Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite
Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]

Als der Käyser bey dem Tempel aus dem
Schiffe trat/ bewillkommte ihn der ihm zuge-
eignete Priester Cajus Julius Vercondaridu-
bius/ ein Heduer der Geburt/ nebst sechs andern
Priestern/ welche iedem denen dem Käyser für-
tretenen Fürsten eine weisse mit Oel - Laube
umbwundene und brennende Fackel einhän-
digten. Mitten im Tempel war bey seinem
Bildnüsse ein hoher Thron aufgebauet/ darauf
sich der Käyser setzte. Alsofort ward auf denen
darinnen stehenden fünf Altaren von wolrü-
chendem Holtze ein Feuer angezündet. Die
Fürsten der Gallier/ und nach ihnen der Adel/
gingen nach der Reyhe/ neigten sich für dem
Augustus/ küsseten gegen ihm ihre rechte Hand/
dreheten sich hierauf linckwerts (welches bey
den Galliern die gröste Andacht ist) zu denen
Altaren/ und warff ieder eine Handvoll Wey-
rauch in die heilige Flamme.

Jch mag/ fuhr Adgandester fort/ alle aber-
gläubische Heucheleyen/ die daselbst fürgingen/
nicht erzehlen. Uns ist alleine genung/
daß viel Gallier diese ihre schmähliche Dienst-
barkeit einen sterblichen Menschen göttlich
zu verehren in ihrem Gemüthe verfluchten/
die zuschauenden Sicambrer und Rhetier aber
die Gallier als Knechtische Sclaven ver-
schmäheten/ und alle auf den Julius Cäsar
und den Augustus gerichtete Sinnen-Bilder
und Uberschrifften zu ihrer ärgsten Ver-
kleinerung auslegten. Wordurch denn
nach dem Abzuge des Kaisers ihrer viel auf-
gewecket wurden/ das Römische Joch abzu-
werffen/ sonderlich da der Sicambrische
Hertzog Anthario ihnen wider die Römer
mit äusersten Kräfften beyzustehen ver-
sprach.

Dieser Aufstand/ sagte Malovend/ ist
eine noch allzu geringe Straffe des Käy-
[Spaltenumbruch] sers gewest/ welcher durch angenommene
Verehrung der Priester keine absondere Eh-
re Gott übrig gelassen. Sintemal entwe-
der keine blindere Thorheit/ oder keine
schändlichere Vermessenheit seyn kan; als
wenn ein elender Mensch/ der im Leben sich
mehrmals nicht der Läuse/ nach dem Tode
nicht der Maden erwehren kan/ sich zu ei-
nem unsterblichen Gotte machen/ und seinen
Staub und Asche mit denen unversehrlichen
Gestirnen verwechseln wil. Zeno ant-
wortete Malovenden: Er hätte selbst eine
Abscheu für dem/ daß ein Sterblicher sich den
unsterblichen Göttern gleichen solte. Allei-
ne weil die Menschen sich durch Wohl-
that den Göttern ähnlich machten/ schiene
so ärgerlich nicht zu seyn/ wenn man seine
Wolthäter/ derer Verdienste man nicht ver-
gelten könte/ auch etlicher massen mit einer
denen wolthätigen Göttern zu liefern ge-
wohnten Danckbarkeit betheilte. Hätten
doch die Epyptier den Schlangen - verzeh-
renden Vogel Jbis/ und andere wilde Thie-
re wegen des ihnen zuwachsenden Nutzens
vergöttert. Sonst aber könte er sich schwer-
lich bereden/ daß iemals ein Mensch so albe-
rer Gedancken gewest wäre; sondern es hät-
te von Anfang die Unwissenheit des Pöfels/
welcher die herrlichen Thaten der Helden als
etwas irrdisches zu begreiffen nicht gewüst/
in dem sie alle andere Menschen nach ihrer
Fähigkeit ausgemässen/ ihnen etwas Gött-
liches mitgetheilet zu seyn vermeynet; her-
nach hätte entweder das danckbare Anden-
cken empfangener Wolthaten/ zuweilen
auch wohl die Heucheley/ und endlich die
Staats - Klugheit/ welche das unbändige
Volck durch nichts besser in den Gräntzen
des Gehorsams zu halten gewüst/ die Halb-
Götter in der Welt aufbracht. Niemand
aber hätte seines Wissens irgendswo geglaubt/

daß
Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]

Als der Kaͤyſer bey dem Tempel aus dem
Schiffe trat/ bewillkommte ihn der ihm zuge-
eignete Prieſter Cajus Julius Vercondaridu-
bius/ ein Heduer der Geburt/ nebſt ſechs andern
Prieſtern/ welche iedem denen dem Kaͤyſer fuͤr-
tretenen Fuͤrſten eine weiſſe mit Oel - Laube
umbwundene und brennende Fackel einhaͤn-
digten. Mitten im Tempel war bey ſeinem
Bildnuͤſſe ein hoher Thron aufgebauet/ darauf
ſich der Kaͤyſer ſetzte. Alſofort ward auf denen
darinnen ſtehenden fuͤnf Altaren von wolruͤ-
chendem Holtze ein Feuer angezuͤndet. Die
Fuͤrſten der Gallier/ und nach ihnen der Adel/
gingen nach der Reyhe/ neigten ſich fuͤr dem
Auguſtus/ kuͤſſeten gegen ihm ihre rechte Hand/
dreheten ſich hierauf linckwerts (welches bey
den Galliern die groͤſte Andacht iſt) zu denen
Altaren/ und warff ieder eine Handvoll Wey-
rauch in die heilige Flamme.

Jch mag/ fuhr Adgandeſter fort/ alle aber-
glaͤubiſche Heucheleyen/ die daſelbſt fuͤrgingen/
nicht erzehlen. Uns iſt alleine genung/
daß viel Gallier dieſe ihre ſchmaͤhliche Dienſt-
barkeit einen ſterblichen Menſchen goͤttlich
zu verehren in ihrem Gemuͤthe verfluchten/
die zuſchauenden Sicambrer und Rhetier aber
die Gallier als Knechtiſche Sclaven ver-
ſchmaͤheten/ und alle auf den Julius Caͤſar
und den Auguſtus gerichtete Sinnen-Bilder
und Uberſchrifften zu ihrer aͤrgſten Ver-
kleinerung auslegten. Wordurch denn
nach dem Abzuge des Kaiſers ihrer viel auf-
gewecket wurden/ das Roͤmiſche Joch abzu-
werffen/ ſonderlich da der Sicambriſche
Hertzog Anthario ihnen wider die Roͤmer
mit aͤuſerſten Kraͤfften beyzuſtehen ver-
ſprach.

Dieſer Aufſtand/ ſagte Malovend/ iſt
eine noch allzu geringe Straffe des Kaͤy-
[Spaltenumbruch] ſers geweſt/ welcher durch angenommene
Verehrung der Prieſter keine abſondere Eh-
re Gott uͤbrig gelaſſen. Sintemal entwe-
der keine blindere Thorheit/ oder keine
ſchaͤndlichere Vermeſſenheit ſeyn kan; als
wenn ein elender Menſch/ der im Leben ſich
mehrmals nicht der Laͤuſe/ nach dem Tode
nicht der Maden erwehren kan/ ſich zu ei-
nem unſterblichen Gotte machen/ und ſeinen
Staub und Aſche mit denen unverſehrlichen
Geſtirnen verwechſeln wil. Zeno ant-
wortete Malovenden: Er haͤtte ſelbſt eine
Abſcheu fuͤr dem/ daß ein Sterblicher ſich den
unſterblichen Goͤttern gleichen ſolte. Allei-
ne weil die Menſchen ſich durch Wohl-
that den Goͤttern aͤhnlich machten/ ſchiene
ſo aͤrgerlich nicht zu ſeyn/ wenn man ſeine
Wolthaͤter/ derer Verdienſte man nicht ver-
gelten koͤnte/ auch etlicher maſſen mit einer
denen wolthaͤtigen Goͤttern zu liefern ge-
wohnten Danckbarkeit betheilte. Haͤtten
doch die Epyptier den Schlangen - verzeh-
renden Vogel Jbis/ und andere wilde Thie-
re wegen des ihnen zuwachſenden Nutzens
vergoͤttert. Sonſt aber koͤnte er ſich ſchwer-
lich bereden/ daß iemals ein Menſch ſo albe-
rer Gedancken geweſt waͤre; ſondern es haͤt-
te von Anfang die Unwiſſenheit des Poͤfels/
welcher die herrlichen Thaten der Helden als
etwas irrdiſches zu begreiffen nicht gewuͤſt/
in dem ſie alle andere Menſchen nach ihrer
Faͤhigkeit ausgemaͤſſen/ ihnen etwas Goͤtt-
liches mitgetheilet zu ſeyn vermeynet; her-
nach haͤtte entweder das danckbare Anden-
cken empfangener Wolthaten/ zuweilen
auch wohl die Heucheley/ und endlich die
Staats - Klugheit/ welche das unbaͤndige
Volck durch nichts beſſer in den Graͤntzen
des Gehorſams zu halten gewuͤſt/ die Halb-
Goͤtter in der Welt aufbracht. Niemand
aber haͤtte ſeines Wiſſens irgendswo geglaubt/

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0413" n="359"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi> </fw><lb/>
          <cb/>
          <p>Als der Ka&#x0364;y&#x017F;er bey dem Tempel aus dem<lb/>
Schiffe trat/ bewillkommte ihn der ihm zuge-<lb/>
eignete Prie&#x017F;ter Cajus Julius Vercondaridu-<lb/>
bius/ ein Heduer der Geburt/ neb&#x017F;t &#x017F;echs andern<lb/>
Prie&#x017F;tern/ welche iedem denen dem Ka&#x0364;y&#x017F;er fu&#x0364;r-<lb/>
tretenen Fu&#x0364;r&#x017F;ten eine wei&#x017F;&#x017F;e mit Oel - Laube<lb/>
umbwundene und brennende Fackel einha&#x0364;n-<lb/>
digten. Mitten im Tempel war bey &#x017F;einem<lb/>
Bildnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ein hoher Thron aufgebauet/ darauf<lb/>
&#x017F;ich der Ka&#x0364;y&#x017F;er &#x017F;etzte. Al&#x017F;ofort ward auf denen<lb/>
darinnen &#x017F;tehenden fu&#x0364;nf Altaren von wolru&#x0364;-<lb/>
chendem Holtze ein Feuer angezu&#x0364;ndet. Die<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten der Gallier/ und nach ihnen der Adel/<lb/>
gingen nach der Reyhe/ neigten &#x017F;ich fu&#x0364;r dem<lb/>
Augu&#x017F;tus/ ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;eten gegen ihm ihre rechte Hand/<lb/>
dreheten &#x017F;ich hierauf linckwerts (welches bey<lb/>
den Galliern die gro&#x0364;&#x017F;te Andacht i&#x017F;t) zu denen<lb/>
Altaren/ und warff ieder eine Handvoll Wey-<lb/>
rauch in die heilige Flamme.</p><lb/>
          <p>Jch mag/ fuhr Adgande&#x017F;ter fort/ alle aber-<lb/>
gla&#x0364;ubi&#x017F;che Heucheleyen/ die da&#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;rgingen/<lb/>
nicht erzehlen. Uns i&#x017F;t alleine genung/<lb/>
daß viel Gallier die&#x017F;e ihre &#x017F;chma&#x0364;hliche Dien&#x017F;t-<lb/>
barkeit einen &#x017F;terblichen Men&#x017F;chen go&#x0364;ttlich<lb/>
zu verehren in ihrem Gemu&#x0364;the verfluchten/<lb/>
die zu&#x017F;chauenden Sicambrer und Rhetier aber<lb/>
die Gallier als Knechti&#x017F;che Sclaven ver-<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;heten/ und alle auf den Julius Ca&#x0364;&#x017F;ar<lb/>
und den Augu&#x017F;tus gerichtete Sinnen-Bilder<lb/>
und Uber&#x017F;chrifften zu ihrer a&#x0364;rg&#x017F;ten Ver-<lb/>
kleinerung auslegten. Wordurch denn<lb/>
nach dem Abzuge des Kai&#x017F;ers ihrer viel auf-<lb/>
gewecket wurden/ das Ro&#x0364;mi&#x017F;che Joch abzu-<lb/>
werffen/ &#x017F;onderlich da der Sicambri&#x017F;che<lb/>
Hertzog Anthario ihnen wider die Ro&#x0364;mer<lb/>
mit a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Kra&#x0364;fften beyzu&#x017F;tehen ver-<lb/>
&#x017F;prach.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Auf&#x017F;tand/ &#x017F;agte Malovend/ i&#x017F;t<lb/>
eine noch allzu geringe Straffe des Ka&#x0364;y-<lb/><cb/>
&#x017F;ers gewe&#x017F;t/ welcher durch angenommene<lb/>
Verehrung der Prie&#x017F;ter keine ab&#x017F;ondere Eh-<lb/>
re Gott u&#x0364;brig gela&#x017F;&#x017F;en. Sintemal entwe-<lb/>
der keine blindere Thorheit/ oder keine<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlichere Verme&#x017F;&#x017F;enheit &#x017F;eyn kan; als<lb/>
wenn ein elender Men&#x017F;ch/ der im Leben &#x017F;ich<lb/>
mehrmals nicht der La&#x0364;u&#x017F;e/ nach dem Tode<lb/>
nicht der Maden erwehren kan/ &#x017F;ich zu ei-<lb/>
nem un&#x017F;terblichen Gotte machen/ und &#x017F;einen<lb/>
Staub und A&#x017F;che mit denen unver&#x017F;ehrlichen<lb/>
Ge&#x017F;tirnen verwech&#x017F;eln wil. Zeno ant-<lb/>
wortete Malovenden: Er ha&#x0364;tte &#x017F;elb&#x017F;t eine<lb/>
Ab&#x017F;cheu fu&#x0364;r dem/ daß ein Sterblicher &#x017F;ich den<lb/>
un&#x017F;terblichen Go&#x0364;ttern gleichen &#x017F;olte. Allei-<lb/>
ne weil die Men&#x017F;chen &#x017F;ich durch Wohl-<lb/>
that den Go&#x0364;ttern a&#x0364;hnlich machten/ &#x017F;chiene<lb/>
&#x017F;o a&#x0364;rgerlich nicht zu &#x017F;eyn/ wenn man &#x017F;eine<lb/>
Woltha&#x0364;ter/ derer Verdien&#x017F;te man nicht ver-<lb/>
gelten ko&#x0364;nte/ auch etlicher ma&#x017F;&#x017F;en mit einer<lb/>
denen woltha&#x0364;tigen Go&#x0364;ttern zu liefern ge-<lb/>
wohnten Danckbarkeit betheilte. Ha&#x0364;tten<lb/>
doch die Epyptier den Schlangen - verzeh-<lb/>
renden Vogel Jbis/ und andere wilde Thie-<lb/>
re wegen des ihnen zuwach&#x017F;enden Nutzens<lb/>
vergo&#x0364;ttert. Son&#x017F;t aber ko&#x0364;nte er &#x017F;ich &#x017F;chwer-<lb/>
lich bereden/ daß iemals ein Men&#x017F;ch &#x017F;o albe-<lb/>
rer Gedancken gewe&#x017F;t wa&#x0364;re; &#x017F;ondern es ha&#x0364;t-<lb/>
te von Anfang die Unwi&#x017F;&#x017F;enheit des Po&#x0364;fels/<lb/>
welcher die herrlichen Thaten der Helden als<lb/>
etwas irrdi&#x017F;ches zu begreiffen nicht gewu&#x0364;&#x017F;t/<lb/>
in dem &#x017F;ie alle andere Men&#x017F;chen nach ihrer<lb/>
Fa&#x0364;higkeit ausgema&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ ihnen etwas Go&#x0364;tt-<lb/>
liches mitgetheilet zu &#x017F;eyn vermeynet; her-<lb/>
nach ha&#x0364;tte entweder das danckbare Anden-<lb/>
cken empfangener Wolthaten/ zuweilen<lb/>
auch wohl die Heucheley/ und endlich die<lb/>
Staats - Klugheit/ welche das unba&#x0364;ndige<lb/>
Volck durch nichts be&#x017F;&#x017F;er in den Gra&#x0364;ntzen<lb/>
des Gehor&#x017F;ams zu halten gewu&#x0364;&#x017F;t/ die Halb-<lb/>
Go&#x0364;tter in der Welt aufbracht. Niemand<lb/>
aber ha&#x0364;tte &#x017F;eines Wi&#x017F;&#x017F;ens irgendswo geglaubt/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0413] Arminius und Thußnelda. Als der Kaͤyſer bey dem Tempel aus dem Schiffe trat/ bewillkommte ihn der ihm zuge- eignete Prieſter Cajus Julius Vercondaridu- bius/ ein Heduer der Geburt/ nebſt ſechs andern Prieſtern/ welche iedem denen dem Kaͤyſer fuͤr- tretenen Fuͤrſten eine weiſſe mit Oel - Laube umbwundene und brennende Fackel einhaͤn- digten. Mitten im Tempel war bey ſeinem Bildnuͤſſe ein hoher Thron aufgebauet/ darauf ſich der Kaͤyſer ſetzte. Alſofort ward auf denen darinnen ſtehenden fuͤnf Altaren von wolruͤ- chendem Holtze ein Feuer angezuͤndet. Die Fuͤrſten der Gallier/ und nach ihnen der Adel/ gingen nach der Reyhe/ neigten ſich fuͤr dem Auguſtus/ kuͤſſeten gegen ihm ihre rechte Hand/ dreheten ſich hierauf linckwerts (welches bey den Galliern die groͤſte Andacht iſt) zu denen Altaren/ und warff ieder eine Handvoll Wey- rauch in die heilige Flamme. Jch mag/ fuhr Adgandeſter fort/ alle aber- glaͤubiſche Heucheleyen/ die daſelbſt fuͤrgingen/ nicht erzehlen. Uns iſt alleine genung/ daß viel Gallier dieſe ihre ſchmaͤhliche Dienſt- barkeit einen ſterblichen Menſchen goͤttlich zu verehren in ihrem Gemuͤthe verfluchten/ die zuſchauenden Sicambrer und Rhetier aber die Gallier als Knechtiſche Sclaven ver- ſchmaͤheten/ und alle auf den Julius Caͤſar und den Auguſtus gerichtete Sinnen-Bilder und Uberſchrifften zu ihrer aͤrgſten Ver- kleinerung auslegten. Wordurch denn nach dem Abzuge des Kaiſers ihrer viel auf- gewecket wurden/ das Roͤmiſche Joch abzu- werffen/ ſonderlich da der Sicambriſche Hertzog Anthario ihnen wider die Roͤmer mit aͤuſerſten Kraͤfften beyzuſtehen ver- ſprach. Dieſer Aufſtand/ ſagte Malovend/ iſt eine noch allzu geringe Straffe des Kaͤy- ſers geweſt/ welcher durch angenommene Verehrung der Prieſter keine abſondere Eh- re Gott uͤbrig gelaſſen. Sintemal entwe- der keine blindere Thorheit/ oder keine ſchaͤndlichere Vermeſſenheit ſeyn kan; als wenn ein elender Menſch/ der im Leben ſich mehrmals nicht der Laͤuſe/ nach dem Tode nicht der Maden erwehren kan/ ſich zu ei- nem unſterblichen Gotte machen/ und ſeinen Staub und Aſche mit denen unverſehrlichen Geſtirnen verwechſeln wil. Zeno ant- wortete Malovenden: Er haͤtte ſelbſt eine Abſcheu fuͤr dem/ daß ein Sterblicher ſich den unſterblichen Goͤttern gleichen ſolte. Allei- ne weil die Menſchen ſich durch Wohl- that den Goͤttern aͤhnlich machten/ ſchiene ſo aͤrgerlich nicht zu ſeyn/ wenn man ſeine Wolthaͤter/ derer Verdienſte man nicht ver- gelten koͤnte/ auch etlicher maſſen mit einer denen wolthaͤtigen Goͤttern zu liefern ge- wohnten Danckbarkeit betheilte. Haͤtten doch die Epyptier den Schlangen - verzeh- renden Vogel Jbis/ und andere wilde Thie- re wegen des ihnen zuwachſenden Nutzens vergoͤttert. Sonſt aber koͤnte er ſich ſchwer- lich bereden/ daß iemals ein Menſch ſo albe- rer Gedancken geweſt waͤre; ſondern es haͤt- te von Anfang die Unwiſſenheit des Poͤfels/ welcher die herrlichen Thaten der Helden als etwas irrdiſches zu begreiffen nicht gewuͤſt/ in dem ſie alle andere Menſchen nach ihrer Faͤhigkeit ausgemaͤſſen/ ihnen etwas Goͤtt- liches mitgetheilet zu ſeyn vermeynet; her- nach haͤtte entweder das danckbare Anden- cken empfangener Wolthaten/ zuweilen auch wohl die Heucheley/ und endlich die Staats - Klugheit/ welche das unbaͤndige Volck durch nichts beſſer in den Graͤntzen des Gehorſams zu halten gewuͤſt/ die Halb- Goͤtter in der Welt aufbracht. Niemand aber haͤtte ſeines Wiſſens irgendswo geglaubt/ daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/413
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/413>, abgerufen am 22.11.2024.