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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] könten sich diese niemals über einige Bevorthei-
lung beschweren. Also solte Dido nur ihre
Vergnügung in der Andacht suchen. Dido
wäre einmal Priesterin/ diß müste sie sterben.
Also müste ich mir das Andencken dessen/
was sie vorhin gewest/ und meine Liebe mir nur
aus dem Sinne schlagen. Denn ausser der
Vergeßligkeit hätten die Sterblichen kein Recht
über geschehene Dinge/ und vergangene Sa-
chen. Hiermit gab er so wohl dem Könige als
mir ein Zeichen zu unserer Entfernung. Dido
aber begleitete mich mit so wehmüthiger Geber-
dung/ daß ich mich länger der Thränen nicht
enthalten konte. Jhr stummer Mund flehete
mich beweglichst umb Errettung an/ und meine
Augen bemüheten sich ihr selbte stillschweigende
zu versprechen. Nach dem ich mit dem Juba
auf sein Gemach kam/ ließ er auch seine Gemah-
lin Cleopatra kommen/ erzehlete mir die grosse
Müh/ welche er und der Priester gehabt seine
Tochter von hundert verzweifelten Entschlüs-
sungen zurücke zu halten. Er betrauerte/ daß
es mit der Dido so weit kommen wäre/ und so
wohl er als Cleopatra betheuerten/ daß/ wenn
die Götter hierinnen ein Mittel schickten/ sie für
gröstes Glücke schätzen wolten/ wenn ich ihre
Tochter zu einer Gemahlin würdigte. Diese
Zuneigung und andere Höfligkeiten hielten
mich zu Cirtha zurücke/ als gleich Cornelius
Cossus mit der meisten Römischen Macht wie-
der nach Rom zoh/ allwo man seine Verrichtung
so hoch hielt/ daß ihm der Käyser/ wie vorher
dem Statilius Taurus/ dem Lucius Antroni-
us/ und Cornelius Balbus ein Africanisches
Siegs-Gepränge und des Getulischen Zunah-
men verstattete.

Jch/ fuhr Flavius fort/ brachte bey nahe ein
gantzes Jahr an des Juba Hofe/ und zwar die
Tage mit allerhand Mohrischen Kriegs-Ubun-
gen/ die Nächte aber mit stetem Nachdencken
zu/ die unter dem Scheine einer heiligen Würde
[Spaltenumbruch] angefässelte Dido zu erlösen. Drey mal hatte ich/
das Glücke sie auf gewissen Fest-Tagen zu sehen
und einmal auch so wohl von ihr einen geheim en
Zettel zu bekommen/ als ihr einen zuzusiecken/
darinnen ich alles äuserste für sie zu thun ange-
lobte. Jnzwischen machten die Getulier auf
Anstiftung der Garamanten und Marmarider
einen neuen Aufstand. Die letzten ergriffen des-
halben wider die Römer die Waffen/ weil August
in gantz Lybien des Ammonischen Jupiters Got-
tes-Dienst deshalben verbieten ließ/ daß er durch
seine denen kringlichten Hörnern insgemein glei-
che Wahrsagung seinen Enckel Cajus in Arme-
nien zu schicken/ und darüber einzubüssen verleitet
hatte. Auch hätte der Landvogt im Befehl aus
dem uhralten noch von dem Baechus erbauten
Tempel den kostbaren Widder nach Rom zu
schicken/ welcher mit eitel gelben Edelgesteinen
übersetzt ist/ die die Egyptier die heiligen Widder-
Hörner heissen/ und Göttliche Träume verur-
sachen soll. Die Lybier schlugen die Römer
aus der Stadt Ammon und Mareobis/ und die
Priester versicherten sie/ daß ihr Hammon sie so
wohl von den Römern erretten würde/ als er
dem ihn zu vertilgen anziehenden Cambyses
funfzig tausend Persen mit Sande bedeckt hätte.
Durch diese eifernde Andacht kamen auch die
Garamanten mit ins Spiel/ und Micipsa der
zu ihnen geflohene Sohn des von dem Juba er-
schlagenen Hiarba reitzte auch die Getulier auf/
welche wegen der ihnen geraubten und nun-
mehr schlecht verehrten Diana wider die Numi-
dier grössere Ursache des Krieges hätten/ als die
Marmarider wider die Römer. Der dem Ca-
jus zur Aufsicht mitgegebene Publius Quiri-
nius/ welcher zwar von schlechter Ankunft zu La-
vinium entsprossen/ aber zu dem grösten Krieges-
Ruhme/ und so gar zur Würde des Römischen
Bürger meister-Ampts gestiegen war/ auch wegen
der in Cilicien eroberten Hamonadensischen Schlös-
ser zum Siegs-Gepränge gelassen worden war/
kam nach des Cajus Tode und dem Parthischen

Frie-

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] koͤnten ſich dieſe niemals uͤber einige Bevorthei-
lung beſchweren. Alſo ſolte Dido nur ihre
Vergnuͤgung in der Andacht ſuchen. Dido
waͤre einmal Prieſterin/ diß muͤſte ſie ſterben.
Alſo muͤſte ich mir das Andencken deſſen/
was ſie vorhin geweſt/ und meine Liebe mir nur
aus dem Sinne ſchlagen. Denn auſſer der
Vergeßligkeit haͤtten die Sterblichen kein Recht
uͤber geſchehene Dinge/ und vergangene Sa-
chen. Hiermit gab er ſo wohl dem Koͤnige als
mir ein Zeichen zu unſerer Entfernung. Dido
aber begleitete mich mit ſo wehmuͤthiger Geber-
dung/ daß ich mich laͤnger der Thraͤnen nicht
enthalten konte. Jhr ſtummer Mund flehete
mich beweglichſt umb Errettung an/ und meine
Augen bemuͤheten ſich ihr ſelbte ſtillſchweigende
zu verſprechen. Nach dem ich mit dem Juba
auf ſein Gemach kam/ ließ er auch ſeine Gemah-
lin Cleopatra kommen/ erzehlete mir die groſſe
Muͤh/ welche er und der Prieſter gehabt ſeine
Tochter von hundert verzweifelten Entſchluͤſ-
ſungen zuruͤcke zu halten. Er betrauerte/ daß
es mit der Dido ſo weit kommen waͤre/ und ſo
wohl er als Cleopatra betheuerten/ daß/ wenn
die Goͤtter hierinnen ein Mittel ſchickten/ ſie fuͤr
groͤſtes Gluͤcke ſchaͤtzen wolten/ wenn ich ihre
Tochter zu einer Gemahlin wuͤrdigte. Dieſe
Zuneigung und andere Hoͤfligkeiten hielten
mich zu Cirtha zuruͤcke/ als gleich Cornelius
Coſſus mit der meiſten Roͤmiſchen Macht wie-
der nach Rom zoh/ allwo man ſeine Verrichtung
ſo hoch hielt/ daß ihm der Kaͤyſer/ wie vorher
dem Statilius Taurus/ dem Lucius Antroni-
us/ und Cornelius Balbus ein Africaniſches
Siegs-Gepraͤnge und des Getuliſchen Zunah-
men verſtattete.

Jch/ fuhr Flavius fort/ brachte bey nahe ein
gantzes Jahr an des Juba Hofe/ und zwar die
Tage mit allerhand Mohriſchen Kriegs-Ubun-
gen/ die Naͤchte aber mit ſtetem Nachdencken
zu/ die unter dem Scheine einer heiligen Wuͤrde
[Spaltenumbruch] angefaͤſſelte Dido zu erloͤſen. Drey mal hatte ich/
das Gluͤcke ſie auf gewiſſen Feſt-Tagen zu ſehen
und einmal auch ſo wohl von ihr einen geheim en
Zettel zu bekommen/ als ihr einen zuzuſiecken/
darinnen ich alles aͤuſerſte fuͤr ſie zu thun ange-
lobte. Jnzwiſchen machten die Getulier auf
Anſtiftung der Garamanten und Marmarider
einen neuen Aufſtand. Die letzten ergriffen des-
halben wider die Roͤmer die Waffen/ weil Auguſt
in gantz Lybien des Ammoniſchen Jupiters Got-
tes-Dienſt deshalben verbieten ließ/ daß er durch
ſeine denen kringlichtẽ Hoͤrnern insgemein glei-
che Wahrſagung ſeinen Enckel Cajus in Arme-
nien zu ſchickẽ/ und daruͤber einzubuͤſſen verleitet
hatte. Auch haͤtte der Landvogt im Befehl aus
dem uhralten noch von dem Baechus erbauten
Tempel den koſtbaren Widder nach Rom zu
ſchicken/ welcher mit eitel gelben Edelgeſteinen
uͤberſetzt iſt/ die die Egyptier die heiligen Widder-
Hoͤrner heiſſen/ und Goͤttliche Traͤume verur-
ſachen ſoll. Die Lybier ſchlugen die Roͤmer
aus der Stadt Ammon und Mareobis/ und die
Prieſter verſicherten ſie/ daß ihr Hammon ſie ſo
wohl von den Roͤmern erretten wuͤrde/ als er
dem ihn zu vertilgen anziehenden Cambyſes
funfzig tauſend Perſen mit Sande bedeckt haͤtte.
Durch dieſe eifernde Andacht kamen auch die
Garamanten mit ins Spiel/ und Micipſa der
zu ihnen geflohene Sohn des von dem Juba er-
ſchlagenen Hiarba reitzte auch die Getulier auf/
welche wegen der ihnen geraubten und nun-
mehr ſchlecht verehrten Diana wider die Numi-
dier groͤſſere Urſache des Krieges haͤtten/ als die
Marmarider wider die Roͤmer. Der dem Ca-
jus zur Aufſicht mitgegebene Publius Quiri-
nius/ welcher zwar von ſchlechter Ankunft zu La-
vinium entſproſſen/ aber zu dem groͤſten Krieges-
Ruhme/ und ſo gar zur Wuͤrde des Roͤmiſchen
Buͤrger meiſter-Ampts geſtiegẽ war/ auch wegen
der in Ciliciẽ eroberten Hamonadenſiſchẽ Schloͤſ-
ſer zum Siegs-Gepraͤnge gelaſſen worden war/
kam nach des Cajus Tode und dem Parthiſchen

Frie-
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[484/0538] Vierdtes Buch koͤnten ſich dieſe niemals uͤber einige Bevorthei- lung beſchweren. Alſo ſolte Dido nur ihre Vergnuͤgung in der Andacht ſuchen. Dido waͤre einmal Prieſterin/ diß muͤſte ſie ſterben. Alſo muͤſte ich mir das Andencken deſſen/ was ſie vorhin geweſt/ und meine Liebe mir nur aus dem Sinne ſchlagen. Denn auſſer der Vergeßligkeit haͤtten die Sterblichen kein Recht uͤber geſchehene Dinge/ und vergangene Sa- chen. Hiermit gab er ſo wohl dem Koͤnige als mir ein Zeichen zu unſerer Entfernung. Dido aber begleitete mich mit ſo wehmuͤthiger Geber- dung/ daß ich mich laͤnger der Thraͤnen nicht enthalten konte. Jhr ſtummer Mund flehete mich beweglichſt umb Errettung an/ und meine Augen bemuͤheten ſich ihr ſelbte ſtillſchweigende zu verſprechen. Nach dem ich mit dem Juba auf ſein Gemach kam/ ließ er auch ſeine Gemah- lin Cleopatra kommen/ erzehlete mir die groſſe Muͤh/ welche er und der Prieſter gehabt ſeine Tochter von hundert verzweifelten Entſchluͤſ- ſungen zuruͤcke zu halten. Er betrauerte/ daß es mit der Dido ſo weit kommen waͤre/ und ſo wohl er als Cleopatra betheuerten/ daß/ wenn die Goͤtter hierinnen ein Mittel ſchickten/ ſie fuͤr groͤſtes Gluͤcke ſchaͤtzen wolten/ wenn ich ihre Tochter zu einer Gemahlin wuͤrdigte. Dieſe Zuneigung und andere Hoͤfligkeiten hielten mich zu Cirtha zuruͤcke/ als gleich Cornelius Coſſus mit der meiſten Roͤmiſchen Macht wie- der nach Rom zoh/ allwo man ſeine Verrichtung ſo hoch hielt/ daß ihm der Kaͤyſer/ wie vorher dem Statilius Taurus/ dem Lucius Antroni- us/ und Cornelius Balbus ein Africaniſches Siegs-Gepraͤnge und des Getuliſchen Zunah- men verſtattete. Jch/ fuhr Flavius fort/ brachte bey nahe ein gantzes Jahr an des Juba Hofe/ und zwar die Tage mit allerhand Mohriſchen Kriegs-Ubun- gen/ die Naͤchte aber mit ſtetem Nachdencken zu/ die unter dem Scheine einer heiligen Wuͤrde angefaͤſſelte Dido zu erloͤſen. Drey mal hatte ich/ das Gluͤcke ſie auf gewiſſen Feſt-Tagen zu ſehen und einmal auch ſo wohl von ihr einen geheim en Zettel zu bekommen/ als ihr einen zuzuſiecken/ darinnen ich alles aͤuſerſte fuͤr ſie zu thun ange- lobte. Jnzwiſchen machten die Getulier auf Anſtiftung der Garamanten und Marmarider einen neuen Aufſtand. Die letzten ergriffen des- halben wider die Roͤmer die Waffen/ weil Auguſt in gantz Lybien des Ammoniſchen Jupiters Got- tes-Dienſt deshalben verbieten ließ/ daß er durch ſeine denen kringlichtẽ Hoͤrnern insgemein glei- che Wahrſagung ſeinen Enckel Cajus in Arme- nien zu ſchickẽ/ und daruͤber einzubuͤſſen verleitet hatte. Auch haͤtte der Landvogt im Befehl aus dem uhralten noch von dem Baechus erbauten Tempel den koſtbaren Widder nach Rom zu ſchicken/ welcher mit eitel gelben Edelgeſteinen uͤberſetzt iſt/ die die Egyptier die heiligen Widder- Hoͤrner heiſſen/ und Goͤttliche Traͤume verur- ſachen ſoll. Die Lybier ſchlugen die Roͤmer aus der Stadt Ammon und Mareobis/ und die Prieſter verſicherten ſie/ daß ihr Hammon ſie ſo wohl von den Roͤmern erretten wuͤrde/ als er dem ihn zu vertilgen anziehenden Cambyſes funfzig tauſend Perſen mit Sande bedeckt haͤtte. Durch dieſe eifernde Andacht kamen auch die Garamanten mit ins Spiel/ und Micipſa der zu ihnen geflohene Sohn des von dem Juba er- ſchlagenen Hiarba reitzte auch die Getulier auf/ welche wegen der ihnen geraubten und nun- mehr ſchlecht verehrten Diana wider die Numi- dier groͤſſere Urſache des Krieges haͤtten/ als die Marmarider wider die Roͤmer. Der dem Ca- jus zur Aufſicht mitgegebene Publius Quiri- nius/ welcher zwar von ſchlechter Ankunft zu La- vinium entſproſſen/ aber zu dem groͤſten Krieges- Ruhme/ und ſo gar zur Wuͤrde des Roͤmiſchen Buͤrger meiſter-Ampts geſtiegẽ war/ auch wegen der in Ciliciẽ eroberten Hamonadenſiſchẽ Schloͤſ- ſer zum Siegs-Gepraͤnge gelaſſen worden war/ kam nach des Cajus Tode und dem Parthiſchen Frie-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/538>, abgerufen am 22.11.2024.