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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] aber waren so erbittert/ daß sie biß an Hals ins
Wasser ihnen nachsetzten/ die noch festen Schif-
fe anzündeten oder mit Beilen Löcher darein
hackten; theils mit denen etwan ertapten
Schiff-Seilen die sich hebenden Schiffe anhiel-
ten; ja wenn schon ihnen eine Hand abgehackt
war/ mit der andern ja mit den Zähnen die Ab-
farth verwehreten. Allem Ansehn nach wäre
auch kein Schif und keine Gebeine von den Rö-
mern darvon kommen/ wenn nicht die hertzhaf-
ten Friesen ihnen zur Hülffe erschienen wären/
und nicht allein ein Nord-Ost-Wind/ sondern
auch der gleich einfallende Neu-Mond mit
Aufschwellung des Salpeter- und saltzichten
Wassers die Fluth ehe und höher/ als sonst ins-
gemein allhier geschiehet/ über die flachen Ufer
ergossen/ und die Abfarth der noch etwan übri-
gen funfzig Schiffe beschleuniget hätte. Also
muste Drusus nach Verlust des Kerns und grö-
sten Theils seiner Kriegs-Leute nach der Jnsel
Birchanis traurig zurück segeln/ und/ weil fast
niemand unverwundet blieben/ daselbst/ und bey
den treuhertzige[n] Friesen ausruhen/ endlich an
den Rhein zurück kehren/ und von dar sich nach
Rom/ allwo er abermahls zum Stadtvogt er-
wehlet ward/ und dem Käyser aus denen so
treuen Friesen eine auserlesene Leibwache mit-
nahm/ bey anbrechendem Winter begeben. Un-
terdessen räumten die Römer alle Plätze/ welche
sie nicht nur in dem Eylande/ sondern auch auff
dem Gallischen Gebiete der Bataver erobert
hatten/ auser der Festung Carvo und Blariach
an der Maaß; welchen erstern Ort aber Cario-
valda belagerte und einnahm; ungeachtet es
schien/ daß die Römer selbten leicht hätten entse-
tzen können. Welche zwischen beyden sich ereig-
nenden Lauligkeit fast iederman überredete/ daß
Drusus und Cariovalda insgeheim mit einan-
der verglichen wären; nur/ daß dieser solches we-
gen besorgter übelen Nachrede verhölete/ daß er
die aus blosser Guthertzigkeit für die Bataver
kriegende Deutschen im Stiche liesse.

[Spaltenumbruch]

Nachdem aber der großmüthige Drusus wol
verstand/ daß der Pöfel in seinen Rathschlägen
sein Absehn nur auf seinen Nutzen und Gemäch-
ligkeit habe; ein Fürst aber nach einem guten
Nachruhme unersättlich streben solle; sintemal
der Tod beyden gemein/ jener Grab aber durch
Ver gessenheit/ dieser durch Ehren gedächtnüsse
von einander unterschieden ist; so war es ihm un-
möglich/ in dem wollüstigen Rom lange zu ra-
sten. Denn ein grosser Geist findet nicht an-
ders/ als die Sonne in steter Bewegung/ seine
Ruh; und er wil lieber wie ein Lufft-Gestirne
sich in Gestalt eines strahlenden Sternes einä-
schern/ als wie ein trüber Nebel die Thäler be-
brüten. Uberdiß nagte die Rache wegen desletz-
tern Verlustes Tag und Nacht an seinem Her-
tzen; die nach Art einer geneckten Biene ihrem
Feinde einen Stich beyzubringen trachtet/ soll
sie gleich selbst darüber ihr Leben einbüssen. Au-
gustus aber hatte ebenfals Lust darzu. Denn er
wolte seinem Vater dem Käyser Julius/ der
zweymal eine Brücke über den Rhein geschla-
gen/ nichts nachgeben; Wiewol er diese seine ei-
gene Ehrsucht mit dem Vorwand bekleidete/
daß er die Deutschen nur dem Julius zu Ehren
und der von ihm gebrochenen Vahne nachzufol-
gen bekriegte. Diesemnach kam der Drusus am
Frühjahre mit einem frischen Kriegsheere wie-
der am Rheine an/ schlug eine Brücke darüber/
und fiel bey denen Usipeten ein/ in willens durch
selbte und die Tencterer bey den Chautzen einzu-
brechen. Die Usipeter und die Sicambrer lang-
ten bey des Drusus verlautender Ankunfft alle
Nachtbarn/ und insonderheit die Catten umb
Hülffe an; zumal die Usipeten ja den Catten ihr
Land geräumt/ und ihnen am Rheine mit Ver-
treibung der Menapier durchs Schwerd einen
Auffenthalt gesucht hatten. Gleichwohl aber
blieben aus denen benachbarten die Catten allei-
ne mit ihren Hülffs-Völckern aussen; entweder
weil sie den Usipeten/ als von ihnen verletzten/
gram waren/ oder die allgemeine Gefahr weder

so

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] aber waren ſo erbittert/ daß ſie biß an Hals ins
Waſſer ihnen nachſetzten/ die noch feſten Schif-
fe anzuͤndeten oder mit Beilen Loͤcher darein
hackten; theils mit denen etwan ertapten
Schiff-Seilen die ſich hebenden Schiffe anhiel-
ten; ja wenn ſchon ihnen eine Hand abgehackt
war/ mit der andern ja mit den Zaͤhnen die Ab-
farth verwehreten. Allem Anſehn nach waͤre
auch kein Schif und keine Gebeine von den Roͤ-
mern darvon kommen/ wenn nicht die hertzhaf-
ten Frieſen ihnen zur Huͤlffe erſchienen waͤren/
und nicht allein ein Nord-Oſt-Wind/ ſondern
auch der gleich einfallende Neu-Mond mit
Aufſchwellung des Salpeter- und ſaltzichten
Waſſers die Fluth ehe und hoͤher/ als ſonſt ins-
gemein allhier geſchiehet/ uͤber die flachen Ufer
ergoſſen/ und die Abfarth der noch etwan uͤbri-
gen funfzig Schiffe beſchleuniget haͤtte. Alſo
muſte Druſus nach Verluſt des Kerns und groͤ-
ſten Theils ſeiner Kriegs-Leute nach der Jnſel
Birchanis traurig zuruͤck ſegeln/ und/ weil faſt
niemand unverwundet blieben/ daſelbſt/ und bey
den treuhertzige[n] Frieſen ausruhen/ endlich an
den Rhein zuruͤck kehren/ und von dar ſich nach
Rom/ allwo er abermahls zum Stadtvogt er-
wehlet ward/ und dem Kaͤyſer aus denen ſo
treuen Frieſen eine auserleſene Leibwache mit-
nahm/ bey anbrechendem Winter begeben. Un-
terdeſſen raͤumten die Roͤmer alle Plaͤtze/ welche
ſie nicht nur in dem Eylande/ ſondern auch auff
dem Galliſchen Gebiete der Bataver erobert
hatten/ auſer der Feſtung Carvo und Blariach
an der Maaß; welchen erſtern Ort aber Cario-
valda belagerte und einnahm; ungeachtet es
ſchien/ daß die Roͤmer ſelbten leicht haͤtten entſe-
tzen koͤnnen. Welche zwiſchen beyden ſich ereig-
nenden Lauligkeit faſt iederman uͤberredete/ daß
Druſus und Cariovalda insgeheim mit einan-
der verglichen waͤren; nur/ daß dieſer ſolches we-
gen beſorgter uͤbelen Nachrede verhoͤlete/ daß er
die aus bloſſer Guthertzigkeit fuͤr die Bataver
kriegende Deutſchen im Stiche lieſſe.

[Spaltenumbruch]

Nachdem aber der großmuͤthige Druſus wol
verſtand/ daß der Poͤfel in ſeinen Rathſchlaͤgen
ſein Abſehn nur auf ſeinen Nutzen und Gemaͤch-
ligkeit habe; ein Fuͤrſt aber nach einem guten
Nachruhme unerſaͤttlich ſtreben ſolle; ſintemal
der Tod beyden gemein/ jener Grab aber durch
Ver geſſenheit/ dieſer durch Ehren gedaͤchtnuͤſſe
von einander unterſchieden iſt; ſo war es ihm un-
moͤglich/ in dem wolluͤſtigen Rom lange zu ra-
ſten. Denn ein groſſer Geiſt findet nicht an-
ders/ als die Sonne in ſteter Bewegung/ ſeine
Ruh; und er wil lieber wie ein Lufft-Geſtirne
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ſchern/ als wie ein truͤber Nebel die Thaͤler be-
bruͤten. Uberdiß nagte die Rache wegen desletz-
tern Verluſtes Tag und Nacht an ſeinem Her-
tzen; die nach Art einer geneckten Biene ihrem
Feinde einen Stich beyzubringen trachtet/ ſoll
ſie gleich ſelbſt daruͤber ihr Leben einbuͤſſen. Au-
guſtus aber hatte ebenfals Luſt darzu. Denn er
wolte ſeinem Vater dem Kaͤyſer Julius/ der
zweymal eine Bruͤcke uͤber den Rhein geſchla-
gen/ nichts nachgeben; Wiewol er dieſe ſeine ei-
gene Ehrſucht mit dem Vorwand bekleidete/
daß er die Deutſchen nur dem Julius zu Ehren
und der von ihm gebrochenen Vahne nachzufol-
gen bekriegte. Dieſemnach kam der Druſus am
Fruͤhjahre mit einem friſchen Kriegsheere wie-
der am Rheine an/ ſchlug eine Bruͤcke daruͤber/
und fiel bey denen Uſipeten ein/ in willens durch
ſelbte und die Tencterer bey den Chautzen einzu-
brechen. Die Uſipeter und die Sicambrer lang-
ten bey des Druſus verlautender Ankunfft alle
Nachtbarn/ und inſonderheit die Catten umb
Huͤlffe an; zumal die Uſipeten ja den Catten ihr
Land geraͤumt/ und ihnen am Rheine mit Ver-
treibung der Menapier durchs Schwerd einen
Auffenthalt geſucht hatten. Gleichwohl aber
blieben aus denen benachbarten die Catten allei-
ne mit ihren Huͤlffs-Voͤlckern auſſen; entweder
weil ſie den Uſipeten/ als von ihnen verletzten/
gram waren/ oder die allgemeine Gefahr weder

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[378/0432] Vierdtes Buch aber waren ſo erbittert/ daß ſie biß an Hals ins Waſſer ihnen nachſetzten/ die noch feſten Schif- fe anzuͤndeten oder mit Beilen Loͤcher darein hackten; theils mit denen etwan ertapten Schiff-Seilen die ſich hebenden Schiffe anhiel- ten; ja wenn ſchon ihnen eine Hand abgehackt war/ mit der andern ja mit den Zaͤhnen die Ab- farth verwehreten. Allem Anſehn nach waͤre auch kein Schif und keine Gebeine von den Roͤ- mern darvon kommen/ wenn nicht die hertzhaf- ten Frieſen ihnen zur Huͤlffe erſchienen waͤren/ und nicht allein ein Nord-Oſt-Wind/ ſondern auch der gleich einfallende Neu-Mond mit Aufſchwellung des Salpeter- und ſaltzichten Waſſers die Fluth ehe und hoͤher/ als ſonſt ins- gemein allhier geſchiehet/ uͤber die flachen Ufer ergoſſen/ und die Abfarth der noch etwan uͤbri- gen funfzig Schiffe beſchleuniget haͤtte. Alſo muſte Druſus nach Verluſt des Kerns und groͤ- ſten Theils ſeiner Kriegs-Leute nach der Jnſel Birchanis traurig zuruͤck ſegeln/ und/ weil faſt niemand unverwundet blieben/ daſelbſt/ und bey den treuhertzigen Frieſen ausruhen/ endlich an den Rhein zuruͤck kehren/ und von dar ſich nach Rom/ allwo er abermahls zum Stadtvogt er- wehlet ward/ und dem Kaͤyſer aus denen ſo treuen Frieſen eine auserleſene Leibwache mit- nahm/ bey anbrechendem Winter begeben. Un- terdeſſen raͤumten die Roͤmer alle Plaͤtze/ welche ſie nicht nur in dem Eylande/ ſondern auch auff dem Galliſchen Gebiete der Bataver erobert hatten/ auſer der Feſtung Carvo und Blariach an der Maaß; welchen erſtern Ort aber Cario- valda belagerte und einnahm; ungeachtet es ſchien/ daß die Roͤmer ſelbten leicht haͤtten entſe- tzen koͤnnen. Welche zwiſchen beyden ſich ereig- nenden Lauligkeit faſt iederman uͤberredete/ daß Druſus und Cariovalda insgeheim mit einan- der verglichen waͤren; nur/ daß dieſer ſolches we- gen beſorgter uͤbelen Nachrede verhoͤlete/ daß er die aus bloſſer Guthertzigkeit fuͤr die Bataver kriegende Deutſchen im Stiche lieſſe. Nachdem aber der großmuͤthige Druſus wol verſtand/ daß der Poͤfel in ſeinen Rathſchlaͤgen ſein Abſehn nur auf ſeinen Nutzen und Gemaͤch- ligkeit habe; ein Fuͤrſt aber nach einem guten Nachruhme unerſaͤttlich ſtreben ſolle; ſintemal der Tod beyden gemein/ jener Grab aber durch Ver geſſenheit/ dieſer durch Ehren gedaͤchtnuͤſſe von einander unterſchieden iſt; ſo war es ihm un- moͤglich/ in dem wolluͤſtigen Rom lange zu ra- ſten. Denn ein groſſer Geiſt findet nicht an- ders/ als die Sonne in ſteter Bewegung/ ſeine Ruh; und er wil lieber wie ein Lufft-Geſtirne ſich in Geſtalt eines ſtrahlenden Sternes einaͤ- ſchern/ als wie ein truͤber Nebel die Thaͤler be- bruͤten. Uberdiß nagte die Rache wegen desletz- tern Verluſtes Tag und Nacht an ſeinem Her- tzen; die nach Art einer geneckten Biene ihrem Feinde einen Stich beyzubringen trachtet/ ſoll ſie gleich ſelbſt daruͤber ihr Leben einbuͤſſen. Au- guſtus aber hatte ebenfals Luſt darzu. Denn er wolte ſeinem Vater dem Kaͤyſer Julius/ der zweymal eine Bruͤcke uͤber den Rhein geſchla- gen/ nichts nachgeben; Wiewol er dieſe ſeine ei- gene Ehrſucht mit dem Vorwand bekleidete/ daß er die Deutſchen nur dem Julius zu Ehren und der von ihm gebrochenen Vahne nachzufol- gen bekriegte. Dieſemnach kam der Druſus am Fruͤhjahre mit einem friſchen Kriegsheere wie- der am Rheine an/ ſchlug eine Bruͤcke daruͤber/ und fiel bey denen Uſipeten ein/ in willens durch ſelbte und die Tencterer bey den Chautzen einzu- brechen. Die Uſipeter und die Sicambrer lang- ten bey des Druſus verlautender Ankunfft alle Nachtbarn/ und inſonderheit die Catten umb Huͤlffe an; zumal die Uſipeten ja den Catten ihr Land geraͤumt/ und ihnen am Rheine mit Ver- treibung der Menapier durchs Schwerd einen Auffenthalt geſucht hatten. Gleichwohl aber blieben aus denen benachbarten die Catten allei- ne mit ihren Huͤlffs-Voͤlckern auſſen; entweder weil ſie den Uſipeten/ als von ihnen verletzten/ gram waren/ oder die allgemeine Gefahr weder ſo

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/432>, abgerufen am 12.05.2024.