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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] also bey den Deutschen ihre Priester in höchster
Ehre/ und den Fürsten gleich gehalten würden;
also daß sie nichts minder als die Könige keinen
Gesetzen/ und keinem weltlichen Gerichts-
Zwange unterworffen wären. Der Fürsten
Kinder würden wie bey den Persern und Se-
rern ihrer Auferziehung anvertrauet/ sie schlich-
teten der hohen und des Volckes Zwistigkeiten
durch Urthel oder Vermittelung; insonderheit
richteten sie über Todt-Schlägen/ über Erb-
schaffts- und Gräntz-Streitigkeiten/ sie setzten
den Tugendhafften ihre Belohnung/ den Bösen
ihre Straffen aus; und fürnehmlich die grösse-
ste unter allen/ nehmlich die Ausschlüssung von
dem offentlichen Gottesdienste; weßhalben sol-
che Menschen von den andern wie die Pest ge-
flohen würden. So wären sie auch aller An-
lagen/ aller Ritterdienste und Frohnen befreyet;
und sie erkennten in der Welt niemanden/ als
das von ihnen selbst erwehlte Haupt/ dieser aber
niemanden als Gott über sich. Daher könte
man nicht die Priesterschafft von der obersten in
eine so niedrige Staffel herab setzen/ zugleich a-
ber eines der festesten Bande/ wormit der Pöfel
in Furcht und Gehorsam gehalten würde/ zer-
reissen. Hertzog Herrmann hörete den Für-
sten Zeno wol aus/ nahm sich aber Rhemetal-
cens derogestalt an: Jhm wäre die Fürtrefflig-
keit des Priesterlichen Amptes so wohl als das
Ansehen bey den meisten Völckern nicht unbe-
kandt. Alleine wie der Könige Macht in eu-
serlicher Gewalt/ und in Beherrschung der Lei-
ber bestünde; also hätten die Priester nur mit
den Seelen der Menschen zu thun. Weil nun
aber diese nicht mit Stahl und Eisen/ sondern
nur durch Vernunfft und der Warheit ehnliche
Schlüsse beherrschet würden/ masten sich die
Priester irrdischen Zwanges zu Unrechte an.
Jhr Ampt zielte nicht auf Krieg/ sondern auff
den Friede des Gemüthes; Daher wäre auch
ihr Stab nicht spitzig zum beleidigen/ sondern
oben krum gebogen/ daß die Fallenden sich dar-
[Spaltenumbruch] an anhalten könten. Priester versetzten durch
den Glantz ihrer Tugenden sich in eine solche
Herrligkeit/ machten ihnen hierdurch so viel Ge-
müther verbindlich/ daß sie keines weltlichen
Armes nicht bedürfften/ zumahl es ieden Für-
stens Pflicht wäre/ selbte zu vertheidigen. So
übel es nun jene empsindeten/ wenn diese ihren
Fuß aufs Altar erhüben/ so ungeschickt wäre es/
wenn jene für eine Mütze einen Helm aufsetz-
ten. Weßwegen auch die alten Römer für ab-
scheulich hielten/ daß die/ welche einmahl auch
bey gerechten Verdammungen eines Ubelthä-
ters gesessen hatten/ den Göttern ein unbesudel-
tes Opffer darreichen solten. Des Hercules
Priester bey den Coern/ und des Alcis bey den
Naharvalen müsten seinem Bedüncken nach
deßhalben in weiblicher Tracht opffern/ daß sie
sich aller männlichen Sorgen zu entschlagen
indenck leben solten. Auch wäre er versichert/
daß bey der ersten Welt die Priester weder in
den geheimen Rath der Könige eingedrungen/
noch den Richterstuhl über das Volck betreten/
noch mit fliegenden Krieges-Fahnen aufgezo-
gen wären. Etlicher Priester Ehrsucht und
Vorwitz/ unterschiedener Fürsten Unachtsam-
keit/ oder auch etlicher/ die sich mit Unrecht und
Mord auf den Thron gesetzet/ ihre Furcht und
Gewissens-Angst/ und endlich des Pöfels A-
berglaube habe der Priesterschafft das Hefft
grosser Länder und Königreiche in die Hände
gespielet/ und ihre einsamen Grüffte in hohe
Paläste verwandelt. Der Schein/ daß geist-
liche Stifftungen von Blut und fremdem Rau-
be reinigten/ hätte vieler Könige Schatzkam-
mern erschöpffet. Die Lehre/ daß/ was man
in die Hand der Priester legte/ in die Schooß
der mildreichen Götter fiele/ hätte gantze Län-
der arm/ die Priesterschafft wollüstig gemacht.
Der Fürwand/ daß Heyrathen und Eyde Ge-
wissens-Sachen wären/ und von denen unter-
sucht werden müsten/ welche die Sorge der
Seelen über sich hätten/ hätte ihnen den Schlüs-

sel

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] alſo bey den Deutſchen ihre Prieſter in hoͤchſter
Ehre/ und den Fuͤrſten gleich gehalten wuͤrden;
alſo daß ſie nichts minder als die Koͤnige keinen
Geſetzen/ und keinem weltlichen Gerichts-
Zwange unterworffen waͤren. Der Fuͤrſten
Kinder wuͤrden wie bey den Perſern und Se-
rern ihrer Auferziehung anvertrauet/ ſie ſchlich-
teten der hohen und des Volckes Zwiſtigkeiten
durch Urthel oder Vermittelung; inſonderheit
richteten ſie uͤber Todt-Schlaͤgen/ uͤber Erb-
ſchaffts- und Graͤntz-Streitigkeiten/ ſie ſetzten
den Tugendhafften ihre Belohnung/ den Boͤſen
ihre Straffen aus; und fuͤrnehmlich die groͤſſe-
ſte unter allen/ nehmlich die Ausſchluͤſſung von
dem offentlichen Gottesdienſte; weßhalben ſol-
che Menſchen von den andern wie die Peſt ge-
flohen wuͤrden. So waͤren ſie auch aller An-
lagen/ aller Ritterdienſte und Frohnen befreyet;
und ſie erkennten in der Welt niemanden/ als
das von ihnen ſelbſt erwehlte Haupt/ dieſer aber
niemanden als Gott uͤber ſich. Daher koͤnte
man nicht die Prieſterſchafft von der oberſten in
eine ſo niedrige Staffel herab ſetzen/ zugleich a-
ber eines der feſteſten Bande/ wormit der Poͤfel
in Furcht und Gehorſam gehalten wuͤrde/ zer-
reiſſen. Hertzog Herrmann hoͤrete den Fuͤr-
ſten Zeno wol aus/ nahm ſich aber Rhemetal-
cens derogeſtalt an: Jhm waͤre die Fuͤrtrefflig-
keit des Prieſterlichen Amptes ſo wohl als das
Anſehen bey den meiſten Voͤlckern nicht unbe-
kandt. Alleine wie der Koͤnige Macht in eu-
ſerlicher Gewalt/ und in Beherrſchung der Lei-
ber beſtuͤnde; alſo haͤtten die Prieſter nur mit
den Seelen der Menſchen zu thun. Weil nun
aber dieſe nicht mit Stahl und Eiſen/ ſondern
nur durch Vernunfft und der Warheit ehnliche
Schluͤſſe beherrſchet wuͤrden/ maſten ſich die
Prieſter irrdiſchen Zwanges zu Unrechte an.
Jhr Ampt zielte nicht auf Krieg/ ſondern auff
den Friede des Gemuͤthes; Daher waͤre auch
ihr Stab nicht ſpitzig zum beleidigen/ ſondern
oben krum gebogen/ daß die Fallenden ſich dar-
[Spaltenumbruch] an anhalten koͤnten. Prieſter verſetzten durch
den Glantz ihrer Tugenden ſich in eine ſolche
Herrligkeit/ machten ihnen hierdurch ſo viel Ge-
muͤther verbindlich/ daß ſie keines weltlichen
Armes nicht beduͤrfften/ zumahl es ieden Fuͤr-
ſtens Pflicht waͤre/ ſelbte zu vertheidigen. So
uͤbel es nun jene empſindeten/ wenn dieſe ihren
Fuß aufs Altar erhuͤben/ ſo ungeſchickt waͤre es/
wenn jene fuͤr eine Muͤtze einen Helm aufſetz-
ten. Weßwegen auch die alten Roͤmer fuͤr ab-
ſcheulich hielten/ daß die/ welche einmahl auch
bey gerechten Verdammungen eines Ubelthaͤ-
ters geſeſſen hatten/ den Goͤttern ein unbeſudel-
tes Opffer darreichen ſolten. Des Hercules
Prieſter bey den Coern/ und des Alcis bey den
Naharvalen muͤſten ſeinem Beduͤncken nach
deßhalben in weiblicher Tracht opffern/ daß ſie
ſich aller maͤnnlichen Sorgen zu entſchlagen
indenck leben ſolten. Auch waͤre er verſichert/
daß bey der erſten Welt die Prieſter weder in
den geheimen Rath der Koͤnige eingedrungen/
noch den Richterſtuhl uͤber das Volck betreten/
noch mit fliegenden Krieges-Fahnen aufgezo-
gen waͤren. Etlicher Prieſter Ehrſucht und
Vorwitz/ unterſchiedener Fuͤrſten Unachtſam-
keit/ oder auch etlicher/ die ſich mit Unrecht und
Mord auf den Thron geſetzet/ ihre Furcht und
Gewiſſens-Angſt/ und endlich des Poͤfels A-
berglaube habe der Prieſterſchafft das Hefft
groſſer Laͤnder und Koͤnigreiche in die Haͤnde
geſpielet/ und ihre einſamen Gruͤffte in hohe
Palaͤſte verwandelt. Der Schein/ daß geiſt-
liche Stifftungen von Blut und fremdem Rau-
be reinigten/ haͤtte vieler Koͤnige Schatzkam-
mern erſchoͤpffet. Die Lehre/ daß/ was man
in die Hand der Prieſter legte/ in die Schooß
der mildreichen Goͤtter fiele/ haͤtte gantze Laͤn-
der arm/ die Prieſterſchafft wolluͤſtig gemacht.
Der Fuͤrwand/ daß Heyrathen und Eyde Ge-
wiſſens-Sachen waͤren/ und von denen unter-
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Seelen uͤber ſich haͤtten/ haͤtte ihnen den Schluͤſ-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/616>, abgerufen am 22.11.2024.