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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] lichen Anstoß an die Elbe; alleine/ als er noch ei-
ne Tage-Reise davon entfernet war/ und er des
Nachts seinen Zug fortsetzte/ legte sich ein schwar-
tzes Gespenste in einem Walde ihm über den
Weg/ also daß das Pferd mit Schäumen zurück
prellte/ und weder durch Sporn noch Ruthe über
solchen Pfad zu bringen war. Nach dem er
auch in dem unbesetzten Flusse eine Brücke zu
bauen anfing/ überschlug sich das Schiff/ und
ertrancken die meisten/ welche den ersten Pfal
einstossen wolten. Drusus war hierüber be-
stürtzt/ und nach dem er ihm einbildete/ daß der
Schutz-Gott dieses Flusses oder Landes ihm zu
wider wäre/ baute er selbtem am Ufer ein Altar
von Rasen und Mooß/ verordnete selbtem ge-
wisse Priester/ welche ihn durch Wüntsche und
Beschwerungen/ und insonderheit durch Opfe-
rung der am Ufer gewachsenen Disteln ge-
schwinde zu erscheinen nöthigen solten. Dru-
sus selbst streute allerhand wäßrichte Kräuter in
das Feuer/ strich die Hoheit dieses edlen Stro-
mes hoch heraus/ gelobte ihm nicht nur daselbst/
sondern auch zu Rom einen Tempel zu bauen/
und zu seiner Verehrung grössere Andacht/ als
die Deutschen ihm iemals gewiedmet hätten/ an-
zurichten. Dieser neue Gottes-Dienst ward des
Abends bey der Demmerung verrichtet/ weil
diese Zeit denen Wasser-Göttern am ange-
nehmsten seyn soll. Wie nun Drusus und die
Priester auf eine sonderbare Erscheinung war-
teten/ flohe unversehens dem Drusus eine
Nacht-Eule über dem Kopfe weg/ von welchen
gegläubet wird/ daß selbte zwar der unholden
Götter Abneigungen und künftiges Un-
glück ankündigten/ zugleich aber als Bilder der
Weißheit den Menschen eröffneten/ wie sie allen
Trauer-Fällen glücklich entkommen solten.
Es war aber kaum dieser Unglücks-Vogel für-
bey/ als an dem andern Ufer der Elbe sich ein die
Länge eines Menschen wohl zweyfach übertref-
fendes Weib empor streckte/ und mehr als über
die Helfte des Gtromes gegen dem Drusus ge-
[Spaltenumbruch] watet kam. Sie war fingernackt/ die Augen
gläntzten wie glüende Kohlen ihr im Kopfe/ die
Haare hingen ihr gantz verworren über die
Brüste und Schultern/ und wie sie stehen blieb/ hob
sie ihre rechte Hand gegen dem Drusus dräuen-
de auf/ und fing mit einer holen Stimme gegen
ihm an: Drusus/ Drusus/ bilde dir nicht ein/
daß der Trieb deiner Ehrsucht stärcker sey/ als
die Schutz-Götter dieses mächtigen Stromes/
noch daß dein Hochmuth das Ziel des Verhäng-
nüsses überflügen könne. Weiche diesemnach
alsofort zurücke/ denn hier ist das Ende deiner
Thaten und deines Lebens. Jedes Wort die-
ses Geistes war ein Donner-Schlag in den Oh-
ren und dem Hertzen des Drusus.

Rhemetalces brach ein: Es ist unschwer zu
glauben/ nach dem ich diese Begebnüß selbst
nicht ohne Erschüttern anhöre/ dafern anders
dieser Begebung völliger Glaube beyzumässen
ist. Denn die Wunderwercke dörffen wegen
offter Verfälschung genauere Prüfung als die
Müntze. Jch selbst habe in Egypten mit mei-
nen Augen gesehen/ daß die Crocodile etliche sich
im Nil badende Knaben an dem Geburts-Ta-
ge des Apis verschlungen haben/ da doch ihre
Priester der gantzen Welt weiß machen wollen/
daß sie umb selbige Zeit sieben Tage lang zahmer
als die Lämmer wären. Man hat mich zu
Rom verlachet/ als ich nach dem Orte gefraget:
Wo die Vestalische Jungfrau Valeria Maxi-
ma zu Bewehrung ihrer Keuschheit aus der Ti-
ber das Wasser geschöpft hätte/ welches sie in ei-
nem löchrichten Siebe in den Tempel der
Götter-Mutter getragen. Ja der sonst glaub-
haftesten Geschicht-Schreiber Bücher sind von
gantz unglaublichen Dingen/ welche auch für
Träume zu alber scheinen/ angefüllet/ also/ daß
nach dem schon ein Löwe in Peloponnesus/ ein
Mensch und Ochse anderwerts vom Himmel
gefallen seyn soll/ wir mit ehstem eine Land-Kar-
te des Monden mit den Gemählden derer darin-
nen wohnenden Thiere zu erwarten haben. So

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] lichen Anſtoß an die Elbe; alleine/ als er noch ei-
ne Tage-Reiſe davon entfernet war/ und er des
Nachts ſeinen Zug fortſetzte/ legte ſich ein ſchwar-
tzes Geſpenſte in einem Walde ihm uͤber den
Weg/ alſo daß das Pferd mit Schaͤumen zuruͤck
prellte/ und weder durch Sporn noch Ruthe uͤber
ſolchen Pfad zu bringen war. Nach dem er
auch in dem unbeſetzten Fluſſe eine Bruͤcke zu
bauen anfing/ uͤberſchlug ſich das Schiff/ und
ertrancken die meiſten/ welche den erſten Pfal
einſtoſſen wolten. Druſus war hieruͤber be-
ſtuͤrtzt/ und nach dem er ihm einbildete/ daß der
Schutz-Gott dieſes Fluſſes oder Landes ihm zu
wider waͤre/ baute er ſelbtem am Ufer ein Altar
von Raſen und Mooß/ verordnete ſelbtem ge-
wiſſe Prieſter/ welche ihn durch Wuͤntſche und
Beſchwerungen/ und inſonderheit durch Opfe-
rung der am Ufer gewachſenen Diſteln ge-
ſchwinde zu erſcheinen noͤthigen ſolten. Dru-
ſus ſelbſt ſtreute allerhand waͤßrichte Kraͤuter in
das Feuer/ ſtrich die Hoheit dieſes edlen Stro-
mes hoch heraus/ gelobte ihm nicht nur daſelbſt/
ſondern auch zu Rom einen Tempel zu bauen/
und zu ſeiner Verehrung groͤſſere Andacht/ als
die Deutſchen ihm iemals gewiedmet haͤtten/ an-
zurichten. Dieſer neue Gottes-Dienſt ward des
Abends bey der Demmerung verrichtet/ weil
dieſe Zeit denen Waſſer-Goͤttern am ange-
nehmſten ſeyn ſoll. Wie nun Druſus und die
Prieſter auf eine ſonderbare Erſcheinung war-
teten/ flohe unverſehens dem Druſus eine
Nacht-Eule uͤber dem Kopfe weg/ von welchen
geglaͤubet wird/ daß ſelbte zwar der unholden
Goͤtter Abneigungen und kuͤnftiges Un-
gluͤck ankuͤndigten/ zugleich aber als Bilder der
Weißheit den Menſchen eroͤffneten/ wie ſie allen
Trauer-Faͤllen gluͤcklich entkommen ſolten.
Es war aber kaum dieſer Ungluͤcks-Vogel fuͤr-
bey/ als an dem andern Ufer der Elbe ſich ein die
Laͤnge eines Menſchen wohl zweyfach uͤbertref-
fendes Weib empor ſtreckte/ und mehr als uͤber
die Helfte des Gtromes gegen dem Druſus ge-
[Spaltenumbruch] watet kam. Sie war fingernackt/ die Augen
glaͤntzten wie gluͤende Kohlen ihr im Kopfe/ die
Haare hingen ihr gantz verworren uͤber die
Bruͤſte und Schultern/ und wie ſie ſtehẽ blieb/ hob
ſie ihre rechte Hand gegen dem Druſus draͤuen-
de auf/ und fing mit einer holen Stimme gegen
ihm an: Druſus/ Druſus/ bilde dir nicht ein/
daß der Trieb deiner Ehrſucht ſtaͤrcker ſey/ als
die Schutz-Goͤtter dieſes maͤchtigen Stromes/
noch daß dein Hochmuth das Ziel des Verhaͤng-
nuͤſſes uͤberfluͤgen koͤnne. Weiche dieſemnach
alſofort zuruͤcke/ denn hier iſt das Ende deiner
Thaten und deines Lebens. Jedes Wort die-
ſes Geiſtes war ein Donner-Schlag in den Oh-
ren und dem Hertzen des Druſus.

Rhemetalces brach ein: Es iſt unſchwer zu
glauben/ nach dem ich dieſe Begebnuͤß ſelbſt
nicht ohne Erſchuͤttern anhoͤre/ dafern anders
dieſer Begebung voͤlliger Glaube beyzumaͤſſen
iſt. Denn die Wunderwercke doͤrffen wegen
offter Verfaͤlſchung genauere Pruͤfung als die
Muͤntze. Jch ſelbſt habe in Egypten mit mei-
nen Augen geſehen/ daß die Crocodile etliche ſich
im Nil badende Knaben an dem Geburts-Ta-
ge des Apis verſchlungen haben/ da doch ihre
Prieſter der gantzen Welt weiß machen wollen/
daß ſie umb ſelbige Zeit ſieben Tage lang zahmer
als die Laͤmmer waͤren. Man hat mich zu
Rom verlachet/ als ich nach dem Orte gefraget:
Wo die Veſtaliſche Jungfrau Valeria Maxi-
ma zu Bewehrung ihrer Keuſchheit aus der Ti-
ber das Waſſer geſchoͤpft haͤtte/ welches ſie in ei-
nem loͤchrichten Siebe in den Tempel der
Goͤtter-Mutter getragen. Ja der ſonſt glaub-
hafteſten Geſchicht-Schreiber Buͤcher ſind von
gantz unglaublichen Dingen/ welche auch fuͤr
Traͤume zu alber ſcheinen/ angefuͤllet/ alſo/ daß
nach dem ſchon ein Loͤwe in Peloponneſus/ ein
Menſch und Ochſe anderwerts vom Himmel
gefallen ſeyn ſoll/ wir mit ehſtem eine Land-Kar-
te des Monden mit den Gemaͤhlden derer darin-
nen wohnenden Thiere zu erwarten haben. So

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[413/0467] Arminius und Thußnelda. lichen Anſtoß an die Elbe; alleine/ als er noch ei- ne Tage-Reiſe davon entfernet war/ und er des Nachts ſeinen Zug fortſetzte/ legte ſich ein ſchwar- tzes Geſpenſte in einem Walde ihm uͤber den Weg/ alſo daß das Pferd mit Schaͤumen zuruͤck prellte/ und weder durch Sporn noch Ruthe uͤber ſolchen Pfad zu bringen war. Nach dem er auch in dem unbeſetzten Fluſſe eine Bruͤcke zu bauen anfing/ uͤberſchlug ſich das Schiff/ und ertrancken die meiſten/ welche den erſten Pfal einſtoſſen wolten. Druſus war hieruͤber be- ſtuͤrtzt/ und nach dem er ihm einbildete/ daß der Schutz-Gott dieſes Fluſſes oder Landes ihm zu wider waͤre/ baute er ſelbtem am Ufer ein Altar von Raſen und Mooß/ verordnete ſelbtem ge- wiſſe Prieſter/ welche ihn durch Wuͤntſche und Beſchwerungen/ und inſonderheit durch Opfe- rung der am Ufer gewachſenen Diſteln ge- ſchwinde zu erſcheinen noͤthigen ſolten. Dru- ſus ſelbſt ſtreute allerhand waͤßrichte Kraͤuter in das Feuer/ ſtrich die Hoheit dieſes edlen Stro- mes hoch heraus/ gelobte ihm nicht nur daſelbſt/ ſondern auch zu Rom einen Tempel zu bauen/ und zu ſeiner Verehrung groͤſſere Andacht/ als die Deutſchen ihm iemals gewiedmet haͤtten/ an- zurichten. Dieſer neue Gottes-Dienſt ward des Abends bey der Demmerung verrichtet/ weil dieſe Zeit denen Waſſer-Goͤttern am ange- nehmſten ſeyn ſoll. Wie nun Druſus und die Prieſter auf eine ſonderbare Erſcheinung war- teten/ flohe unverſehens dem Druſus eine Nacht-Eule uͤber dem Kopfe weg/ von welchen geglaͤubet wird/ daß ſelbte zwar der unholden Goͤtter Abneigungen und kuͤnftiges Un- gluͤck ankuͤndigten/ zugleich aber als Bilder der Weißheit den Menſchen eroͤffneten/ wie ſie allen Trauer-Faͤllen gluͤcklich entkommen ſolten. Es war aber kaum dieſer Ungluͤcks-Vogel fuͤr- bey/ als an dem andern Ufer der Elbe ſich ein die Laͤnge eines Menſchen wohl zweyfach uͤbertref- fendes Weib empor ſtreckte/ und mehr als uͤber die Helfte des Gtromes gegen dem Druſus ge- watet kam. Sie war fingernackt/ die Augen glaͤntzten wie gluͤende Kohlen ihr im Kopfe/ die Haare hingen ihr gantz verworren uͤber die Bruͤſte und Schultern/ und wie ſie ſtehẽ blieb/ hob ſie ihre rechte Hand gegen dem Druſus draͤuen- de auf/ und fing mit einer holen Stimme gegen ihm an: Druſus/ Druſus/ bilde dir nicht ein/ daß der Trieb deiner Ehrſucht ſtaͤrcker ſey/ als die Schutz-Goͤtter dieſes maͤchtigen Stromes/ noch daß dein Hochmuth das Ziel des Verhaͤng- nuͤſſes uͤberfluͤgen koͤnne. Weiche dieſemnach alſofort zuruͤcke/ denn hier iſt das Ende deiner Thaten und deines Lebens. Jedes Wort die- ſes Geiſtes war ein Donner-Schlag in den Oh- ren und dem Hertzen des Druſus. Rhemetalces brach ein: Es iſt unſchwer zu glauben/ nach dem ich dieſe Begebnuͤß ſelbſt nicht ohne Erſchuͤttern anhoͤre/ dafern anders dieſer Begebung voͤlliger Glaube beyzumaͤſſen iſt. Denn die Wunderwercke doͤrffen wegen offter Verfaͤlſchung genauere Pruͤfung als die Muͤntze. Jch ſelbſt habe in Egypten mit mei- nen Augen geſehen/ daß die Crocodile etliche ſich im Nil badende Knaben an dem Geburts-Ta- ge des Apis verſchlungen haben/ da doch ihre Prieſter der gantzen Welt weiß machen wollen/ daß ſie umb ſelbige Zeit ſieben Tage lang zahmer als die Laͤmmer waͤren. Man hat mich zu Rom verlachet/ als ich nach dem Orte gefraget: Wo die Veſtaliſche Jungfrau Valeria Maxi- ma zu Bewehrung ihrer Keuſchheit aus der Ti- ber das Waſſer geſchoͤpft haͤtte/ welches ſie in ei- nem loͤchrichten Siebe in den Tempel der Goͤtter-Mutter getragen. Ja der ſonſt glaub- hafteſten Geſchicht-Schreiber Buͤcher ſind von gantz unglaublichen Dingen/ welche auch fuͤr Traͤume zu alber ſcheinen/ angefuͤllet/ alſo/ daß nach dem ſchon ein Loͤwe in Peloponneſus/ ein Menſch und Ochſe anderwerts vom Himmel gefallen ſeyn ſoll/ wir mit ehſtem eine Land-Kar- te des Monden mit den Gemaͤhlden derer darin- nen wohnenden Thiere zu erwarten haben. So leicht- F f f 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/467>, abgerufen am 16.07.2024.