder Samarkanda unsers Königs Huhansien Großvater erlangte hingegen unter allen Tat- tern ein so grosses Ansehen/ daß alle benachbar- te Könige ihn heimsuchten/ und als einem un- überwindlichen Helden zu Ehren Kühe opffer- ten/ ihn auch zu ihrem allgemeinen Schutz- Herrn erkieseten. Des Hiaovus Sohn und Reichs-Erbe/ welchem der Vater den Tatter Geli Kin zum obersten Feldherrn verordnete/ machte über dieser zusammenwachserden Macht der Tattern grosse Augen/ und suchte unter dem Scheine den Gefangenen Suvus zu lösen eine Verneuerung des Friedens. Des Hiaovus Enckel König Siven kriegte zwar eine Lust sich wie sein Groß-Vater durch einen Tatterischen Krieg berühmt zu machen/ sein oberster Rath a- ber widerrieth es ihm auffs beweglichste und [Spaltenumbruch] hielt ihm ein: die wider die Tattern erhaltenen Siege kosteten die Serer mehr edles Blut/ als sie Wasser gewonnen hätten. Viel glückliche Streiche erwürben einem Fürsten wohl den ho- len Schall des Nachruhms; aber ein unver- nünfftiges Beginnen wäre genugsam ihn des Reiches/ das Volck der Ruhe zu berauben/ und den Fluch der Nachwelt seinem Gedächtnisse auffzuhalsen. Derogestalt/ und weil Huhan- siens Vater als ein gerechter Herr die andern Tatterschen Fürsten zur Ruhe anleitete/ blieb der Friede mit dem Könige Siven/ und dem itzi- gen Haupte der Serer Juen noch feste stehen; die Tattern mochten auch mit ihrer Wurtzel Ginse/ mit Mardern/ Bibern und Zobeln nach Socheu frey handeln. Alldieweil aber itziger König Juen mehr gelehrt als klug ist/ seiner Ge- mahlin Cieyva alles verhänget/ auch schon ihren Sohn Gaus frühzeitig zum Reichsfolger erklä- ret/ seinen treuen Lehrmeister Siaovang auff Verleitung der Heuchler hat verderben/ und die Landschafften Quangsi und Hainan abfal- len lassen/ ja sich selbst seinem Diener Hien zum Sclaven gemacht hat/ ist mit dem Könige Huhansien das Eintrachts-Band liederlich zer- rissen worden. Denn als für einem Jahre zwey an die Landschafft Xensi gräntzende Köni- ge der Tattern in ihrem Gebürge auff Bisam- Ziegen jagten/ die Serischen Gräntz-Bewah- rer aber hiervon Kundschafft erlangten/ fielen sie unvermerckt dahin aus/ und nahmen beyde sich keiner Feindseligkeit versehende Fürsten ge- fangen. Jhr Schutz-Herr Huhansien schickte eine Botschafft ab ihre Befreyung in der Güte zu suchen/ und sich über den Friedensbruch zu beschweren; Alleine sie ward nicht einmal einge- lassen/ sondern ihr ins Gesichte gesagt: Man wä- re den Barbarn nicht länger als es die Staats- Klugheit erforderte/ Treu und Glauben zu hal- ten schuldig. Die Gefangenen wurden auch enthauptet/ und ihre Köpffe an den Westlichen Anfang der Serischen Mauer auffgesteckt. Die- G g g g 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
vus den Koͤnig durch einẽ Geſandten Suvus ab-mahnen/ und ihn aller guten Nachbarſchaft ver- ſich ern ließ. Weil aber der zu ihm geflohene Se- rer Gveli ihn als einen Kundſchaffter angab/ ward er auffdas Eiland Tarata in dem Nord- Meer geſchickt/ und zu einem Schaaf-Hirten gebraucht. Hiaovus zohe diß zu raͤchen mit eylff ſtarcken Heeren durch die Sand-Wuͤſten Xamo; die Tattern aber raͤumten das Feld/ ver- ſchloſſen ſich in die Gebuͤrge/ und lachten den ſie zum Streit ausfordernden Hiaovus aus/ wel- cher aus Verdruß zuruͤcke zoh/ und dem tapffern Feld-Hauptmanne Laus die Kriegs-Macht uͤ- bergab. Dieſer drang in das Gebuͤrge Sinuck/ und brachte zwar den Koͤnig in Tanyu in die Flucht; Weil aber der Koͤnig in Samahan hin- ter ihm das Gebuͤrge einnahm/ und ihm alle Zu- fuhr abſchnitt/ gerieth er in ſo groſſe Noth/ daß Anfangs ſein Unter-Feldherr Qvoncan zu den Tattern uͤberging/ und hernach Laus ſelbſt mit ſeinem gantzen Heere ſich ergeben muſte. Hiao- vus verlohr hiermit das Hertze die Tattern fer- ner zu bekriegen; ſondern verwahrte nur die Flaͤ- che zwiſchen der Seriſchen Mauer und dem Gebuͤrge Kin. Der Koͤnig in Samahan oder Samarkanda unſers Koͤnigs Huhanſien Großvater erlangte hingegen unter allen Tat- tern ein ſo groſſes Anſehen/ daß alle benachbar- te Koͤnige ihn heimſuchten/ und als einem un- uͤberwindlichen Helden zu Ehren Kuͤhe opffer- ten/ ihn auch zu ihrem allgemeinen Schutz- Herrn erkieſeten. Des Hiaovus Sohn und Reichs-Erbe/ welchem der Vater den Tatter Geli Kin zum oberſten Feldherrn verordnete/ machte uͤber dieſer zuſam̃enwachſerden Macht der Tattern groſſe Augen/ und ſuchte unter dem Scheine den Gefangenen Suvus zu loͤſen eine Verneuerung des Friedens. Des Hiaovus Enckel Koͤnig Siven kriegte zwar eine Luſt ſich wie ſein Groß-Vater durch einen Tatteriſchen Krieg beruͤhmt zu machen/ ſein oberſter Rath a- ber widerrieth es ihm auffs beweglichſte und [Spaltenumbruch] hielt ihm ein: die wider die Tattern erhaltenen Siege koſteten die Serer mehr edles Blut/ als ſie Waſſer gewonnen haͤtten. Viel gluͤckliche Streiche erwuͤrben einem Fuͤrſten wohl den ho- len Schall des Nachruhms; aber ein unver- nuͤnfftiges Beginnen waͤre genugſam ihn des Reiches/ das Volck der Ruhe zu berauben/ und den Fluch der Nachwelt ſeinem Gedaͤchtniſſe auffzuhalſen. Derogeſtalt/ und weil Huhan- ſiens Vater als ein gerechter Herr die andern Tatterſchen Fuͤrſten zur Ruhe anleitete/ blieb der Friede mit dem Koͤnige Siven/ und dem itzi- gen Haupte der Serer Juen noch feſte ſtehen; die Tattern mochten auch mit ihrer Wurtzel Ginſe/ mit Mardern/ Bibern und Zobeln nach Socheu frey handeln. Alldieweil aber itziger Koͤnig Juen mehr gelehrt als klug iſt/ ſeiner Ge- mahlin Cieyva alles verhaͤnget/ auch ſchon ihren Sohn Gaus fruͤhzeitig zum Reichsfolger erklaͤ- ret/ ſeinen treuen Lehrmeiſter Siaovang auff Verleitung der Heuchler hat verderben/ und die Landſchafften Quangſi und Hainan abfal- len laſſen/ ja ſich ſelbſt ſeinem Diener Hien zum Sclaven gemacht hat/ iſt mit dem Koͤnige Huhanſien das Eintrachts-Band liederlich zer- riſſen worden. Denn als fuͤr einem Jahre zwey an die Landſchafft Xenſi graͤntzende Koͤni- ge der Tattern in ihrem Gebuͤrge auff Biſam- Ziegen jagten/ die Seriſchen Graͤntz-Bewah- rer aber hiervon Kundſchafft erlangten/ fielen ſie unvermerckt dahin aus/ und nahmen beyde ſich keiner Feindſeligkeit verſehende Fuͤrſten ge- fangen. Jhr Schutz-Herr Huhanſien ſchickte eine Botſchafft ab ihre Befreyung in der Guͤte zu ſuchen/ und ſich uͤber den Friedensbruch zu beſchweren; Alleine ſie ward nicht einmal einge- laſſen/ ſondern ihr ins Geſichte geſagt: Man waͤ- re den Barbarn nicht laͤnger als es die Staats- Klugheit erforderte/ Treu und Glauben zu hal- ten ſchuldig. Die Gefangenen wurden auch enthauptet/ und ihre Koͤpffe an den Weſtlichen Anfang der Seriſchen Mauer auffgeſteckt. Die- G g g g 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0661" n="605"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> vus den Koͤnig durch einẽ Geſandten Suvus ab-<lb/> mahnen/ und ihn aller guten Nachbarſchaft ver-<lb/> ſich ern ließ. Weil aber der zu ihm geflohene Se-<lb/> rer Gveli ihn als einen Kundſchaffter angab/<lb/> ward er auffdas Eiland Tarata in dem Nord-<lb/> Meer geſchickt/ und zu einem Schaaf-Hirten<lb/> gebraucht. Hiaovus zohe diß zu raͤchen mit<lb/> eylff ſtarcken Heeren durch die Sand-Wuͤſten<lb/> Xamo; die Tattern aber raͤumten das Feld/ ver-<lb/> ſchloſſen ſich in die Gebuͤrge/ und lachten den ſie<lb/> zum Streit ausfordernden Hiaovus aus/ wel-<lb/> cher aus Verdruß zuruͤcke zoh/ und dem tapffern<lb/> Feld-Hauptmanne Laus die Kriegs-Macht uͤ-<lb/> bergab. Dieſer drang in das Gebuͤrge Sinuck/<lb/> und brachte zwar den Koͤnig in Tanyu in die<lb/> Flucht; Weil aber der Koͤnig in Samahan hin-<lb/> ter ihm das Gebuͤrge einnahm/ und ihm alle Zu-<lb/> fuhr abſchnitt/ gerieth er in ſo groſſe Noth/ daß<lb/> Anfangs ſein Unter-Feldherr Qvoncan zu den<lb/> Tattern uͤberging/ und hernach Laus ſelbſt mit<lb/> ſeinem gantzen Heere ſich ergeben muſte. Hiao-<lb/> vus verlohr hiermit das Hertze die Tattern fer-<lb/> ner zu bekriegen; ſondern verwahrte nur die Flaͤ-<lb/> che zwiſchen der Seriſchen Mauer und dem<lb/> Gebuͤrge Kin. Der Koͤnig in Samahan oder<lb/> Samarkanda unſers Koͤnigs Huhanſien<lb/> Großvater erlangte hingegen unter allen Tat-<lb/> tern ein ſo groſſes Anſehen/ daß alle benachbar-<lb/> te Koͤnige ihn heimſuchten/ und als einem un-<lb/> uͤberwindlichen Helden zu Ehren Kuͤhe opffer-<lb/> ten/ ihn auch zu ihrem allgemeinen Schutz-<lb/> Herrn erkieſeten. Des Hiaovus Sohn und<lb/> Reichs-Erbe/ welchem der Vater den Tatter<lb/> Geli Kin zum oberſten Feldherrn verordnete/<lb/> machte uͤber dieſer zuſam̃enwachſerden Macht<lb/> der Tattern groſſe Augen/ und ſuchte unter dem<lb/> Scheine den Gefangenen Suvus zu loͤſen eine<lb/> Verneuerung des Friedens. Des Hiaovus<lb/> Enckel Koͤnig Siven kriegte zwar eine Luſt ſich<lb/> wie ſein Groß-Vater durch einen Tatteriſchen<lb/> Krieg beruͤhmt zu machen/ ſein oberſter Rath a-<lb/> ber widerrieth es ihm auffs beweglichſte und<lb/><cb/> hielt ihm ein: die wider die Tattern erhaltenen<lb/> Siege koſteten die Serer mehr edles Blut/ als<lb/> ſie Waſſer gewonnen haͤtten. Viel gluͤckliche<lb/> Streiche erwuͤrben einem Fuͤrſten wohl den ho-<lb/> len Schall des Nachruhms; aber ein unver-<lb/> nuͤnfftiges Beginnen waͤre genugſam ihn des<lb/> Reiches/ das Volck der Ruhe zu berauben/ und<lb/> den Fluch der Nachwelt ſeinem Gedaͤchtniſſe<lb/> auffzuhalſen. Derogeſtalt/ und weil Huhan-<lb/> ſiens Vater als ein gerechter Herr die andern<lb/> Tatterſchen Fuͤrſten zur Ruhe anleitete/ blieb<lb/> der Friede mit dem Koͤnige Siven/ und dem itzi-<lb/> gen Haupte der Serer Juen noch feſte ſtehen;<lb/> die Tattern mochten auch mit ihrer Wurtzel<lb/> Ginſe/ mit Mardern/ Bibern und Zobeln nach<lb/> Socheu frey handeln. Alldieweil aber itziger<lb/> Koͤnig Juen mehr gelehrt als klug iſt/ ſeiner Ge-<lb/> mahlin Cieyva alles verhaͤnget/ auch ſchon ihren<lb/> Sohn Gaus fruͤhzeitig zum Reichsfolger erklaͤ-<lb/> ret/ ſeinen treuen Lehrmeiſter Siaovang auff<lb/> Verleitung der Heuchler hat verderben/ und<lb/> die Landſchafften Quangſi und Hainan abfal-<lb/> len laſſen/ ja ſich ſelbſt ſeinem Diener Hien<lb/> zum Sclaven gemacht hat/ iſt mit dem Koͤnige<lb/> Huhanſien das Eintrachts-Band liederlich zer-<lb/> riſſen worden. Denn als fuͤr einem Jahre<lb/> zwey an die Landſchafft Xenſi graͤntzende Koͤni-<lb/> ge der Tattern in ihrem Gebuͤrge auff Biſam-<lb/> Ziegen jagten/ die Seriſchen Graͤntz-Bewah-<lb/> rer aber hiervon Kundſchafft erlangten/ fielen<lb/> ſie unvermerckt dahin aus/ und nahmen beyde<lb/> ſich keiner Feindſeligkeit verſehende Fuͤrſten ge-<lb/> fangen. Jhr Schutz-Herr Huhanſien ſchickte<lb/> eine Botſchafft ab ihre Befreyung in der Guͤte<lb/> zu ſuchen/ und ſich uͤber den Friedensbruch zu<lb/> beſchweren; Alleine ſie ward nicht einmal einge-<lb/> laſſen/ ſondern ihr ins Geſichte geſagt: Man waͤ-<lb/> re den Barbarn nicht laͤnger als es die Staats-<lb/> Klugheit erforderte/ Treu und Glauben zu hal-<lb/> ten ſchuldig. Die Gefangenen wurden auch<lb/> enthauptet/ und ihre Koͤpffe an den Weſtlichen<lb/> Anfang der Seriſchen Mauer auffgeſteckt.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G g g g 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [605/0661]
Arminius und Thußnelda.
vus den Koͤnig durch einẽ Geſandten Suvus ab-
mahnen/ und ihn aller guten Nachbarſchaft ver-
ſich ern ließ. Weil aber der zu ihm geflohene Se-
rer Gveli ihn als einen Kundſchaffter angab/
ward er auffdas Eiland Tarata in dem Nord-
Meer geſchickt/ und zu einem Schaaf-Hirten
gebraucht. Hiaovus zohe diß zu raͤchen mit
eylff ſtarcken Heeren durch die Sand-Wuͤſten
Xamo; die Tattern aber raͤumten das Feld/ ver-
ſchloſſen ſich in die Gebuͤrge/ und lachten den ſie
zum Streit ausfordernden Hiaovus aus/ wel-
cher aus Verdruß zuruͤcke zoh/ und dem tapffern
Feld-Hauptmanne Laus die Kriegs-Macht uͤ-
bergab. Dieſer drang in das Gebuͤrge Sinuck/
und brachte zwar den Koͤnig in Tanyu in die
Flucht; Weil aber der Koͤnig in Samahan hin-
ter ihm das Gebuͤrge einnahm/ und ihm alle Zu-
fuhr abſchnitt/ gerieth er in ſo groſſe Noth/ daß
Anfangs ſein Unter-Feldherr Qvoncan zu den
Tattern uͤberging/ und hernach Laus ſelbſt mit
ſeinem gantzen Heere ſich ergeben muſte. Hiao-
vus verlohr hiermit das Hertze die Tattern fer-
ner zu bekriegen; ſondern verwahrte nur die Flaͤ-
che zwiſchen der Seriſchen Mauer und dem
Gebuͤrge Kin. Der Koͤnig in Samahan oder
Samarkanda unſers Koͤnigs Huhanſien
Großvater erlangte hingegen unter allen Tat-
tern ein ſo groſſes Anſehen/ daß alle benachbar-
te Koͤnige ihn heimſuchten/ und als einem un-
uͤberwindlichen Helden zu Ehren Kuͤhe opffer-
ten/ ihn auch zu ihrem allgemeinen Schutz-
Herrn erkieſeten. Des Hiaovus Sohn und
Reichs-Erbe/ welchem der Vater den Tatter
Geli Kin zum oberſten Feldherrn verordnete/
machte uͤber dieſer zuſam̃enwachſerden Macht
der Tattern groſſe Augen/ und ſuchte unter dem
Scheine den Gefangenen Suvus zu loͤſen eine
Verneuerung des Friedens. Des Hiaovus
Enckel Koͤnig Siven kriegte zwar eine Luſt ſich
wie ſein Groß-Vater durch einen Tatteriſchen
Krieg beruͤhmt zu machen/ ſein oberſter Rath a-
ber widerrieth es ihm auffs beweglichſte und
hielt ihm ein: die wider die Tattern erhaltenen
Siege koſteten die Serer mehr edles Blut/ als
ſie Waſſer gewonnen haͤtten. Viel gluͤckliche
Streiche erwuͤrben einem Fuͤrſten wohl den ho-
len Schall des Nachruhms; aber ein unver-
nuͤnfftiges Beginnen waͤre genugſam ihn des
Reiches/ das Volck der Ruhe zu berauben/ und
den Fluch der Nachwelt ſeinem Gedaͤchtniſſe
auffzuhalſen. Derogeſtalt/ und weil Huhan-
ſiens Vater als ein gerechter Herr die andern
Tatterſchen Fuͤrſten zur Ruhe anleitete/ blieb
der Friede mit dem Koͤnige Siven/ und dem itzi-
gen Haupte der Serer Juen noch feſte ſtehen;
die Tattern mochten auch mit ihrer Wurtzel
Ginſe/ mit Mardern/ Bibern und Zobeln nach
Socheu frey handeln. Alldieweil aber itziger
Koͤnig Juen mehr gelehrt als klug iſt/ ſeiner Ge-
mahlin Cieyva alles verhaͤnget/ auch ſchon ihren
Sohn Gaus fruͤhzeitig zum Reichsfolger erklaͤ-
ret/ ſeinen treuen Lehrmeiſter Siaovang auff
Verleitung der Heuchler hat verderben/ und
die Landſchafften Quangſi und Hainan abfal-
len laſſen/ ja ſich ſelbſt ſeinem Diener Hien
zum Sclaven gemacht hat/ iſt mit dem Koͤnige
Huhanſien das Eintrachts-Band liederlich zer-
riſſen worden. Denn als fuͤr einem Jahre
zwey an die Landſchafft Xenſi graͤntzende Koͤni-
ge der Tattern in ihrem Gebuͤrge auff Biſam-
Ziegen jagten/ die Seriſchen Graͤntz-Bewah-
rer aber hiervon Kundſchafft erlangten/ fielen
ſie unvermerckt dahin aus/ und nahmen beyde
ſich keiner Feindſeligkeit verſehende Fuͤrſten ge-
fangen. Jhr Schutz-Herr Huhanſien ſchickte
eine Botſchafft ab ihre Befreyung in der Guͤte
zu ſuchen/ und ſich uͤber den Friedensbruch zu
beſchweren; Alleine ſie ward nicht einmal einge-
laſſen/ ſondern ihr ins Geſichte geſagt: Man waͤ-
re den Barbarn nicht laͤnger als es die Staats-
Klugheit erforderte/ Treu und Glauben zu hal-
ten ſchuldig. Die Gefangenen wurden auch
enthauptet/ und ihre Koͤpffe an den Weſtlichen
Anfang der Seriſchen Mauer auffgeſteckt.
Die-
G g g g 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/661 |
Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/661>, abgerufen am 03.07.2024. |