Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
Kriegen wider andere Feinde sich auff ihreTapfferkeit zu verlassen/ und wären durch sie unterschiedene grosse Thaten ausgewürcket worden. Unter diesem Gespräche näherte sich dieses Raub-Schiff/ welchem ich wegen seiner Kleinigkeit noch nicht zutrauen konte/ daß es uns antasten würde. Mir kam aber der Glaube zeitlich in die Hand; denn so bald uns der Feind nur erreichen konte/ begrüßte er uns mit seinen Pfeilen/ worvon einer alsbald in meinem Schil- de stecken blieb/ und einen neben mir in Arm ver- letzte. Sein Schiff war oben rings umher mit einem Tuche umspannet/ Daß wir die An- zahl der uns anfallenden nicht erkiesen konten. Wir hingegen thaten mit unsern Bogen gleich- fals das beste/ wo wir nur einen unserer Feinde erblickten/ und der Schiffer bemühte sich mit un- serm als einem viel grössern Schiffe das feindli- che zu übersegeln/ aber wegen Schlau- und Ge- schwindigkeit der Räuber vergebens. Nachdem wir wohl eine Stunde gegen einander mit dem Pfeil-Gefechte zubracht/ auch bey uns unter- schiedene gefährliche Wunden bekommen hat- ten/ und ich sahe/ daß disseit der Herr des Schif- fes die Seinigen nur zu eigener Beschirmung nicht zum Angriffe des Feindes anwieß/ welches so viel ist/ als einem wohl überwunden zu wer- den/ aber nicht zu überwinden Macht geben; fing ich an: Wir hätten durch unsere Zagheit dem Feinde nur ein Hertze gemacht/ würden auch dergestalt uus durch eigene Schuld gar verlieren. Denn wer im Kriege nur seiner Haut wehrte/ und den Feind nicht in seinem ei- genen Lager und Lande suchte/ hätte schon halb verspielet. Also wäre mein Rath/ daß/ weil al- lem Ansehen nach sie uns an der Zahl nicht über- legen wären/ wir unser Schiff an das ihrige fe- ste zu machen trachten solten. Wie schwer er nun hierzu zu bereden war/ so folgte er doch end- lich meinem Rathe/ als ihm selbst ein Pfeil in Schenckei zu stecken kam. Weil unsere biß- [Spaltenumbruch] herige Fechtens-Art einer Kleinmuth allzu ähn- lich/ und der Feind hierdurch vermessen ge- macht war/ gieng der Anschlag desto leichter/ und hiermit der rechte Streit mit den Schwerd- tern an. Dieser währete eine lange Zeit/ ohne ein oder des andern Theils Vortheil/ die Tod- ten und verwundeten waren fast gleiche; Wie- wohl die Geten durch ihren Eifer und Behen- digkeit wiesen/ daß sie das Kriegs-Handwerck wohl verstünden/ und diesem Theile/ darunter ihrer viel diesen Tag wohl das erstemahl die Waffen führten/ weit überlegen gewest wären/ wenn ich und meine zwey Edelleute nicht für die Lücke gestanden hätten. Wie ich nun mit dem Obersten der. Räuber/ und zweyen andern/ welche mich ihnen allein fürnahmen/ genugsam zu thun hatte/ ward ich eines Frauenzimmers im feindli- chen Schiffe gewahr/ welche von unten empor stieg/ einem Geten hinterrücks das Schwerdt aus der Hand riß/ und seinem Nachbar einen solchen Streich versetzte/ daß er todt zu Bodem fiel. Dieser Streich kehrte alsbald etliche Se- beln des Feindes gegen diß Frauenzimmer/ die sich aber männlich vertheidigte. Weil ich nun sie ohne Schild/ und daher in höchster Gefahr sahe/ versuchte ich gegen meinen Feind das eus- serste/ brachte auch dem Obersten Räuber ei- nen so glücklichen Streich an/ daß er mit sei- ner Hand auch die Sebel muste fallen lassen. Jch wolte mich dieses Vorteils bey Zeiten bedienen/ besprang daher das feindliche Schiff/ und be- nahm mit einem andern Streiche einem Fein- de das Leben/ und das Frauenzimmer der ihr ziemlich nahenden Todes-Gefahr. Meine Geferthen wurden hierdurch behertzt/ der Feind aber/ nachdem mehr als die Helffte erlegt war/ so verzagt/ daß sie die Waffen wegwarffen/ für mir/ ich weiß nicht aus was für Ansehen/ zu Fusse fielen/ und das Leben baten/ wel- che alsofort gebunden und verwahret wur- den. Rhe-
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
Kriegen wider andere Feinde ſich auff ihreTapfferkeit zu verlaſſen/ und waͤren durch ſie unterſchiedene groſſe Thaten ausgewuͤrcket worden. Unter dieſem Geſpraͤche naͤherte ſich dieſes Raub-Schiff/ welchem ich wegen ſeiner Kleinigkeit noch nicht zutrauen konte/ daß es uns antaſten wuͤrde. Mir kam aber der Glaube zeitlich in die Hand; denn ſo bald uns der Feind nur erreichen konte/ begruͤßte er uns mit ſeinen Pfeilen/ worvon einer alsbald in meinem Schil- de ſtecken blieb/ und einen neben mir in Arm veꝛ- letzte. Sein Schiff war oben rings umher mit einem Tuche umſpannet/ Daß wir die An- zahl der uns anfallenden nicht erkieſen konten. Wir hingegen thaten mit unſern Bogen gleich- fals das beſte/ wo wir nur einen unſerer Feinde erblickten/ und der Schiffer bemuͤhte ſich mit un- ſerm als einem viel groͤſſern Schiffe das feindli- che zu uͤberſegeln/ aber wegen Schlau- und Ge- ſchwindigkeit der Raͤuber vergebens. Nachdem wir wohl eine Stunde gegen einander mit dem Pfeil-Gefechte zubracht/ auch bey uns unter- ſchiedene gefaͤhrliche Wunden bekommen hat- ten/ und ich ſahe/ daß diſſeit der Herr des Schif- fes die Seinigen nur zu eigener Beſchirmung nicht zum Angriffe des Feindes anwieß/ welches ſo viel iſt/ als einem wohl uͤberwunden zu wer- den/ aber nicht zu uͤberwinden Macht geben; fing ich an: Wir haͤtten durch unſere Zagheit dem Feinde nur ein Hertze gemacht/ wuͤrden auch dergeſtalt uus durch eigene Schuld gar verlieren. Denn wer im Kriege nur ſeiner Haut wehrte/ und den Feind nicht in ſeinem ei- genen Lager und Lande ſuchte/ haͤtte ſchon halb verſpielet. Alſo waͤre mein Rath/ daß/ weil al- lem Anſehen nach ſie uns an der Zahl nicht uͤber- legen waͤren/ wir unſer Schiff an das ihrige fe- ſte zu machen trachten ſolten. Wie ſchwer er nun hierzu zu bereden war/ ſo folgte er doch end- lich meinem Rathe/ als ihm ſelbſt ein Pfeil in Schenckei zu ſtecken kam. Weil unſere biß- [Spaltenumbruch] herige Fechtens-Art einer Kleinmuth allzu aͤhn- lich/ und der Feind hierdurch vermeſſen ge- macht war/ gieng der Anſchlag deſto leichter/ und hiermit der rechte Streit mit den Schwerd- tern an. Dieſer waͤhrete eine lange Zeit/ ohne ein oder des andern Theils Vortheil/ die Tod- ten und verwundeten waren faſt gleiche; Wie- wohl die Geten durch ihren Eifer und Behen- digkeit wieſen/ daß ſie das Kriegs-Handwerck wohl verſtuͤnden/ und dieſem Theile/ darunter ihrer viel dieſen Tag wohl das erſtemahl die Waffen fuͤhrten/ weit uͤberlegen geweſt waͤren/ wenn ich und meine zwey Edelleute nicht fuͤr die Luͤcke geſtanden haͤtten. Wie ich nun mit dem Oberſten deꝛ. Raͤuber/ und zweyen andern/ welche mich ihnen allein fuͤrnahmen/ genugſam zu thun hatte/ ward ich eines Frauenzimmers im feindli- chen Schiffe gewahr/ welche von unten empor ſtieg/ einem Geten hinterruͤcks das Schwerdt aus der Hand riß/ und ſeinem Nachbar einen ſolchen Streich verſetzte/ daß er todt zu Bodem fiel. Dieſer Streich kehrte alsbald etliche Se- beln des Feindes gegen diß Frauenzimmer/ die ſich aber maͤnnlich vertheidigte. Weil ich nun ſie ohne Schild/ und daher in hoͤchſter Gefahr ſahe/ verſuchte ich gegen meinen Feind das euſ- ſerſte/ brachte auch dem Oberſten Raͤuber ei- nen ſo gluͤcklichen Streich an/ daß er mit ſei- ner Hand auch die Sebel muſte fallen laſſen. Jch wolte mich dieſes Vorteils bey Zeiten bedienen/ beſprang daher das feindliche Schiff/ und be- nahm mit einem andern Streiche einem Fein- de das Leben/ und das Frauenzimmer der ihr ziemlich nahenden Todes-Gefahr. Meine Geferthen wurden hierdurch behertzt/ der Feind aber/ nachdem mehr als die Helffte erlegt war/ ſo verzagt/ daß ſie die Waffen wegwarffen/ fuͤr mir/ ich weiß nicht aus was fuͤr Anſehen/ zu Fuſſe fielen/ und das Leben baten/ wel- che alſofort gebunden und verwahret wur- den. Rhe-
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Fuͤnfftes Buch
Kriegen wider andere Feinde ſich auff ihre
Tapfferkeit zu verlaſſen/ und waͤren durch ſie
unterſchiedene groſſe Thaten ausgewuͤrcket
worden. Unter dieſem Geſpraͤche naͤherte ſich
dieſes Raub-Schiff/ welchem ich wegen ſeiner
Kleinigkeit noch nicht zutrauen konte/ daß es uns
antaſten wuͤrde. Mir kam aber der Glaube
zeitlich in die Hand; denn ſo bald uns der Feind
nur erreichen konte/ begruͤßte er uns mit ſeinen
Pfeilen/ worvon einer alsbald in meinem Schil-
de ſtecken blieb/ und einen neben mir in Arm veꝛ-
letzte. Sein Schiff war oben rings umher
mit einem Tuche umſpannet/ Daß wir die An-
zahl der uns anfallenden nicht erkieſen konten.
Wir hingegen thaten mit unſern Bogen gleich-
fals das beſte/ wo wir nur einen unſerer Feinde
erblickten/ und der Schiffer bemuͤhte ſich mit un-
ſerm als einem viel groͤſſern Schiffe das feindli-
che zu uͤberſegeln/ aber wegen Schlau- und Ge-
ſchwindigkeit der Raͤuber vergebens. Nachdem
wir wohl eine Stunde gegen einander mit dem
Pfeil-Gefechte zubracht/ auch bey uns unter-
ſchiedene gefaͤhrliche Wunden bekommen hat-
ten/ und ich ſahe/ daß diſſeit der Herr des Schif-
fes die Seinigen nur zu eigener Beſchirmung
nicht zum Angriffe des Feindes anwieß/ welches
ſo viel iſt/ als einem wohl uͤberwunden zu wer-
den/ aber nicht zu uͤberwinden Macht geben;
fing ich an: Wir haͤtten durch unſere Zagheit
dem Feinde nur ein Hertze gemacht/ wuͤrden
auch dergeſtalt uus durch eigene Schuld gar
verlieren. Denn wer im Kriege nur ſeiner
Haut wehrte/ und den Feind nicht in ſeinem ei-
genen Lager und Lande ſuchte/ haͤtte ſchon halb
verſpielet. Alſo waͤre mein Rath/ daß/ weil al-
lem Anſehen nach ſie uns an der Zahl nicht uͤber-
legen waͤren/ wir unſer Schiff an das ihrige fe-
ſte zu machen trachten ſolten. Wie ſchwer er
nun hierzu zu bereden war/ ſo folgte er doch end-
lich meinem Rathe/ als ihm ſelbſt ein Pfeil in
Schenckei zu ſtecken kam. Weil unſere biß-
herige Fechtens-Art einer Kleinmuth allzu aͤhn-
lich/ und der Feind hierdurch vermeſſen ge-
macht war/ gieng der Anſchlag deſto leichter/
und hiermit der rechte Streit mit den Schwerd-
tern an. Dieſer waͤhrete eine lange Zeit/ ohne
ein oder des andern Theils Vortheil/ die Tod-
ten und verwundeten waren faſt gleiche; Wie-
wohl die Geten durch ihren Eifer und Behen-
digkeit wieſen/ daß ſie das Kriegs-Handwerck
wohl verſtuͤnden/ und dieſem Theile/ darunter
ihrer viel dieſen Tag wohl das erſtemahl die
Waffen fuͤhrten/ weit uͤberlegen geweſt waͤren/
wenn ich und meine zwey Edelleute nicht fuͤr die
Luͤcke geſtanden haͤtten. Wie ich nun mit dem
Oberſten deꝛ. Raͤuber/ und zweyen andern/ welche
mich ihnen allein fuͤrnahmen/ genugſam zu thun
hatte/ ward ich eines Frauenzimmers im feindli-
chen Schiffe gewahr/ welche von unten empor
ſtieg/ einem Geten hinterruͤcks das Schwerdt
aus der Hand riß/ und ſeinem Nachbar einen
ſolchen Streich verſetzte/ daß er todt zu Bodem
fiel. Dieſer Streich kehrte alsbald etliche Se-
beln des Feindes gegen diß Frauenzimmer/ die
ſich aber maͤnnlich vertheidigte. Weil ich nun
ſie ohne Schild/ und daher in hoͤchſter Gefahr
ſahe/ verſuchte ich gegen meinen Feind das euſ-
ſerſte/ brachte auch dem Oberſten Raͤuber ei-
nen ſo gluͤcklichen Streich an/ daß er mit ſei-
ner Hand auch die Sebel muſte fallen laſſen. Jch
wolte mich dieſes Vorteils bey Zeiten bedienen/
beſprang daher das feindliche Schiff/ und be-
nahm mit einem andern Streiche einem Fein-
de das Leben/ und das Frauenzimmer der ihr
ziemlich nahenden Todes-Gefahr. Meine
Geferthen wurden hierdurch behertzt/ der Feind
aber/ nachdem mehr als die Helffte erlegt war/
ſo verzagt/ daß ſie die Waffen wegwarffen/ fuͤr
mir/ ich weiß nicht aus was fuͤr Anſehen/
zu Fuſſe fielen/ und das Leben baten/ wel-
che alſofort gebunden und verwahret wur-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/576>, abgerufen am 16.07.2024. |