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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] manden vertrauen würde. Denn die La-
ster/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung
ziel[e]n/ werden auch von denen gerne verschwie-
gen/ welche gleich Ursache solche zu rächen hät-
ten. Weil nun eine ungewohnte Einsam-
keit einen mittelmäßigen Geist einschläffet/ ei-
nen feurigen aber mehr anzündet/ würckte die
Entbrechung des Hofes beym Orismanes Un-
gedult/ diese eine gifftige Rachgier. Seine
Ehrsucht hielt ihm ein/ daß Fürsten angefange-
ne Laster nicht geringer schätzten/ als die voll-
brachten/ und daß diese nur mit Gefahr an-
gesponnen/ mit Belohnung aber vollbracht
würden. Zugeschweigen/ daß er nichts für
thulicher hielt/ als mit seiner Herrschafft anzu-
binden; weil auch das Unterliegen denen Be-
siegten zum minsten einen Nahmen macht/ und
also vortheilhafftig ist/ wenn sie von grossen
Helden bezwungen werden. Diesem nach
cntschloß er sich entweder durch seine List sei-
nen Zweck zu erlangen/ oder durch seine Ver-
zweiffelung seiner Abgünstigen Untergang zu
verursachen. Wormit er aber solches so viel
leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit sei-
ner Ungnade auffs sorgfältigste seinen Ehr-
geitz und Absehen. Denen/ welche ihn heim-
suchten/ und die Ursache seiner Abziehung vom
Hoffe erkundigten/ machte er tausend Lobsprü-
che der Einsamkeit. Jch/ sagte er/ habe mich
der Eitelkeit der Welt entschüttet/ um der
Ruhe meines Gemüthes zu geniessen. Weil
ich weiß/ daß sich das Glücke zwar auff eine
Zeit zu Dienste vermiethe/ sich aber nieman-
den leibeigen gebe; stehet mir nicht an mit ihm
ein ewiges Bündniß zu machen. Der Hoff ist
ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne
hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le-
bens nicht nach seinem Angelsterne richten. Er
ist ein Glückstopff/ der unter tausenden kaum
einen beschriebenen Zettel hat; daher mag ich
so vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie-
menden um als mit den Weisen der Vorwelt/
[Spaltenumbruch] welche weder meinen Schwachheiten heucheln/
noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi-
schen. Wenn der wollüstige Hoff mit seinen
Sorgen in steter Wache ist/ geniesse ich der süs-
sesten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die
Sternen für mich auff der Hutte stehen. Jch
weiß/ die Enge meines Land-Gutes ist ein
Schrancken nicht nur über die Ferne Armeni-
ens/ sondern so weit meine Augen tragen. Jch
eigne mir mit reiner Unschuld den Genüß
fremder Güter zu/ sonder meinen Nachbarn
davon das wenigste zu versehren. Sintemal
ich derselben mich ohne Geitz und Verschwen-
dung nach den Gesetzen der Natur/ und auff
eine solche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kunst
und Mißbrauch selbte verfälscht/ und aus dem
gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht
hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar-
muth bin ich reicher als der König der Par-
then/ und/ wenn ich eine Früh-Rose/ oder einen
reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz-
ten Baume abbreche/ bin ich vergnügter als der
Käyser/ wenn er in einem Siegs-Gepränge
ihm Lorber-Zweige um die Schläffe windet/ o-
der von hundert Völckern ihre Reichthümer
zum Zinse einzeucht. Jch verlache in mir das
Ungemach des gefährlichen Hoffes/ den Staub
und Pöfel der Städte/ die Angst der Ehrsüch-
tigen/ und die Thorheit der Höfflinge/ welche
den Kern ihres Lebens einem Fürsten/ oder
wohl offt ihren unwürdigen Schooß-Kindern/
die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch
so gut wird/ den Göttern wiedmen. Die Fe-
dern/ wormit die Höfflinge vielleicht so ge-
mein ihre Häupter bedecken/ weil es bey Ho-
fe fast immer windicht ist/ brauche ich viel nütz-
licher zum Entwurff meiner der Weißheit
nachhängenden Gedancken. Jch lebe mit
mir selbst vergnügt/ und ich habe allzu spät ge-
lernet/ daß ein Weiser keines andern bedürf-
fe/ und daß alles/ was auffer ihm ist/ Uberfluß
sey. Die Grossen des Reichs/ die ihn häuffig

besuch-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] manden vertrauen wuͤrde. Denn die La-
ſter/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung
ziel[e]n/ werden auch von denen gerne verſchwie-
gen/ welche gleich Urſache ſolche zu raͤchen haͤt-
ten. Weil nun eine ungewohnte Einſam-
keit einen mittelmaͤßigen Geiſt einſchlaͤffet/ ei-
nen feurigen aber mehr anzuͤndet/ wuͤrckte die
Entbrechung des Hofes beym Oriſmanes Un-
gedult/ dieſe eine gifftige Rachgier. Seine
Ehrſucht hielt ihm ein/ daß Fuͤrſten angefange-
ne Laſter nicht geringer ſchaͤtzten/ als die voll-
brachten/ und daß dieſe nur mit Gefahr an-
geſponnen/ mit Belohnung aber vollbracht
wuͤrden. Zugeſchweigen/ daß er nichts fuͤr
thulicher hielt/ als mit ſeiner Herrſchafft anzu-
binden; weil auch das Unterliegen denen Be-
ſiegten zum minſten einen Nahmen macht/ und
alſo vortheilhafftig iſt/ wenn ſie von groſſen
Helden bezwungen werden. Dieſem nach
cntſchloß er ſich entweder durch ſeine Liſt ſei-
nen Zweck zu erlangen/ oder durch ſeine Ver-
zweiffelung ſeiner Abguͤnſtigen Untergang zu
verurſachen. Wormit er aber ſolches ſo viel
leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit ſei-
ner Ungnade auffs ſorgfaͤltigſte ſeinen Ehr-
geitz und Abſehen. Denen/ welche ihn heim-
ſuchten/ und die Urſache ſeiner Abziehung vom
Hoffe eꝛkundigten/ machte er tauſend Lobſpruͤ-
che der Einſamkeit. Jch/ ſagte er/ habe mich
der Eitelkeit der Welt entſchuͤttet/ um der
Ruhe meines Gemuͤthes zu genieſſen. Weil
ich weiß/ daß ſich das Gluͤcke zwar auff eine
Zeit zu Dienſte vermiethe/ ſich aber nieman-
den leibeigen gebe; ſtehet mir nicht an mit ihm
ein ewiges Buͤndniß zu machen. Der Hoff iſt
ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne
hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le-
bens nicht nach ſeinem Angelſterne richten. Er
iſt ein Gluͤckstopff/ der unter tauſenden kaum
einen beſchriebenen Zettel hat; daher mag ich
ſo vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie-
menden um als mit den Weiſen der Vorwelt/
[Spaltenumbruch] welche weder meinen Schwachheiten heucheln/
noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi-
ſchen. Wenn der wolluͤſtige Hoff mit ſeinen
Sorgen in ſteter Wache iſt/ genieſſe ich der ſuͤſ-
ſeſten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die
Sternen fuͤr mich auff der Hutte ſtehen. Jch
weiß/ die Enge meines Land-Gutes iſt ein
Schrancken nicht nur uͤber die Ferne Armeni-
ens/ ſondern ſo weit meine Augen tragen. Jch
eigne mir mit reiner Unſchuld den Genuͤß
fremder Guͤter zu/ ſonder meinen Nachbarn
davon das wenigſte zu verſehren. Sintemal
ich derſelben mich ohne Geitz und Verſchwen-
dung nach den Geſetzen der Natur/ und auff
eine ſolche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kunſt
und Mißbrauch ſelbte verfaͤlſcht/ und aus dem
gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht
hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar-
muth bin ich reicher als der Koͤnig der Par-
then/ und/ wenn ich eine Fruͤh-Roſe/ oder einen
reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz-
ten Baume abbreche/ bin ich vergnuͤgter als der
Kaͤyſer/ wenn er in einem Siegs-Gepraͤnge
ihm Lorber-Zweige um die Schlaͤffe windet/ o-
der von hundert Voͤlckern ihre Reichthuͤmer
zum Zinſe einzeucht. Jch verlache in mir das
Ungemach des gefaͤhrlichen Hoffes/ den Staub
und Poͤfel der Staͤdte/ die Angſt der Ehrſuͤch-
tigen/ und die Thorheit der Hoͤfflinge/ welche
den Kern ihres Lebens einem Fuͤrſten/ oder
wohl offt ihren unwuͤrdigen Schooß-Kindern/
die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch
ſo gut wird/ den Goͤttern wiedmen. Die Fe-
dern/ wormit die Hoͤfflinge vielleicht ſo ge-
mein ihre Haͤupter bedecken/ weil es bey Ho-
fe faſt immer windicht iſt/ brauche ich viel nuͤtz-
licher zum Entwurff meiner der Weißheit
nachhaͤngenden Gedancken. Jch lebe mit
mir ſelbſt vergnuͤgt/ und ich habe allzu ſpaͤt ge-
lernet/ daß ein Weiſer keines andern beduͤrf-
fe/ und daß alles/ was auffer ihm iſt/ Uberfluß
ſey. Die Groſſen des Reichs/ die ihn haͤuffig

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[306/0358] Drittes Buch manden vertrauen wuͤrde. Denn die La- ſter/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung zielen/ werden auch von denen gerne verſchwie- gen/ welche gleich Urſache ſolche zu raͤchen haͤt- ten. Weil nun eine ungewohnte Einſam- keit einen mittelmaͤßigen Geiſt einſchlaͤffet/ ei- nen feurigen aber mehr anzuͤndet/ wuͤrckte die Entbrechung des Hofes beym Oriſmanes Un- gedult/ dieſe eine gifftige Rachgier. Seine Ehrſucht hielt ihm ein/ daß Fuͤrſten angefange- ne Laſter nicht geringer ſchaͤtzten/ als die voll- brachten/ und daß dieſe nur mit Gefahr an- geſponnen/ mit Belohnung aber vollbracht wuͤrden. Zugeſchweigen/ daß er nichts fuͤr thulicher hielt/ als mit ſeiner Herrſchafft anzu- binden; weil auch das Unterliegen denen Be- ſiegten zum minſten einen Nahmen macht/ und alſo vortheilhafftig iſt/ wenn ſie von groſſen Helden bezwungen werden. Dieſem nach cntſchloß er ſich entweder durch ſeine Liſt ſei- nen Zweck zu erlangen/ oder durch ſeine Ver- zweiffelung ſeiner Abguͤnſtigen Untergang zu verurſachen. Wormit er aber ſolches ſo viel leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit ſei- ner Ungnade auffs ſorgfaͤltigſte ſeinen Ehr- geitz und Abſehen. Denen/ welche ihn heim- ſuchten/ und die Urſache ſeiner Abziehung vom Hoffe eꝛkundigten/ machte er tauſend Lobſpruͤ- che der Einſamkeit. Jch/ ſagte er/ habe mich der Eitelkeit der Welt entſchuͤttet/ um der Ruhe meines Gemuͤthes zu genieſſen. Weil ich weiß/ daß ſich das Gluͤcke zwar auff eine Zeit zu Dienſte vermiethe/ ſich aber nieman- den leibeigen gebe; ſtehet mir nicht an mit ihm ein ewiges Buͤndniß zu machen. Der Hoff iſt ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le- bens nicht nach ſeinem Angelſterne richten. Er iſt ein Gluͤckstopff/ der unter tauſenden kaum einen beſchriebenen Zettel hat; daher mag ich ſo vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie- menden um als mit den Weiſen der Vorwelt/ welche weder meinen Schwachheiten heucheln/ noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi- ſchen. Wenn der wolluͤſtige Hoff mit ſeinen Sorgen in ſteter Wache iſt/ genieſſe ich der ſuͤſ- ſeſten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die Sternen fuͤr mich auff der Hutte ſtehen. Jch weiß/ die Enge meines Land-Gutes iſt ein Schrancken nicht nur uͤber die Ferne Armeni- ens/ ſondern ſo weit meine Augen tragen. Jch eigne mir mit reiner Unſchuld den Genuͤß fremder Guͤter zu/ ſonder meinen Nachbarn davon das wenigſte zu verſehren. Sintemal ich derſelben mich ohne Geitz und Verſchwen- dung nach den Geſetzen der Natur/ und auff eine ſolche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kunſt und Mißbrauch ſelbte verfaͤlſcht/ und aus dem gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar- muth bin ich reicher als der Koͤnig der Par- then/ und/ wenn ich eine Fruͤh-Roſe/ oder einen reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz- ten Baume abbreche/ bin ich vergnuͤgter als der Kaͤyſer/ wenn er in einem Siegs-Gepraͤnge ihm Lorber-Zweige um die Schlaͤffe windet/ o- der von hundert Voͤlckern ihre Reichthuͤmer zum Zinſe einzeucht. Jch verlache in mir das Ungemach des gefaͤhrlichen Hoffes/ den Staub und Poͤfel der Staͤdte/ die Angſt der Ehrſuͤch- tigen/ und die Thorheit der Hoͤfflinge/ welche den Kern ihres Lebens einem Fuͤrſten/ oder wohl offt ihren unwuͤrdigen Schooß-Kindern/ die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch ſo gut wird/ den Goͤttern wiedmen. Die Fe- dern/ wormit die Hoͤfflinge vielleicht ſo ge- mein ihre Haͤupter bedecken/ weil es bey Ho- fe faſt immer windicht iſt/ brauche ich viel nuͤtz- licher zum Entwurff meiner der Weißheit nachhaͤngenden Gedancken. Jch lebe mit mir ſelbſt vergnuͤgt/ und ich habe allzu ſpaͤt ge- lernet/ daß ein Weiſer keines andern beduͤrf- fe/ und daß alles/ was auffer ihm iſt/ Uberfluß ſey. Die Groſſen des Reichs/ die ihn haͤuffig beſuch-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/358>, abgerufen am 10.05.2024.