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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] verscharrenden Philenischen Brüder/ die Sa-
laminier den Ajax/ die von Egina den Eacus
göttlich verehrt. Athen habe dem Cecrops/ dem
Theseus/ dem Menestheus und Codrus/ die
Spartaner dem Hyacinthus/ dem Agamemnon/
dem Menelaus/ die Arcadier dem Epaminon-
das/ die Archiver dem Perseus/ die von Delphis
dem Neoptolomeus/ die Chersoniter dem Mil-
tiades/ die von Levce dem Achilles Tempel und
Altäre gebauet. Wer hätte nicht in frischem
Gedächtnüsse/ daß Juba bey den Mohren/
Selevcus bey den Syrern/ Disares bey den
Arabern/ Philippus und Alexander bey den
Macedoniern/ Romulus zu Rom/ und Bele-
cus von den benachbarten Norichern als Göt-
ter angeruffen würden. Ja den Deutschen
würde nachgesagt/ daß sie den Tuisco und den
Mann göttlich verehrten. Zu dem hätten
viel Völcker diese Verehrung weder in das
männliche Geschlechte noch allein auff Helden
eingeschrenckt; ja auch frembder Tugend selbte
nicht mißgegönnt. Carthago erkennte die
Dido/ Babylon die Semiramis/ Phasis Me-
deen/ Memphis Arsinoen/ Sparta Helenen/
Athen Erigonen/ Rom die Acca Laurentia und
Deutschland die Herta und die noch-lebende
Aurinien für eine Göttin. Uberdiß wären
nicht allein die sich fürs Vaterland aufopffern-
den Töchter des Erechtheus zu Athen/ und die
neun Musen vom Leßbischen Könige Macaris
vergöttert; sondern es hätten die Zinser auch
dem Homerus weisse Ziegen geopffert/ die Me-
tapontier den Pythagoras angebetet/ die von
Stagira dem Aristoteles ein Fest gefeyret; die
Jndier rufften ihren Lehrmeister Cambadaxi/
und seine Thracier den Getischen Gesetzgeber
Zamolxis an/ daß er nach dem Tode ihre Seele
aufnehmen wolle. Dem Paris stehe weder
sein feindliches Vaterland/ noch sein Raub im
Wege/ daß er nicht von den Laconiern für einen
Gott gehalten würde. Die Macedonier hät-
[Spaltenumbruch] ten dem Eneas/ die Umbrier dem Diomedes/
die Rhodier dem Kleptolemus kostbare Heilig-
thümer aufgerichtet. Des Ulysses Altar solle
in Britannien/ ja auch am Rheinstrome zu se-
hen/ und von seinem Vater Laertus eine Uber-
schrifft daran zu lesen seyn; ja er selbst habe so
wohl auf des itzigen Käysers/ als des grossen
Alexanders Altären am Boristhenes opffern ge-
sehen. Also würden die Deutschen so wenig
alle dem Drusus noch auch andern Römern
aufgerichtete Opffer-Tische zu zerstören/ als
diese Meinung von der Vergötterung der gan-
tzen Welt auszureden mächtig seyn.

Der Priester begegnete dem Thracischen
Fürsten mit einer demüthigen Annehmligkeit/
beydes letztere wäre zu bejammern. Der A-
berglaube hätte gemacht/ daß man drey und
vierzig Hercules/ drey hundert Jupiter und
zusammen dreißig tausend Götter zählte/ und
so gar unbeseelte Sachen/ als die Cappadocier
das Messer/ wormit Jphigenia solle geopffert
worden seyn/ die Spartaner die Schale von
dem vermeinten Ey der Leda/ Rom die Anci-
lischen Schilde/ die Jndianer einen Affen-
Zahn für göttlich verehrten. Alleine alles
diß wäre so wenig/ als die Vielheit der Jrren-
den für einen Grundstein der Warheit zu legen.
Die menschliche Seele habe von dem Brunn
aller Dinge dem einigen und ewigen Gotte
zwar den Schatz der Unsterbligkeit/ aber kein
göttliches Wesen bekommen. Dieses sey un-
versehrlich/ unverderblich und unveränder-
lich/ und von dem Wesen der Seele so weit/
als die Sonne von einem Feuer-Funcken/ als
das Meer von einem Tropffen Wasser unter-
schieden. Die Seele besudelte sich mit vielen
Lastern/ und sey in dem zerbrechlichen Ge-
schirre des Leibes vielerley Leiden unterworf-
fen/ auch als ein unvollkommeneres Geschöpf-
fe von dem vollkommenen Schöpffer gantz
zweyerley. Diesemnach könne auch der gött-

liche

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] verſcharrenden Phileniſchen Bruͤder/ die Sa-
laminier den Ajax/ die von Egina den Eacus
goͤttlich verehrt. Athen habe dem Cecrops/ dem
Theſeus/ dem Meneſtheus und Codrus/ die
Spaꝛtaneꝛ dem Hyacinthus/ dem Agamemnon/
dem Menelaus/ die Arcadier dem Epaminon-
das/ die Archiver dem Perſeus/ die von Delphis
dem Neoptolomeus/ die Cherſoniter dem Mil-
tiades/ die von Levce dem Achilles Tempel und
Altaͤre gebauet. Wer haͤtte nicht in friſchem
Gedaͤchtnuͤſſe/ daß Juba bey den Mohren/
Selevcus bey den Syrern/ Diſares bey den
Arabern/ Philippus und Alexander bey den
Macedoniern/ Romulus zu Rom/ und Bele-
cus von den benachbarten Norichern als Goͤt-
ter angeruffen wuͤrden. Ja den Deutſchen
wuͤrde nachgeſagt/ daß ſie den Tuiſco und den
Mann goͤttlich verehrten. Zu dem haͤtten
viel Voͤlcker dieſe Verehrung weder in das
maͤnnliche Geſchlechte noch allein auff Helden
eingeſchrenckt; ja auch frembder Tugend ſelbte
nicht mißgegoͤnnt. Carthago erkennte die
Dido/ Babylon die Semiramis/ Phaſis Me-
deen/ Memphis Arſinoen/ Sparta Helenen/
Athen Erigonen/ Rom die Acca Laurentia und
Deutſchland die Herta und die noch-lebende
Aurinien fuͤr eine Goͤttin. Uberdiß waͤren
nicht allein die ſich fuͤrs Vaterland aufopffern-
den Toͤchter des Erechtheus zu Athen/ und die
neun Muſen vom Leßbiſchen Koͤnige Macaris
vergoͤttert; ſondern es haͤtten die Zinſer auch
dem Homerus weiſſe Ziegen geopffert/ die Me-
tapontier den Pythagoras angebetet/ die von
Stagira dem Ariſtoteles ein Feſt gefeyret; die
Jndier rufften ihren Lehrmeiſter Cambadaxi/
und ſeine Thracier den Getiſchen Geſetzgeber
Zamolxis an/ daß er nach dem Tode ihre Seele
aufnehmen wolle. Dem Paris ſtehe weder
ſein feindliches Vaterland/ noch ſein Raub im
Wege/ daß er nicht von den Laconiern fuͤr einen
Gott gehalten wuͤrde. Die Macedonier haͤt-
[Spaltenumbruch] ten dem Eneas/ die Umbrier dem Diomedes/
die Rhodier dem Kleptolemus koſtbare Heilig-
thuͤmer aufgerichtet. Des Ulyſſes Altar ſolle
in Britannien/ ja auch am Rheinſtrome zu ſe-
hen/ und von ſeinem Vater Laertus eine Uber-
ſchrifft daran zu leſen ſeyn; ja er ſelbſt habe ſo
wohl auf des itzigen Kaͤyſers/ als des groſſen
Alexanders Altaͤren am Boriſthenes opffern ge-
ſehen. Alſo wuͤrden die Deutſchen ſo wenig
alle dem Druſus noch auch andern Roͤmern
aufgerichtete Opffer-Tiſche zu zerſtoͤren/ als
dieſe Meinung von der Vergoͤtterung der gan-
tzen Welt auszureden maͤchtig ſeyn.

Der Prieſter begegnete dem Thraciſchen
Fuͤrſten mit einer demuͤthigen Annehmligkeit/
beydes letztere waͤre zu bejammern. Der A-
berglaube haͤtte gemacht/ daß man drey und
vierzig Hercules/ drey hundert Jupiter und
zuſammen dreißig tauſend Goͤtter zaͤhlte/ und
ſo gar unbeſeelte Sachen/ als die Cappadocier
das Meſſer/ wormit Jphigenia ſolle geopffert
worden ſeyn/ die Spartaner die Schale von
dem vermeinten Ey der Leda/ Rom die Anci-
liſchen Schilde/ die Jndianer einen Affen-
Zahn fuͤr goͤttlich verehrten. Alleine alles
diß waͤre ſo wenig/ als die Vielheit der Jrren-
den fuͤr einen Grundſtein der Warheit zu legen.
Die menſchliche Seele habe von dem Brunn
aller Dinge dem einigen und ewigen Gotte
zwar den Schatz der Unſterbligkeit/ aber kein
goͤttliches Weſen bekommen. Dieſes ſey un-
verſehrlich/ unverderblich und unveraͤnder-
lich/ und von dem Weſen der Seele ſo weit/
als die Sonne von einem Feuer-Funcken/ als
das Meer von einem Tropffen Waſſer unter-
ſchieden. Die Seele beſudelte ſich mit vielen
Laſtern/ und ſey in dem zerbrechlichen Ge-
ſchirre des Leibes vielerley Leiden unterworf-
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fe von dem vollkommenen Schoͤpffer gantz
zweyerley. Dieſemnach koͤnne auch der goͤtt-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/397>, abgerufen am 10.05.2024.