Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ten Hertzog den Drusus in lincken Arm ver-wundete; Gleichwohl wolte er keinen Fuß breit zurück weichen/ weil er wohl wuste/ daß ein Feldherr in dem Kriegs-Spiele zwar ein Re- chenpfennig von eben dem Ertzte/ als andere Kriegsleute sey/ aber etliche tausend gemeine Pfennige gelte/ und ein demselben begegnender Zufall den seinigen ein unermäßliches Schre- cken dem Feinde eine zweyfache Hertzhafftig- keit zuziehe. Nach einem sechsstündigen hart- näckichten Gefechte aber und als die Römer schon an dem Siege verzweiffelten/ hatten die den Römern noch um einen wiewohl zweyfa- chen iedoch schändlichen Sold dienenden und der Orten mehr kundige Ubier wohl eine Mei- le weges von diesem Schlacht-Platze weg/ einen andern gar nicht besetzten Furth gefunden/ und den Römischen Hinterhalt an sich gezogen/ wel- cher nunmehr die Catten auff der Seite anfiel. Hertzog Arpus/ als er sahe/ daß bey solcher Be- schaffenheit gegen der grossen Menge der Rö- mer länger zu stehen mehr eine verzweiffelte Unvernunfft/ als eine Tapfferkeit wäre/ gab seinen Catten ein Zeichen sich nach und nach zu- rücke in die verhauenen Wälder zu ziehen/ in wel- che wegen allzu grossen Verlusts und Abmat- tung der Römer Drusus sie nicht verfolgen kon- te/ sondern vielmehr des Arpus vorsichtige Zu- rüchweichung einem mittelmäßigen Siege vor- ziehen/ und für eine Hemmung seines Einbruchs rühmen muste. Wie denn Drusus in War- heit an dem Lahnstrome stille zu stehen/ und aus den Besatzungen noch eine Legion nebst zwölff tausend Galliern zu Hülffe zuruffen gezwungen ward. Mit dieser neuen Verstärckung drang Drusus seinem Feinde nach/ welcher inzwischen sich mit etlich tausend Sicambrern und seinen ihnen zu Hülffe geschickten Völckern verstärckt/ und an der Eder gesetzt hatte. Allhier kamen sie mit einander das drittemahl zu schlagen. Hertzog Arpus bediente sich abermahl dieses Flusses zum Vortheil. Denn er hatte seine [Spaltenumbruch] Schlacht-Ordnung gestellet/ daß er mit dem lin- cken Flügel an die Eder stieß/ mit dem rechten an die alsbald hinter ihm darein flüssende Fulde et- liche Meilen oberhalb der Stadt Stereontium/ über welche beyde er etliche Brücken geschlagen hatte/ um auff allen Fall darüber sich zurück zu ziehen. Weil nun die Catten derogestalt auff beyden Seiten versichert standen/ daß die Fein- de nicht einbrechen/ noch auch/ weil die Stirne der Schlacht-Ordnung nicht allzu breit war; Drusus sich seiner Menge völlig bedienen kon- te/ war diese Schlacht so grimmig/ als keine vor- her. Drusus und Arpus kamen dreymahl in Person an einander; und so tapffer jener vor sei- ne Siegs-Ehre fochte/ so behertzt begegnete ihm Arpus für die Freyheit seines Volckes. Das Blutvergiessen währete vom Auffgange der Sonne biß in Abend/ und gleichwohl hatte sich keiner des Sieges zu rühmen. Der Römer waren so viel blieben als der Catten/ der Gallier aber ungleich mehr/ welche Drusus an die Spi- tze stellte/ und den Feind durch die Eder anzu- greiffen befehlicht hatte/ und gleichsam aus ih- rem Verluste denen Römern einen Gewinn zu- zu ziehen vermeinte. Beyde Feldherren waren verwundet/ und die Kriegs-Heere blieben nur drey Bogen-Schüsse weit von einander halten/ mit beliebtem Stillestande die Nacht über ihre Todten zu beerdigen. Eine solche Gülte hat der Friede in sich/ daß auch die Feinde dessen mitten unter dem Geräusche der Waffen nicht entpehren können. Hertzog Arpus aber/ weil er seiner Ehren genug gethan zu haben vermein- te/ auch wohl sahe/ daß seine Völcker gros- sen theils sehr verwundet/ und durchgehends abgemattet/ hingegen viel Römer noch nicht einst zum Treffen kommen waren/ brauch- te sich dieses Stillstandes zu einer neuen Kriegs- List/ welcher sich die Persen/ wenn sie in der Flucht die sie verfolgende Feinde bekämpffen/ bedienen/ und dadurch die Scythen die gröste Ehre einzu- legen vermeinen/ wenn sie andern den Rücken kehren/ Erster Theil. F f f
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ten Hertzog den Druſus in lincken Arm ver-wundete; Gleichwohl wolte er keinen Fuß breit zuruͤck weichen/ weil er wohl wuſte/ daß ein Feldherr in dem Kriegs-Spiele zwar ein Re- chenpfennig von eben dem Ertzte/ als andere Kriegsleute ſey/ aber etliche tauſend gemeine Pfennige gelte/ und ein demſelben begegnender Zufall den ſeinigen ein unermaͤßliches Schre- cken dem Feinde eine zweyfache Hertzhafftig- keit zuziehe. Nach einem ſechsſtuͤndigen hart- naͤckichten Gefechte aber und als die Roͤmer ſchon an dem Siege verzweiffelten/ hatten die den Roͤmern noch um einen wiewohl zweyfa- chen iedoch ſchaͤndlichen Sold dienenden und der Orten mehr kundige Ubier wohl eine Mei- le weges von dieſem Schlacht-Platze weg/ einen andern gar nicht beſetzten Furth gefunden/ und den Roͤmiſchen Hinterhalt an ſich gezogen/ wel- cher nunmehr die Catten auff der Seite anfiel. Hertzog Arpus/ als er ſahe/ daß bey ſolcher Be- ſchaffenheit gegen der groſſen Menge der Roͤ- mer laͤnger zu ſtehen mehr eine verzweiffelte Unvernunfft/ als eine Tapfferkeit waͤre/ gab ſeinen Catten ein Zeichen ſich nach und nach zu- ruͤcke in die verhauenẽ Waͤlder zu ziehen/ in wel- che wegen allzu groſſen Verluſts und Abmat- tung der Roͤmer Druſus ſie nicht verfolgen kon- te/ ſondern vielmehr des Arpus vorſichtige Zu- ruͤchweichung einem mittelmaͤßigen Siege vor- ziehen/ und fuͤr eine Hem̃ung ſeines Einbruchs ruͤhmen muſte. Wie denn Druſus in War- heit an dem Lahnſtrome ſtille zu ſtehen/ und aus den Beſatzungen noch eine Legion nebſt zwoͤlff tauſend Galliern zu Huͤlffe zuruffen gezwungen ward. Mit dieſer neuen Verſtaͤrckung drang Druſus ſeinem Feinde nach/ welcher inzwiſchen ſich mit etlich tauſend Sicambrern und ſeinen ihnen zu Huͤlffe geſchickten Voͤlckern verſtaͤrckt/ und an der Eder geſetzt hatte. Allhier kamen ſie mit einander das drittemahl zu ſchlagen. Hertzog Arpus bediente ſich abermahl dieſes Fluſſes zum Vortheil. Denn er hatte ſeine [Spaltenumbruch] Schlacht-Ordnung geſtellet/ daß eꝛ mit dem lin- cken Fluͤgel an die Eder ſtieß/ mit dem rechten an die alsbald hinter ihm darein fluͤſſende Fulde et- liche Meilen oberhalb der Stadt Stereontium/ uͤber welche beyde er etliche Bruͤcken geſchlagen hatte/ um auff allen Fall daruͤber ſich zuruͤck zu ziehen. Weil nun die Catten derogeſtalt auff beyden Seiten verſichert ſtanden/ daß die Fein- de nicht einbrechen/ noch auch/ weil die Stirne der Schlacht-Ordnung nicht allzu breit war; Druſus ſich ſeiner Menge voͤllig bedienen kon- te/ war dieſe Schlacht ſo grimmig/ als keine vor- her. Druſus und Arpus kamen dreymahl in Perſon an einander; und ſo tapffer jener vor ſei- ne Siegs-Ehre fochte/ ſo behertzt begegnete ihm Arpus fuͤr die Freyheit ſeines Volckes. Das Blutvergieſſen waͤhrete vom Auffgange der Sonne biß in Abend/ und gleichwohl hatte ſich keiner des Sieges zu ruͤhmen. Der Roͤmer waren ſo viel blieben als der Catten/ der Gallier aber ungleich mehr/ welche Druſus an die Spi- tze ſtellte/ und den Feind durch die Eder anzu- greiffen befehlicht hatte/ und gleichſam aus ih- rem Verluſte denen Roͤmern einen Gewinn zu- zu ziehen vermeinte. Beyde Feldherren waren verwundet/ und die Kriegs-Heere blieben nur drey Bogen-Schuͤſſe weit von einander halten/ mit beliebtem Stilleſtande die Nacht uͤber ihre Todten zu beerdigen. Eine ſolche Guͤlte hat der Friede in ſich/ daß auch die Feinde deſſen mitten unter dem Geraͤuſche der Waffen nicht entpehren koͤnnen. Hertzog Arpus aber/ weil er ſeiner Ehren genug gethan zu haben vermein- te/ auch wohl ſahe/ daß ſeine Voͤlcker groſ- ſen theils ſehr verwundet/ und durchgehends abgemattet/ hingegen viel Roͤmer noch nicht einſt zum Treffen kommen waren/ brauch- te ſich dieſes Stillſtandes zu einer neuen Kriegs- Liſt/ welcher ſich die Perſen/ weñ ſie in der Flucht die ſie verfolgende Feinde bekaͤmpffen/ bedienen/ und dadurch die Scythen die groͤſte Ehre einzu- legen vermeinen/ wenn ſie andern den Ruͤcken kehren/ Erſter Theil. F f f
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Arminius und Thußnelda.
ten Hertzog den Druſus in lincken Arm ver-
wundete; Gleichwohl wolte er keinen Fuß
breit zuruͤck weichen/ weil er wohl wuſte/ daß ein
Feldherr in dem Kriegs-Spiele zwar ein Re-
chenpfennig von eben dem Ertzte/ als andere
Kriegsleute ſey/ aber etliche tauſend gemeine
Pfennige gelte/ und ein demſelben begegnender
Zufall den ſeinigen ein unermaͤßliches Schre-
cken dem Feinde eine zweyfache Hertzhafftig-
keit zuziehe. Nach einem ſechsſtuͤndigen hart-
naͤckichten Gefechte aber und als die Roͤmer
ſchon an dem Siege verzweiffelten/ hatten die
den Roͤmern noch um einen wiewohl zweyfa-
chen iedoch ſchaͤndlichen Sold dienenden und
der Orten mehr kundige Ubier wohl eine Mei-
le weges von dieſem Schlacht-Platze weg/ einen
andern gar nicht beſetzten Furth gefunden/ und
den Roͤmiſchen Hinterhalt an ſich gezogen/ wel-
cher nunmehr die Catten auff der Seite anfiel.
Hertzog Arpus/ als er ſahe/ daß bey ſolcher Be-
ſchaffenheit gegen der groſſen Menge der Roͤ-
mer laͤnger zu ſtehen mehr eine verzweiffelte
Unvernunfft/ als eine Tapfferkeit waͤre/ gab
ſeinen Catten ein Zeichen ſich nach und nach zu-
ruͤcke in die verhauenẽ Waͤlder zu ziehen/ in wel-
che wegen allzu groſſen Verluſts und Abmat-
tung der Roͤmer Druſus ſie nicht verfolgen kon-
te/ ſondern vielmehr des Arpus vorſichtige Zu-
ruͤchweichung einem mittelmaͤßigen Siege vor-
ziehen/ und fuͤr eine Hem̃ung ſeines Einbruchs
ruͤhmen muſte. Wie denn Druſus in War-
heit an dem Lahnſtrome ſtille zu ſtehen/ und aus
den Beſatzungen noch eine Legion nebſt zwoͤlff
tauſend Galliern zu Huͤlffe zuruffen gezwungen
ward. Mit dieſer neuen Verſtaͤrckung drang
Druſus ſeinem Feinde nach/ welcher inzwiſchen
ſich mit etlich tauſend Sicambrern und ſeinen
ihnen zu Huͤlffe geſchickten Voͤlckern verſtaͤrckt/
und an der Eder geſetzt hatte. Allhier kamen
ſie mit einander das drittemahl zu ſchlagen.
Hertzog Arpus bediente ſich abermahl dieſes
Fluſſes zum Vortheil. Denn er hatte ſeine
Schlacht-Ordnung geſtellet/ daß eꝛ mit dem lin-
cken Fluͤgel an die Eder ſtieß/ mit dem rechten an
die alsbald hinter ihm darein fluͤſſende Fulde et-
liche Meilen oberhalb der Stadt Stereontium/
uͤber welche beyde er etliche Bruͤcken geſchlagen
hatte/ um auff allen Fall daruͤber ſich zuruͤck zu
ziehen. Weil nun die Catten derogeſtalt auff
beyden Seiten verſichert ſtanden/ daß die Fein-
de nicht einbrechen/ noch auch/ weil die Stirne
der Schlacht-Ordnung nicht allzu breit war;
Druſus ſich ſeiner Menge voͤllig bedienen kon-
te/ war dieſe Schlacht ſo grimmig/ als keine vor-
her. Druſus und Arpus kamen dreymahl in
Perſon an einander; und ſo tapffer jener vor ſei-
ne Siegs-Ehre fochte/ ſo behertzt begegnete ihm
Arpus fuͤr die Freyheit ſeines Volckes. Das
Blutvergieſſen waͤhrete vom Auffgange der
Sonne biß in Abend/ und gleichwohl hatte ſich
keiner des Sieges zu ruͤhmen. Der Roͤmer
waren ſo viel blieben als der Catten/ der Gallier
aber ungleich mehr/ welche Druſus an die Spi-
tze ſtellte/ und den Feind durch die Eder anzu-
greiffen befehlicht hatte/ und gleichſam aus ih-
rem Verluſte denen Roͤmern einen Gewinn zu-
zu ziehen vermeinte. Beyde Feldherren waren
verwundet/ und die Kriegs-Heere blieben nur
drey Bogen-Schuͤſſe weit von einander halten/
mit beliebtem Stilleſtande die Nacht uͤber ihre
Todten zu beerdigen. Eine ſolche Guͤlte hat
der Friede in ſich/ daß auch die Feinde deſſen
mitten unter dem Geraͤuſche der Waffen nicht
entpehren koͤnnen. Hertzog Arpus aber/ weil
er ſeiner Ehren genug gethan zu haben vermein-
te/ auch wohl ſahe/ daß ſeine Voͤlcker groſ-
ſen theils ſehr verwundet/ und durchgehends
abgemattet/ hingegen viel Roͤmer noch nicht
einſt zum Treffen kommen waren/ brauch-
te ſich dieſes Stillſtandes zu einer neuen Kriegs-
Liſt/ welcher ſich die Perſen/ weñ ſie in der Flucht
die ſie verfolgende Feinde bekaͤmpffen/ bedienen/
und dadurch die Scythen die groͤſte Ehre einzu-
legen vermeinen/ wenn ſie andern den Ruͤcken
kehren/
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/463>, abgerufen am 16.07.2024. |