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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] daß unter solchen Helden und den ewigen
Göttern kein Unterscheid seyn solte. Malo-
vend versetzte: Beyder Verehr- und Anbetung
wäre gleichwohl gantz gleich. Jn Gallien
wäre keinem Gotte ein so herrlicher Tem-
pel als dem Augustus aufgerichtet/ und
jenem in einem Jahre nicht so viel Wey-
rauch/ als diesem in einem Tage verbren-
net worden. Käyser Julius hätte sich auf
einem Wagen dem Capitolinischen Jupi-
ter entgegen setzen lassen. Anfangs wä-
re freylich zwar die Götter und Helden-
Verehrung unterschieden gewest; diese hät-
te in Bildern/ jene in Opfern/ diese in
Küssen/ jene in der Anbetung bestanden/
weil man die von uns entfernten Göt-
ter nicht wie Menschen erreichen können.
Hernach aber hätten die Angilen und Nasa-
monen in Afriea die verstorbenen See-
len/ die Persen ihren Cyrus als wahre
Götter zu verehren den Anfang gemacht.
Die Griechen hätten der Lampsace anfangs
nur eine Säule/ hernach aber Altäre aufge-
richtet; die Areadier ihren Arcas anfangs
nur in einen Stern/ den Aristäus aber
folgends in Jupitern verwandelt. Jedoch
wären bey allen Völckern die grösten Hel-
den noch so bescheiden gewest/ daß sie die
Göttliche Ehre von ihren heuchelnden Un-
terthanen erst nach ihrem Tode zu em-
pfangen sich vergnüget/ erwegende: daß die
Göttligkeit noch glaublicher einem Men-
schen nachfolgen/ als ihn begleiten könne/
und daß zu Befestigung dieses Aberglau-
bens so viel Zeit verlaufsen müsse/ wor-
mit man sich des verstorbenen Schwach-
heit nicht mehr erinnere/ oder zum min-
sten selbte nicht mehr sehe. Zumal mit
dem Tode auch die der Tugend allezeit
aufsätzige Mißgunst erlischt/ und die sie
schwärtzende Verläumbdung verrecket; hin-
[Spaltenumbruch] gegen die Nach - Welt iedem nicht nur
seinen verdienten Ruhm wieder erstattet/
sondern auch aus der Helden irrdenen
Bildern Heiligthümer zu machen geneigt
ist. Augustus aber habe die Gottheit bey
seinem Leben von denen Galliern anzu-
nehmen sich nicht gescheuet/ welche doch
nicht das Vermögen haben ihnen selbst ei-
nen König zu machen; Da es doch ein
unermäßlich schwererers Werck ist einem
den Himmel/ als ein Königreich zuzuschan-
tzen. Zeno warff hierwider ein: August
wäre der erste nicht gewest/ der solches
bey seinem Leben verstattet hätte. Der
grosse Alexander hätte als des Jupiters
Sohn angebetet zu werden verlanget/ und
den solches widerrathenden Callisthenes pei-
nigen und kreutzigen lassen. Philadel-
phus hätte seine und der andern Ptolo-
meer Bilder auf güldenen Wagen neben
dem Bacchus und andern Göttern mit
ungläublicher Pracht aufführen/ Kayser
Julius unter der Götter Bildern seines tra-
gen/ auch alle Göttliche Ehre anthun las-
sen. Nichts desto weniger wäre dieses al-
les vermuthlich mehr aus einer Staats-
Klugheit/ als aus einer thummen Einbil-
dung einer wahrhaften Göttligkeit gesche-
hen. Sintemal diese alle die Götter selbst
angebetet/ Julius auch sein auf der Erd-
Kugel stehendes Ertzt-Bild mit der Uber-
schrifft eines Halb-Gottes bezeichnet hät-
te. Jnsonderheit wäre August nicht zu
bewegen gewest ihm in Rom einiges Hei-
ligthum bauen zu lassen; hätte auch Li-
viens Bild nicht in der Gestalt der Juno
aufrichten lassen wollen; auch als ihm der
Rath die von denen überwundenen Völckern
angebotene Vergötterung gleichsam aufge-
drungen/ sich erkläret/ daß sein Ehrgeitz nicht
diese Anbetung/ sondern seine Liebe des Vater-

lan-

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] daß unter ſolchen Helden und den ewigen
Goͤttern kein Unterſcheid ſeyn ſolte. Malo-
vend verſetzte: Beyder Verehr- und Anbetung
waͤre gleichwohl gantz gleich. Jn Gallien
waͤre keinem Gotte ein ſo herrlicher Tem-
pel als dem Auguſtus aufgerichtet/ und
jenem in einem Jahre nicht ſo viel Wey-
rauch/ als dieſem in einem Tage verbren-
net worden. Kaͤyſer Julius haͤtte ſich auf
einem Wagen dem Capitoliniſchen Jupi-
ter entgegen ſetzen laſſen. Anfangs waͤ-
re freylich zwar die Goͤtter und Helden-
Verehrung unterſchieden geweſt; dieſe haͤt-
te in Bildern/ jene in Opfern/ dieſe in
Kuͤſſen/ jene in der Anbetung beſtanden/
weil man die von uns entfernten Goͤt-
ter nicht wie Menſchen erreichen koͤnnen.
Hernach aber haͤtten die Angilen und Naſa-
monen in Afriea die verſtorbenen See-
len/ die Perſen ihren Cyrus als wahre
Goͤtter zu verehren den Anfang gemacht.
Die Griechen haͤtten der Lampſace anfangs
nur eine Saͤule/ hernach aber Altaͤre aufge-
richtet; die Areadier ihren Arcas anfangs
nur in einen Stern/ den Ariſtaͤus aber
folgends in Jupitern verwandelt. Jedoch
waͤren bey allen Voͤlckern die groͤſten Hel-
den noch ſo beſcheiden geweſt/ daß ſie die
Goͤttliche Ehre von ihren heuchelnden Un-
terthanen erſt nach ihrem Tode zu em-
pfangen ſich vergnuͤget/ erwegende: daß die
Goͤttligkeit noch glaublicher einem Men-
ſchen nachfolgen/ als ihn begleiten koͤnne/
und daß zu Befeſtigung dieſes Aberglau-
bens ſo viel Zeit verlaufſen muͤſſe/ wor-
mit man ſich des verſtorbenen Schwach-
heit nicht mehr erinnere/ oder zum min-
ſten ſelbte nicht mehr ſehe. Zumal mit
dem Tode auch die der Tugend allezeit
aufſaͤtzige Mißgunſt erliſcht/ und die ſie
ſchwaͤrtzende Verlaͤumbdung verrecket; hin-
[Spaltenumbruch] gegen die Nach - Welt iedem nicht nur
ſeinen verdienten Ruhm wieder erſtattet/
ſondern auch aus der Helden irrdenen
Bildern Heiligthuͤmer zu machen geneigt
iſt. Auguſtus aber habe die Gottheit bey
ſeinem Leben von denen Galliern anzu-
nehmen ſich nicht geſcheuet/ welche doch
nicht das Vermoͤgen haben ihnen ſelbſt ei-
nen Koͤnig zu machen; Da es doch ein
unermaͤßlich ſchwererers Werck iſt einem
den Himmel/ als ein Koͤnigreich zuzuſchan-
tzen. Zeno warff hierwider ein: Auguſt
waͤre der erſte nicht geweſt/ der ſolches
bey ſeinem Leben verſtattet haͤtte. Der
groſſe Alexander haͤtte als des Jupiters
Sohn angebetet zu werden verlanget/ und
den ſolches widerrathenden Calliſthenes pei-
nigen und kreutzigen laſſen. Philadel-
phus haͤtte ſeine und der andern Ptolo-
meer Bilder auf guͤldenen Wagen neben
dem Bacchus und andern Goͤttern mit
unglaͤublicher Pracht auffuͤhren/ Kayſer
Julius unter der Goͤtter Bildern ſeines tra-
gen/ auch alle Goͤttliche Ehre anthun laſ-
ſen. Nichts deſto weniger waͤre dieſes al-
les vermuthlich mehr aus einer Staats-
Klugheit/ als aus einer thummen Einbil-
dung einer wahrhaften Goͤttligkeit geſche-
hen. Sintemal dieſe alle die Goͤtter ſelbſt
angebetet/ Julius auch ſein auf der Erd-
Kugel ſtehendes Ertzt-Bild mit der Uber-
ſchrifft eines Halb-Gottes bezeichnet haͤt-
te. Jnſonderheit waͤre Auguſt nicht zu
bewegen geweſt ihm in Rom einiges Hei-
ligthum bauen zu laſſen; haͤtte auch Li-
viens Bild nicht in der Geſtalt der Juno
aufrichten laſſen wollen; auch als ihm der
Rath die von denen uͤberwundenen Voͤlckern
angebotene Vergoͤtterung gleichſam aufge-
drungen/ ſich erklaͤret/ daß ſein Ehrgeitz nicht
dieſe Anbetung/ ſondern ſeine Liebe des Vater-

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[360/0414] Vierdtes Buch daß unter ſolchen Helden und den ewigen Goͤttern kein Unterſcheid ſeyn ſolte. Malo- vend verſetzte: Beyder Verehr- und Anbetung waͤre gleichwohl gantz gleich. Jn Gallien waͤre keinem Gotte ein ſo herrlicher Tem- pel als dem Auguſtus aufgerichtet/ und jenem in einem Jahre nicht ſo viel Wey- rauch/ als dieſem in einem Tage verbren- net worden. Kaͤyſer Julius haͤtte ſich auf einem Wagen dem Capitoliniſchen Jupi- ter entgegen ſetzen laſſen. Anfangs waͤ- re freylich zwar die Goͤtter und Helden- Verehrung unterſchieden geweſt; dieſe haͤt- te in Bildern/ jene in Opfern/ dieſe in Kuͤſſen/ jene in der Anbetung beſtanden/ weil man die von uns entfernten Goͤt- ter nicht wie Menſchen erreichen koͤnnen. Hernach aber haͤtten die Angilen und Naſa- monen in Afriea die verſtorbenen See- len/ die Perſen ihren Cyrus als wahre Goͤtter zu verehren den Anfang gemacht. Die Griechen haͤtten der Lampſace anfangs nur eine Saͤule/ hernach aber Altaͤre aufge- richtet; die Areadier ihren Arcas anfangs nur in einen Stern/ den Ariſtaͤus aber folgends in Jupitern verwandelt. Jedoch waͤren bey allen Voͤlckern die groͤſten Hel- den noch ſo beſcheiden geweſt/ daß ſie die Goͤttliche Ehre von ihren heuchelnden Un- terthanen erſt nach ihrem Tode zu em- pfangen ſich vergnuͤget/ erwegende: daß die Goͤttligkeit noch glaublicher einem Men- ſchen nachfolgen/ als ihn begleiten koͤnne/ und daß zu Befeſtigung dieſes Aberglau- bens ſo viel Zeit verlaufſen muͤſſe/ wor- mit man ſich des verſtorbenen Schwach- heit nicht mehr erinnere/ oder zum min- ſten ſelbte nicht mehr ſehe. Zumal mit dem Tode auch die der Tugend allezeit aufſaͤtzige Mißgunſt erliſcht/ und die ſie ſchwaͤrtzende Verlaͤumbdung verrecket; hin- gegen die Nach - Welt iedem nicht nur ſeinen verdienten Ruhm wieder erſtattet/ ſondern auch aus der Helden irrdenen Bildern Heiligthuͤmer zu machen geneigt iſt. Auguſtus aber habe die Gottheit bey ſeinem Leben von denen Galliern anzu- nehmen ſich nicht geſcheuet/ welche doch nicht das Vermoͤgen haben ihnen ſelbſt ei- nen Koͤnig zu machen; Da es doch ein unermaͤßlich ſchwererers Werck iſt einem den Himmel/ als ein Koͤnigreich zuzuſchan- tzen. Zeno warff hierwider ein: Auguſt waͤre der erſte nicht geweſt/ der ſolches bey ſeinem Leben verſtattet haͤtte. Der groſſe Alexander haͤtte als des Jupiters Sohn angebetet zu werden verlanget/ und den ſolches widerrathenden Calliſthenes pei- nigen und kreutzigen laſſen. Philadel- phus haͤtte ſeine und der andern Ptolo- meer Bilder auf guͤldenen Wagen neben dem Bacchus und andern Goͤttern mit unglaͤublicher Pracht auffuͤhren/ Kayſer Julius unter der Goͤtter Bildern ſeines tra- gen/ auch alle Goͤttliche Ehre anthun laſ- ſen. Nichts deſto weniger waͤre dieſes al- les vermuthlich mehr aus einer Staats- Klugheit/ als aus einer thummen Einbil- dung einer wahrhaften Goͤttligkeit geſche- hen. Sintemal dieſe alle die Goͤtter ſelbſt angebetet/ Julius auch ſein auf der Erd- Kugel ſtehendes Ertzt-Bild mit der Uber- ſchrifft eines Halb-Gottes bezeichnet haͤt- te. Jnſonderheit waͤre Auguſt nicht zu bewegen geweſt ihm in Rom einiges Hei- ligthum bauen zu laſſen; haͤtte auch Li- viens Bild nicht in der Geſtalt der Juno aufrichten laſſen wollen; auch als ihm der Rath die von denen uͤberwundenen Voͤlckern angebotene Vergoͤtterung gleichſam aufge- drungen/ ſich erklaͤret/ daß ſein Ehrgeitz nicht dieſe Anbetung/ ſondern ſeine Liebe des Vater- lan-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/414>, abgerufen am 22.11.2024.