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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelden.
[Spaltenumbruch] ben dem Käyser das höchste Urthel über alle Din-
ge gegeben/ dem Drusus aber nur die Ehre ei-
nes Gehorsams übrig gelassen. Drusus ver-
setzte: Er wüste in alle Wege die neue Art der
Dienstbarkeit/ daß hohe Häuser aus der Hand
der Fürsten ihre Liebsten empfangen müssen/
wormit diese entweder ihre Buhlschafften wohl
angewehrten/ oder vermögende Geschlechter
durch Vermählung armer oder niedriger Dir-
nen/ in mittelmässigen Schrancken behielten/
oder durch Antrauung ihrer Baasen/ welche ei-
nen Königlichen Unterhalt erforderten/ ihnen
ein und andere Schwung-Feder ausraufften.
Wiewohl nun alles diß in gegenwärtigem Falle
nicht einträffe; iedoch die Gütigkeit des Käysers
ihn etwas bedenckliches besorgen/ ja sich auch die-
se Gewalt der Fürsten nicht iegliche Heyrath zu
erlauben weder tadeln/ noch hintertreiben liesse;
so wäre doch noch niemals in Schwung kom-
men/ daß man einem wider Willen zu heyrathen
schlechter dings aufbürdete. Denn diese An-
nöthigung hätte in sich ungleich mehr Dienst-
barkeit/ als jene Verweigerung. Und die Ge-
setze erlaubten diesen Zwang auch so gar nicht der
väterlichen Gewalt. Livia stund mit Entrü-
stung auf/ und fing an: Drusus/ Drusus/
kanst du es wohl übers Hertz bringen/ einer dich
so hertzlich liebenden Mutter Einrathung so
verächtlich in Wind zu schlagen? Traust du es
wohl zu verantworten/ dessen Gewalt der väter-
lichen nachzusetzen/ welchen iedermann für den
Vater des Vaterlandes verehret? Drusus ant-
wortete mit tieffster Demütigung: Jch ent-
schlüsse mich zu verehlichen/ allerliebste Mutter/
wenn sie es ja für gut ansihet. Aber warumb
redet sie mir nicht das Wort bey der unver-
gleichlichen Julia? Und da mir der Käyser so
wohl wil; warumb gönnet er mir nicht lieber
seine Tochter/ als seine Baase? Livia begegnete
ihm mit mehrer Heftigkeit: Meynst du/ ich wisse
nicht/ daß hier der Hund begraben liegt/ und
[Spaltenumbruch] daß die Gestalt der dich doch verschmähenden
Julia dich gefesselt habe? Hiermit zeigte sie ihm
den gefundenen Brief. Aber laß dir diese
Einbildung nur bey Zeite vergehen/ und schlag
dir so schädlich und unmöglich Ding alsbald
aus dem Sinne. Mache dir aus einer flüch-
tigen Schönheit keinen Abgott; zünde der in
deinem Hertzen keinen Weyrauch an/ welche
ihren Leib zu einem stinckenden Grabe vieler
Uppigkeiten machet. Meynst du bey Julien
einen Uberfluß der Annehmligkeit zu finden/
welche ihre zwey Männer Marcellus und A-
grippa/ für längst abgemenyet? Wolte aber Gott!
es wäre keine frembde Sichel in ihre Erndte
kommen! Aber leider! diese irrdische Sonne
hat ihre Straalen iedermann gemein gemacht/
in dem aber hat sie es der Sonne nicht nach-
thun wollen/ daß wie diese niemals ohne die
Morgen - Röthe aufgehet/ also sie sich aus
Schamhaftigkeit iemals gefärbet hätte. Hin-
gegen verschmähest du die noch frischen Knospen
Antoniens/ welcher die Keuschheit selbst aus
den Augen siht/ und die/ welche der Käyser für
seine Tochter aufgenommen/ weil er Julien
solcher Ehre nicht mehr würdig schätzt. Jch
bin froh/ daß du keine blinde Liebe zu Antonien
trägst/ weil du sie ehlichen sollst. Denn die
unvernünftige Begierde ist ein Leitstern zu
einer unglücklichen Heyrath/ und verliebt seyn
ein wahnsinniger Geferte der Ehleute. Die-
ser erstes Kind ist die Eifersucht/ und das ande-
re Haß. Die Eh soll eine Art der vollkom-
mensten/ und also auch der tauerhaftesten
Freundschafft seyn. Weil nun aber der
Verliebten Trieb ein schneller Feuer ist/ als der
Blitz/ welcher zwar alles einäschert/ aber selbst
bald verschwindet; hat selbter keine Geschick-
ligkeit den unverzehrlichen Zunder einer so
beständigen Vereinbarung lange zu unterhal-
ten. Die unter der Asche glimmenden
Kohlen halten länger Feuer/ als die in der

Glut

Arminius und Thußnelden.
[Spaltenumbruch] ben dem Kaͤyſer das hoͤchſte Urthel uͤber alle Din-
ge gegeben/ dem Druſus aber nur die Ehre ei-
nes Gehorſams uͤbrig gelaſſen. Druſus ver-
ſetzte: Er wuͤſte in alle Wege die neue Art der
Dienſtbarkeit/ daß hohe Haͤuſer aus der Hand
der Fuͤrſten ihre Liebſten empfangen muͤſſen/
wormit dieſe entweder ihre Buhlſchafften wohl
angewehrten/ oder vermoͤgende Geſchlechter
durch Vermaͤhlung armer oder niedriger Dir-
nen/ in mittelmaͤſſigen Schrancken behielten/
oder durch Antrauung ihrer Baaſen/ welche ei-
nen Koͤniglichen Unterhalt erforderten/ ihnen
ein und andere Schwung-Feder ausraufften.
Wiewohl nun alles diß in gegenwaͤrtigem Falle
nicht eintraͤffe; iedoch die Guͤtigkeit des Kaͤyſers
ihn etwas bedenckliches beſorgen/ ja ſich auch die-
ſe Gewalt der Fuͤrſten nicht iegliche Heyrath zu
erlauben weder tadeln/ noch hintertreiben lieſſe;
ſo waͤre doch noch niemals in Schwung kom-
men/ daß man einem wider Willen zu heyrathen
ſchlechter dings aufbuͤrdete. Denn dieſe An-
noͤthigung haͤtte in ſich ungleich mehr Dienſt-
barkeit/ als jene Verweigerung. Und die Ge-
ſetze erlaubten dieſen Zwang auch ſo gar nicht der
vaͤterlichen Gewalt. Livia ſtund mit Entruͤ-
ſtung auf/ und fing an: Druſus/ Druſus/
kanſt du es wohl uͤbers Hertz bringen/ einer dich
ſo hertzlich liebenden Mutter Einrathung ſo
veraͤchtlich in Wind zu ſchlagen? Trauſt du es
wohl zu verantworten/ deſſen Gewalt der vaͤter-
lichen nachzuſetzen/ welchen iedermann fuͤr den
Vater des Vaterlandes verehret? Druſus ant-
wortete mit tieffſter Demuͤtigung: Jch ent-
ſchluͤſſe mich zu verehlichen/ allerliebſte Mutter/
wenn ſie es ja fuͤr gut anſihet. Aber warumb
redet ſie mir nicht das Wort bey der unver-
gleichlichen Julia? Und da mir der Kaͤyſer ſo
wohl wil; warumb goͤnnet er mir nicht lieber
ſeine Tochter/ als ſeine Baaſe? Livia begegnete
ihm mit mehrer Heftigkeit: Meynſt du/ ich wiſſe
nicht/ daß hier der Hund begraben liegt/ und
[Spaltenumbruch] daß die Geſtalt der dich doch verſchmaͤhenden
Julia dich gefeſſelt habe? Hiermit zeigte ſie ihm
den gefundenen Brief. Aber laß dir dieſe
Einbildung nur bey Zeite vergehen/ und ſchlag
dir ſo ſchaͤdlich und unmoͤglich Ding alsbald
aus dem Sinne. Mache dir aus einer fluͤch-
tigen Schoͤnheit keinen Abgott; zuͤnde der in
deinem Hertzen keinen Weyrauch an/ welche
ihren Leib zu einem ſtinckenden Grabe vieler
Uppigkeiten machet. Meynſt du bey Julien
einen Uberfluß der Annehmligkeit zu finden/
welche ihre zwey Maͤnner Marcellus und A-
grippa/ fuͤr laͤngſt abgemẽyet? Wolte aber Gott!
es waͤre keine frembde Sichel in ihre Erndte
kommen! Aber leider! dieſe irrdiſche Sonne
hat ihre Straalen iedermann gemein gemacht/
in dem aber hat ſie es der Sonne nicht nach-
thun wollen/ daß wie dieſe niemals ohne die
Morgen - Roͤthe aufgehet/ alſo ſie ſich aus
Schamhaftigkeit iemals gefaͤrbet haͤtte. Hin-
gegen verſchmaͤheſt du die noch friſchen Knoſpen
Antoniens/ welcher die Keuſchheit ſelbſt aus
den Augen ſiht/ und die/ welche der Kaͤyſer fuͤr
ſeine Tochter aufgenommen/ weil er Julien
ſolcher Ehre nicht mehr wuͤrdig ſchaͤtzt. Jch
bin froh/ daß du keine blinde Liebe zu Antonien
traͤgſt/ weil du ſie ehlichen ſollſt. Denn die
unvernuͤnftige Begierde iſt ein Leitſtern zu
einer ungluͤcklichen Heyrath/ und verliebt ſeyn
ein wahnſinniger Geferte der Ehleute. Die-
ſer erſtes Kind iſt die Eiferſucht/ und das ande-
re Haß. Die Eh ſoll eine Art der vollkom-
menſten/ und alſo auch der tauerhafteſten
Freundſchafft ſeyn. Weil nun aber der
Verliebten Trieb ein ſchneller Feuer iſt/ als der
Blitz/ welcher zwar alles einaͤſchert/ aber ſelbſt
bald verſchwindet; hat ſelbter keine Geſchick-
ligkeit den unverzehrlichen Zunder einer ſo
beſtaͤndigen Vereinbarung lange zu unterhal-
ten. Die unter der Aſche glimmenden
Kohlen halten laͤnger Feuer/ als die in der

Glut
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[399/0453] Arminius und Thußnelden. ben dem Kaͤyſer das hoͤchſte Urthel uͤber alle Din- ge gegeben/ dem Druſus aber nur die Ehre ei- nes Gehorſams uͤbrig gelaſſen. Druſus ver- ſetzte: Er wuͤſte in alle Wege die neue Art der Dienſtbarkeit/ daß hohe Haͤuſer aus der Hand der Fuͤrſten ihre Liebſten empfangen muͤſſen/ wormit dieſe entweder ihre Buhlſchafften wohl angewehrten/ oder vermoͤgende Geſchlechter durch Vermaͤhlung armer oder niedriger Dir- nen/ in mittelmaͤſſigen Schrancken behielten/ oder durch Antrauung ihrer Baaſen/ welche ei- nen Koͤniglichen Unterhalt erforderten/ ihnen ein und andere Schwung-Feder ausraufften. Wiewohl nun alles diß in gegenwaͤrtigem Falle nicht eintraͤffe; iedoch die Guͤtigkeit des Kaͤyſers ihn etwas bedenckliches beſorgen/ ja ſich auch die- ſe Gewalt der Fuͤrſten nicht iegliche Heyrath zu erlauben weder tadeln/ noch hintertreiben lieſſe; ſo waͤre doch noch niemals in Schwung kom- men/ daß man einem wider Willen zu heyrathen ſchlechter dings aufbuͤrdete. Denn dieſe An- noͤthigung haͤtte in ſich ungleich mehr Dienſt- barkeit/ als jene Verweigerung. Und die Ge- ſetze erlaubten dieſen Zwang auch ſo gar nicht der vaͤterlichen Gewalt. Livia ſtund mit Entruͤ- ſtung auf/ und fing an: Druſus/ Druſus/ kanſt du es wohl uͤbers Hertz bringen/ einer dich ſo hertzlich liebenden Mutter Einrathung ſo veraͤchtlich in Wind zu ſchlagen? Trauſt du es wohl zu verantworten/ deſſen Gewalt der vaͤter- lichen nachzuſetzen/ welchen iedermann fuͤr den Vater des Vaterlandes verehret? Druſus ant- wortete mit tieffſter Demuͤtigung: Jch ent- ſchluͤſſe mich zu verehlichen/ allerliebſte Mutter/ wenn ſie es ja fuͤr gut anſihet. Aber warumb redet ſie mir nicht das Wort bey der unver- gleichlichen Julia? Und da mir der Kaͤyſer ſo wohl wil; warumb goͤnnet er mir nicht lieber ſeine Tochter/ als ſeine Baaſe? Livia begegnete ihm mit mehrer Heftigkeit: Meynſt du/ ich wiſſe nicht/ daß hier der Hund begraben liegt/ und daß die Geſtalt der dich doch verſchmaͤhenden Julia dich gefeſſelt habe? Hiermit zeigte ſie ihm den gefundenen Brief. Aber laß dir dieſe Einbildung nur bey Zeite vergehen/ und ſchlag dir ſo ſchaͤdlich und unmoͤglich Ding alsbald aus dem Sinne. Mache dir aus einer fluͤch- tigen Schoͤnheit keinen Abgott; zuͤnde der in deinem Hertzen keinen Weyrauch an/ welche ihren Leib zu einem ſtinckenden Grabe vieler Uppigkeiten machet. Meynſt du bey Julien einen Uberfluß der Annehmligkeit zu finden/ welche ihre zwey Maͤnner Marcellus und A- grippa/ fuͤr laͤngſt abgemẽyet? Wolte aber Gott! es waͤre keine frembde Sichel in ihre Erndte kommen! Aber leider! dieſe irrdiſche Sonne hat ihre Straalen iedermann gemein gemacht/ in dem aber hat ſie es der Sonne nicht nach- thun wollen/ daß wie dieſe niemals ohne die Morgen - Roͤthe aufgehet/ alſo ſie ſich aus Schamhaftigkeit iemals gefaͤrbet haͤtte. Hin- gegen verſchmaͤheſt du die noch friſchen Knoſpen Antoniens/ welcher die Keuſchheit ſelbſt aus den Augen ſiht/ und die/ welche der Kaͤyſer fuͤr ſeine Tochter aufgenommen/ weil er Julien ſolcher Ehre nicht mehr wuͤrdig ſchaͤtzt. Jch bin froh/ daß du keine blinde Liebe zu Antonien traͤgſt/ weil du ſie ehlichen ſollſt. Denn die unvernuͤnftige Begierde iſt ein Leitſtern zu einer ungluͤcklichen Heyrath/ und verliebt ſeyn ein wahnſinniger Geferte der Ehleute. Die- ſer erſtes Kind iſt die Eiferſucht/ und das ande- re Haß. Die Eh ſoll eine Art der vollkom- menſten/ und alſo auch der tauerhafteſten Freundſchafft ſeyn. Weil nun aber der Verliebten Trieb ein ſchneller Feuer iſt/ als der Blitz/ welcher zwar alles einaͤſchert/ aber ſelbſt bald verſchwindet; hat ſelbter keine Geſchick- ligkeit den unverzehrlichen Zunder einer ſo beſtaͤndigen Vereinbarung lange zu unterhal- ten. Die unter der Aſche glimmenden Kohlen halten laͤnger Feuer/ als die in der Glut

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/453>, abgerufen am 20.05.2024.