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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dringung in die Höhlen der Berge die Erde
bey Kräfften erhält/ einflössen möge. An der
Seite hänget ein Bogen mit Köcher und
Pfeilen/ ihren für unsern Augen noch mehr
als Pfeil geschwinden Lauff/ und ihre durch-
dringende Krafft darmit abzubilden. Sinte-
mal/ da gleich die Sonne nicht um den Erd-
kreiß rennet/ wie die Weltweisen insgemein
glauben/ daß ihr geschwinder Lauff vom mensch-
lichen Verstande nicht zu begreiffen sey; Jn
dem sie in einer Stunde über neun hundert/
drey und funffzig Breiten des Erdbodens weit
fortrennen müsse; So kömmt doch ihre Her-
umweltzung um ihren eigenen Wirbel und
Mittelpunct/ welches längsten in sieben und
zwanzig Tagen/ oder vieler Meinung nach al-
le 24. Stunden geschiehet/ aller irrdischen Ge-
schwindigkeit zuvor. Jhre Wirckung aber
dringt biß in den Abgrund des Meeres/ biß in
den Mittelpunct der Erde/ und schwängert
gleichsam durch eine angenehme Vermählung
alle fruchtbare Dinge/ die verborgensten Ertzt-
Adern/ die kältesten Kristallen und Schnecken/
und das Marck der rauesten Felsen. Jn der
lincken Hand hat es eine Leyer/ weil die Be-
wegung der Sonne nicht allein einen ange-
nehmen Klang von sich abgeben; sondern auch
die widrigen Würckungen anderer Gestirne/
und gegeneinander streitenden Eigenschafften
der Elemente vereinbaren soll; Also daß die
Sonne selbst so wohl aus dem Erdbodem/ als
aus denen andern sechs Jrr-Sternen ihren
Einfluß annimmt/ von welchen ihr rinnen-
des Meer nach Erheischung der Natur zuwei-
len als durch einen Sturmwind beweget/ zu-
weilen auch sein übermäßiges Auffsieden be-
sänfftiget wird. Nebst diesem Sonnenbilde
stehet das himmlische Zeichen des Löwen/ als
ihr rechtes Erhöhungs-Haus abgebildet. Mit
den Armen hält es über dem Haupte eine ü-
beraus grosse von Berg-Cristallen zwar geschlif-
fene/ an sich selbst aber nicht glatte/ sondern hin
[Spaltenumbruch] und wieder nichts minder als die Erde von Ber-
gen/ Thälern/ Meeren und Flüssen gantz höck-
richte Kugel/ durch welche man etliche Reyhen
Berge gleich als einen Rückgrad/ Rippen und
Gebeine/ als Behältnisse ihrer Vereinbarung
gehen/ auch aus solcher Kugel offtmahls Strah-
len/ Dampff und Wolcken ausschiessen siehet.
Welches mir der Priester selbigen Tempels
dahin auslegte/ daß die Sonne/ das warhaffte
Element des eigentlichen Feuers/ dieses aber
in seiner warhafften Eigenschaft sonst nirgends/
sonderlich aber unter dem Monden nicht zu fin-
den wäre/ und dannenhero die Sonne theils aus
einem harten feurigen Kalcke/ theils aus einem
flüssenden Flammen-Meere bestünde/ welches
dem im Schmeltz-Ofen glüendem Golde zu ver-
gleichen wäre; und dannenher bey seiner mehr-
mals hefftigen Vewegung nicht nur feurige
Dünste ausdampffte/ sondern wie die Feuer-
speyenden Berge grosse Ströme Glutt von
sich ausstiesse; welche hernach sich entweder in
einen Feuer-Regen verwandelten/ und sich al-
so wieder zu ihrem Ursprunge zügen/ und der
Sonne gleichsam zur Speise dieneten/ hierdurch
aber die vielfältigen Flecken an der Sonnen-
Kugel/ wie auch ihre Erblassung/ und daß sie ih-
re gütige Einflüsse nicht so leichtlich der Erde
mittheilen könte/ verursachten; Oder gar ihr
hartzichtes Wesen also zusammen kleibten/ daß
daraus Schwantz-Gestirne erwüchsen/ welche/
nachdem ihr Talg geschwinde oder langsam sich
einäscherte/ ihre Dauerung/ und gleich als auff
Erden die Jrrwische oder die flügenden Dra-
chen ihren Untergang hätten. Dieser Erzeh-
lung nach/ sagte Rhemetalces/ fehlen die Stoi-
schen Weltweisen sehr weit/ wenn ihrer Meinung
nach die Sonne aus dem Meere/ der Mond
aus süssen Wassern/ die andern Sternen aus
den Dünsten der Erde ihre Nahrung ziehen
sollen. Noch ärger aber irret Cleanthes/ wenn
ihm die Sonne deßhalben nicht den Krebs- und
Stein-Bocks-Kreiß überschreiten kan/ daß sie

sich

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dringung in die Hoͤhlen der Berge die Erde
bey Kraͤfften erhaͤlt/ einfloͤſſen moͤge. An der
Seite haͤnget ein Bogen mit Koͤcher und
Pfeilen/ ihren fuͤr unſern Augen noch mehr
als Pfeil geſchwinden Lauff/ und ihre durch-
dringende Krafft darmit abzubilden. Sinte-
mal/ da gleich die Sonne nicht um den Erd-
kreiß rennet/ wie die Weltweiſen insgemein
glauben/ daß ihr geſchwinder Lauff vom menſch-
lichen Verſtande nicht zu begreiffen ſey; Jn
dem ſie in einer Stunde uͤber neun hundert/
drey und funffzig Breiten des Erdbodens weit
fortrennen muͤſſe; So koͤmmt doch ihre Her-
umweltzung um ihren eigenen Wirbel und
Mittelpunct/ welches laͤngſten in ſieben und
zwanzig Tagen/ oder vieler Meinung nach al-
le 24. Stunden geſchiehet/ aller irrdiſchen Ge-
ſchwindigkeit zuvor. Jhre Wirckung aber
dringt biß in den Abgrund des Meeres/ biß in
den Mittelpunct der Erde/ und ſchwaͤngert
gleichſam durch eine angenehme Vermaͤhlung
alle fruchtbare Dinge/ die verborgenſten Ertzt-
Adern/ die kaͤlteſten Kriſtallen und Schnecken/
und das Marck der raueſten Felſen. Jn der
lincken Hand hat es eine Leyer/ weil die Be-
wegung der Sonne nicht allein einen ange-
nehmen Klang von ſich abgeben; ſondern auch
die widrigen Wuͤrckungen anderer Geſtirne/
und gegeneinander ſtreitenden Eigenſchafften
der Elemente vereinbaren ſoll; Alſo daß die
Sonne ſelbſt ſo wohl aus dem Erdbodem/ als
aus denen andern ſechs Jrr-Sternen ihren
Einfluß annimmt/ von welchen ihr rinnen-
des Meer nach Erheiſchung der Natur zuwei-
len als durch einen Sturmwind beweget/ zu-
weilen auch ſein uͤbermaͤßiges Auffſieden be-
ſaͤnfftiget wird. Nebſt dieſem Sonnenbilde
ſtehet das himmliſche Zeichen des Loͤwen/ als
ihr rechtes Erhoͤhungs-Haus abgebildet. Mit
den Armen haͤlt es uͤber dem Haupte eine uͤ-
beraus groſſe von Berg-Criſtallen zwar geſchlif-
fene/ an ſich ſelbſt aber nicht glatte/ ſondern hin
[Spaltenumbruch] und wieder nichts minder als die Erde von Ber-
gen/ Thaͤlern/ Meeren und Fluͤſſen gantz hoͤck-
richte Kugel/ durch welche man etliche Reyhen
Berge gleich als einen Ruͤckgrad/ Rippen und
Gebeine/ als Behaͤltniſſe ihrer Vereinbarung
gehen/ auch aus ſolcher Kugel offtmahls Strah-
len/ Dampff und Wolcken ausſchieſſen ſiehet.
Welches mir der Prieſter ſelbigen Tempels
dahin auslegte/ daß die Sonne/ das warhaffte
Element des eigentlichen Feuers/ dieſes aber
in ſeiner warhafften Eigenſchaft ſonſt nirgends/
ſonderlich aber unter dem Monden nicht zu fin-
den waͤre/ und dannenhero die Sonne theils aus
einem harten feurigen Kalcke/ theils aus einem
fluͤſſenden Flammen-Meere beſtuͤnde/ welches
dem im Schmeltz-Ofen gluͤendem Golde zu ver-
gleichen waͤre; und dannenher bey ſeiner mehr-
mals hefftigen Vewegung nicht nur feurige
Duͤnſte ausdampffte/ ſondern wie die Feuer-
ſpeyenden Berge groſſe Stroͤme Glutt von
ſich ausſtieſſe; welche hernach ſich entweder in
einen Feuer-Regen verwandelten/ und ſich al-
ſo wieder zu ihrem Urſprunge zuͤgen/ und der
Soñe gleichſam zur Speiſe dieneten/ hierdurch
aber die vielfaͤltigen Flecken an der Sonnen-
Kugel/ wie auch ihre Erblaſſung/ und daß ſie ih-
re guͤtige Einfluͤſſe nicht ſo leichtlich der Erde
mittheilen koͤnte/ verurſachten; Oder gar ihr
hartzichtes Weſen alſo zuſammen kleibten/ daß
daraus Schwantz-Geſtirne erwuͤchſen/ welche/
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einaͤſcherte/ ihre Dauerung/ und gleich als auff
Erden die Jrrwiſche oder die fluͤgenden Dra-
chen ihren Untergang haͤtten. Dieſer Erzeh-
lung nach/ ſagte Rhemetalces/ fehlen die Stoi-
ſchen Weltweiſen ſehr weit/ weñ ihrer Meinung
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aus ſuͤſſen Waſſern/ die andern Sternen aus
den Duͤnſten der Erde ihre Nahrung ziehen
ſollen. Noch aͤrger aber irret Cleanthes/ wenn
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/623>, abgerufen am 27.05.2024.