Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nius Haupt deutete dem Sextus Pompejus an:daß die himmlisch- und unterirrdischen Geister des Pompejus Wehklagen erhört/ und er einen gewüntschten Ausschlag zu hoffen hätte. Aus dem todten Leichname des Buplagus mahnete sein Geist die Römer von der Grausamkeit ge- gen seine Syrier ab. Des von dem rasenden Wolffe gefressenen Publius nur übrig gelasse- nes Haupt/ welches hernach in den neu-erbau- ten Tempel des Lycischen Apollo gebracht ward/ sprach seinen Römern ein Hertz ein/ und ver- mahnete sie zur Tapferkeit. Als die Aetolier ihres verstorbenen Fürsten Polycritus mit seiner Locrensischen Frauen erzeugtes oben männ- unten weibliches Kind als eine Andeutung eines zwischen beyden Völckern bevorstehenden Krie- ges zu Versöhnung der Götter verbrennen wolten/ kam des Polycritus Geist/ redete seinem Kinde das Wort/ und warnigte sein unbarm- hertziges Vaterland für dem daraus entstehen- den Unheil. Ja als er das Volck von seinem Schlusse nicht abwendig machen konte/ und er sein Kind/ umb es aus ihren blutdürstigen Hän- den zu reissen/ selbst zerrieß und verschlang/ rede- te dieses Kindes Schutz-Geist aus dem nur noch übrigen Kopfe beweglich die Bürger an/ daß sie dem blutigen Kriegs-Verderben sich zu entbre- chen von dar weg/ und auf eine Zeitlang in eine der Pallas heilige Stadt ziehen solten. Der dem Athenodorus mit so viel Ketten sich zeigende Geist konte nicht ruhen/ biß sein ermordeter Leichnam aus gegraben/ und an einen geweihten Ort geleget ward. Der Tod war nicht mächtig die Liebe der schönen Philinion des Demostrates und der schönen Charito Tochter auszuleschen/ sondern ihr Geist beseelte noch die schon begrabe- ne Leiche umb ihren geliebten Machates zu um- armen. Hier entgegen wird unser Schutz- Geist auch noch im Leben durch lasterhaftes oder dem Verhängnüsse widerstrebendes Beginnen von uns verjaget/ und schichtern gemacht. Wel- ches alleine/ nicht aber einige Zwytracht der gu- [Spaltenumbruch] ten Geister Ursache seyn kan/ daß des Antonius Geist sich für des Augustus Geiste gefürchtet haben solle. Oder wenn wir unsern Schutz- Geist von uns weggestossen/ krieget unser feind- licher Luft uns zu betrüben und zu erschrecken; wie dem Brutus zweymal/ als er nehmlich aus Asien in Europa mit seinem Heere übersetzen wolte/ und den Tag für der Schlacht in den Phi- lippischen Feldern begegnete. Ein solcher Geist brachte den Tarquinius und die Hetru- rier in Schrecken und Flucht/ als er bey wäh- render Schlacht mit den Römern aus dem Ar- sischen Walde ruffte: Ein Hetrurier ist mehr als der Römer todt blieben/ welche auch den Siegbehalten werden. Und des Dions böser Geist deutete mit seinem Hauskehren ihm sein und seines Sohnes Todt an. Also muthmasse ich/ daß das dem Drusus in unserer Elbe bege- gnete Gesichte entweder sein böser/ oder dieses Flusses Schutz-Geist gewesen seyn müsse. Aber fing Rhemetalces abermals an/ ward dem Dru- sus auch wahr/ was dieser Geist oder Gespenste ihm angedeutet hatte? Jn alle wege/ antworte- te Adgandester. Denn solch sein Schrecknüß ward bald mit mehrern bestärcket. Folgende Nacht umbrennten sein Läger etliche Hauffen grausam-heulender Wölffe; mitten im Läger/ darein doch bey Leibes-Straffe kein Weib kom- men dorfte/ ward ein jämmerliches Winseln von Weibern gehöret/ und etliche Luft-Gestirne wurden gesehen/ gleich als wenn der Himmel mit solchen Lichtern dem kurtz dar auf sterbenden Drusus/ wie die Sterblichen ins gemein ihren Leichen mit wächsernen Todten-Fackeln zu Grabe leuchten wolte. Rhemetalces warff ein: Er liesse die Erscheinung des deutschen Schutz-Gottes billich an seinem Orte/ an de- nen andern Begebenheiten stünde er nicht un- billich an/ weil er sehe/ daß kein grosser Mann iemals gebohren oder gestorben wäre/ da nicht entweder die Liebe zu dem Todten/ oder der Haß wider die Verdächtigen solche Wunderwercke auf Erster Theil. G g g
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nius Haupt deutete dem Sextus Pompejus an:daß die him̃liſch- und unterirrdiſchen Geiſter des Pompejus Wehklagen erhoͤrt/ und er einen gewuͤntſchten Ausſchlag zu hoffen haͤtte. Aus dem todten Leichname des Buplagus mahnete ſein Geiſt die Roͤmer von der Grauſamkeit ge- gen ſeine Syrier ab. Des von dem raſenden Wolffe gefreſſenen Publius nur uͤbrig gelaſſe- nes Haupt/ welches hernach in den neu-erbau- ten Tempel des Lyciſchen Apollo gebracht ward/ ſprach ſeinen Roͤmern ein Hertz ein/ und ver- mahnete ſie zur Tapferkeit. Als die Aetolier ihres verſtorbenen Fuͤrſten Polycritus mit ſeiner Locrenſiſchen Frauen erzeugtes oben maͤnn- unten weibliches Kind als eine Andeutung eines zwiſchen beyden Voͤlckern bevorſtehenden Krie- ges zu Verſoͤhnung der Goͤtter verbrennen wolten/ kam des Polycritus Geiſt/ redete ſeinem Kinde das Wort/ und warnigte ſein unbarm- hertziges Vaterland fuͤr dem daraus entſtehen- den Unheil. Ja als er das Volck von ſeinem Schluſſe nicht abwendig machen konte/ und er ſein Kind/ umb es aus ihren blutduͤrſtigen Haͤn- den zu reiſſen/ ſelbſt zerrieß und verſchlang/ rede- te dieſes Kindes Schutz-Geiſt aus dem nur noch uͤbrigen Kopfe beweglich die Buͤrger an/ daß ſie dem blutigen Kriegs-Verderben ſich zu entbre- chen von dar weg/ und auf eine Zeitlang in eine der Pallas heilige Stadt ziehen ſolten. Der dem Athenodorus mit ſo viel Ketten ſich zeigende Geiſt konte nicht ruhen/ biß ſein ermordeter Leichnam aus gegraben/ und an einen geweihten Ort geleget ward. Der Tod war nicht maͤchtig die Liebe der ſchoͤnen Philinion des Demoſtrates und der ſchoͤnen Charito Tochter auszuleſchen/ ſondern ihr Geiſt beſeelte noch die ſchon begrabe- ne Leiche umb ihren geliebten Machates zu um- armen. Hier entgegen wird unſer Schutz- Geiſt auch noch im Leben durch laſterhaftes oder dem Verhaͤngnuͤſſe widerſtrebendes Beginnen von uns verjaget/ und ſchichtern gemacht. Wel- ches alleine/ nicht aber einige Zwytracht der gu- [Spaltenumbruch] ten Geiſter Urſache ſeyn kan/ daß des Antonius Geiſt ſich fuͤr des Auguſtus Geiſte gefuͤrchtet haben ſolle. Oder wenn wir unſern Schutz- Geiſt von uns weggeſtoſſen/ krieget unſer feind- licher Luft uns zu betruͤben und zu erſchrecken; wie dem Brutus zweymal/ als er nehmlich aus Aſien in Europa mit ſeinem Heere uͤberſetzen wolte/ und den Tag fuͤr der Schlacht in den Phi- lippiſchen Feldern begegnete. Ein ſolcher Geiſt brachte den Tarquinius und die Hetru- rier in Schrecken und Flucht/ als er bey waͤh- render Schlacht mit den Roͤmern aus dem Ar- ſiſchen Walde ruffte: Ein Hetrurier iſt mehr als der Roͤmer todt blieben/ welche auch den Siegbehalten werden. Und des Dions boͤſer Geiſt deutete mit ſeinem Hauskehren ihm ſein und ſeines Sohnes Todt an. Alſo muthmaſſe ich/ daß das dem Druſus in unſerer Elbe bege- gnete Geſichte entweder ſein boͤſer/ oder dieſes Fluſſes Schutz-Geiſt geweſen ſeyn muͤſſe. Aber fing Rhemetalces abermals an/ ward dem Dru- ſus auch wahr/ was dieſer Geiſt oder Geſpenſte ihm angedeutet hatte? Jn alle wege/ antworte- te Adgandeſter. Denn ſolch ſein Schrecknuͤß ward bald mit mehrern beſtaͤrcket. Folgende Nacht umbrennten ſein Laͤger etliche Hauffen grauſam-heulender Woͤlffe; mitten im Laͤger/ darein doch bey Leibes-Straffe kein Weib kom- men dorfte/ ward ein jaͤmmerliches Winſeln von Weibern gehoͤret/ und etliche Luft-Geſtirne wurden geſehen/ gleich als wenn der Himmel mit ſolchen Lichtern dem kurtz dar auf ſterbenden Druſus/ wie die Sterblichen ins gemein ihren Leichen mit waͤchſernen Todten-Fackeln zu Grabe leuchten wolte. Rhemetalces warff ein: Er lieſſe die Erſcheinung des deutſchen Schutz-Gottes billich an ſeinem Orte/ an de- nen andern Begebenheiten ſtuͤnde er nicht un- billich an/ weil er ſehe/ daß kein groſſer Mann iemals gebohren oder geſtorben waͤre/ da nicht entweder die Liebe zu dem Todten/ oder der Haß wider die Verdaͤchtigen ſolche Wunderwercke auf Erſter Theil. G g g
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Arminius und Thußnelda.
nius Haupt deutete dem Sextus Pompejus an:
daß die him̃liſch- und unterirrdiſchen Geiſter
des Pompejus Wehklagen erhoͤrt/ und er einen
gewuͤntſchten Ausſchlag zu hoffen haͤtte. Aus
dem todten Leichname des Buplagus mahnete
ſein Geiſt die Roͤmer von der Grauſamkeit ge-
gen ſeine Syrier ab. Des von dem raſenden
Wolffe gefreſſenen Publius nur uͤbrig gelaſſe-
nes Haupt/ welches hernach in den neu-erbau-
ten Tempel des Lyciſchen Apollo gebracht ward/
ſprach ſeinen Roͤmern ein Hertz ein/ und ver-
mahnete ſie zur Tapferkeit. Als die Aetolier
ihres verſtorbenen Fuͤrſten Polycritus mit ſeiner
Locrenſiſchen Frauen erzeugtes oben maͤnn-
unten weibliches Kind als eine Andeutung eines
zwiſchen beyden Voͤlckern bevorſtehenden Krie-
ges zu Verſoͤhnung der Goͤtter verbrennen
wolten/ kam des Polycritus Geiſt/ redete ſeinem
Kinde das Wort/ und warnigte ſein unbarm-
hertziges Vaterland fuͤr dem daraus entſtehen-
den Unheil. Ja als er das Volck von ſeinem
Schluſſe nicht abwendig machen konte/ und er
ſein Kind/ umb es aus ihren blutduͤrſtigen Haͤn-
den zu reiſſen/ ſelbſt zerrieß und verſchlang/ rede-
te dieſes Kindes Schutz-Geiſt aus dem nur noch
uͤbrigen Kopfe beweglich die Buͤrger an/ daß ſie
dem blutigen Kriegs-Verderben ſich zu entbre-
chen von dar weg/ und auf eine Zeitlang in eine
der Pallas heilige Stadt ziehen ſolten. Der
dem Athenodorus mit ſo viel Ketten ſich zeigende
Geiſt konte nicht ruhen/ biß ſein ermordeter
Leichnam aus gegraben/ und an einen geweihten
Ort geleget ward. Der Tod war nicht maͤchtig
die Liebe der ſchoͤnen Philinion des Demoſtrates
und der ſchoͤnen Charito Tochter auszuleſchen/
ſondern ihr Geiſt beſeelte noch die ſchon begrabe-
ne Leiche umb ihren geliebten Machates zu um-
armen. Hier entgegen wird unſer Schutz-
Geiſt auch noch im Leben durch laſterhaftes oder
dem Verhaͤngnuͤſſe widerſtrebendes Beginnen
von uns verjaget/ und ſchichtern gemacht. Wel-
ches alleine/ nicht aber einige Zwytracht der gu-
ten Geiſter Urſache ſeyn kan/ daß des Antonius
Geiſt ſich fuͤr des Auguſtus Geiſte gefuͤrchtet
haben ſolle. Oder wenn wir unſern Schutz-
Geiſt von uns weggeſtoſſen/ krieget unſer feind-
licher Luft uns zu betruͤben und zu erſchrecken;
wie dem Brutus zweymal/ als er nehmlich aus
Aſien in Europa mit ſeinem Heere uͤberſetzen
wolte/ und den Tag fuͤr der Schlacht in den Phi-
lippiſchen Feldern begegnete. Ein ſolcher
Geiſt brachte den Tarquinius und die Hetru-
rier in Schrecken und Flucht/ als er bey waͤh-
render Schlacht mit den Roͤmern aus dem Ar-
ſiſchen Walde ruffte: Ein Hetrurier iſt mehr
als der Roͤmer todt blieben/ welche auch den
Siegbehalten werden. Und des Dions boͤſer
Geiſt deutete mit ſeinem Hauskehren ihm ſein
und ſeines Sohnes Todt an. Alſo muthmaſſe
ich/ daß das dem Druſus in unſerer Elbe bege-
gnete Geſichte entweder ſein boͤſer/ oder dieſes
Fluſſes Schutz-Geiſt geweſen ſeyn muͤſſe. Aber
fing Rhemetalces abermals an/ ward dem Dru-
ſus auch wahr/ was dieſer Geiſt oder Geſpenſte
ihm angedeutet hatte? Jn alle wege/ antworte-
te Adgandeſter. Denn ſolch ſein Schrecknuͤß
ward bald mit mehrern beſtaͤrcket. Folgende
Nacht umbrennten ſein Laͤger etliche Hauffen
grauſam-heulender Woͤlffe; mitten im Laͤger/
darein doch bey Leibes-Straffe kein Weib kom-
men dorfte/ ward ein jaͤmmerliches Winſeln von
Weibern gehoͤret/ und etliche Luft-Geſtirne
wurden geſehen/ gleich als wenn der Himmel
mit ſolchen Lichtern dem kurtz dar auf ſterbenden
Druſus/ wie die Sterblichen ins gemein ihren
Leichen mit waͤchſernen Todten-Fackeln zu
Grabe leuchten wolte. Rhemetalces warff
ein: Er lieſſe die Erſcheinung des deutſchen
Schutz-Gottes billich an ſeinem Orte/ an de-
nen andern Begebenheiten ſtuͤnde er nicht un-
billich an/ weil er ſehe/ daß kein groſſer Mann
iemals gebohren oder geſtorben waͤre/ da nicht
entweder die Liebe zu dem Todten/ oder der Haß
wider die Verdaͤchtigen ſolche Wunderwercke
auf
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/471>, abgerufen am 16.07.2024. |