Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] war auch die schöne Datapherne Vologesens
Ehweib/ welcher zum ersten dem Tigranes den
Armenischen Reichsstab zugedacht hatte. Die-
sem gab er zu Lohne/ daß er sein Ehweib anfangs
zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/
weil die anfangs verstohlnen und furchtsamen
Laster nach und nach immer kühner werden/
verschickte er Vologesen in Gesandschafft zum
Ariobarzanes in Meden; und in seiner Abwe-
senheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe.
Vologeses erfuhr in Meden die Untreu seines
Weibes/ gleichwohl aber wartete er seiner Ge-
schäffte aus/ und kam mit vergnügter Verrich-
tung zu Artaxata an; verstellte auch alle Em-
pfindligkeit wegen des ihm angefügten Un-
rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er sich bey
seiner Gemalin anmelden. Diese verwegene Eh-
brecherin aber lies Vologesen schimpfflich ant-
worten: Der König hätte den Schlüssel zu ihrem
Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier-
über brach Vologesen die Gedult aus/ so daß er
Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er-
suchen ließ: Er möchte ihm seine Gemahlin fol-
gen lassen; kriegte aber vom Könige zur Ant-
wort: Er solte sich noch bey Sonnenscheine auff
seine Landgüter begeben/ oder man würde ihn
ins Tollhaus einsperren. Gleich als wenn es um
die Ehre seines Eh-Weibes zu eyfern eine grös-
sere Unsinnigkeit wäre/ als sich mit einer frem-
den Unehre besudeln. Vogoleses zohe aus Ar-
taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera-
den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er
aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre-
cherischen Weibes Laster einem Manne keine
Schmach zuwachse/ oder dieser Fleck mit desselb-
ten Verhüllung verwischt werde; und damit es
nicht schiene/ als wenn er mit des Phraates
Waffen und Gefahr nur seine Beleidigung
rächen wolte/ trug er ihm alleine umständlich
für: wie schwürig Armenien wider den mit Rö-
mischen Künsten und Lastern angefüllten Ti-
[Spaltenumbruch] granes; wie schimpfflich es allen Morgenlän-
dern wäre/ daß des Käysers Leibeigene/ welche
so viel Jahr in der Dienstbarkeit gelebt/ bey ih-
nen zu Königen eingesetzt würden; und noch in
solcher Würde schlechten Römischen Landvög-
ten zu Gebote stehen/ ja für ihnen die Knie beu-
gen müsten; Wie das von den Römern nun an-
gefesselte Armenien der Schlüssel in das sonst
durch die Sandflächen genugsam sichere Par-
then wäre/ welchem der Käyser eben so wohl ein
Seil an die Hörner zu legen anzielte. Daher wäre
es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein
Weichling/ oder gar/ wie etliche muthmasten/
ein Verschnittener wäre/ da der gantze Adel zum
Aufstande fertig stünde/ die Römischen Legionen
anderwerts zu thun hätten/ hohe Zeit durch ei-
nen schleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/
Parthens Sicherheit zu beobachten/ sein Haupt
mit einer neuen Krone/ seinen Nahmen mit un-
sterblichem Nachruhme zu bereichern. König
Phraates hörte Vologesens Vortrag begierig
an/ und ob ihm wohl im Wege stand/ daß er
durch Bekriegung Armeniens den Käyser belei-
digen würde/ der in seinen Händen seine zwey
ältisten Söhne hatte/ so überwog doch seine Re-
giersucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al-
len Fall noch seinen liebsten Sohn Tiridates
zum Stichblate und Kron-Erben übrig. Da-
her schickte er Vologesen mit sechs tausend leich-
ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte
mit einem mächtigen Heere auff dem Fuße
nach/ und schrieb an den Käyser: daß er von sei-
nen bedrängten Freunden in Armenien um
Hülffe wider den grausamen Tigranes ange-
flohen worden wäre; also ziehe er alleine dahin
selbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten
Gottesdienst wieder zu geben; ausser dem be-
gehrte er sich mit Armenien nicht zu vergrössern.
Ehe aber dieses Schreiben nach Rom kam/ siel
die Parthische Macht in Armenien/ allwo die
meisten Städte Vologesen die Schlüssel entge-

gen
H h 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] war auch die ſchoͤne Datapherne Vologeſens
Ehweib/ welcher zum erſten dem Tigranes den
Armeniſchen Reichsſtab zugedacht hatte. Die-
ſem gab er zu Lohne/ daß er ſein Ehweib anfangs
zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/
weil die anfangs verſtohlnen und furchtſamen
Laſter nach und nach immer kuͤhner werden/
verſchickte er Vologeſen in Geſandſchafft zum
Ariobarzanes in Meden; und in ſeiner Abwe-
ſenheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe.
Vologeſes erfuhr in Meden die Untreu ſeines
Weibes/ gleichwohl aber wartete er ſeiner Ge-
ſchaͤffte aus/ und kam mit vergnuͤgter Verrich-
tung zu Artaxata an; verſtellte auch alle Em-
pfindligkeit wegen des ihm angefuͤgten Un-
rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er ſich bey
ſeiner Gemalin anmelden. Dieſe veꝛwegene Eh-
brecherin aber lies Vologeſen ſchimpfflich ant-
worten: Der Koͤnig haͤtte den Schluͤſſel zu ihrem
Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier-
uͤber brach Vologeſen die Gedult aus/ ſo daß er
Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er-
ſuchen ließ: Er moͤchte ihm ſeine Gemahlin fol-
gen laſſen; kriegte aber vom Koͤnige zur Ant-
wort: Er ſolte ſich noch bey Sonnenſcheine auff
ſeine Landguͤter begeben/ oder man wuͤrde ihn
ins Tollhaus einſperren. Gleich als weñ es um
die Ehre ſeines Eh-Weibes zu eyfern eine groͤſ-
ſere Unſinnigkeit waͤre/ als ſich mit einer frem-
den Unehre beſudeln. Vogoleſes zohe aus Ar-
taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera-
den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er
aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre-
cheriſchen Weibes Laſter einem Manne keine
Schmach zuwachſe/ oder dieſer Fleck mit deſſelb-
ten Verhuͤllung verwiſcht werde; und damit es
nicht ſchiene/ als wenn er mit des Phraates
Waffen und Gefahr nur ſeine Beleidigung
raͤchen wolte/ trug er ihm alleine umſtaͤndlich
fuͤr: wie ſchwuͤrig Armenien wider den mit Roͤ-
miſchen Kuͤnſten und Laſtern angefuͤllten Ti-
[Spaltenumbruch] granes; wie ſchimpfflich es allen Morgenlaͤn-
dern waͤre/ daß des Kaͤyſers Leibeigene/ welche
ſo viel Jahr in der Dienſtbarkeit gelebt/ bey ih-
nen zu Koͤnigen eingeſetzt wuͤrden; und noch in
ſolcher Wuͤrde ſchlechten Roͤmiſchen Landvoͤg-
ten zu Gebote ſtehen/ ja fuͤr ihnen die Knie beu-
gen muͤſten; Wie das von den Roͤmern nun an-
gefeſſelte Armenien der Schluͤſſel in das ſonſt
durch die Sandflaͤchen genugſam ſichere Par-
then waͤre/ welchem der Kaͤyſer eben ſo wohl ein
Seil an die Hoͤrner zu legẽ anzielte. Daheꝛ waͤꝛe
es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein
Weichling/ oder gar/ wie etliche muthmaſten/
ein Verſchnittener waͤre/ da der gantze Adel zum
Aufſtande fertig ſtuͤnde/ die Roͤmiſchen Legionen
anderwerts zu thun haͤtten/ hohe Zeit durch ei-
nen ſchleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/
Parthens Sicherheit zu beobachten/ ſein Haupt
mit einer neuen Krone/ ſeinen Nahmen mit un-
ſterblichem Nachruhme zu bereichern. Koͤnig
Phraates hoͤrte Vologeſens Vortrag begierig
an/ und ob ihm wohl im Wege ſtand/ daß er
durch Bekriegung Armeniens den Kaͤyſer belei-
digen wuͤrde/ der in ſeinen Haͤnden ſeine zwey
aͤltiſten Soͤhne hatte/ ſo uͤberwog doch ſeine Re-
gierſucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al-
len Fall noch ſeinen liebſten Sohn Tiridates
zum Stichblate und Kron-Erben uͤbrig. Da-
her ſchickte er Vologeſen mit ſechs tauſend leich-
ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte
mit einem maͤchtigen Heere auff dem Fuße
nach/ und ſchrieb an den Kaͤyſer: daß er von ſei-
nen bedraͤngten Freunden in Armenien um
Huͤlffe wider den grauſamen Tigranes ange-
flohen worden waͤre; alſo ziehe er alleine dahin
ſelbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten
Gottesdienſt wieder zu geben; auſſer dem be-
gehrte er ſich mit Armenien nicht zu vergroͤſſern.
Ehe aber dieſes Schreiben nach Rom kam/ ſiel
die Parthiſche Macht in Armenien/ allwo die
meiſten Staͤdte Vologeſen die Schluͤſſel entge-

gen
H h 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0297" n="245"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
war auch die &#x017F;cho&#x0364;ne Datapherne Vologe&#x017F;ens<lb/>
Ehweib/ welcher zum er&#x017F;ten dem Tigranes den<lb/>
Armeni&#x017F;chen Reichs&#x017F;tab zugedacht hatte. Die-<lb/>
&#x017F;em gab er zu Lohne/ daß er &#x017F;ein Ehweib anfangs<lb/>
zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/<lb/>
weil die anfangs ver&#x017F;tohlnen und furcht&#x017F;amen<lb/>
La&#x017F;ter nach und nach immer ku&#x0364;hner werden/<lb/>
ver&#x017F;chickte er Vologe&#x017F;en in Ge&#x017F;and&#x017F;chafft zum<lb/>
Ariobarzanes in Meden; und in &#x017F;einer Abwe-<lb/>
&#x017F;enheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe.<lb/>
Vologe&#x017F;es erfuhr in Meden die Untreu &#x017F;eines<lb/>
Weibes/ gleichwohl aber wartete er &#x017F;einer Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ffte aus/ und kam mit vergnu&#x0364;gter Verrich-<lb/>
tung zu Artaxata an; ver&#x017F;tellte auch alle Em-<lb/>
pfindligkeit wegen des ihm angefu&#x0364;gten Un-<lb/>
rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er &#x017F;ich bey<lb/>
&#x017F;einer Gemalin anmelden. Die&#x017F;e ve&#xA75B;wegene Eh-<lb/>
brecherin aber lies Vologe&#x017F;en &#x017F;chimpfflich ant-<lb/>
worten: Der Ko&#x0364;nig ha&#x0364;tte den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu ihrem<lb/>
Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier-<lb/>
u&#x0364;ber brach Vologe&#x017F;en die Gedult aus/ &#x017F;o daß er<lb/>
Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er-<lb/>
&#x017F;uchen ließ: Er mo&#x0364;chte ihm &#x017F;eine Gemahlin fol-<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en; kriegte aber vom Ko&#x0364;nige zur Ant-<lb/>
wort: Er &#x017F;olte &#x017F;ich noch bey Sonnen&#x017F;cheine auff<lb/>
&#x017F;eine Landgu&#x0364;ter begeben/ oder man wu&#x0364;rde ihn<lb/>
ins Tollhaus ein&#x017F;perren. Gleich als wen&#x0303; es um<lb/>
die Ehre &#x017F;eines Eh-Weibes zu eyfern eine gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ere Un&#x017F;innigkeit wa&#x0364;re/ als &#x017F;ich mit einer frem-<lb/>
den Unehre be&#x017F;udeln. Vogole&#x017F;es zohe aus Ar-<lb/>
taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera-<lb/>
den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er<lb/>
aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre-<lb/>
cheri&#x017F;chen Weibes La&#x017F;ter einem Manne keine<lb/>
Schmach zuwach&#x017F;e/ oder die&#x017F;er Fleck mit de&#x017F;&#x017F;elb-<lb/>
ten Verhu&#x0364;llung verwi&#x017F;cht werde; und damit es<lb/>
nicht &#x017F;chiene/ als wenn er mit des Phraates<lb/>
Waffen und Gefahr nur &#x017F;eine Beleidigung<lb/>
ra&#x0364;chen wolte/ trug er ihm alleine um&#x017F;ta&#x0364;ndlich<lb/>
fu&#x0364;r: wie &#x017F;chwu&#x0364;rig Armenien wider den mit Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Ku&#x0364;n&#x017F;ten und La&#x017F;tern angefu&#x0364;llten Ti-<lb/><cb/>
granes; wie &#x017F;chimpfflich es allen Morgenla&#x0364;n-<lb/>
dern wa&#x0364;re/ daß des Ka&#x0364;y&#x017F;ers Leibeigene/ welche<lb/>
&#x017F;o viel Jahr in der Dien&#x017F;tbarkeit gelebt/ bey ih-<lb/>
nen zu Ko&#x0364;nigen einge&#x017F;etzt wu&#x0364;rden; und noch in<lb/>
&#x017F;olcher Wu&#x0364;rde &#x017F;chlechten Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Landvo&#x0364;g-<lb/>
ten zu Gebote &#x017F;tehen/ ja fu&#x0364;r ihnen die Knie beu-<lb/>
gen mu&#x0364;&#x017F;ten; Wie das von den Ro&#x0364;mern nun an-<lb/>
gefe&#x017F;&#x017F;elte Armenien der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el in das &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
durch die Sandfla&#x0364;chen genug&#x017F;am &#x017F;ichere Par-<lb/>
then wa&#x0364;re/ welchem der Ka&#x0364;y&#x017F;er eben &#x017F;o wohl ein<lb/>
Seil an die Ho&#x0364;rner zu lege&#x0303; anzielte. Dahe&#xA75B; wa&#x0364;&#xA75B;e<lb/>
es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein<lb/>
Weichling/ oder gar/ wie etliche muthma&#x017F;ten/<lb/>
ein Ver&#x017F;chnittener wa&#x0364;re/ da der gantze Adel zum<lb/>
Auf&#x017F;tande fertig &#x017F;tu&#x0364;nde/ die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Legionen<lb/>
anderwerts zu thun ha&#x0364;tten/ hohe Zeit durch ei-<lb/>
nen &#x017F;chleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/<lb/>
Parthens Sicherheit zu beobachten/ &#x017F;ein Haupt<lb/>
mit einer neuen Krone/ &#x017F;einen Nahmen mit un-<lb/>
&#x017F;terblichem Nachruhme zu bereichern. Ko&#x0364;nig<lb/>
Phraates ho&#x0364;rte Vologe&#x017F;ens Vortrag begierig<lb/>
an/ und ob ihm wohl im Wege &#x017F;tand/ daß er<lb/>
durch Bekriegung Armeniens den Ka&#x0364;y&#x017F;er belei-<lb/>
digen wu&#x0364;rde/ der in &#x017F;einen Ha&#x0364;nden &#x017F;eine zwey<lb/>
a&#x0364;lti&#x017F;ten So&#x0364;hne hatte/ &#x017F;o u&#x0364;berwog doch &#x017F;eine Re-<lb/>
gier&#x017F;ucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al-<lb/>
len Fall noch &#x017F;einen lieb&#x017F;ten Sohn Tiridates<lb/>
zum Stichblate und Kron-Erben u&#x0364;brig. Da-<lb/>
her &#x017F;chickte er Vologe&#x017F;en mit &#x017F;echs tau&#x017F;end leich-<lb/>
ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte<lb/>
mit einem ma&#x0364;chtigen Heere auff dem Fuße<lb/>
nach/ und &#x017F;chrieb an den Ka&#x0364;y&#x017F;er: daß er von &#x017F;ei-<lb/>
nen bedra&#x0364;ngten Freunden in Armenien um<lb/>
Hu&#x0364;lffe wider den grau&#x017F;amen Tigranes ange-<lb/>
flohen worden wa&#x0364;re; al&#x017F;o ziehe er alleine dahin<lb/>
&#x017F;elbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten<lb/>
Gottesdien&#x017F;t wieder zu geben; au&#x017F;&#x017F;er dem be-<lb/>
gehrte er &#x017F;ich mit Armenien nicht zu vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern.<lb/>
Ehe aber die&#x017F;es Schreiben nach Rom kam/ &#x017F;iel<lb/>
die Parthi&#x017F;che Macht in Armenien/ allwo die<lb/>
mei&#x017F;ten Sta&#x0364;dte Vologe&#x017F;en die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el entge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0297] Arminius und Thußnelda. war auch die ſchoͤne Datapherne Vologeſens Ehweib/ welcher zum erſten dem Tigranes den Armeniſchen Reichsſtab zugedacht hatte. Die- ſem gab er zu Lohne/ daß er ſein Ehweib anfangs zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/ weil die anfangs verſtohlnen und furchtſamen Laſter nach und nach immer kuͤhner werden/ verſchickte er Vologeſen in Geſandſchafft zum Ariobarzanes in Meden; und in ſeiner Abwe- ſenheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe. Vologeſes erfuhr in Meden die Untreu ſeines Weibes/ gleichwohl aber wartete er ſeiner Ge- ſchaͤffte aus/ und kam mit vergnuͤgter Verrich- tung zu Artaxata an; verſtellte auch alle Em- pfindligkeit wegen des ihm angefuͤgten Un- rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er ſich bey ſeiner Gemalin anmelden. Dieſe veꝛwegene Eh- brecherin aber lies Vologeſen ſchimpfflich ant- worten: Der Koͤnig haͤtte den Schluͤſſel zu ihrem Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier- uͤber brach Vologeſen die Gedult aus/ ſo daß er Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er- ſuchen ließ: Er moͤchte ihm ſeine Gemahlin fol- gen laſſen; kriegte aber vom Koͤnige zur Ant- wort: Er ſolte ſich noch bey Sonnenſcheine auff ſeine Landguͤter begeben/ oder man wuͤrde ihn ins Tollhaus einſperren. Gleich als weñ es um die Ehre ſeines Eh-Weibes zu eyfern eine groͤſ- ſere Unſinnigkeit waͤre/ als ſich mit einer frem- den Unehre beſudeln. Vogoleſes zohe aus Ar- taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera- den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre- cheriſchen Weibes Laſter einem Manne keine Schmach zuwachſe/ oder dieſer Fleck mit deſſelb- ten Verhuͤllung verwiſcht werde; und damit es nicht ſchiene/ als wenn er mit des Phraates Waffen und Gefahr nur ſeine Beleidigung raͤchen wolte/ trug er ihm alleine umſtaͤndlich fuͤr: wie ſchwuͤrig Armenien wider den mit Roͤ- miſchen Kuͤnſten und Laſtern angefuͤllten Ti- granes; wie ſchimpfflich es allen Morgenlaͤn- dern waͤre/ daß des Kaͤyſers Leibeigene/ welche ſo viel Jahr in der Dienſtbarkeit gelebt/ bey ih- nen zu Koͤnigen eingeſetzt wuͤrden; und noch in ſolcher Wuͤrde ſchlechten Roͤmiſchen Landvoͤg- ten zu Gebote ſtehen/ ja fuͤr ihnen die Knie beu- gen muͤſten; Wie das von den Roͤmern nun an- gefeſſelte Armenien der Schluͤſſel in das ſonſt durch die Sandflaͤchen genugſam ſichere Par- then waͤre/ welchem der Kaͤyſer eben ſo wohl ein Seil an die Hoͤrner zu legẽ anzielte. Daheꝛ waͤꝛe es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein Weichling/ oder gar/ wie etliche muthmaſten/ ein Verſchnittener waͤre/ da der gantze Adel zum Aufſtande fertig ſtuͤnde/ die Roͤmiſchen Legionen anderwerts zu thun haͤtten/ hohe Zeit durch ei- nen ſchleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/ Parthens Sicherheit zu beobachten/ ſein Haupt mit einer neuen Krone/ ſeinen Nahmen mit un- ſterblichem Nachruhme zu bereichern. Koͤnig Phraates hoͤrte Vologeſens Vortrag begierig an/ und ob ihm wohl im Wege ſtand/ daß er durch Bekriegung Armeniens den Kaͤyſer belei- digen wuͤrde/ der in ſeinen Haͤnden ſeine zwey aͤltiſten Soͤhne hatte/ ſo uͤberwog doch ſeine Re- gierſucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al- len Fall noch ſeinen liebſten Sohn Tiridates zum Stichblate und Kron-Erben uͤbrig. Da- her ſchickte er Vologeſen mit ſechs tauſend leich- ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte mit einem maͤchtigen Heere auff dem Fuße nach/ und ſchrieb an den Kaͤyſer: daß er von ſei- nen bedraͤngten Freunden in Armenien um Huͤlffe wider den grauſamen Tigranes ange- flohen worden waͤre; alſo ziehe er alleine dahin ſelbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten Gottesdienſt wieder zu geben; auſſer dem be- gehrte er ſich mit Armenien nicht zu vergroͤſſern. Ehe aber dieſes Schreiben nach Rom kam/ ſiel die Parthiſche Macht in Armenien/ allwo die meiſten Staͤdte Vologeſen die Schluͤſſel entge- gen H h 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/297
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/297>, abgerufen am 22.11.2024.