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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] germeister Cajus Fulvius mit 200. Schiffen
unversehens zu Corcyra an/ welchen der Köni-
gin Stadthalter daselbst/ aus Verdruß einem
frembden Weibe zu gehorsamen/ und weil er aus
etlicher Verläumdung die Königliche Gnade gegen
ihn etwas sincken sahe/ dahin beruffen hatte/ und
den Römern nicht nur Corcyra und Pharos ein-
lieferte/ sondern auch verhalff/ daß sie/ nach dem
Arlus Polsthumius noch mit 22000. Mann von
Brundusium übersetzte/ die Stadt Apollonia/
Dyrrachiun/ und Jßa/ nach aufgehobener Belä-
gerung die Pforten öffneten/ die Parthiner und
Atintaner/ den Römern sich ergaben/ die Stadt
Nutria/ wiewohl mit grossem Verlust/ stürmend
einnahmen. Teuta ließ bey der Untreu der Jhri-
gen und so widrigem Glücke gleichwol nicht den
Muth fallen/ sondern setzte sich an dem Flusse
Rizon und der Stadt Buthoa feste/ brachte es
auch dahin/ daß die Römer gegen Abtretung des-
sen/ was sie Sud-Ostwerts gegen Epirus erobert
hatten/ welches alles sie dem Demetrius zur
Verwaltung einräumeten/ und gegen Verspre-
chen/ daß die Jllyrier die frembden Küsten nicht
mehr durch Raub-Schiffe beunruhigen wolten/
mit ihr einen noch erträglichen Frieden eingien-
gen. Muste also diese streitbare Königin diß-
mal zwar/ wiewohl sonder ihre Verwahrlosung/
in einen sauren Apfel beissen; iedoch erwarb sie
daraus den Ruhm einer besondern Klugheit/
weil doch der Friede denen Siegern zwar schön
anstehet/ denen schwächern aber den meisten Nu-
tzen schafft. Wie nun die Römer hierauf mit
den Celten am Po in Krieg verfielen/ verrauch-
ten bey dem undanckbaren Demetrius der Rö-
mer Wolthaten; daher verleitete er nicht allein
die Jstrier und Atintaner der Römer Joch von
den Achseln zu streiffen/ sondern unterstund sich
auch der Königin Teuta seine Liebe und Ehe an-
zutragen. Diese nahm solche Kühnheit für eine
unverschämte Beschimpfung an/ und ließ dem
Demetrius zur Antwort wissen: Deutsche Für-
stinnen wären ungewohnet sich zu ihren Knech-
[Spaltenumbruch] ten zu legen/ noch weniger aber Teuta einen
Verräther zu umbhalsen. Dieser schlechte
Bescheid verwandelte seine Liebe in ärgste Galle.
Denn diese beyde sind so nahe/ als Honig und
Stachel an der Biene beysammen. Wormit
er aber seine Rache so viel leichter ausüben möch-
te/ gewan er das Hertze der Tritevta des jungen
Fürsten Pinnes Mutter. Dieser bildete er
anfänglich für: Mit was Unrechte die Stief-
Mutter Teuta sich der Jllyrischen Herrschafft
mit ihrer Ausschlüssung anmaßte/ und wie ihr
Sohn in äuserster Reichs- und Lebens-Gefahr
schwebte; sintemal die Stiefmütter weniger als
die Nattern ihr Gift von sich ablegen könten.
Hiermit brachte er anfangs zuwege/ daß auf ihr
bewegliches Anhalten die Römer den Deme-
trius/ welcher die Larve eines keiner schädlichen
Gemüths-Regung unterworffenen Weltwei-
sen ihm meisterlich fürzumachen wuste/ zum
Vormünden des Fürsten Pines erkläreten/ und
ihm seine Auferziehung nebst der Tritevta an-
vertraueten. Allein seine Wercke entlarveten
zeitlich seinen Drachen-Kopf/ und wiesen/ daß
die/ welche von der Tugend und der Unempfind-
ligkeit die grösten Streiche machen/ meist der
Stein-Fels aller anstossenden Neigungen/ und
der Strudel aller Laster sind. Denn er
verleitete die einfältige Tritevta/ nach dem das
weibliche Geschlechte insgemein den Schimmer
für die Güte einer Sache hält/ in kurtzer Zeit
dahin/ daß sie die unver gleichliche Königin Teu-
ta durch ein paar zugeschickte vergiftete Hand-
schuch/ wiewohl unwissend/ tödtete/ hernach die-
sen Meuchelmörder in ihr Ehe-Bette nahm/
und den/ welcher vorher die Königin Teuta als
eine Stiefmutter verdächtigte/ als einen Stief-
vater aus blinder Liebe umbarmete/ ohne Nach-
dencken/ daß die Tyger durch keine Kirrung
vollkommen zahm werden; sondern daß sie so
denn/ wenn sie ihre Zähne verstecken/ mit ihren
Klauen die Unvorsichtigen zu zerreissen geden-
cken; und daß die Schlangen/ wenn sie schon

bey

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] germeiſter Cajus Fulvius mit 200. Schiffen
unverſehens zu Corcyra an/ welchen der Koͤni-
gin Stadthalter daſelbſt/ aus Verdruß einem
frembden Weibe zu gehorſamen/ und weil er aus
etlicher Verlaͤumdũg die Koͤnigliche Gnade gegẽ
ihn etwas ſincken ſahe/ dahin beruffen hatte/ und
den Roͤmern nicht nur Corcyra und Pharos ein-
lieferte/ ſondern auch verhalff/ daß ſie/ nach dem
Arlus Polſthumius noch mit 22000. Mann von
Brunduſium uͤberſetzte/ die Stadt Apollonia/
Dyrrachiũ/ und Jßa/ nach aufgehobener Belaͤ-
gerung die Pforten oͤffneten/ die Parthiner und
Atintaner/ den Roͤmern ſich ergaben/ die Stadt
Nutria/ wiewohl mit groſſem Verluſt/ ſtuͤrmend
einnahmen. Teuta ließ bey der Untreu der Jhri-
gen und ſo widrigem Gluͤcke gleichwol nicht den
Muth fallen/ ſondern ſetzte ſich an dem Fluſſe
Rizon und der Stadt Buthoa feſte/ brachte es
auch dahin/ daß die Roͤmer gegen Abtretung deſ-
ſen/ was ſie Sud-Oſtwerts gegen Epirus erobert
hatten/ welches alles ſie dem Demetrius zur
Verwaltung einraͤumeten/ und gegen Verſpre-
chen/ daß die Jllyrier die frembden Kuͤſten nicht
mehr durch Raub-Schiffe beunruhigen wolten/
mit ihr einen noch ertraͤglichen Frieden eingien-
gen. Muſte alſo dieſe ſtreitbare Koͤnigin diß-
mal zwar/ wiewohl ſonder ihre Verwahrloſung/
in einen ſauren Apfel beiſſen; iedoch erwarb ſie
daraus den Ruhm einer beſondern Klugheit/
weil doch der Friede denen Siegern zwar ſchoͤn
anſtehet/ denen ſchwaͤchern aber den meiſtẽ Nu-
tzen ſchafft. Wie nun die Roͤmer hierauf mit
den Celten am Po in Krieg verfielen/ verrauch-
ten bey dem undanckbaren Demetrius der Roͤ-
mer Wolthaten; daher verleitete er nicht allein
die Jſtrier und Atintaner der Roͤmer Joch von
den Achſeln zu ſtreiffen/ ſondern unterſtund ſich
auch der Koͤnigin Teuta ſeine Liebe und Ehe an-
zutragen. Dieſe nahm ſolche Kuͤhnheit fuͤr eine
unverſchaͤmte Beſchimpfung an/ und ließ dem
Demetrius zur Antwort wiſſen: Deutſche Fuͤr-
ſtinnen waͤren ungewohnet ſich zu ihren Knech-
[Spaltenumbruch] ten zu legen/ noch weniger aber Teuta einen
Verraͤther zu umbhalſen. Dieſer ſchlechte
Beſcheid verwandelte ſeine Liebe in aͤrgſte Galle.
Denn dieſe beyde ſind ſo nahe/ als Honig und
Stachel an der Biene beyſammen. Wormit
er aber ſeine Rache ſo viel leichter ausuͤben moͤch-
te/ gewan er das Hertze der Tritevta des jungen
Fuͤrſten Pinnes Mutter. Dieſer bildete er
anfaͤnglich fuͤr: Mit was Unrechte die Stief-
Mutter Teuta ſich der Jllyriſchen Herrſchafft
mit ihrer Ausſchluͤſſung anmaßte/ und wie ihr
Sohn in aͤuſerſter Reichs- und Lebens-Gefahr
ſchwebte; ſintemal die Stiefmuͤtter weniger als
die Nattern ihr Gift von ſich ablegen koͤnten.
Hiermit brachte er anfangs zuwege/ daß auf ihr
bewegliches Anhalten die Roͤmer den Deme-
trius/ welcher die Larve eines keiner ſchaͤdlichen
Gemuͤths-Regung unterworffenen Weltwei-
ſen ihm meiſterlich fuͤrzumachen wuſte/ zum
Vormuͤnden des Fuͤrſten Pines erklaͤreten/ und
ihm ſeine Auferziehung nebſt der Tritevta an-
vertraueten. Allein ſeine Wercke entlarveten
zeitlich ſeinen Drachen-Kopf/ und wieſen/ daß
die/ welche von der Tugend und der Unempfind-
ligkeit die groͤſten Streiche machen/ meiſt der
Stein-Fels aller anſtoſſenden Neigungen/ und
der Strudel aller Laſter ſind. Denn er
verleitete die einfaͤltige Tritevta/ nach dem das
weibliche Geſchlechte insgemein den Schimmer
fuͤr die Guͤte einer Sache haͤlt/ in kurtzer Zeit
dahin/ daß ſie die unver gleichliche Koͤnigin Teu-
ta durch ein paar zugeſchickte vergiftete Hand-
ſchuch/ wiewohl unwiſſend/ toͤdtete/ hernach die-
ſen Meuchelmoͤrder in ihr Ehe-Bette nahm/
und den/ welcher vorher die Koͤnigin Teuta als
eine Stiefmutter verdaͤchtigte/ als einen Stief-
vater aus blinder Liebe umbarmete/ ohne Nach-
dencken/ daß die Tyger durch keine Kirrung
vollkommen zahm werden; ſondern daß ſie ſo
denn/ wenn ſie ihre Zaͤhne verſtecken/ mit ihren
Klauen die Unvorſichtigen zu zerreiſſen geden-
cken; und daß die Schlangen/ wenn ſie ſchon

bey
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[538/0594] Fuͤnfftes Buch germeiſter Cajus Fulvius mit 200. Schiffen unverſehens zu Corcyra an/ welchen der Koͤni- gin Stadthalter daſelbſt/ aus Verdruß einem frembden Weibe zu gehorſamen/ und weil er aus etlicher Verlaͤumdũg die Koͤnigliche Gnade gegẽ ihn etwas ſincken ſahe/ dahin beruffen hatte/ und den Roͤmern nicht nur Corcyra und Pharos ein- lieferte/ ſondern auch verhalff/ daß ſie/ nach dem Arlus Polſthumius noch mit 22000. Mann von Brunduſium uͤberſetzte/ die Stadt Apollonia/ Dyrrachiũ/ und Jßa/ nach aufgehobener Belaͤ- gerung die Pforten oͤffneten/ die Parthiner und Atintaner/ den Roͤmern ſich ergaben/ die Stadt Nutria/ wiewohl mit groſſem Verluſt/ ſtuͤrmend einnahmen. Teuta ließ bey der Untreu der Jhri- gen und ſo widrigem Gluͤcke gleichwol nicht den Muth fallen/ ſondern ſetzte ſich an dem Fluſſe Rizon und der Stadt Buthoa feſte/ brachte es auch dahin/ daß die Roͤmer gegen Abtretung deſ- ſen/ was ſie Sud-Oſtwerts gegen Epirus erobert hatten/ welches alles ſie dem Demetrius zur Verwaltung einraͤumeten/ und gegen Verſpre- chen/ daß die Jllyrier die frembden Kuͤſten nicht mehr durch Raub-Schiffe beunruhigen wolten/ mit ihr einen noch ertraͤglichen Frieden eingien- gen. Muſte alſo dieſe ſtreitbare Koͤnigin diß- mal zwar/ wiewohl ſonder ihre Verwahrloſung/ in einen ſauren Apfel beiſſen; iedoch erwarb ſie daraus den Ruhm einer beſondern Klugheit/ weil doch der Friede denen Siegern zwar ſchoͤn anſtehet/ denen ſchwaͤchern aber den meiſtẽ Nu- tzen ſchafft. Wie nun die Roͤmer hierauf mit den Celten am Po in Krieg verfielen/ verrauch- ten bey dem undanckbaren Demetrius der Roͤ- mer Wolthaten; daher verleitete er nicht allein die Jſtrier und Atintaner der Roͤmer Joch von den Achſeln zu ſtreiffen/ ſondern unterſtund ſich auch der Koͤnigin Teuta ſeine Liebe und Ehe an- zutragen. Dieſe nahm ſolche Kuͤhnheit fuͤr eine unverſchaͤmte Beſchimpfung an/ und ließ dem Demetrius zur Antwort wiſſen: Deutſche Fuͤr- ſtinnen waͤren ungewohnet ſich zu ihren Knech- ten zu legen/ noch weniger aber Teuta einen Verraͤther zu umbhalſen. Dieſer ſchlechte Beſcheid verwandelte ſeine Liebe in aͤrgſte Galle. Denn dieſe beyde ſind ſo nahe/ als Honig und Stachel an der Biene beyſammen. Wormit er aber ſeine Rache ſo viel leichter ausuͤben moͤch- te/ gewan er das Hertze der Tritevta des jungen Fuͤrſten Pinnes Mutter. Dieſer bildete er anfaͤnglich fuͤr: Mit was Unrechte die Stief- Mutter Teuta ſich der Jllyriſchen Herrſchafft mit ihrer Ausſchluͤſſung anmaßte/ und wie ihr Sohn in aͤuſerſter Reichs- und Lebens-Gefahr ſchwebte; ſintemal die Stiefmuͤtter weniger als die Nattern ihr Gift von ſich ablegen koͤnten. Hiermit brachte er anfangs zuwege/ daß auf ihr bewegliches Anhalten die Roͤmer den Deme- trius/ welcher die Larve eines keiner ſchaͤdlichen Gemuͤths-Regung unterworffenen Weltwei- ſen ihm meiſterlich fuͤrzumachen wuſte/ zum Vormuͤnden des Fuͤrſten Pines erklaͤreten/ und ihm ſeine Auferziehung nebſt der Tritevta an- vertraueten. Allein ſeine Wercke entlarveten zeitlich ſeinen Drachen-Kopf/ und wieſen/ daß die/ welche von der Tugend und der Unempfind- ligkeit die groͤſten Streiche machen/ meiſt der Stein-Fels aller anſtoſſenden Neigungen/ und der Strudel aller Laſter ſind. Denn er verleitete die einfaͤltige Tritevta/ nach dem das weibliche Geſchlechte insgemein den Schimmer fuͤr die Guͤte einer Sache haͤlt/ in kurtzer Zeit dahin/ daß ſie die unver gleichliche Koͤnigin Teu- ta durch ein paar zugeſchickte vergiftete Hand- ſchuch/ wiewohl unwiſſend/ toͤdtete/ hernach die- ſen Meuchelmoͤrder in ihr Ehe-Bette nahm/ und den/ welcher vorher die Koͤnigin Teuta als eine Stiefmutter verdaͤchtigte/ als einen Stief- vater aus blinder Liebe umbarmete/ ohne Nach- dencken/ daß die Tyger durch keine Kirrung vollkommen zahm werden; ſondern daß ſie ſo denn/ wenn ſie ihre Zaͤhne verſtecken/ mit ihren Klauen die Unvorſichtigen zu zerreiſſen geden- cken; und daß die Schlangen/ wenn ſie ſchon bey

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/594>, abgerufen am 20.05.2024.