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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Schiffe mit ihren Feuer-Töpffen anfielen/ und
derer etliche in Brand brachten; Also die Rö-
mer auf allen Seiten zwischen Thür und An-
gel schwebten. So fing auch das Wasser an
sich schon wieder zu zeigen/ und den Römern den
endlichen Untergang anzudräuen; massen die
Chautzen sich bereit wieder mit ihren Kahnen
und Feuerwercken zu Anzündung der in dem
seichten Wasser unbeweglichen Schiffe fertig
machten. Drusus ließ gleichwohl das Hertze
nicht fallen/ sondern erzeigte sich allenthalben
als einen tapfferen Kriegs-Held/ und als einen
vorsichtigen Feldherrn. Bey solchem ver-
zweiffelten Zustande liessen sich endlich die
Kriegs-Zeichen der Friesischen Hülffs-Völcker
sehen/ welche auff die Chautzen/ die bey dem be-
reit zehnstündigen Gefechte auch nicht Seide
gesponnen hatten/ gerade loß giengen/ und
dardurch den Römern ein neues Hertze zum
fechten machten. Aber wie ein kluger Feld-
Oberster sich auff alle unversehene Zufälle ge-
schickt macht/ also hatte auch Hertzog Ganasch
einen starcken Hinterhalt hinter etlichen Hü-
geln stehen/ die er alsofort befehlichte/ denen Frie-
sen die Stirne zu bieten. Diese hatten ihnen
nicht eingebildet/ die Chautzen in so guter Ver-
fassung/ die Römer aber im Gedränge und an
einem so schlimmen Orte zu finden. Ob nun
wohl Hertzog Theudo mit seinem Kriegs-Vol-
cke tapffer ansetzte/ so sahe er doch wol/ daß ihm
nicht nur die Chautzen überlegen wären/ son-
dern das allgemach ausschwellende Wasser sie
beyde von einander trennen/ und also in die Ge-
walt ihrer Feinde liefern würde. Diesemnach
lenckte er bey währendem Treffen so viel immer
möglich gegen die Römer ab/ wormit sie zusam-
men stossen/ ihre Schiffe als das einige Mittel
ihres Heiles beschirmen/ und endlich so gut sie
könten mit Ehren aus diesem Schiffbruche zu-
rück kommen könten. Hertzog Ganasch nam
diß Absehn alsofort wahr; und also vermochten
die Friesen keinen Fuß breit fortzu rücken/ den
[Spaltenumbruch] sie nicht mit Aufopfferung vieler Todten bezah-
len musten. Zumal die Chautzen auf sie/ als
Deutsche mehr/ als auff die Römer/ erbittert
waren/ und sie so viel grimmiger anfielen. Die
Römer breiteten ihren rechten Flügel zwar ge-
gen die Friesen so viel möglich aus/ um beyde
Völcker an eine Schlacht-Ordnung zu hen-
cken; aber es kostete sie viel edlen Blutes. End-
lich kamen sie gleichwol zusammen/ als die Römer
schon fast biß an die Knie im Wasser standen.
Hertzog Theudo gab hierauf alsofort dem mit
Blut und Schlamm bespritzten/ und fast nicht
kennbaren Drusus zu verstehen: Es wäre nicht
länger Zeit dar zu stehen/ sondern er solte/ so gut
er könte/ sich mit den Römern auff die Schifse
wieder verfügen/ er wolte inzwischen mit seinen
des Wassers mehr gewohnten Friesen die Fein-
de so viel möglich aufhalten. Drusus erstarrte
über der Treue dieses kaum versohnten Fein-
des/ umarmte ihn also mit diesen Worten: Er
wolte zwar seinem Rathe folgen und die Seini-
gen sich auf die Schiffe flüchten lassen; Aber die
Götter möchten ihn in diese Leichtsinnigkeit
nicht verfallen lassen/ daß er sich von eines so
treuen Freundes Seite solte trennen lassen.
Wie nun die Römer sich an ihre Schiffe zurück
zohen/ drangen ihnen die erhitzten Chautzen mit
aller Gewalt auff den Hals; also/ daß/ wie
männlich gleich die Friesen nunmehr fast biß in
den Gürtel im Wasser stehend ihnen begegne-
ten/ sie doch in eine offentliche Flucht gediegen;
und derogestalt die theils ihnen nachwatenden/
theils auf Nachen sie verfolgenden Chautzen sie
wie unbewehrte Schaffe abschlachteten/ oder auf
ihren Schiffen verbrennten/ theils auch ersäuff-
ten/ und die/ welche gleich einem Messer des To-
des entranen/ doch durch einen andern Werck-
zeug entseelet wurden. Die Friesen und mit
ihnen Drusus und Theudo musten endlich auch
der Gewalt und dem Grimme der Chautzen
weichen/ und auf ihr Heil bedacht seyn/ also auf
die Schiffe sich zurück ziehen. Die Chautzen

aber
Ester Theil. B b b

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Schiffe mit ihren Feuer-Toͤpffen anfielen/ und
derer etliche in Brand brachten; Alſo die Roͤ-
mer auf allen Seiten zwiſchen Thuͤr und An-
gel ſchwebten. So fing auch das Waſſer an
ſich ſchon wieder zu zeigen/ und den Roͤmern den
endlichen Untergang anzudraͤuen; maſſen die
Chautzen ſich bereit wieder mit ihren Kahnen
und Feuerwercken zu Anzuͤndung der in dem
ſeichten Waſſer unbeweglichen Schiffe fertig
machten. Druſus ließ gleichwohl das Hertze
nicht fallen/ ſondern erzeigte ſich allenthalben
als einen tapfferen Kriegs-Held/ und als einen
vorſichtigen Feldherrn. Bey ſolchem ver-
zweiffelten Zuſtande lieſſen ſich endlich die
Kriegs-Zeichen der Frieſiſchen Huͤlffs-Voͤlcker
ſehen/ welche auff die Chautzen/ die bey dem be-
reit zehnſtuͤndigen Gefechte auch nicht Seide
geſponnen hatten/ gerade loß giengen/ und
dardurch den Roͤmern ein neues Hertze zum
fechten machten. Aber wie ein kluger Feld-
Oberſter ſich auff alle unverſehene Zufaͤlle ge-
ſchickt macht/ alſo hatte auch Hertzog Ganaſch
einen ſtarcken Hinterhalt hinter etlichen Huͤ-
geln ſtehen/ die er alſofort befehlichte/ denen Frie-
ſen die Stirne zu bieten. Dieſe hatten ihnen
nicht eingebildet/ die Chautzen in ſo guter Ver-
faſſung/ die Roͤmer aber im Gedraͤnge und an
einem ſo ſchlimmen Orte zu finden. Ob nun
wohl Hertzog Theudo mit ſeinem Kriegs-Vol-
cke tapffer anſetzte/ ſo ſahe er doch wol/ daß ihm
nicht nur die Chautzen uͤberlegen waͤren/ ſon-
dern das allgemach auſſchwellende Waſſer ſie
beyde von einander trennen/ und alſo in die Ge-
walt ihrer Feinde liefern wuͤrde. Dieſemnach
lenckte er bey waͤhrendem Treffen ſo viel immer
moͤglich gegen die Roͤmer ab/ wormit ſie zuſam-
men ſtoſſen/ ihre Schiffe als das einige Mittel
ihres Heiles beſchirmen/ und endlich ſo gut ſie
koͤnten mit Ehren aus dieſem Schiffbruche zu-
ruͤck kommen koͤnten. Hertzog Ganaſch nam
diß Abſehn alſofort wahr; und alſo vermochten
die Frieſen keinen Fuß breit fortzu ruͤcken/ den
[Spaltenumbruch] ſie nicht mit Aufopfferung vieler Todten bezah-
len muſten. Zumal die Chautzen auf ſie/ als
Deutſche mehr/ als auff die Roͤmer/ erbittert
waren/ und ſie ſo viel grimmiger anfielen. Die
Roͤmer breiteten ihren rechten Fluͤgel zwar ge-
gen die Frieſen ſo viel moͤglich aus/ um beyde
Voͤlcker an eine Schlacht-Ordnung zu hen-
cken; aber es koſtete ſie viel edlen Blutes. End-
lich kamen ſie gleichwol zuſam̃en/ als die Roͤmer
ſchon faſt biß an die Knie im Waſſer ſtanden.
Hertzog Theudo gab hierauf alſofort dem mit
Blut und Schlamm beſpritzten/ und faſt nicht
kennbaren Druſus zu verſtehen: Es waͤre nicht
laͤnger Zeit dar zu ſtehen/ ſondern er ſolte/ ſo gut
er koͤnte/ ſich mit den Roͤmern auff die Schifſe
wieder verfuͤgen/ er wolte inzwiſchen mit ſeinen
des Waſſers mehr gewohnten Frieſen die Fein-
de ſo viel moͤglich aufhalten. Druſus erſtarrte
uͤber der Treue dieſes kaum verſohnten Fein-
des/ umarmte ihn alſo mit dieſen Worten: Er
wolte zwar ſeinem Rathe folgen und die Seini-
gen ſich auf die Schiffe fluͤchten laſſen; Aber die
Goͤtter moͤchten ihn in dieſe Leichtſinnigkeit
nicht verfallen laſſen/ daß er ſich von eines ſo
treuen Freundes Seite ſolte trennen laſſen.
Wie nun die Roͤmer ſich an ihre Schiffe zuruͤck
zohen/ drangen ihnen die erhitzten Chautzen mit
aller Gewalt auff den Hals; alſo/ daß/ wie
maͤnnlich gleich die Frieſen nunmehr faſt biß in
den Guͤrtel im Waſſer ſtehend ihnen begegne-
ten/ ſie doch in eine offentliche Flucht gediegen;
und derogeſtalt die theils ihnen nachwatenden/
theils auf Nachen ſie verfolgenden Chautzen ſie
wie unbewehrte Schaffe abſchlachteten/ oder auf
ihren Schiffen verbrennten/ theils auch erſaͤuff-
ten/ und die/ welche gleich einem Meſſer des To-
des entranen/ doch durch einen andern Werck-
zeug entſeelet wurden. Die Frieſen und mit
ihnen Druſus und Theudo muſten endlich auch
der Gewalt und dem Grimme der Chautzen
weichen/ und auf ihr Heil bedacht ſeyn/ alſo auf
die Schiffe ſich zuruͤck ziehen. Die Chautzen

aber
Eſter Theil. B b b
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/431>, abgerufen am 12.05.2024.