Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
vertragen kan/ niemals aber nichts kaltes trin-cken/ und daher auch nicht einst die Nahmen der Darm- und Glieder-Gicht/ des Steines/ und etlicher anderer unserer schmertzhafftesten Kranckheiten kennen. Hertzog Herrmann wunderte sich hierüber/ und fragte: Ob sich denn mit so heissem Geträncke der Durst wol leschen liesse? und wie es den Ausländern zuschlüge? Beydes gar wol/ antwortete Zeno; und hätte ihm hernach die Aenderung vom warmen zum kalten/ als die erste vom kalten zum warmen Ge- träncke viel bänger gethan. Sonst hätten sie in Asien wol auch eine gute Art/ daß sie gutes Wasser abkochten/ hernach in Brunnen oder Hölen abkühleten; aber es käme der Serischen nichtbey. Ja/ sagte Flavius/ auch zu Rom wird diß itzt für eine tiefsinnige Erfindung ge- halten/ daß sie/ um den schädlichen Beysatz des gemeinen Schnees und Eises abzusondern/ ab- gekochtes Wasser in Gläsern zu Eiß oder Schnee gefrieren lassen/ und sodenn in anderm Geträncke mit genüssen; auch glauben/ daß es so denn nicht nur gesünder/ sondern das gekoch- te Wasser viel schneller gefriere/ im Gewichte leichter sey/ auch viel kälteres Eiß daraus wer- de. Solte denn aber/ fragte Fürst Catumer/ ein Wasser leichter als das andere/ und zwar das leichtere das gesündeste seyn? An dem ersten/ antwortete Rhemetalces/ ist nicht zu zweiffeln; das Wasser des Boristhenes schwimmt im Flus- se Hippanis seiner Leichtigkeit halber augen- scheinlich oben; das Pangaische ist im Winter um ein dritte Theil schwerer als im Sommer. Und die Griechen/ welche auff einer gewissen Wasser-Wage alle Wasser in Griechenland gewogen/ haben das Wasser im Brunnen Pi- rene das leichteste zu seyn befunden. Es mei- nen zwar etliche/ antwortete der Feldherr/ daß weil das Eretrische gute/ und das Amphiarati- sche böse Wasser einerley Schwere hätte/ nicht das Gewichte/ sondern diß das gewisseste Kenn- zeichen gesunden Wassers sey/ wenn selbtes ge- [Spaltenumbruch] schwinde warm/ und bald wieder kalt würde/ o- der im Winter lau/ im Sommer Eiß-kalt wä- re. Aber die meisten prüfften seine Güte aus der Leichtigkeit/ als einem Merckmale/ daß es keinen irrdischen Beysatz habe. Daher denn das Flüßwasser denen Brunnen/ fürnehmlich aber den felsichten Qvellen vorzuziehen wäre. Unter den Flüssen aber verdienten den Preiß/ welche/ wie unsere gesunde Donau/ von Abend gegen Morgen lauffen/ weil diese die Sonne für andern herrlich läuterte und leichter machte. Ja/ sagte Rhemetalces/ deßhalben lassen die Kö- nige in Thracien ihr Trinckwasser aus dem Jster bringen. Alleine die von Mittag gegen Mitternacht lauffenden Flüsse haben eben so ge- sund- oder noch gesünder Wasser. Weßwegen die Egyptier ihr leichtes/ und nur halb so viel Feuer als andere/ zu seiner Abkochung dörffen- dendes Nilwasser für das gesündeste in der Welt/ und welches so gar unfruchtbare Frauen fruchtbar/ und ihre Leibes-Früchte stärcker machte/ halten/ diesen Strom ihren Goldfluß/ ihren Jupiter heissen/ und göttlich verehren. Daher schickte Ptolomeus Philadelphus seiner dem Antiochus verheyratheten Tochter Bere- nice das Nil-Wasser stets in Assyrien mit grossen Unkosten zu. Zeno versetzte: die Persier hal- ten gleichwol das Wasser ihres Flusses Cho- raspes bey Susa noch viel leichter und besser/ welches nicht nur der König alldar trincket/ son- dern auch abgekocht auf seine ferneste Reisen in silbernen Gefässen auff Maul-Thieren mit sich führen läst. Hertzog Malovend brach ein: Er hätte sich berichten lassen/ daß die Persischen Kö- nige ihr grünes Wasser/ welches nur sie und ih- re ältesten Söhne trincken dörfften/ aus Brun- nen schöpfften. Zeno antwortete: Es könte beydes wol beysammen stehen/ und würden die- se wollüstige Könige ihr Geträncke zweiffels- frey nicht seltener/ als ihr Hof-Lager verändert haben; indem sie zu Susa den Winter/ zu Ec- batena den Sommer/ zu Persepolis den Herbst/ und
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
vertragen kan/ niemals aber nichts kaltes trin-cken/ und daher auch nicht einſt die Nahmen der Darm- und Glieder-Gicht/ des Steines/ und etlicher anderer unſerer ſchmertzhaffteſten Kranckheiten kennen. Hertzog Herrmann wunderte ſich hieruͤber/ und fragte: Ob ſich denn mit ſo heiſſem Getraͤncke der Durſt wol leſchen lieſſe? und wie es den Auslaͤndern zuſchluͤge? Beydes gar wol/ antwortete Zeno; und haͤtte ihm hernach die Aenderung vom warmen zum kalten/ als die erſte vom kalten zum warmen Ge- traͤncke viel baͤnger gethan. Sonſt haͤtten ſie in Aſien wol auch eine gute Art/ daß ſie gutes Waſſer abkochten/ hernach in Brunnen oder Hoͤlen abkuͤhleten; aber es kaͤme der Seriſchen nichtbey. Ja/ ſagte Flavius/ auch zu Rom wird diß itzt fuͤr eine tiefſinnige Erfindung ge- halten/ daß ſie/ um den ſchaͤdlichen Beyſatz des gemeinen Schnees und Eiſes abzuſondern/ ab- gekochtes Waſſer in Glaͤſern zu Eiß oder Schnee gefrieren laſſen/ und ſodenn in anderm Getraͤncke mit genuͤſſen; auch glauben/ daß es ſo denn nicht nur geſuͤnder/ ſondern das gekoch- te Waſſer viel ſchneller gefriere/ im Gewichte leichter ſey/ auch viel kaͤlteres Eiß daraus wer- de. Solte denn aber/ fragte Fuͤrſt Catumer/ ein Waſſer leichter als das andere/ und zwar das leichtere das geſuͤndeſte ſeyn? An dem erſten/ antwortete Rhemetalces/ iſt nicht zu zweiffeln; das Waſſer des Boriſthenes ſchwimmt im Fluſ- ſe Hippanis ſeiner Leichtigkeit halber augen- ſcheinlich oben; das Pangaiſche iſt im Winter um ein dritte Theil ſchwerer als im Sommer. Und die Griechen/ welche auff einer gewiſſen Waſſer-Wage alle Waſſer in Griechenland gewogen/ haben das Waſſer im Brunnen Pi- rene das leichteſte zu ſeyn befunden. Es mei- nen zwar etliche/ antwortete der Feldherr/ daß weil das Eretriſche gute/ und das Amphiarati- ſche boͤſe Waſſer einerley Schwere haͤtte/ nicht das Gewichte/ ſondern diß das gewiſſeſte Kenn- zeichen geſunden Waſſers ſey/ wenn ſelbtes ge- [Spaltenumbruch] ſchwinde warm/ und bald wieder kalt wuͤrde/ o- der im Winter lau/ im Sommer Eiß-kalt waͤ- re. Aber die meiſten pruͤfften ſeine Guͤte aus der Leichtigkeit/ als einem Merckmale/ daß es keinen irrdiſchen Beyſatz habe. Daher denn das Fluͤßwaſſer denen Brunnen/ fuͤrnehmlich aber den felſichten Qvellen vorzuziehen waͤre. Unter den Fluͤſſen aber verdienten den Preiß/ welche/ wie unſere geſunde Donau/ von Abend gegen Morgen lauffen/ weil dieſe die Sonne fuͤr andern herrlich laͤuterte und leichter machte. Ja/ ſagte Rhemetalces/ deßhalben laſſen die Koͤ- nige in Thracien ihr Trinckwaſſer aus dem Jſter bringen. Alleine die von Mittag gegen Mitternacht lauffenden Fluͤſſe haben eben ſo ge- ſund- oder noch geſuͤnder Waſſer. Weßwegen die Egyptier ihr leichtes/ und nur halb ſo viel Feuer als andere/ zu ſeiner Abkochung doͤrffen- dendes Nilwaſſer fuͤr das geſuͤndeſte in der Welt/ und welches ſo gar unfruchtbare Frauen fruchtbar/ und ihre Leibes-Fruͤchte ſtaͤrcker machte/ halten/ dieſen Strom ihren Goldfluß/ ihren Jupiter heiſſen/ und goͤttlich verehren. Daher ſchickte Ptolomeus Philadelphus ſeiner dem Antiochus verheyratheten Tochter Bere- nice das Nil-Waſſer ſtets in Aſſyrien mit groſſen Unkoſten zu. Zeno verſetzte: die Perſier hal- ten gleichwol das Waſſer ihres Fluſſes Cho- raſpes bey Suſa noch viel leichter und beſſer/ welches nicht nur der Koͤnig alldar trincket/ ſon- dern auch abgekocht auf ſeine ferneſte Reiſen in ſilbernen Gefaͤſſen auff Maul-Thieren mit ſich fuͤhren laͤſt. Hertzog Malovend brach ein: Er haͤtte ſich berichten laſſen/ daß die Perſiſchen Koͤ- nige ihr gruͤnes Waſſer/ welches nur ſie und ih- re aͤlteſten Soͤhne trincken doͤrfften/ aus Brun- nen ſchoͤpfften. Zeno antwortete: Es koͤnte beydes wol beyſammen ſtehen/ und wuͤrden die- ſe wolluͤſtige Koͤnige ihr Getraͤncke zweiffels- frey nicht ſeltener/ als ihr Hof-Lager veraͤndert haben; indem ſie zu Suſa den Winter/ zu Ec- batena den Sommer/ zu Perſepolis den Herbſt/ und
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Fuͤnfftes Buch
vertragen kan/ niemals aber nichts kaltes trin-
cken/ und daher auch nicht einſt die Nahmen der
Darm- und Glieder-Gicht/ des Steines/ und
etlicher anderer unſerer ſchmertzhaffteſten
Kranckheiten kennen. Hertzog Herrmann
wunderte ſich hieruͤber/ und fragte: Ob ſich denn
mit ſo heiſſem Getraͤncke der Durſt wol leſchen
lieſſe? und wie es den Auslaͤndern zuſchluͤge?
Beydes gar wol/ antwortete Zeno; und haͤtte
ihm hernach die Aenderung vom warmen zum
kalten/ als die erſte vom kalten zum warmen Ge-
traͤncke viel baͤnger gethan. Sonſt haͤtten ſie
in Aſien wol auch eine gute Art/ daß ſie gutes
Waſſer abkochten/ hernach in Brunnen oder
Hoͤlen abkuͤhleten; aber es kaͤme der Seriſchen
nichtbey. Ja/ ſagte Flavius/ auch zu Rom
wird diß itzt fuͤr eine tiefſinnige Erfindung ge-
halten/ daß ſie/ um den ſchaͤdlichen Beyſatz des
gemeinen Schnees und Eiſes abzuſondern/ ab-
gekochtes Waſſer in Glaͤſern zu Eiß oder
Schnee gefrieren laſſen/ und ſodenn in anderm
Getraͤncke mit genuͤſſen; auch glauben/ daß es
ſo denn nicht nur geſuͤnder/ ſondern das gekoch-
te Waſſer viel ſchneller gefriere/ im Gewichte
leichter ſey/ auch viel kaͤlteres Eiß daraus wer-
de. Solte denn aber/ fragte Fuͤrſt Catumer/
ein Waſſer leichter als das andere/ und zwar das
leichtere das geſuͤndeſte ſeyn? An dem erſten/
antwortete Rhemetalces/ iſt nicht zu zweiffeln;
das Waſſer des Boriſthenes ſchwimmt im Fluſ-
ſe Hippanis ſeiner Leichtigkeit halber augen-
ſcheinlich oben; das Pangaiſche iſt im Winter
um ein dritte Theil ſchwerer als im Sommer.
Und die Griechen/ welche auff einer gewiſſen
Waſſer-Wage alle Waſſer in Griechenland
gewogen/ haben das Waſſer im Brunnen Pi-
rene das leichteſte zu ſeyn befunden. Es mei-
nen zwar etliche/ antwortete der Feldherr/ daß
weil das Eretriſche gute/ und das Amphiarati-
ſche boͤſe Waſſer einerley Schwere haͤtte/ nicht
das Gewichte/ ſondern diß das gewiſſeſte Kenn-
zeichen geſunden Waſſers ſey/ wenn ſelbtes ge-
ſchwinde warm/ und bald wieder kalt wuͤrde/ o-
der im Winter lau/ im Sommer Eiß-kalt waͤ-
re. Aber die meiſten pruͤfften ſeine Guͤte aus
der Leichtigkeit/ als einem Merckmale/ daß es
keinen irrdiſchen Beyſatz habe. Daher denn
das Fluͤßwaſſer denen Brunnen/ fuͤrnehmlich
aber den felſichten Qvellen vorzuziehen waͤre.
Unter den Fluͤſſen aber verdienten den Preiß/
welche/ wie unſere geſunde Donau/ von Abend
gegen Morgen lauffen/ weil dieſe die Sonne
fuͤr andern herrlich laͤuterte und leichter machte.
Ja/ ſagte Rhemetalces/ deßhalben laſſen die Koͤ-
nige in Thracien ihr Trinckwaſſer aus dem
Jſter bringen. Alleine die von Mittag gegen
Mitternacht lauffenden Fluͤſſe haben eben ſo ge-
ſund- oder noch geſuͤnder Waſſer. Weßwegen
die Egyptier ihr leichtes/ und nur halb ſo viel
Feuer als andere/ zu ſeiner Abkochung doͤrffen-
dendes Nilwaſſer fuͤr das geſuͤndeſte in der
Welt/ und welches ſo gar unfruchtbare Frauen
fruchtbar/ und ihre Leibes-Fruͤchte ſtaͤrcker
machte/ halten/ dieſen Strom ihren Goldfluß/
ihren Jupiter heiſſen/ und goͤttlich verehren.
Daher ſchickte Ptolomeus Philadelphus ſeiner
dem Antiochus verheyratheten Tochter Bere-
nice das Nil-Waſſer ſtets in Aſſyrien mit groſſen
Unkoſten zu. Zeno verſetzte: die Perſier hal-
ten gleichwol das Waſſer ihres Fluſſes Cho-
raſpes bey Suſa noch viel leichter und beſſer/
welches nicht nur der Koͤnig alldar trincket/ ſon-
dern auch abgekocht auf ſeine ferneſte Reiſen in
ſilbernen Gefaͤſſen auff Maul-Thieren mit ſich
fuͤhren laͤſt. Hertzog Malovend brach ein: Er
haͤtte ſich berichten laſſen/ daß die Perſiſchen Koͤ-
nige ihr gruͤnes Waſſer/ welches nur ſie und ih-
re aͤlteſten Soͤhne trincken doͤrfften/ aus Brun-
nen ſchoͤpfften. Zeno antwortete: Es koͤnte
beydes wol beyſammen ſtehen/ und wuͤrden die-
ſe wolluͤſtige Koͤnige ihr Getraͤncke zweiffels-
frey nicht ſeltener/ als ihr Hof-Lager veraͤndert
haben; indem ſie zu Suſa den Winter/ zu Ec-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/640>, abgerufen am 16.07.2024. |