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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] ten nicht nur beredsam sind; sondern auch aus
mittelmäßigen Dingen unver gleichliche Wun-
derwercke zu machen und aus gemeinen Brun-
nen Nectar und Honig zu schöpffen wissen.
Zuletzt schloß er: Jch möchte doch den nicht
ohne Hoffnung vergehen lassen/ welchen eine
Königin fruchtloß anbetete. Mir ging Oro-
pastens Zustand zu Hertzen/ und ich hätte ihm
so gerne von seinem Jrrthum und Gemüths-
kranckheit/ als der in ihn verliebten Penthasileen
zu ihrer Vergnügung geholffen; wenn ich an-
ders mich hätte wagen dörffen die Larve meines
Geschlechtes von dem Gesichte zu ziehen. Die-
sem nach entschloß ich mich dieses Schreiben
Oropastens der Füstin Penthasilea/ welche ü-
beraus schöne schwartze Augen hatte/ durch ei-
ne unbekandte Person unter seinem Nahmen zu-
zufertigen/ theils ihr Gelegenheit zu geben sich
dessen zu ihrem Vortheil über den Oropastes
zu bedienen/ theils durch meine so scheinbare
Untreu ihm seine Liebe gegen mich zu vergäl-
len/ und also zweyerley Wunden vielleicht mit
einem Pflaster zu heilen. Höret aber/ wie mein
Wohlmeinen so unglücklich ausschlug! Die
Königin und Penthasilea waren nebst denen
fürnehmsten Amazonen an dem Flusse Jca-
rusa auff einem Lusthause/ allwo sie ein Göt-
termahl angerichtet/ und/ was diese oder jene
für eine Person vertreten solte/ geloset hatten.
Penthasilea ging allezeit in grüner Kleidung/
und wie die Diana ausgeputzet; Zu allem Un-
glück aber war dißmahl das Loß derogestalt ge-
fallen/ daß Penthasilea die Juno/ Minothea
aber Dianen fürstellte. Der von mir zum
Bothen erkiesete Edelknabe kommt bey schon
anbrechender Nacht in der Demmerung da-
hin/ wo sie in einem Garten sich mit allerhand
Spielen erlustigten/ verkennet in solcher Tracht
die Königin für Penthasileen/ welche ohne diß
ausser den schwartzen Augen einander sehr ähn-
lich waren; Giebet also im Nahmen Oropa-
stens sein Schreiben der Minothea. Diese
[Spaltenumbruch] nimmt/ voller Freude und Begierde den Jn-
halt aus einer so ungemeinen Bothschafft zu er-
fahren/ solches an/ sondert sich alsbald von ih-
ren Geferthen ab/ erkennet aber bey dessen
Durchlesung alsbald den Jrrthum des Abge-
bers/ wendet sich also unverrückten Fusses zu
ihm/ und fraget: An wen Oropastes diß
Schreiben abzugeben besohlen? Dieser giebt
nach meinem Befehl in voriger Meinung/ er
rede mit Penthasileen zur Antwort: An nie-
manden/ als an Penthasileens selbst eigene Hän-
de. Wohl! antwortete ihm die Königin/ brin-
ge deinem Herrn zur Antwort wieder/ was dich
deine Augen bald selbst unterrichten werden.
Hiermit wandelte Minothea ihr Antlitz in ein
Gesichte einer rasenden Unholdin/ ging hierauf
in den Hauffen ihrer Gespielin und fing an:
Es ist nun genug gekurtzweilt/ wir müssen auch
ein Trauer-Spiel beginnen; Greiffet und bin-
det diese hochmüthige Juno/ welche uns nicht so
wohl die Krone vom Haupte/ als das Hertze
aus unser Brust zu reissen gedencket. Alle A-
mazonen erstarrten/ und hätten diesen Befehl
für eine lustige Erfindung zu einem neuen
Spiel angenommen/ wenn die Augen der Kö-
nigin nicht für Grimme Feuer ausgelassen/
und ihr Mund für Boßheit gegeiffert hätte.
Also/ nachdem bey denen Amazonen der Unge-
horsam/ oder auch nur die Ursach oder Ausle-
gung über einen Königlichen Befehl zu begeh-
ren ein sterbenswürdiges Laster ist/ musten sie
Minotheens Urthel an der für Schrecken er-
stummenden Penthasilea vollziehen. Die wüt-
tende Königin aber ergriff einen Pfriemer/ und
stach der unschuldigen Schwester ihre wunder-
schöne Augen aus mit beygesetzten Worten:
Thut mir nun mehr Eintrag bey dem unbeson-
nenen Oropastes. O des grausamen Urthels!
O der kohlschwartzen Rache über die weisse Un-
schuld dieser schwartzen Augen! fing die Fürstin
Thußnelda überlaut an zu ruffen. O der un-
menschlichen Schwester/ gegen welcher Pan-

ther-

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ten nicht nur beredſam ſind; ſondern auch aus
mittelmaͤßigen Dingen unver gleichliche Wun-
derwercke zu machen und aus gemeinen Brun-
nen Nectar und Honig zu ſchoͤpffen wiſſen.
Zuletzt ſchloß er: Jch moͤchte doch den nicht
ohne Hoffnung vergehen laſſen/ welchen eine
Koͤnigin fruchtloß anbetete. Mir ging Oro-
paſtens Zuſtand zu Hertzen/ und ich haͤtte ihm
ſo gerne von ſeinem Jrrthum und Gemuͤths-
kranckheit/ als deꝛ in ihn verliebten Penthaſileen
zu ihrer Vergnuͤgung geholffen; wenn ich an-
ders mich haͤtte wagen doͤrffen die Larve meines
Geſchlechtes von dem Geſichte zu ziehen. Die-
ſem nach entſchloß ich mich dieſes Schreiben
Oropaſtens der Fuͤſtin Penthaſilea/ welche uͤ-
beraus ſchoͤne ſchwartze Augen hatte/ durch ei-
ne unbekandte Peꝛſon unter ſeinem Nahmen zu-
zufertigen/ theils ihr Gelegenheit zu geben ſich
deſſen zu ihrem Vortheil uͤber den Oropaſtes
zu bedienen/ theils durch meine ſo ſcheinbare
Untreu ihm ſeine Liebe gegen mich zu vergaͤl-
len/ und alſo zweyerley Wunden vielleicht mit
einem Pflaſter zu heilen. Hoͤret aber/ wie mein
Wohlmeinen ſo ungluͤcklich ausſchlug! Die
Koͤnigin und Penthaſilea waren nebſt denen
fuͤrnehmſten Amazonen an dem Fluſſe Jca-
ruſa auff einem Luſthauſe/ allwo ſie ein Goͤt-
termahl angerichtet/ und/ was dieſe oder jene
fuͤr eine Perſon vertreten ſolte/ geloſet hatten.
Penthaſilea ging allezeit in gruͤner Kleidung/
und wie die Diana ausgeputzet; Zu allem Un-
gluͤck aber war dißmahl das Loß derogeſtalt ge-
fallen/ daß Penthaſilea die Juno/ Minothea
aber Dianen fuͤrſtellte. Der von mir zum
Bothen erkieſete Edelknabe kommt bey ſchon
anbrechender Nacht in der Demmerung da-
hin/ wo ſie in einem Garten ſich mit allerhand
Spielen erluſtigten/ verkennet in ſolcher Tracht
die Koͤnigin fuͤr Penthaſileen/ welche ohne diß
auſſer den ſchwartzen Augen einander ſehr aͤhn-
lich waren; Giebet alſo im Nahmen Oropa-
ſtens ſein Schreiben der Minothea. Dieſe
[Spaltenumbruch] nimmt/ voller Freude und Begierde den Jn-
halt aus einer ſo ungemeinen Bothſchafft zu er-
fahren/ ſolches an/ ſondert ſich alsbald von ih-
ren Geferthen ab/ erkennet aber bey deſſen
Durchleſung alsbald den Jrrthum des Abge-
bers/ wendet ſich alſo unverruͤckten Fuſſes zu
ihm/ und fraget: An wen Oropaſtes diß
Schreiben abzugeben beſohlen? Dieſer giebt
nach meinem Befehl in voriger Meinung/ er
rede mit Penthaſileen zur Antwort: An nie-
manden/ als an Penthaſileens ſelbſt eigene Haͤn-
de. Wohl! antwortete ihm die Koͤnigin/ brin-
ge deinem Herrn zur Antwort wieder/ was dich
deine Augen bald ſelbſt unterrichten werden.
Hiermit wandelte Minothea ihr Antlitz in ein
Geſichte einer raſenden Unholdin/ ging hierauf
in den Hauffen ihrer Geſpielin und fing an:
Es iſt nun genug gekurtzweilt/ wir muͤſſen auch
ein Trauer-Spiel beginnen; Greiffet und bin-
det dieſe hochmuͤthige Juno/ welche uns nicht ſo
wohl die Krone vom Haupte/ als das Hertze
aus unſer Bruſt zu reiſſen gedencket. Alle A-
mazonen erſtarrten/ und haͤtten dieſen Befehl
fuͤr eine luſtige Erfindung zu einem neuen
Spiel angenommen/ wenn die Augen der Koͤ-
nigin nicht fuͤr Grimme Feuer ausgelaſſen/
und ihr Mund fuͤr Boßheit gegeiffert haͤtte.
Alſo/ nachdem bey denen Amazonen der Unge-
horſam/ oder auch nur die Urſach oder Ausle-
gung uͤber einen Koͤniglichen Befehl zu begeh-
ren ein ſterbenswuͤrdiges Laſter iſt/ muſten ſie
Minotheens Urthel an der fuͤr Schrecken er-
ſtummenden Penthaſilea vollziehen. Die wuͤt-
tende Koͤnigin aber ergriff einen Pfriemer/ und
ſtach der unſchuldigen Schweſter ihre wunder-
ſchoͤne Augen aus mit beygeſetzten Worten:
Thut mir nun mehr Eintrag bey dem unbeſon-
nenen Oropaſtes. O des grauſamen Urthels!
O der kohlſchwartzen Rache uͤber die weiſſe Un-
ſchuld dieſer ſchwartzen Augen! fing die Fuͤrſtin
Thußnelda uͤberlaut an zu ruffen. O der un-
menſchlichen Schweſter/ gegen welcher Pan-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/600>, abgerufen am 20.05.2024.