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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelde.
[Spaltenumbruch] überkamen/ vorwerts uns mit einer für uns
aufgeworffener Brustwehre/ über uns mit ei-
nem von Bretern gemachten/ und für den
Brand mit Erde beschüttetem Dache/ wider alle
Gewalt verwahrten. Worüber die Beläger-
ten derogestalt bey der Tagung erstauneten/ daß
sie sich zu ergeben schlüssig waren. Weil aber
mehr als tausend Uberläuffer in der Stadt wa-
ren/ welche an aller Gnade verzweifelten/ und
also alles äuserste auszustehen vorhatten/ ent-
stand in der Stadt ein Aufruhr. Jedoch schlu-
gen sich die mehr männlichen Weiber zu den letz-
ten/ und fielen ihren eigenen Männern/ Brü-
dern und Söhnen in die Haare. So bald ich
der innern Unruh innen ward/ ließ ich durch
meine schwimmende Deutschen etliche Seile
über den Strom ziehen/ an welchen nicht nur
meine übrige Landsleute/ und ein paar tausend
Römer/ sondern auch der benöthigte Sturm-
Zeug übergebracht werden/ und wir schier ohne
allen Widerstand die Stadt Arduba ersteigen
konten. Die Dalmatischen Weiber liessen
nunmehr von ihren eigenen Anverwandten ab/
und fielen uns wie wütende Unholden an; nach-
dem sie aber ihrer Ohnmacht gegen unsere Waf-
fen gewahr wurden/ stürtzten sie sich meist alle mit
ihren in der Eil erwischten Kindern/ theils in die
von ihnen selbst angezündeten Häuser/ theils über
die Mauern und in den Fluß Tellurus. Sin-
temal ihnen erträglicher schien alles/ als das edle
Kleinod der Freyheit zu verlieren. Also ging diese
für unüberwindlich gerühmte Festung schier oh-
ne Verlust über; und mit ihr entfiel fast allen
Dalmatiern vollends das Hertze/ also/ daß sie
entweder sich selbst willig ergaben/ oder vom
Vibius Posthumius vollends unschwer be-
zwungen worden. Die Pannonier aber wur-
den aufs neue von Daciern und Sarmatern
durch eine Hülffe von 40000. Mann aufge-
frischt/ welche die berühmte Stadt an dem Jster
zu den Colossischen Säulen genannt/ mit einer
[Spaltenumbruch] grossen Niederlage der Römer dem Severus ab-
gewannen/ und biß an die Mansvetinische Brü-
cke an der Drave alles unter ihre Gewalt brach-
ten. Dieser neue Feind ermunterte auch die zwi-
schen dem Gebürge Ardius und dem Flusse Dri-
nus überaus vortheilhaftig gelegene und so wohl
ihrer Kriegs-Wissenschafft als Harnäckigkeit
halber beruffene Daoriser/ wie auch die streitbaren
Disitiates/ daß sie unter dem jungen Pinnes wi-
der die Römer die Waffen ergriffen. Wider diese
letztern ward der neu - erwehlte Dalmatische
Landvogt Vibius Posthumius/ Lepidus und Ju-
nius Blesus geschickt/ welche fast mit gäntzlicher
Vertilgung dieser Völcker dem Kriege ein Ende
machten. Mich aber schickte der Käyser mit dem
Licinius Nerva Silianus wider die Dacier und
Sarmater/ weil die Deutschen/ des Augustus Ur-
theil nach/ diesen geschwinden Feinden am besten
zu begegnen wüsten. Jch setzte bey Leucomun über
die Sau/ bey Anciana über die Drave/ in Mey-
nung bey Varronianum auch über den Jster zu
kommen/ und nicht nur dem sich aus Dacien
täglich vermehrenden Feinde alle fernere Hülffe/
sondern auch die Rückwege über den Jster abzu-
schneiden. Es setzten sich aber die Pannonier
und zehntausend Dacier bey Animascia uns in
Weg; also/ daß ich mit meinen Vorzuge gezwun-
gen ward zu schlagen. Jch gebrauchte mich aber
des von dem Ventidius gegen die Parther so
glücklich angewehrten Vortheils/ daß ich mit
meinem Kriegs-Volcke einen Hügel besetzte/ von
dem ich die mich angreiffenden Feinde Sporn-
streichs und mit verhengtem Ziegel als ein Blitz
anfiel; also nicht allein die viel tausend abge-
schossenen Pfeile der Dacier überhin gehen ließ/
sondern auch die fördersten Feinde über einen
Hauffen rennte/ und durch die Tapferkeit der
einigen Deutschen in kurtzer Zeit die Dacier und
Pannonier in Unordnung und in die Flucht
brachte. Wie wir aber vernahmen/ daß der
Feind zu Varronianum und Mursella sich

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Arminius und Thußnelde.
[Spaltenumbruch] uͤberkamen/ vorwerts uns mit einer fuͤr uns
aufgeworffener Bruſtwehre/ uͤber uns mit ei-
nem von Bretern gemachten/ und fuͤr den
Brand mit Erde beſchuͤttetem Dache/ wider alle
Gewalt verwahrten. Woruͤber die Belaͤger-
ten derogeſtalt bey der Tagung erſtauneten/ daß
ſie ſich zu ergeben ſchluͤſſig waren. Weil aber
mehr als tauſend Uberlaͤuffer in der Stadt wa-
ren/ welche an aller Gnade verzweifelten/ und
alſo alles aͤuſerſte auszuſtehen vorhatten/ ent-
ſtand in der Stadt ein Aufruhr. Jedoch ſchlu-
gen ſich die mehr maͤnnlichen Weiber zu den letz-
ten/ und fielen ihren eigenen Maͤnnern/ Bruͤ-
dern und Soͤhnen in die Haare. So bald ich
der innern Unruh innen ward/ ließ ich durch
meine ſchwimmende Deutſchen etliche Seile
uͤber den Strom ziehen/ an welchen nicht nur
meine uͤbrige Landsleute/ und ein paar tauſend
Roͤmer/ ſondern auch der benoͤthigte Sturm-
Zeug uͤbergebracht werden/ und wir ſchier ohne
allen Widerſtand die Stadt Arduba erſteigen
konten. Die Dalmatiſchen Weiber lieſſen
nunmehr von ihren eigenen Anverwandten ab/
und fielen uns wie wuͤtende Unholden an; nach-
dem ſie aber ihrer Ohnmacht gegen unſere Waf-
fen gewahr wurdẽ/ ſtuͤrtzten ſie ſich meiſt alle mit
ihren in der Eil erwiſchten Kindern/ theils in die
von ihnen ſelbſt angezuͤndeten Haͤuſer/ theils uͤber
die Mauern und in den Fluß Tellurus. Sin-
temal ihnen ertraͤglicher ſchien alles/ als das edle
Kleinod der Freyheit zu verlierẽ. Alſo ging dieſe
fuͤr unuͤberwindlich geruͤhmte Feſtung ſchier oh-
ne Verluſt uͤber; und mit ihr entfiel faſt allen
Dalmatiern vollends das Hertze/ alſo/ daß ſie
entweder ſich ſelbſt willig ergaben/ oder vom
Vibius Poſthumius vollends unſchwer be-
zwungen worden. Die Pannonier aber wur-
den aufs neue von Daciern und Sarmatern
durch eine Huͤlffe von 40000. Mann aufge-
friſcht/ welche die beruͤhmte Stadt an dem Jſter
zu den Coloſſiſchen Saͤulen genannt/ mit einer
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gewannen/ und biß an die Manſvetiniſche Bruͤ-
cke an der Drave alles unter ihre Gewalt brach-
ten. Dieſer neue Feind ermunterte auch die zwi-
ſchen dem Gebuͤrge Ardius und dem Fluſſe Dri-
nus uͤberaus vortheilhaftig gelegene und ſo wohl
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halber beruffene Daoriſer/ wie auch die ſtreitbarẽ
Diſitiates/ daß ſie unter dem jungen Pinnes wi-
der die Roͤmer die Waffen ergriffen. Wider dieſe
letztern ward der neu - erwehlte Dalmatiſche
Landvogt Vibius Poſthumius/ Lepidus und Ju-
nius Bleſus geſchickt/ welche faſt mit gaͤntzlicher
Vertilgung dieſer Voͤlcker dem Kriege ein Ende
machten. Mich aber ſchickte der Kaͤyſer mit dem
Licinius Nerva Silianus wider die Dacier und
Sarmater/ weil die Deutſchẽ/ des Auguſtus Ur-
theil nach/ dieſen geſchwinden Feinden am beſten
zu begegnen wuͤſten. Jch ſetzte bey Leucomũ uͤber
die Sau/ bey Anciana uͤber die Drave/ in Mey-
nung bey Varronianum auch uͤber den Jſter zu
kommen/ und nicht nur dem ſich aus Dacien
taͤglich vermehrenden Feinde alle fernere Huͤlffe/
ſondern auch die Ruͤckwege uͤber den Jſter abzu-
ſchneiden. Es ſetzten ſich aber die Pannonier
und zehntauſend Dacier bey Animaſcia uns in
Weg; alſo/ daß ich mit meinẽ Vorzuge gezwun-
gen ward zu ſchlagen. Jch gebrauchte mich aber
des von dem Ventidius gegen die Parther ſo
gluͤcklich angewehrten Vortheils/ daß ich mit
meinem Kriegs-Volcke einen Huͤgel beſetzte/ von
dem ich die mich angreiffenden Feinde Sporn-
ſtreichs und mit verhengtem Ziegel als ein Blitz
anfiel; alſo nicht allein die viel tauſend abge-
ſchoſſenen Pfeile der Dacier uͤberhin gehen ließ/
ſondern auch die foͤrderſten Feinde uͤber einen
Hauffen rennte/ und durch die Tapferkeit der
einigen Deutſchen in kurtzer Zeit die Dacier und
Pannonier in Unordnung und in die Flucht
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Feind zu Varronianum und Murſella ſich

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[993[493]/0547] Arminius und Thußnelde. uͤberkamen/ vorwerts uns mit einer fuͤr uns aufgeworffener Bruſtwehre/ uͤber uns mit ei- nem von Bretern gemachten/ und fuͤr den Brand mit Erde beſchuͤttetem Dache/ wider alle Gewalt verwahrten. Woruͤber die Belaͤger- ten derogeſtalt bey der Tagung erſtauneten/ daß ſie ſich zu ergeben ſchluͤſſig waren. Weil aber mehr als tauſend Uberlaͤuffer in der Stadt wa- ren/ welche an aller Gnade verzweifelten/ und alſo alles aͤuſerſte auszuſtehen vorhatten/ ent- ſtand in der Stadt ein Aufruhr. Jedoch ſchlu- gen ſich die mehr maͤnnlichen Weiber zu den letz- ten/ und fielen ihren eigenen Maͤnnern/ Bruͤ- dern und Soͤhnen in die Haare. So bald ich der innern Unruh innen ward/ ließ ich durch meine ſchwimmende Deutſchen etliche Seile uͤber den Strom ziehen/ an welchen nicht nur meine uͤbrige Landsleute/ und ein paar tauſend Roͤmer/ ſondern auch der benoͤthigte Sturm- Zeug uͤbergebracht werden/ und wir ſchier ohne allen Widerſtand die Stadt Arduba erſteigen konten. Die Dalmatiſchen Weiber lieſſen nunmehr von ihren eigenen Anverwandten ab/ und fielen uns wie wuͤtende Unholden an; nach- dem ſie aber ihrer Ohnmacht gegen unſere Waf- fen gewahr wurdẽ/ ſtuͤrtzten ſie ſich meiſt alle mit ihren in der Eil erwiſchten Kindern/ theils in die von ihnen ſelbſt angezuͤndeten Haͤuſer/ theils uͤber die Mauern und in den Fluß Tellurus. Sin- temal ihnen ertraͤglicher ſchien alles/ als das edle Kleinod der Freyheit zu verlierẽ. Alſo ging dieſe fuͤr unuͤberwindlich geruͤhmte Feſtung ſchier oh- ne Verluſt uͤber; und mit ihr entfiel faſt allen Dalmatiern vollends das Hertze/ alſo/ daß ſie entweder ſich ſelbſt willig ergaben/ oder vom Vibius Poſthumius vollends unſchwer be- zwungen worden. Die Pannonier aber wur- den aufs neue von Daciern und Sarmatern durch eine Huͤlffe von 40000. Mann aufge- friſcht/ welche die beruͤhmte Stadt an dem Jſter zu den Coloſſiſchen Saͤulen genannt/ mit einer groſſen Niederlage der Roͤmer dem Severus ab- gewannen/ und biß an die Manſvetiniſche Bruͤ- cke an der Drave alles unter ihre Gewalt brach- ten. Dieſer neue Feind ermunterte auch die zwi- ſchen dem Gebuͤrge Ardius und dem Fluſſe Dri- nus uͤberaus vortheilhaftig gelegene und ſo wohl ihrer Kriegs-Wiſſenſchafft als Harnaͤckigkeit halber beruffene Daoriſer/ wie auch die ſtreitbarẽ Diſitiates/ daß ſie unter dem jungen Pinnes wi- der die Roͤmer die Waffen ergriffen. Wider dieſe letztern ward der neu - erwehlte Dalmatiſche Landvogt Vibius Poſthumius/ Lepidus und Ju- nius Bleſus geſchickt/ welche faſt mit gaͤntzlicher Vertilgung dieſer Voͤlcker dem Kriege ein Ende machten. Mich aber ſchickte der Kaͤyſer mit dem Licinius Nerva Silianus wider die Dacier und Sarmater/ weil die Deutſchẽ/ des Auguſtus Ur- theil nach/ dieſen geſchwinden Feinden am beſten zu begegnen wuͤſten. Jch ſetzte bey Leucomũ uͤber die Sau/ bey Anciana uͤber die Drave/ in Mey- nung bey Varronianum auch uͤber den Jſter zu kommen/ und nicht nur dem ſich aus Dacien taͤglich vermehrenden Feinde alle fernere Huͤlffe/ ſondern auch die Ruͤckwege uͤber den Jſter abzu- ſchneiden. Es ſetzten ſich aber die Pannonier und zehntauſend Dacier bey Animaſcia uns in Weg; alſo/ daß ich mit meinẽ Vorzuge gezwun- gen ward zu ſchlagen. Jch gebrauchte mich aber des von dem Ventidius gegen die Parther ſo gluͤcklich angewehrten Vortheils/ daß ich mit meinem Kriegs-Volcke einen Huͤgel beſetzte/ von dem ich die mich angreiffenden Feinde Sporn- ſtreichs und mit verhengtem Ziegel als ein Blitz anfiel; alſo nicht allein die viel tauſend abge- ſchoſſenen Pfeile der Dacier uͤberhin gehen ließ/ ſondern auch die foͤrderſten Feinde uͤber einen Hauffen rennte/ und durch die Tapferkeit der einigen Deutſchen in kurtzer Zeit die Dacier und Pannonier in Unordnung und in die Flucht brachte. Wie wir aber vernahmen/ daß der Feind zu Varronianum und Murſella ſich ſtarck Q q q 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 993[493]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/547>, abgerufen am 19.05.2024.