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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bonius mit seinem Reiche den Kopf abgeschnit-
ten/ und ins Meer geworffen. So bald
nun die Bosphorer die Ankunfft des Königs
Polemon vernahmen/ besorgeten sie sich/ er
würde als ein Bundsgenosse der Römer ih-
nen zum Könige aufgedrungen werden/ da sie
lieber einem einheimischen gehorsamt hätten/
also zohen sie auf Anstifften des Meleagenes/
der sich auf die Bosphorsche Krone selbst ver-
spitzte/ dem Polemon mit Heeres-Krafft ent-
gegen/ griffen ihn unverwarnigt an/ wurden
aber aus dem Felde geschlagen. Es war a-
bor dieser Verlust nur eine Ursache zu grösse-
rer Verbitterung/ und eine Fackel hefftiger
Kriegs-Flammen. Nach dem aber Pole-
mon den Meleagenes in einem Treffen erleg-
te/ und die Zeitung kam/ daß Agrippa selbst
mit einem mächtigen Heere schon zu Sinope
dem Polemon zu Hülffe ankommen war/ leg-
ten sie die Waffen nieder/ baten selbst/ daß der
hertzhaffte Polemon ihr König seyn möchte.
Also setzte Agrippa ihm mit Genehmhaltung
des Käysers nicht alleine die Bosphorsche Kro-
ne auf/ sondern vermählte ihn auch mit der
schönen Königin Dynamis.

Jch danckte für so annehmliche Erzehlung
diesem freundlichen Edelmanne/ und veran-
laste mit möglichster Ehrerbietung ihn mit
uns fernere Gemeinschafft zu pflegen. Wie
wir nun für dißmahl von ihm Abschied nah-
men/ und aus dem Schauplatze giengen/ ward
Erato unter der Menge Volcks unvermu-
thet meines Artafernes gewar. Alleine/ ob wir
wohl auff dem Fusse ihm nachfolgeten/ verlohr
er sich doch unter dem Gedränge aus unserm
Gesichte/ und wir konten zu meinem grösten
Hertzeleide ihn durch keinen Fleiß finden oder
ausforschen. Folgenden Morgen kam Me-
herdates in aller früh mit denen zwey Lycao-
nischen Fürsten in unser Hauß/ und berichte-
[Spaltenumbruch] ten uns/ wie Polemon diesen Tag den Römi-
schen Rathsherren zu Liebe allerhand Rennen
von seiner Ritterschafft halten würde/ berede-
ten uns auch/ daß Erato/ welche zu Sinope
den Nahmen Massabazanes annahm/ nebst
ihnen auf der Rennebahn in gleichförmiger
Rüstung zu erscheinen sich entschloß. Als wir
in die Schrancken kamen/ bezeugten wir für
dem Könige/ der Königin Dynamis und den
Römern/ welche auf einer mit Gold durch-
würckten Persischen Tapecereyen umhange-
nen Bühne dem Rennen zuschauen wolten/
möglichste Ehrerbietung. Wir wunderten
uns über der Abwesenheit der Fürstin Arsinoe/
wurden aber bald gewahr/ daß selbte unter
dem Schalle der Trompeten/ als eine Amozo-
nin ausgerüstet/ sich gleichergestalt in die
Schrancken verfügte. Hierauf machte sie
alsbald den Anfang aus dem für der Königli-
chen Bühne von zweyen Herolden gehaltenem
Loß-Topffe einen Zettel zu heben/ auff denen
die Zahl/ wie die Ritter nach der Reye rennen
solten/ vermerckt war. Jhr folgten die an-
wesenden Fürsten und Ritter/ derer über fünf
hundert waren/ nach/ und traf sich das Loß/
daß die Lycaonischen Fürsten die ersten/ die
Fürstin Arsinoe und Massabazanes aber die
allerletzten Zettel bekommen. Weil nun sie
von den Herolden in die Reyhe nach denen ge-
hobenen Zetteln gestellt wurden/ kamen Arsi-
noe und Massabazanes harte neben einander.
Beyde konten Anfangs einander nicht ge-
nungsam anschauen/ ja in beyden erregte sich
eine geheime Zuneigung/ und ein solcher Trieb
ihrer Gemüther/ worüber sie ihnen selbst keine
gewisse Auslegung zu machen wusten. Als
nun der jüngste Lycaonische Fürst Masna-
emphtes im Rennen den Anfang machte/ und
dieser/ auser dem Pfeil-Schüssen/ alle andere
Rennen traf/ machte ihr Arsinoe Gelegenheit
mit dem Massabazanes zu reden/ den Mas-

naemph-
J i 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bonius mit ſeinem Reiche den Kopf abgeſchnit-
ten/ und ins Meer geworffen. So bald
nun die Boſphorer die Ankunfft des Koͤnigs
Polemon vernahmen/ beſorgeten ſie ſich/ er
wuͤrde als ein Bundsgenoſſe der Roͤmer ih-
nen zum Koͤnige aufgedrungen werden/ da ſie
lieber einem einheimiſchen gehorſamt haͤtten/
alſo zohen ſie auf Anſtifften des Meleagenes/
der ſich auf die Boſphorſche Krone ſelbſt ver-
ſpitzte/ dem Polemon mit Heeres-Krafft ent-
gegen/ griffen ihn unverwarnigt an/ wurden
aber aus dem Felde geſchlagen. Es war a-
bor dieſer Verluſt nur eine Urſache zu groͤſſe-
rer Verbitterung/ und eine Fackel hefftiger
Kriegs-Flammen. Nach dem aber Pole-
mon den Meleagenes in einem Treffen erleg-
te/ und die Zeitung kam/ daß Agrippa ſelbſt
mit einem maͤchtigen Heere ſchon zu Sinope
dem Polemon zu Huͤlffe ankommen war/ leg-
ten ſie die Waffen nieder/ baten ſelbſt/ daß der
hertzhaffte Polemon ihr Koͤnig ſeyn moͤchte.
Alſo ſetzte Agrippa ihm mit Genehmhaltung
des Kaͤyſers nicht alleine die Boſphorſche Kro-
ne auf/ ſondern vermaͤhlte ihn auch mit der
ſchoͤnen Koͤnigin Dynamis.

Jch danckte fuͤr ſo annehmliche Erzehlung
dieſem freundlichen Edelmanne/ und veran-
laſte mit moͤglichſter Ehrerbietung ihn mit
uns fernere Gemeinſchafft zu pflegen. Wie
wir nun fuͤr dißmahl von ihm Abſchied nah-
men/ und aus dem Schauplatze giengen/ ward
Erato unter der Menge Volcks unvermu-
thet meines Artafernes gewar. Alleine/ ob wir
wohl auff dem Fuſſe ihm nachfolgeten/ verlohr
er ſich doch unter dem Gedraͤnge aus unſerm
Geſichte/ und wir konten zu meinem groͤſten
Hertzeleide ihn durch keinen Fleiß finden oder
ausforſchen. Folgenden Morgen kam Me-
herdates in aller fruͤh mit denen zwey Lycao-
niſchen Fuͤrſten in unſer Hauß/ und berichte-
[Spaltenumbruch] ten uns/ wie Polemon dieſen Tag den Roͤmi-
ſchen Rathsherren zu Liebe allerhand Rennen
von ſeiner Ritterſchafft halten wuͤrde/ berede-
ten uns auch/ daß Erato/ welche zu Sinope
den Nahmen Maſſabazanes annahm/ nebſt
ihnen auf der Rennebahn in gleichfoͤrmiger
Ruͤſtung zu erſcheinen ſich entſchloß. Als wir
in die Schrancken kamen/ bezeugten wir fuͤr
dem Koͤnige/ der Koͤnigin Dynamis und den
Roͤmern/ welche auf einer mit Gold durch-
wuͤrckten Perſiſchen Tapecereyen umhange-
nen Buͤhne dem Rennen zuſchauen wolten/
moͤglichſte Ehrerbietung. Wir wunderten
uns uͤber der Abweſenheit der Fuͤrſtin Arſinoe/
wurden aber bald gewahr/ daß ſelbte unter
dem Schalle der Trompeten/ als eine Amozo-
nin ausgeruͤſtet/ ſich gleichergeſtalt in die
Schrancken verfuͤgte. Hierauf machte ſie
alsbald den Anfang aus dem fuͤr der Koͤnigli-
chen Buͤhne von zweyen Herolden gehaltenem
Loß-Topffe einen Zettel zu heben/ auff denen
die Zahl/ wie die Ritter nach der Reye rennen
ſolten/ vermerckt war. Jhr folgten die an-
weſenden Fuͤrſten und Ritter/ derer uͤber fuͤnf
hundert waren/ nach/ und traf ſich das Loß/
daß die Lycaoniſchen Fuͤrſten die erſten/ die
Fuͤrſtin Arſinoe und Maſſabazanes aber die
allerletzten Zettel bekommen. Weil nun ſie
von den Herolden in die Reyhe nach denen ge-
hobenen Zetteln geſtellt wurden/ kamen Arſi-
noe und Maſſabazanes harte neben einander.
Beyde konten Anfangs einander nicht ge-
nungſam anſchauen/ ja in beyden erregte ſich
eine geheime Zuneigung/ und ein ſolcher Trieb
ihrer Gemuͤther/ woruͤber ſie ihnen ſelbſt keine
gewiſſe Auslegung zu machen wuſten. Als
nun der juͤngſte Lycaoniſche Fuͤrſt Maſna-
emphtes im Rennen den Anfang machte/ und
dieſer/ auſer dem Pfeil-Schuͤſſen/ alle andere
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[253/0305] Arminius und Thußnelda. bonius mit ſeinem Reiche den Kopf abgeſchnit- ten/ und ins Meer geworffen. So bald nun die Boſphorer die Ankunfft des Koͤnigs Polemon vernahmen/ beſorgeten ſie ſich/ er wuͤrde als ein Bundsgenoſſe der Roͤmer ih- nen zum Koͤnige aufgedrungen werden/ da ſie lieber einem einheimiſchen gehorſamt haͤtten/ alſo zohen ſie auf Anſtifften des Meleagenes/ der ſich auf die Boſphorſche Krone ſelbſt ver- ſpitzte/ dem Polemon mit Heeres-Krafft ent- gegen/ griffen ihn unverwarnigt an/ wurden aber aus dem Felde geſchlagen. Es war a- bor dieſer Verluſt nur eine Urſache zu groͤſſe- rer Verbitterung/ und eine Fackel hefftiger Kriegs-Flammen. Nach dem aber Pole- mon den Meleagenes in einem Treffen erleg- te/ und die Zeitung kam/ daß Agrippa ſelbſt mit einem maͤchtigen Heere ſchon zu Sinope dem Polemon zu Huͤlffe ankommen war/ leg- ten ſie die Waffen nieder/ baten ſelbſt/ daß der hertzhaffte Polemon ihr Koͤnig ſeyn moͤchte. Alſo ſetzte Agrippa ihm mit Genehmhaltung des Kaͤyſers nicht alleine die Boſphorſche Kro- ne auf/ ſondern vermaͤhlte ihn auch mit der ſchoͤnen Koͤnigin Dynamis. Jch danckte fuͤr ſo annehmliche Erzehlung dieſem freundlichen Edelmanne/ und veran- laſte mit moͤglichſter Ehrerbietung ihn mit uns fernere Gemeinſchafft zu pflegen. Wie wir nun fuͤr dißmahl von ihm Abſchied nah- men/ und aus dem Schauplatze giengen/ ward Erato unter der Menge Volcks unvermu- thet meines Artafernes gewar. Alleine/ ob wir wohl auff dem Fuſſe ihm nachfolgeten/ verlohr er ſich doch unter dem Gedraͤnge aus unſerm Geſichte/ und wir konten zu meinem groͤſten Hertzeleide ihn durch keinen Fleiß finden oder ausforſchen. Folgenden Morgen kam Me- herdates in aller fruͤh mit denen zwey Lycao- niſchen Fuͤrſten in unſer Hauß/ und berichte- ten uns/ wie Polemon dieſen Tag den Roͤmi- ſchen Rathsherren zu Liebe allerhand Rennen von ſeiner Ritterſchafft halten wuͤrde/ berede- ten uns auch/ daß Erato/ welche zu Sinope den Nahmen Maſſabazanes annahm/ nebſt ihnen auf der Rennebahn in gleichfoͤrmiger Ruͤſtung zu erſcheinen ſich entſchloß. Als wir in die Schrancken kamen/ bezeugten wir fuͤr dem Koͤnige/ der Koͤnigin Dynamis und den Roͤmern/ welche auf einer mit Gold durch- wuͤrckten Perſiſchen Tapecereyen umhange- nen Buͤhne dem Rennen zuſchauen wolten/ moͤglichſte Ehrerbietung. Wir wunderten uns uͤber der Abweſenheit der Fuͤrſtin Arſinoe/ wurden aber bald gewahr/ daß ſelbte unter dem Schalle der Trompeten/ als eine Amozo- nin ausgeruͤſtet/ ſich gleichergeſtalt in die Schrancken verfuͤgte. Hierauf machte ſie alsbald den Anfang aus dem fuͤr der Koͤnigli- chen Buͤhne von zweyen Herolden gehaltenem Loß-Topffe einen Zettel zu heben/ auff denen die Zahl/ wie die Ritter nach der Reye rennen ſolten/ vermerckt war. Jhr folgten die an- weſenden Fuͤrſten und Ritter/ derer uͤber fuͤnf hundert waren/ nach/ und traf ſich das Loß/ daß die Lycaoniſchen Fuͤrſten die erſten/ die Fuͤrſtin Arſinoe und Maſſabazanes aber die allerletzten Zettel bekommen. Weil nun ſie von den Herolden in die Reyhe nach denen ge- hobenen Zetteln geſtellt wurden/ kamen Arſi- noe und Maſſabazanes harte neben einander. Beyde konten Anfangs einander nicht ge- nungſam anſchauen/ ja in beyden erregte ſich eine geheime Zuneigung/ und ein ſolcher Trieb ihrer Gemuͤther/ woruͤber ſie ihnen ſelbſt keine gewiſſe Auslegung zu machen wuſten. Als nun der juͤngſte Lycaoniſche Fuͤrſt Maſna- emphtes im Rennen den Anfang machte/ und dieſer/ auſer dem Pfeil-Schuͤſſen/ alle andere Rennen traf/ machte ihr Arſinoe Gelegenheit mit dem Maſſabazanes zu reden/ den Maſ- naemph- J i 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/305>, abgerufen am 08.05.2024.