Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Drittes Buch [Spaltenumbruch]
das menschliche Elend die Eigenschafft des Feu-ers an sich/ welches/ seines Verderbens wegen/ Schaden und weh thäte/ gleichwohl aber an- nehmlich anzuschauen wäre. Also hörete man ins gemein die allertraurigsten Ebentheuer am liebsten. Uber diß machte die Unglückseligkeit ihr Geschlechte bey ihr weder schuldig noch ver- dächtig. Das feinste Gold komme so geschwind in den Schmeltz-Ofen/ als das schlimmen Bey- satz hat/ und der Hagel schlage so geschwinde Wei- tzen als Unkraut nieder. Das Verhängnüß habe etliche Geschlechter zu grossem Glück/ an- dere zu unaufhörlichem Jammer versehen/ ohne daß es auf die Tugend oder die Laster ein oder des andern ein Auge habe. Dahero erbete man von seinen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des Gesichts/ und die Gemüths-Regungen/ sondern auch die Gunst und Verfolgung des Glückes; nicht anders/ als die jungen Panther von den alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den Geruch. Also habe in Hibernien ein Geschlech- te geherrschet/ dessen Zweige fast alle vom Hen- cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch seltzamer: Oftmals klebete einem gewissen Nah- men ein unabsonderlich Unglück oder Schand- -fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen lassen/ daß -in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle -Mithridates/ in Persen alle Artaban tapfer/ -aber unglückselig gewest. Jn Gallien wären -fast alle Jnducianarer eines gewaltsamen To- -des gestorben/ einer sey in einem Strome er- -schossen/ der andere auf seiner Schwester Bey- -lager im Turnier von seinem Stallmeister -mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte -von einem Druys in seinem Zimmer/ der vierd- -te von einem Meuchelmörder in seinem Wagen -erstochen worden. Salonine fing an: Da die Fürstinnen ihr wieder gnädiges Gehöre verleihen wolten/ würde ihre folgende Erzehlung die er- mehnte Meynung so viel mehr verstärcken. Als sie sämmtlich durch ihr Stillschweigen zu verste- [Spaltenumbruch] hen gaben/ daß sie durch ihr darzwischen reden nicht gern einigen Aufschub verursachen wolten/ fuhr sie derogestalt fort: Artaxias der neue Kö- nigin Armenien rüstete sich nach seines Vatern Artabazes Gefängnüsse alsofort möglichst zur Gegenwehr/ und ob ihm schon Antonius sein an- gestammetes Reich unter gewissen Bedingungen antragen ließ/ so wolte er doch nichts zum Schim- pfe seines gefangenen Vaters einwilligen/ son- dern mit Behauptung der Ehre alles zufällige lieber auf die Spitze setzen. Allein es zogen wider ihn nicht alleine die Römer/ sondern auch der König in Meden/ dessen Tochter der junge Alexander geheyrathet hatte/ der König in Pon- tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar- menien geschenckt/ und der hernach gar für einen Bundsgenossen der Römer angenommen ward; Archelaus der König in Cappadocien/ und der Fürst in Galatien Amyntas ins Feld. Gleichwohl ließ Artaxias sich diese zusammen- ziehenden Gewitter nicht schrecken/ zohe ihnen also entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi- schen Gräntze eine Schlacht/ in welcher er alle Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten eines tapfern Kriegshelden ausübte. Sieg und Verlust hingen den halben Tag auf einer Wagschale. Denn was dem Artaxias an der Grösse des Heeres abging/ ersetzte seine Groß- müthigkeit. Diese aber ward von der Leicht- fertigkeit des verrätherischen Artabazes/ wel- chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat- te/ endlich mürbe gemacht/ indem selbter sich zum Feinde schlug/ und mit einem Theile seiner Rei- terey seinem Könige in Rücken siel. Hierüber geriethen die Armenier in Unordnung/ und/ nach dem Artaxias durch keine Müh sie aus solcher Verwirrung bringen konte/ in die Flucht. Der König kriegte selbst drey Wun- den/ diese aber hinderten ihn nicht zu dem Par- thischen Könige Tiridates seine Zuflucht zu neh- men/ als er an dem Flusse Cyrus ein Theil sei- nes
Drittes Buch [Spaltenumbruch]
das menſchliche Elend die Eigenſchafft des Feu-ers an ſich/ welches/ ſeines Verderbens wegen/ Schaden und weh thaͤte/ gleichwohl aber an- nehmlich anzuſchauen waͤre. Alſo hoͤrete man ins gemein die allertraurigſten Ebentheuer am liebſten. Uber diß machte die Ungluͤckſeligkeit ihr Geſchlechte bey ihr weder ſchuldig noch ver- daͤchtig. Das feinſte Gold komme ſo geſchwind in den Schmeltz-Ofen/ als das ſchlimmen Bey- ſatz hat/ und der Hagel ſchlage ſo geſchwinde Wei- tzen als Unkraut nieder. Das Verhaͤngnuͤß habe etliche Geſchlechter zu groſſem Gluͤck/ an- dere zu unaufhoͤrlichem Jammer verſehen/ ohne daß es auf die Tugend oder die Laſter ein oder des andern ein Auge habe. Dahero erbete man von ſeinen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des Geſichts/ und die Gemuͤths-Regungen/ ſondern auch die Gunſt und Verfolgung des Gluͤckes; nicht anders/ als die jungen Panther von den alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den Geruch. Alſo habe in Hibernien ein Geſchlech- te geherrſchet/ deſſen Zweige faſt alle vom Hen- cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch ſeltzamer: Oftmals klebete einem gewiſſen Nah- men ein unabſonderlich Ungluͤck oder Schand- -fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen laſſen/ daß -in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle -Mithridates/ in Perſen alle Artaban tapfer/ -aber ungluͤckſelig geweſt. Jn Gallien waͤren -faſt alle Jnducianarer eines gewaltſamen To- -des geſtorben/ einer ſey in einem Strome er- -ſchoſſen/ der andere auf ſeiner Schweſter Bey- -lager im Turnier von ſeinem Stallmeiſter -mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte -von einem Druys in ſeinem Zimmer/ der vierd- -te von einem Meuchelmoͤrder in ſeinem Wagen -erſtochen worden. Salonine fing an: Da die Fuͤrſtiñen ihr wieder gnaͤdiges Gehoͤre verleihen wolten/ wuͤrde ihre folgende Erzehlung die er- mehnte Meynung ſo viel mehr verſtaͤrcken. Als ſie ſaͤm̃tlich durch ihr Stillſchweigen zu verſte- [Spaltenumbruch] hen gaben/ daß ſie durch ihr darzwiſchen reden nicht gern einigen Aufſchub verurſachen wolten/ fuhr ſie derogeſtalt fort: Artaxias der neue Koͤ- nigin Armenien ruͤſtete ſich nach ſeines Vatern Artabazes Gefaͤngnuͤſſe alſofort moͤglichſt zur Gegenwehr/ und ob ihm ſchon Antonius ſein an- geſtam̃etes Reich unter gewiſſen Bedingungen antragẽ ließ/ ſo wolte er doch nichts zum Schim- pfe ſeines gefangenen Vaters einwilligen/ ſon- dern mit Behauptung der Ehre alles zufaͤllige lieber auf die Spitze ſetzen. Allein es zogen wider ihn nicht alleine die Roͤmer/ ſondern auch der Koͤnig in Meden/ deſſen Tochter der junge Alexander geheyrathet hatte/ der Koͤnig in Pon- tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar- menien geſchenckt/ und der hernach gar fuͤr einen Bundsgenoſſen der Roͤmer angenommen ward; Archelaus der Koͤnig in Cappadocien/ und der Fuͤrſt in Galatien Amyntas ins Feld. Gleichwohl ließ Artaxias ſich dieſe zuſammen- ziehenden Gewitter nicht ſchrecken/ zohe ihnen alſo entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi- ſchen Graͤntze eine Schlacht/ in welcher er alle Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten eines tapfern Kriegshelden ausuͤbte. Sieg und Verluſt hingen den halben Tag auf einer Wagſchale. Denn was dem Artaxias an der Groͤſſe des Heeres abging/ erſetzte ſeine Groß- muͤthigkeit. Dieſe aber ward von der Leicht- fertigkeit des verraͤtheriſchen Artabazes/ wel- chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat- te/ endlich muͤrbe gemacht/ indem ſelbter ſich zum Feinde ſchlug/ und mit einem Theile ſeiner Rei- terey ſeinem Koͤnige in Ruͤcken ſiel. Hieruͤber geriethen die Armenier in Unordnung/ und/ nach dem Artaxias durch keine Muͤh ſie aus ſolcher Verwirrung bringen konte/ in die Flucht. Der Koͤnig kriegte ſelbſt drey Wun- den/ dieſe aber hinderten ihn nicht zu dem Par- thiſchen Koͤnige Tiridates ſeine Zuflucht zu neh- men/ als er an dem Fluſſe Cyrus ein Theil ſei- nes
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Drittes Buch
das menſchliche Elend die Eigenſchafft des Feu-
ers an ſich/ welches/ ſeines Verderbens wegen/
Schaden und weh thaͤte/ gleichwohl aber an-
nehmlich anzuſchauen waͤre. Alſo hoͤrete man
ins gemein die allertraurigſten Ebentheuer am
liebſten. Uber diß machte die Ungluͤckſeligkeit
ihr Geſchlechte bey ihr weder ſchuldig noch ver-
daͤchtig. Das feinſte Gold komme ſo geſchwind
in den Schmeltz-Ofen/ als das ſchlimmen Bey-
ſatz hat/ und der Hagel ſchlage ſo geſchwinde Wei-
tzen als Unkraut nieder. Das Verhaͤngnuͤß
habe etliche Geſchlechter zu groſſem Gluͤck/ an-
dere zu unaufhoͤrlichem Jammer verſehen/ ohne
daß es auf die Tugend oder die Laſter ein oder
des andern ein Auge habe. Dahero erbete man
von ſeinen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des
Geſichts/ und die Gemuͤths-Regungen/ ſondern
auch die Gunſt und Verfolgung des Gluͤckes;
nicht anders/ als die jungen Panther von den
alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den
Geruch. Alſo habe in Hibernien ein Geſchlech-
te geherrſchet/ deſſen Zweige faſt alle vom Hen-
cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch
ſeltzamer: Oftmals klebete einem gewiſſen Nah-
men ein unabſonderlich Ungluͤck oder Schand-
-fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen laſſen/ daß
-in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle
-Mithridates/ in Perſen alle Artaban tapfer/
-aber ungluͤckſelig geweſt. Jn Gallien waͤren
-faſt alle Jnducianarer eines gewaltſamen To-
-des geſtorben/ einer ſey in einem Strome er-
-ſchoſſen/ der andere auf ſeiner Schweſter Bey-
-lager im Turnier von ſeinem Stallmeiſter
-mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte
-von einem Druys in ſeinem Zimmer/ der vierd-
-te von einem Meuchelmoͤrder in ſeinem Wagen
-erſtochen worden. Salonine fing an: Da die
Fuͤrſtiñen ihr wieder gnaͤdiges Gehoͤre verleihen
wolten/ wuͤrde ihre folgende Erzehlung die er-
mehnte Meynung ſo viel mehr verſtaͤrcken. Als
ſie ſaͤm̃tlich durch ihr Stillſchweigen zu verſte-
hen gaben/ daß ſie durch ihr darzwiſchen reden
nicht gern einigen Aufſchub verurſachen wolten/
fuhr ſie derogeſtalt fort: Artaxias der neue Koͤ-
nigin Armenien ruͤſtete ſich nach ſeines Vatern
Artabazes Gefaͤngnuͤſſe alſofort moͤglichſt zur
Gegenwehr/ und ob ihm ſchon Antonius ſein an-
geſtam̃etes Reich unter gewiſſen Bedingungen
antragẽ ließ/ ſo wolte er doch nichts zum Schim-
pfe ſeines gefangenen Vaters einwilligen/ ſon-
dern mit Behauptung der Ehre alles zufaͤllige
lieber auf die Spitze ſetzen. Allein es zogen
wider ihn nicht alleine die Roͤmer/ ſondern auch
der Koͤnig in Meden/ deſſen Tochter der junge
Alexander geheyrathet hatte/ der Koͤnig in Pon-
tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar-
menien geſchenckt/ und der hernach gar fuͤr einen
Bundsgenoſſen der Roͤmer angenommen
ward; Archelaus der Koͤnig in Cappadocien/ und
der Fuͤrſt in Galatien Amyntas ins Feld.
Gleichwohl ließ Artaxias ſich dieſe zuſammen-
ziehenden Gewitter nicht ſchrecken/ zohe ihnen
alſo entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi-
ſchen Graͤntze eine Schlacht/ in welcher er alle
Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten
eines tapfern Kriegshelden ausuͤbte. Sieg
und Verluſt hingen den halben Tag auf einer
Wagſchale. Denn was dem Artaxias an der
Groͤſſe des Heeres abging/ erſetzte ſeine Groß-
muͤthigkeit. Dieſe aber ward von der Leicht-
fertigkeit des verraͤtheriſchen Artabazes/ wel-
chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat-
te/ endlich muͤrbe gemacht/ indem ſelbter ſich zum
Feinde ſchlug/ und mit einem Theile ſeiner Rei-
terey ſeinem Koͤnige in Ruͤcken ſiel. Hieruͤber
geriethen die Armenier in Unordnung/ und/
nach dem Artaxias durch keine Muͤh ſie aus
ſolcher Verwirrung bringen konte/ in die
Flucht. Der Koͤnig kriegte ſelbſt drey Wun-
den/ dieſe aber hinderten ihn nicht zu dem Par-
thiſchen Koͤnige Tiridates ſeine Zuflucht zu neh-
men/ als er an dem Fluſſe Cyrus ein Theil ſei-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/278>, abgerufen am 18.07.2024. |