Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
sich nicht von ihrer Speise entferne. Allerdings/fuhr Zeno fort/ ist beydes weit gefehlt. Sinte- mahliedem Dinge nur diß/ woraus es seinen Ursprung bekommen/ zur Nahrung dienet; die Sonne aber eben wie die Erde in ihrem eigenen Kreyße ihren Unterhalt findet. Sonsten ist/ des Priesters Angeben nach/ das dicke Wesen in der Kugel des Sonnenbildes aus Amianten- Stein/ und Jambolischem Holtze/ das flüssende aber von dem Oel derselbigen Feuer-Würmer/ die in den Schmeltz-Oefen gezeuget werden/ be- reitet; Also/ daß es unauffhörlich ohne einige Verminderung brennet/ zum Zeichen/ daß die Sonne zwar nichts minder als die Erde und an- dere Gestirne aus verzehrlichem Wesen bereitet ist/ auch ihr Abnehmen/ Gebrechen/ und jährli- che Kranckheiten erduldet/ derogleichen sie al- lererst für weniger Zeit gelitten/ und ein gantz Jahr gantz verblaßt geschienen hätte; Gleich- wohl aber einen solchen Talck an sich hätte/ wel- cher dem dünnen Sonnen-Feuer eine bestän- digere Nahrung giebet. Da aber auch gleich solch Feuer etwas abnähme/ würde es durch die häuffigen Sonnen-Röhren nicht anders/ als der abnehmende Schwefel in denen unauff- hörlich brennenden Bergen/ von dem Zuflus- se aus denen fernen Berg-Adern reichlich wie- der ersetzet. Der Priester stellt die/ welche der Sonne opffern wollen/ und eine Hand voll Wey- rauch in eine güldene mit Rubinen und Chry- solithen versetzte Schüssel/ etliche Handvolln Weyrauch und Myrrhen streuen müssen/ um das Altar herum; Hierauff zündet er eine mit Lorber-Zweigen umflochtene Fackel an/ rei- chet sie dem/ welcher ihm am nächsten ist/ dieser dem folgenden/ biß sie wieder an den Priester zurück kommt. Alsdenn zündet er den Wey- rauch an; da denn zugleich zweiffels frey durch ein verborgen Rohr das Oel oder der Zunder in der Sonnen-Kugel vermehret wird/ weil sich alsdenn derselben Glantz vergrössert. Diese hat [Spaltenumbruch] an sich nichts minder/ als das durch sie abgebil- dete grosse Tage-Licht von dreißig biß an funfzig scheinbare Flecken/ welche gantz beständig blei- ben/ und die dichten nicht flüssenden Glieder oder Gebeine der Sonne sind/ zwischen wel- chen vielmehr gläntzend und flüssendes Wesen sein Behältniß hat; Wiewohl/ weil die Son- ne und diese Kugel sich um ihren eigenen Mit- telpunct umwendet/ auch diese Flecken einmal anders als das andere ins Gesichte fallen/ aber doch nach sieben und zwantzig Tagen wieder kommen. Ausser diesen giebt es unzehlbare/ bald vergängliche/ wiewohl gegen anderer Ge- stirne Dünsten sehr helle Flecken/ welches nichts anders als aus ihren Hölen und von dem auf- schwellenden Meere aufschüssende Fackelnsind/ durch die die innern Sonnen-Kräffte in ihren eussersten Rand getrieben werden; zum Theil auch durch ihren Dampff verhindern/ daß die flammenden Sonnen-Strahlen die Erde und andere Jrrsterne nicht zu hefftig entzünden. Hinter dem Altare siehet eine zugespitzte Seule/ an der folgende Uberschrifft zu lesen ist: Des grossen Gottes Bild/ der/ weil er dem Gesichte Unsichtbar ist/ sich uns in diesem Spiegel weist. Das Auge dieser Welt/ das Sud und Nord macht lichte/ Das ieden Tag sein Kind/ die Nächte Töchter heißt. Das Hertze der Natur/ der Brunn der Lebens-Geister/ Die Himmel/ Erd und Meer beseel'n mit ihrer Krafft. Des Schöpffers milder Arm/ sein reich Almosen-Meister/ Der Bettlern Speise giebt/ und Raben Nahrung schafft. Der Ursprung allen Licht's/ von dessen Fackel zündet Der tunckeln Ampeln Oel iedweder Jrrstern an/ Für welchem der Gestirn' entlehmer Glantz verschwindet/ So weit der Flügel sie der Nacht nicht decken kan. Das unerschöpffte Ovell der Wärmde/ die in Thieren/ Jn Pflantzen/ in Gewürm'/ in Ertzt und Steinen steckt. Der Schatz/ wo Perlen/ Gold und edie Stein herrühren/ Das Thier/ das Purpur hegt/ Zibeth und Ambra heckt. Der Strohm der Fruchtbarkeit/ der/ daß auf Sarg und Bahre Nicht Welt und Vor welt liegt/ durch sein Gesäm' erhält. Die Richtschnur ieder Zeit/ der Mäßstab aller Jahre/ Der Früling/ Sommer/ Herbst und Winter giebt der Welt/ Das Meer/ aus welchem Freud und Reichthum kömmt geronnen/ Jst's Bild/ dem man allhier steckt Weyrauch an: Der Sonnen. Um
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
ſich nicht von ihrer Speiſe entferne. Allerdings/fuhr Zeno fort/ iſt beydes weit gefehlt. Sinte- mahliedem Dinge nur diß/ woraus es ſeinen Urſprung bekommen/ zur Nahrung dienet; die Sonne aber eben wie die Erde in ihrem eigenen Kreyße ihren Unterhalt findet. Sonſten iſt/ des Prieſters Angeben nach/ das dicke Weſen in der Kugel des Sonnenbildes aus Amianten- Stein/ und Jamboliſchem Holtze/ das fluͤſſende aber von dem Oel derſelbigen Feuer-Wuͤrmer/ die in den Schmeltz-Oefen gezeuget werden/ be- reitet; Alſo/ daß es unauffhoͤrlich ohne einige Verminderung brennet/ zum Zeichen/ daß die Sonne zwar nichts minder als die Erde und an- dere Geſtirne aus verzehrlichem Weſen bereitet iſt/ auch ihr Abnehmen/ Gebrechen/ und jaͤhrli- che Kranckheiten erduldet/ derogleichen ſie al- lererſt fuͤr weniger Zeit gelitten/ und ein gantz Jahr gantz verblaßt geſchienen haͤtte; Gleich- wohl aber einen ſolchen Talck an ſich haͤtte/ wel- cher dem duͤnnen Sonnen-Feuer eine beſtaͤn- digere Nahrung giebet. Da aber auch gleich ſolch Feuer etwas abnaͤhme/ wuͤrde es durch die haͤuffigen Sonnen-Roͤhren nicht anders/ als der abnehmende Schwefel in denen unauff- hoͤrlich brennenden Bergen/ von dem Zufluſ- ſe aus denen fernen Berg-Adern reichlich wie- der erſetzet. Der Prieſter ſtellt die/ welche der Soñe opffern wollen/ und eine Hand voll Wey- rauch in eine guͤldene mit Rubinen und Chry- ſolithen verſetzte Schuͤſſel/ etliche Handvolln Weyrauch und Myrrhen ſtreuen muͤſſen/ um das Altar herum; Hierauff zuͤndet er eine mit Lorber-Zweigen umflochtene Fackel an/ rei- chet ſie dem/ welcher ihm am naͤchſten iſt/ dieſer dem folgenden/ biß ſie wieder an den Prieſter zuruͤck kommt. Alsdenn zuͤndet er den Wey- rauch an; da denn zugleich zweiffels frey durch ein verborgen Rohr das Oel oder der Zunder in der Sonnen-Kugel vermehret wird/ weil ſich alsdenn derſelben Glantz vergroͤſſert. Dieſe hat [Spaltenumbruch] an ſich nichts minder/ als das durch ſie abgebil- dete groſſe Tage-Licht von dreißig biß an funfzig ſcheinbare Flecken/ welche gantz beſtaͤndig blei- ben/ und die dichten nicht fluͤſſenden Glieder oder Gebeine der Sonne ſind/ zwiſchen wel- chen vielmehr glaͤntzend und fluͤſſendes Weſen ſein Behaͤltniß hat; Wiewohl/ weil die Son- ne und dieſe Kugel ſich um ihren eigenen Mit- telpunct umwendet/ auch dieſe Flecken einmal anders als das andere ins Geſichte fallen/ aber doch nach ſieben und zwantzig Tagen wieder kommen. Auſſer dieſen giebt es unzehlbare/ bald vergaͤngliche/ wiewohl gegen anderer Ge- ſtirne Duͤnſten ſehr helle Flecken/ welches nichts anders als aus ihren Hoͤlen und von dem auf- ſchwellenden Meere aufſchuͤſſende Fackelnſind/ durch die die innern Sonnen-Kraͤffte in ihren euſſerſten Rand getrieben werden; zum Theil auch durch ihren Dampff verhindern/ daß die flammenden Sonnen-Strahlen die Erde und andere Jrrſterne nicht zu hefftig entzuͤnden. Hinter dem Altare ſiehet eine zugeſpitzte Seule/ an der folgende Uberſchrifft zu leſen iſt: Des groſſen Gottes Bild/ der/ weil er dem Geſichte Unſichtbar iſt/ ſich uns in dieſem Spiegel weiſt. Das Auge dieſer Welt/ das Sud und Nord macht lichte/ Das ieden Tag ſein Kind/ die Naͤchte Toͤchter heißt. Das Hertze der Natur/ der Brunn der Lebens-Geiſter/ Die Himmel/ Erd und Meer beſeel’n mit ihrer Krafft. Des Schoͤpffers milder Arm/ ſein reich Almoſen-Meiſter/ Der Bettlern Speiſe giebt/ und Raben Nahrung ſchafft. Der Urſprung allen Licht’s/ von deſſen Fackel zuͤndet Der tunckeln Ampeln Oel iedweder Jrrſtern an/ Fuͤr welchem der Geſtirn’ entlehmer Glantz verſchwindet/ So weit der Fluͤgel ſie der Nacht nicht decken kan. Das unerſchoͤpffte Ovell der Waͤrmde/ die in Thieren/ Jn Pflantzen/ in Gewuͤrm’/ in Ertzt und Steinen ſteckt. Der Schatz/ wo Perlen/ Gold und edie Stein herruͤhren/ Das Thier/ das Purpur hegt/ Zibeth und Ambra heckt. Der Strohm der Fruchtbarkeit/ der/ daß auf Sarg und Bahre Nicht Welt und Vor welt liegt/ durch ſein Geſaͤm’ erhaͤlt. Die Richtſchnur ieder Zeit/ der Maͤßſtab aller Jahre/ Der Fruͤling/ Sommer/ Herbſt und Winter giebt der Welt/ Das Meer/ aus welchem Freud und Reichthum koͤmmt geroñen/ Jſt’s Bild/ dem man allhier ſteckt Weyrauch an: Der Sonnen. Um
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Fuͤnfftes Buch
ſich nicht von ihrer Speiſe entferne. Allerdings/
fuhr Zeno fort/ iſt beydes weit gefehlt. Sinte-
mahliedem Dinge nur diß/ woraus es ſeinen
Urſprung bekommen/ zur Nahrung dienet; die
Sonne aber eben wie die Erde in ihrem eigenen
Kreyße ihren Unterhalt findet. Sonſten iſt/
des Prieſters Angeben nach/ das dicke Weſen in
der Kugel des Sonnenbildes aus Amianten-
Stein/ und Jamboliſchem Holtze/ das fluͤſſende
aber von dem Oel derſelbigen Feuer-Wuͤrmer/
die in den Schmeltz-Oefen gezeuget werden/ be-
reitet; Alſo/ daß es unauffhoͤrlich ohne einige
Verminderung brennet/ zum Zeichen/ daß die
Sonne zwar nichts minder als die Erde und an-
dere Geſtirne aus verzehrlichem Weſen bereitet
iſt/ auch ihr Abnehmen/ Gebrechen/ und jaͤhrli-
che Kranckheiten erduldet/ derogleichen ſie al-
lererſt fuͤr weniger Zeit gelitten/ und ein gantz
Jahr gantz verblaßt geſchienen haͤtte; Gleich-
wohl aber einen ſolchen Talck an ſich haͤtte/ wel-
cher dem duͤnnen Sonnen-Feuer eine beſtaͤn-
digere Nahrung giebet. Da aber auch gleich
ſolch Feuer etwas abnaͤhme/ wuͤrde es durch die
haͤuffigen Sonnen-Roͤhren nicht anders/ als
der abnehmende Schwefel in denen unauff-
hoͤrlich brennenden Bergen/ von dem Zufluſ-
ſe aus denen fernen Berg-Adern reichlich wie-
der erſetzet. Der Prieſter ſtellt die/ welche der
Soñe opffern wollen/ und eine Hand voll Wey-
rauch in eine guͤldene mit Rubinen und Chry-
ſolithen verſetzte Schuͤſſel/ etliche Handvolln
Weyrauch und Myrrhen ſtreuen muͤſſen/ um
das Altar herum; Hierauff zuͤndet er eine mit
Lorber-Zweigen umflochtene Fackel an/ rei-
chet ſie dem/ welcher ihm am naͤchſten iſt/ dieſer
dem folgenden/ biß ſie wieder an den Prieſter
zuruͤck kommt. Alsdenn zuͤndet er den Wey-
rauch an; da denn zugleich zweiffels frey durch
ein verborgen Rohr das Oel oder der Zunder
in der Sonnen-Kugel vermehret wird/ weil ſich
alsdenn derſelben Glantz vergroͤſſert. Dieſe hat
an ſich nichts minder/ als das durch ſie abgebil-
dete groſſe Tage-Licht von dreißig biß an funfzig
ſcheinbare Flecken/ welche gantz beſtaͤndig blei-
ben/ und die dichten nicht fluͤſſenden Glieder
oder Gebeine der Sonne ſind/ zwiſchen wel-
chen vielmehr glaͤntzend und fluͤſſendes Weſen
ſein Behaͤltniß hat; Wiewohl/ weil die Son-
ne und dieſe Kugel ſich um ihren eigenen Mit-
telpunct umwendet/ auch dieſe Flecken einmal
anders als das andere ins Geſichte fallen/ aber
doch nach ſieben und zwantzig Tagen wieder
kommen. Auſſer dieſen giebt es unzehlbare/
bald vergaͤngliche/ wiewohl gegen anderer Ge-
ſtirne Duͤnſten ſehr helle Flecken/ welches nichts
anders als aus ihren Hoͤlen und von dem auf-
ſchwellenden Meere aufſchuͤſſende Fackelnſind/
durch die die innern Sonnen-Kraͤffte in ihren
euſſerſten Rand getrieben werden; zum Theil
auch durch ihren Dampff verhindern/ daß die
flammenden Sonnen-Strahlen die Erde und
andere Jrrſterne nicht zu hefftig entzuͤnden.
Hinter dem Altare ſiehet eine zugeſpitzte Seule/
an der folgende Uberſchrifft zu leſen iſt:
Des groſſen Gottes Bild/ der/ weil er dem Geſichte
Unſichtbar iſt/ ſich uns in dieſem Spiegel weiſt.
Das Auge dieſer Welt/ das Sud und Nord macht lichte/
Das ieden Tag ſein Kind/ die Naͤchte Toͤchter heißt.
Das Hertze der Natur/ der Brunn der Lebens-Geiſter/
Die Himmel/ Erd und Meer beſeel’n mit ihrer Krafft.
Des Schoͤpffers milder Arm/ ſein reich Almoſen-Meiſter/
Der Bettlern Speiſe giebt/ und Raben Nahrung ſchafft.
Der Urſprung allen Licht’s/ von deſſen Fackel zuͤndet
Der tunckeln Ampeln Oel iedweder Jrrſtern an/
Fuͤr welchem der Geſtirn’ entlehmer Glantz verſchwindet/
So weit der Fluͤgel ſie der Nacht nicht decken kan.
Das unerſchoͤpffte Ovell der Waͤrmde/ die in Thieren/
Jn Pflantzen/ in Gewuͤrm’/ in Ertzt und Steinen ſteckt.
Der Schatz/ wo Perlen/ Gold und edie Stein herruͤhren/
Das Thier/ das Purpur hegt/ Zibeth und Ambra heckt.
Der Strohm der Fruchtbarkeit/ der/ daß auf Sarg und Bahre
Nicht Welt und Vor welt liegt/ durch ſein Geſaͤm’ erhaͤlt.
Die Richtſchnur ieder Zeit/ der Maͤßſtab aller Jahre/
Der Fruͤling/ Sommer/ Herbſt und Winter giebt der Welt/
Das Meer/ aus welchem Freud und Reichthum koͤmmt geroñen/
Jſt’s Bild/ dem man allhier ſteckt Weyrauch an:
Der Sonnen.
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/624>, abgerufen am 26.06.2024. |