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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Geruche/ der Luchs am Gesichte/ das wilde
Schwein am Gehöre. Der Mensch aber alle
Geschöpffe/ auch die Gestirne am Gebrauch der
Vernunfft/ nehmlich der Tugend.

Uber diesen Worten vernahmen sie ein star-
ckes Geräusche/ welches die Fürsten das Frau-
enzimmer auff die Seite zu bringen/ und sich zu
Pferde zu setzen verursachte. Bald hier auf sa-
ben sie aus dem Gehöltze eine Menge flüchtiger
Marckmänner spornstreichs hervor kommen/
welche von denen Cheruskern unter dem Für-
sten Adgandester und Malovend verfolgt wor-
den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Hän-
de fielen. Wie nun diese wenige Uberbleibung
alsofort umringet ward/ und sie keine Ausflucht
sahen/ warffen sie alle die Waffen von sich/ und
unter gaben sich der Gnade ihrer Uberwinder.
Der Feldherr ließ sie nach Kriegsbrauch gefan-
gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach
dem er auch von Adgandestern verstand/ daß
nach etlicher Stunden hartnäckichtem Gefech-
te sie wohl ein paar tausend harte hinter ihnen
herziehende Cherusker entsetzet/ und den Feind in
gegenwärtige Flucht getrieben hätten; ward er
mit den andern Fürsten schlüßig den König
Marobod vollends zu verfolgen und aus seinem
Gebiete zu treiben.

Diesem nach fertigte er zwey tausend Pferde
von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten
hatten/ unter etlichen seinen Kriegs-Obersten
ab/ dem Feinde noch selbige Nacht nach zusetzen.
Die Fürsten aber mit denen abgematteten be-
gaben sich in die kaum eine halbe Meile von dar
entfernte Stadt Tulisurgium/ wohin die Ver-
wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a-
ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden.

Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/
als der Feldherr mit seinen ausgeruheten Che-
ruskern schon wieder zu Pferde saß/ und biß an
den Weser-Strom fortrückte; daselbst aber von
einem aus seinem Vortrabe zurück geschickten
Edelmanne benachrichtiget ward/ daß König
[Spaltenumbruch] Marobod mit seiner geringen Uberbleibung/
welche nicht entweder von der Schärffe der
Schwerdter gefallen/ oder wegen Müdigkeit
nicht folgen können/ über die Weser gesetzt/ und
so eilfertig sich geflüchtet hätte/ daß er schwerlich
zu ereilen seyn würde. Weil nun der Vortrab
nach dem Urthel derer/ die die flüchtigen Hauffen
gesehen hätten/ dem Feinde überflüßig gewach-
sen zu seyn schien/ zumal insgemein drey Flüch-
tige nicht gegen einem aus den Uberwindern ste-
hen/ hielt es der Feldherr nicht vor rathsam einem
so schwachen Feinde selbst/ und mit so hohen Häup-
tern und mehrer Macht nachzusetzen/ sondern er
schrieb an König Marobod folgenden Jnhalts:

Ob zwar das Fürstliche Cheruskische Haus
und seine Bundsgenossen von den Marckmän-
nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif-
fung der Waffen wäre gereitzet worden/ habe
doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge
für die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein-
tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/
wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge-
steckt werden könne; und sie beyderseits einen
solchen Feind an der Seite hätten/ der sich der
Deutschen Uneinigkeit zu seinem Vortheil
meisterlich zu bedienen wüste. Er habe zeither
wegen dieses gemeinen Besten unter schiedene
Feindseligkeit unerschrocken übernommen/
und die ihm von den Römern angebotene gülde-
ne Verge verächtlich gehalten/ da er nebst ihnen
mit dem Marobod brechen wolte. Also befrem-
de ihn nicht wenig gegenwärtiger wider alles
Fried- und Kriegs-Recht für genommene Ein-
fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht
deutsch gesinnte Fürsten so wohl für seine als ihre
eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das
schon in fremder Dienstbarkeit schmachtende
Deutschland aus den Fesseln gerissen hätten;
ja da der Fürst Jngviomer unterwegens wäre
ihn aller Freunoschafft zu versichern/ und ein
neues Bündiß fürzuschlagen. Die Entfüh-
rung seiner mit ihres Vatern Willen ihm ver-

lobten

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Geruche/ der Luchs am Geſichte/ das wilde
Schwein am Gehoͤre. Der Menſch aber alle
Geſchoͤpffe/ auch die Geſtirne am Gebrauch der
Vernunfft/ nehmlich der Tugend.

Uber dieſen Worten vernahmen ſie ein ſtar-
ckes Geraͤuſche/ welches die Fuͤrſten das Frau-
enzimmer auff die Seite zu bringen/ und ſich zu
Pferde zu ſetzen verurſachte. Bald hier auf ſa-
ben ſie aus dem Gehoͤltze eine Menge fluͤchtiger
Marckmaͤnner ſpornſtreichs hervor kommen/
welche von denen Cheruſkern unter dem Fuͤr-
ſten Adgandeſter und Malovend verfolgt wor-
den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Haͤn-
de fielen. Wie nun dieſe wenige Uberbleibung
alſofort umringet ward/ und ſie keine Ausflucht
ſahen/ warffen ſie alle die Waffen von ſich/ und
unter gaben ſich der Gnade ihrer Uberwinder.
Der Feldherr ließ ſie nach Kriegsbrauch gefan-
gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach
dem er auch von Adgandeſtern verſtand/ daß
nach etlicher Stunden hartnaͤckichtem Gefech-
te ſie wohl ein paar tauſend harte hinter ihnen
herziehende Cheruſker entſetzet/ und den Feind in
gegenwaͤrtige Flucht getrieben haͤtten; ward er
mit den andern Fuͤrſten ſchluͤßig den Koͤnig
Marobod vollends zu verfolgen und aus ſeinem
Gebiete zu treiben.

Dieſem nach fertigte er zwey tauſend Pferde
von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten
hatten/ unter etlichen ſeinen Kriegs-Oberſten
ab/ dem Feinde noch ſelbige Nacht nach zuſetzen.
Die Fuͤrſten aber mit denen abgematteten be-
gaben ſich in die kaum eine halbe Meile von dar
entfernte Stadt Tuliſurgium/ wohin die Ver-
wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a-
ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden.

Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/
als der Feldherr mit ſeinen ausgeruheten Che-
ruſkern ſchon wieder zu Pferde ſaß/ und biß an
den Weſer-Strom fortruͤckte; daſelbſt aber von
einem aus ſeinem Vortrabe zuruͤck geſchickten
Edelmanne benachrichtiget ward/ daß Koͤnig
[Spaltenumbruch] Marobod mit ſeiner geringen Uberbleibung/
welche nicht entweder von der Schaͤrffe der
Schwerdter gefallen/ oder wegen Muͤdigkeit
nicht folgen koͤnnen/ uͤber die Weſer geſetzt/ und
ſo eilfertig ſich gefluͤchtet haͤtte/ daß er ſchwerlich
zu ereilen ſeyn wuͤrde. Weil nun der Vortrab
nach dem Urthel derer/ die die fluͤchtigen Hauffen
geſehen haͤtten/ dem Feinde uͤberfluͤßig gewach-
ſen zu ſeyn ſchien/ zumal insgemein drey Fluͤch-
tige nicht gegen einem aus den Uberwindern ſte-
hen/ hielt es deꝛ Feldherꝛ nicht vor rathſam einem
ſo ſchwachen Feinde ſelbſt/ uñ mit ſo hohen Haͤup-
tern und mehrer Macht nachzuſetzen/ ſondern er
ſchrieb an Koͤnig Marobod folgenden Jnhalts:

Ob zwar das Fuͤrſtliche Cheruſkiſche Haus
und ſeine Bundsgenoſſen von den Marckmaͤn-
nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif-
fung der Waffen waͤre gereitzet worden/ habe
doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge
fuͤr die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein-
tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/
wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge-
ſteckt werden koͤnne; und ſie beyderſeits einen
ſolchen Feind an der Seite haͤtten/ der ſich der
Deutſchen Uneinigkeit zu ſeinem Vortheil
meiſterlich zu bedienen wuͤſte. Er habe zeither
wegen dieſes gemeinen Beſten unter ſchiedene
Feindſeligkeit unerſchrocken uͤbernommen/
und die ihm von den Roͤmern angebotene guͤlde-
ne Verge veraͤchtlich gehalten/ da er nebſt ihnen
mit dem Marobod brechen wolte. Alſo befrem-
de ihn nicht wenig gegenwaͤrtiger wider alles
Fried- und Kriegs-Recht fuͤr genommene Ein-
fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht
deutſch geſinnte Fuͤrſten ſo wohl fuͤr ſeine als ihre
eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das
ſchon in fremder Dienſtbarkeit ſchmachtende
Deutſchland aus den Feſſeln geriſſen haͤtten;
ja da der Fuͤrſt Jngviomer unterwegens waͤre
ihn aller Freunoſchafft zu verſichern/ und ein
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rung ſeiner mit ihres Vatern Willen ihm ver-

lobten
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[436/0490] Vierdtes Buch Geruche/ der Luchs am Geſichte/ das wilde Schwein am Gehoͤre. Der Menſch aber alle Geſchoͤpffe/ auch die Geſtirne am Gebrauch der Vernunfft/ nehmlich der Tugend. Uber dieſen Worten vernahmen ſie ein ſtar- ckes Geraͤuſche/ welches die Fuͤrſten das Frau- enzimmer auff die Seite zu bringen/ und ſich zu Pferde zu ſetzen verurſachte. Bald hier auf ſa- ben ſie aus dem Gehoͤltze eine Menge fluͤchtiger Marckmaͤnner ſpornſtreichs hervor kommen/ welche von denen Cheruſkern unter dem Fuͤr- ſten Adgandeſter und Malovend verfolgt wor- den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Haͤn- de fielen. Wie nun dieſe wenige Uberbleibung alſofort umringet ward/ und ſie keine Ausflucht ſahen/ warffen ſie alle die Waffen von ſich/ und unter gaben ſich der Gnade ihrer Uberwinder. Der Feldherr ließ ſie nach Kriegsbrauch gefan- gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach dem er auch von Adgandeſtern verſtand/ daß nach etlicher Stunden hartnaͤckichtem Gefech- te ſie wohl ein paar tauſend harte hinter ihnen herziehende Cheruſker entſetzet/ und den Feind in gegenwaͤrtige Flucht getrieben haͤtten; ward er mit den andern Fuͤrſten ſchluͤßig den Koͤnig Marobod vollends zu verfolgen und aus ſeinem Gebiete zu treiben. Dieſem nach fertigte er zwey tauſend Pferde von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten hatten/ unter etlichen ſeinen Kriegs-Oberſten ab/ dem Feinde noch ſelbige Nacht nach zuſetzen. Die Fuͤrſten aber mit denen abgematteten be- gaben ſich in die kaum eine halbe Meile von dar entfernte Stadt Tuliſurgium/ wohin die Ver- wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a- ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden. Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/ als der Feldherr mit ſeinen ausgeruheten Che- ruſkern ſchon wieder zu Pferde ſaß/ und biß an den Weſer-Strom fortruͤckte; daſelbſt aber von einem aus ſeinem Vortrabe zuruͤck geſchickten Edelmanne benachrichtiget ward/ daß Koͤnig Marobod mit ſeiner geringen Uberbleibung/ welche nicht entweder von der Schaͤrffe der Schwerdter gefallen/ oder wegen Muͤdigkeit nicht folgen koͤnnen/ uͤber die Weſer geſetzt/ und ſo eilfertig ſich gefluͤchtet haͤtte/ daß er ſchwerlich zu ereilen ſeyn wuͤrde. Weil nun der Vortrab nach dem Urthel derer/ die die fluͤchtigen Hauffen geſehen haͤtten/ dem Feinde uͤberfluͤßig gewach- ſen zu ſeyn ſchien/ zumal insgemein drey Fluͤch- tige nicht gegen einem aus den Uberwindern ſte- hen/ hielt es deꝛ Feldherꝛ nicht vor rathſam einem ſo ſchwachen Feinde ſelbſt/ uñ mit ſo hohen Haͤup- tern und mehrer Macht nachzuſetzen/ ſondern er ſchrieb an Koͤnig Marobod folgenden Jnhalts: Ob zwar das Fuͤrſtliche Cheruſkiſche Haus und ſeine Bundsgenoſſen von den Marckmaͤn- nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif- fung der Waffen waͤre gereitzet worden/ habe doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge fuͤr die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein- tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/ wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge- ſteckt werden koͤnne; und ſie beyderſeits einen ſolchen Feind an der Seite haͤtten/ der ſich der Deutſchen Uneinigkeit zu ſeinem Vortheil meiſterlich zu bedienen wuͤſte. Er habe zeither wegen dieſes gemeinen Beſten unter ſchiedene Feindſeligkeit unerſchrocken uͤbernommen/ und die ihm von den Roͤmern angebotene guͤlde- ne Verge veraͤchtlich gehalten/ da er nebſt ihnen mit dem Marobod brechen wolte. Alſo befrem- de ihn nicht wenig gegenwaͤrtiger wider alles Fried- und Kriegs-Recht fuͤr genommene Ein- fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht deutſch geſinnte Fuͤrſten ſo wohl fuͤr ſeine als ihre eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das ſchon in fremder Dienſtbarkeit ſchmachtende Deutſchland aus den Feſſeln geriſſen haͤtten; ja da der Fuͤrſt Jngviomer unterwegens waͤre ihn aller Freunoſchafft zu verſichern/ und ein neues Buͤndiß fuͤrzuſchlagen. Die Entfuͤh- rung ſeiner mit ihres Vatern Willen ihm ver- lobten

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/490>, abgerufen am 19.05.2024.