Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Drittes Buch [Spaltenumbruch]
cher massen einer Verwirrung an. Dennzuweilen ist diese beredsamer/ als die zierlichste Rede das Erkäntnüß seines Gemüthes auszu- drücken. Nach vielfältiger Abwechselung ge- gen einander betheuerter Verbindligkeiten/ entschuldigte der Feldherr den ihr in dem Zwey- kampff zugestossenen Zufall/ bat/ sie möchte den Deutschen diese Unart nicht zutrauen/ daß sie wider das Frauenzimmer vorsetzlich ihre Degen zückten. Die ungemeine Verstellung ihres Geschlechtes/ oder vielmehr die eigenwil- lige Stürtzung in die Gefahr wäre dißmal die Ursache eines so schädlichen Fehlers gewest. Die Königin antwortete mit lächelndem Mun- de: So höre ich wol/ der Feldherr halte die Tapfferkeit für eine dem Frauenzimmer unan- ständige Tugend/ und die Waffen für eine ih- rem Geschlechte nicht gewiedmete Waare. Hertzog Herrmann versetzte: Es hätten zwar beyde Geschlechte an allen Tugenden ihr Theil/ und könten die Weiber auch wol gewisser mas- sen und in etlichen Dingen ihre Hertzhaftigkeit bezeigen. Alleine/ wie das weibliche Geschlech- te gewisse Tugenden/ als Keuschheit und De- muth/ in ihrer Vollkommenheit zu voraus be- kommen hätte/ als hätte die Natur selbtes mit der Bürde der Waffen/ als dem Eigenthume der Männer/ verschonet. Der Königin stieg hierüber eine kleine Röthe ins Antlitz/ und fing an: Sie wolte sich zu der Natur nicht verse- hen/ daß sie dem Frauenzimmer ein so schlim- mes Recht/ und eine so ärgerliche Freyheit durch Entziehung der so herrlichen Tapfferkeit gege- ben habe. Der Feldherr brach alsofort ein: Es wäre diß Kleinod ihnen nicht gar versagt/ und bliebe/ ausser dem Kriege/ ihnen noch ein weites Feld übrig ihre Großmüthigkeit auszu- üben. Welche ihre Keuschheit wider die Rei- tzungen der Wollust/ wider den Glantz der blendenden Ehrsucht/ wider den Donner ange- dräueter Schande/ wider die Pfeile der Ver- läumbdung vertheidigen/ welche das Band ih- [Spaltenumbruch] rer Liebe kein Ungewitter der Trübsal/ keine frembde Ablockungen und Fürbildung gülde- ner Berge/ keine Widersinnligkeit ihres eige- nen Geblütes/ keine heimliche Verkleinerung/ keine offentliche Verfolgung/ keine Zeit und Abwesenheit vertilgen lassen/ sondern den ein- mahl gefangenen reinen Zunder in ihrem Her- tzen bewahrten; dieselbten übten sicherlich so grosse Heldenthaten aus/ als kaum diese/ die ein geharnischtes Krieges-Volck aus dem Felde schlügen/ oder eine Festung eroberten. Jn seinen Augen sey Camme/ des Fürsten in Ga- latien Sinnate Gemahlin eine grössere Hel- din/ daß sie den Sinorix für dem brennenden Altare/ allwo sie sich diesem unkeuschen Meu- chelmörder ihres Ehherrn solte verloben las- sen/ durch einen Gifft-Trunck des erblasten Geiste aufopffert/ als der grosse Alexander/ der die halbe Welt bemeistert. So könne auch eine Frau ihren grossen Geist in Rathschlägen/ ih- re Tapfferkeit in Anordnungen/ ihre Ruhms- Begierde in Pracht der Gebäue schauen lassen. Livia sey Augustus tägliche Rathgeberin. Für nicht gar langer Zeit habe eine Königin Bri- tannien glückselig beherrschet. Die höchste Wundersäule in Egypten sey ein Werck einer Königin. Mausolens Grab/ welches die Künste aller Baumeister/ die kostbaren Stein- brüche gantz Asiens erschöpffet; Die hängen- den Gärte/ die unvergleichlichen Mauren Ba- bylons wären unvergeßliche Zeugnüsse der trefflichen Artemisie/ und der grossen Semira- mis. Ja dieser ihre Pracht hätte allen Glantz überstiegen/ der einem Manne ie träumen kön- nen; als sie auf einem ihrer Sieges-Plätze ihr eine Ehren- und Gedächtnüß-Säule aus dem grossen Berge Bagistan hauen lassen. Die Königin brach ihm ein: Wol an dem! warum soll denn eine Frau mit dem Degen in der Faust ein Ungeheuer seyn? Warum soll ein Helm/ oder ein Hut voll Federn sie mehr als die Schlangen das Haupt Medusens verstellen? Jch
Drittes Buch [Spaltenumbruch]
cher maſſen einer Verwirrung an. Dennzuweilen iſt dieſe beredſamer/ als die zierlichſte Rede das Erkaͤntnuͤß ſeines Gemuͤthes auszu- druͤcken. Nach vielfaͤltiger Abwechſelung ge- gen einander betheuerter Verbindligkeiten/ entſchuldigte der Feldherr den ihr in dem Zwey- kampff zugeſtoſſenen Zufall/ bat/ ſie moͤchte den Deutſchen dieſe Unart nicht zutrauen/ daß ſie wider das Frauenzimmer vorſetzlich ihre Degen zuͤckten. Die ungemeine Verſtellung ihres Geſchlechtes/ oder vielmehr die eigenwil- lige Stuͤrtzung in die Gefahr waͤre dißmal die Urſache eines ſo ſchaͤdlichen Fehlers geweſt. Die Koͤnigin antwortete mit laͤchelndem Mun- de: So hoͤre ich wol/ der Feldherr halte die Tapfferkeit fuͤr eine dem Frauenzimmer unan- ſtaͤndige Tugend/ und die Waffen fuͤr eine ih- rem Geſchlechte nicht gewiedmete Waare. Hertzog Herrmann verſetzte: Es haͤtten zwar beyde Geſchlechte an allen Tugenden ihr Theil/ und koͤnten die Weiber auch wol gewiſſer maſ- ſen und in etlichen Dingen ihre Hertzhaftigkeit bezeigen. Alleine/ wie das weibliche Geſchlech- te gewiſſe Tugenden/ als Keuſchheit und De- muth/ in ihrer Vollkommenheit zu voraus be- kommen haͤtte/ als haͤtte die Natur ſelbtes mit der Buͤrde der Waffen/ als dem Eigenthume der Maͤnner/ verſchonet. Der Koͤnigin ſtieg hieruͤber eine kleine Roͤthe ins Antlitz/ und fing an: Sie wolte ſich zu der Natur nicht verſe- hen/ daß ſie dem Frauenzimmer ein ſo ſchlim- mes Recht/ und eine ſo aͤrgerliche Freyheit durch Entziehung der ſo herrlichen Tapfferkeit gege- ben habe. Der Feldherr brach alſofort ein: Es waͤre diß Kleinod ihnen nicht gar verſagt/ und bliebe/ auſſer dem Kriege/ ihnen noch ein weites Feld uͤbrig ihre Großmuͤthigkeit auszu- uͤben. Welche ihre Keuſchheit wider die Rei- tzungen der Wolluſt/ wider den Glantz der blendenden Ehrſucht/ wider den Donner ange- draͤueter Schande/ wider die Pfeile der Ver- laͤumbdung vertheidigen/ welche das Band ih- [Spaltenumbruch] rer Liebe kein Ungewitter der Truͤbſal/ keine frembde Ablockungen und Fuͤrbildung guͤlde- ner Berge/ keine Widerſinnligkeit ihres eige- nen Gebluͤtes/ keine heimliche Verkleinerung/ keine offentliche Verfolgung/ keine Zeit und Abweſenheit vertilgen laſſen/ ſondern den ein- mahl gefangenen reinen Zunder in ihrem Her- tzen bewahrten; dieſelbten uͤbten ſicherlich ſo groſſe Heldenthaten aus/ als kaum dieſe/ die ein geharniſchtes Krieges-Volck aus dem Felde ſchluͤgen/ oder eine Feſtung eroberten. Jn ſeinen Augen ſey Camme/ des Fuͤrſten in Ga- latien Sinnate Gemahlin eine groͤſſere Hel- din/ daß ſie den Sinorix fuͤr dem brennenden Altare/ allwo ſie ſich dieſem unkeuſchen Meu- chelmoͤrder ihres Ehherrn ſolte verloben laſ- ſen/ durch einen Gifft-Trunck des erblaſten Geiſte aufopffert/ als der groſſe Alexander/ der die halbe Welt bemeiſtert. So koͤnne auch eine Frau ihren groſſen Geiſt in Rathſchlaͤgen/ ih- re Tapfferkeit in Anordnungen/ ihre Ruhms- Begierde in Pracht der Gebaͤue ſchauen laſſen. Livia ſey Auguſtus taͤgliche Rathgeberin. Fuͤr nicht gar langer Zeit habe eine Koͤnigin Bri- tannien gluͤckſelig beherrſchet. Die hoͤchſte Wunderſaͤule in Egypten ſey ein Werck einer Koͤnigin. Mauſolens Grab/ welches die Kuͤnſte aller Baumeiſter/ die koſtbaren Stein- bruͤche gantz Aſiens erſchoͤpffet; Die haͤngen- den Gaͤrte/ die unvergleichlichen Mauren Ba- bylons waͤren unvergeßliche Zeugnuͤſſe der trefflichen Artemiſie/ und der groſſen Semira- mis. Ja dieſer ihre Pracht haͤtte allen Glantz uͤberſtiegen/ der einem Manne ie traͤumen koͤn- nen; als ſie auf einem ihrer Sieges-Plaͤtze ihr eine Ehren- und Gedaͤchtnuͤß-Saͤule aus dem groſſen Berge Bagiſtan hauen laſſen. Die Koͤnigin brach ihm ein: Wol an dem! warum ſoll denn eine Frau mit dem Degen in der Fauſt ein Ungeheuer ſeyn? Warum ſoll ein Helm/ oder ein Hut voll Federn ſie mehr als die Schlangen das Haupt Meduſens verſtellen? Jch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0250" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/> cher maſſen einer Verwirrung an. Denn<lb/> zuweilen iſt dieſe beredſamer/ als die zierlichſte<lb/> Rede das Erkaͤntnuͤß ſeines Gemuͤthes auszu-<lb/> druͤcken. Nach vielfaͤltiger Abwechſelung ge-<lb/> gen einander betheuerter Verbindligkeiten/<lb/> entſchuldigte der Feldherr den ihr in dem Zwey-<lb/> kampff zugeſtoſſenen Zufall/ bat/ ſie moͤchte<lb/> den Deutſchen dieſe Unart nicht zutrauen/ daß<lb/> ſie wider das Frauenzimmer vorſetzlich ihre<lb/> Degen zuͤckten. Die ungemeine Verſtellung<lb/> ihres Geſchlechtes/ oder vielmehr die eigenwil-<lb/> lige Stuͤrtzung in die Gefahr waͤre dißmal die<lb/> Urſache eines ſo ſchaͤdlichen Fehlers geweſt.<lb/> Die Koͤnigin antwortete mit laͤchelndem Mun-<lb/> de: So hoͤre ich wol/ der Feldherr halte die<lb/> Tapfferkeit fuͤr eine dem Frauenzimmer unan-<lb/> ſtaͤndige Tugend/ und die Waffen fuͤr eine ih-<lb/> rem Geſchlechte nicht gewiedmete Waare.<lb/> Hertzog Herrmann verſetzte: Es haͤtten zwar<lb/> beyde Geſchlechte an allen Tugenden ihr Theil/<lb/> und koͤnten die Weiber auch wol gewiſſer maſ-<lb/> ſen und in etlichen Dingen ihre Hertzhaftigkeit<lb/> bezeigen. Alleine/ wie das weibliche Geſchlech-<lb/> te gewiſſe Tugenden/ als Keuſchheit und De-<lb/> muth/ in ihrer Vollkommenheit zu voraus be-<lb/> kommen haͤtte/ als haͤtte die Natur ſelbtes mit<lb/> der Buͤrde der Waffen/ als dem Eigenthume<lb/> der Maͤnner/ verſchonet. Der Koͤnigin ſtieg<lb/> hieruͤber eine kleine Roͤthe ins Antlitz/ und fing<lb/> an: Sie wolte ſich zu der Natur nicht verſe-<lb/> hen/ daß ſie dem Frauenzimmer ein ſo ſchlim-<lb/> mes Recht/ und eine ſo aͤrgerliche Freyheit durch<lb/> Entziehung der ſo herrlichen Tapfferkeit gege-<lb/> ben habe. Der Feldherr brach alſofort ein:<lb/> Es waͤre diß Kleinod ihnen nicht gar verſagt/<lb/> und bliebe/ auſſer dem Kriege/ ihnen noch ein<lb/> weites Feld uͤbrig ihre Großmuͤthigkeit auszu-<lb/> uͤben. Welche ihre Keuſchheit wider die Rei-<lb/> tzungen der Wolluſt/ wider den Glantz der<lb/> blendenden Ehrſucht/ wider den Donner ange-<lb/> draͤueter Schande/ wider die Pfeile der Ver-<lb/> laͤumbdung vertheidigen/ welche das Band ih-<lb/><cb/> rer Liebe kein Ungewitter der Truͤbſal/ keine<lb/> frembde Ablockungen und Fuͤrbildung guͤlde-<lb/> ner Berge/ keine Widerſinnligkeit ihres eige-<lb/> nen Gebluͤtes/ keine heimliche Verkleinerung/<lb/> keine offentliche Verfolgung/ keine Zeit und<lb/> Abweſenheit vertilgen laſſen/ ſondern den ein-<lb/> mahl gefangenen reinen Zunder in ihrem Her-<lb/> tzen bewahrten; dieſelbten uͤbten ſicherlich ſo<lb/> groſſe Heldenthaten aus/ als kaum dieſe/ die ein<lb/> geharniſchtes Krieges-Volck aus dem Felde<lb/> ſchluͤgen/ oder eine Feſtung eroberten. Jn<lb/> ſeinen Augen ſey Camme/ des Fuͤrſten in Ga-<lb/> latien Sinnate Gemahlin eine groͤſſere Hel-<lb/> din/ daß ſie den Sinorix fuͤr dem brennenden<lb/> Altare/ allwo ſie ſich dieſem unkeuſchen Meu-<lb/> chelmoͤrder ihres Ehherrn ſolte verloben laſ-<lb/> ſen/ durch einen Gifft-Trunck des erblaſten<lb/> Geiſte aufopffert/ als der groſſe Alexander/ der<lb/> die halbe Welt bemeiſtert. So koͤnne auch eine<lb/> Frau ihren groſſen Geiſt in Rathſchlaͤgen/ ih-<lb/> re Tapfferkeit in Anordnungen/ ihre Ruhms-<lb/> Begierde in Pracht der Gebaͤue ſchauen laſſen.<lb/> Livia ſey Auguſtus taͤgliche Rathgeberin. Fuͤr<lb/> nicht gar langer Zeit habe eine Koͤnigin Bri-<lb/> tannien gluͤckſelig beherrſchet. Die hoͤchſte<lb/> Wunderſaͤule in Egypten ſey ein Werck einer<lb/> Koͤnigin. Mauſolens Grab/ welches die<lb/> Kuͤnſte aller Baumeiſter/ die koſtbaren Stein-<lb/> bruͤche gantz Aſiens erſchoͤpffet; Die haͤngen-<lb/> den Gaͤrte/ die unvergleichlichen Mauren Ba-<lb/> bylons waͤren unvergeßliche Zeugnuͤſſe der<lb/> trefflichen Artemiſie/ und der groſſen Semira-<lb/> mis. Ja dieſer ihre Pracht haͤtte allen Glantz<lb/> uͤberſtiegen/ der einem Manne ie traͤumen koͤn-<lb/> nen; als ſie auf einem ihrer Sieges-Plaͤtze ihr<lb/> eine Ehren- und Gedaͤchtnuͤß-Saͤule aus dem<lb/> groſſen Berge Bagiſtan hauen laſſen. Die<lb/> Koͤnigin brach ihm ein: Wol an dem! warum<lb/> ſoll denn eine Frau mit dem Degen in der<lb/> Fauſt ein Ungeheuer ſeyn? Warum ſoll ein<lb/> Helm/ oder ein Hut voll Federn ſie mehr als die<lb/> Schlangen das Haupt Meduſens verſtellen?<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0250]
Drittes Buch
cher maſſen einer Verwirrung an. Denn
zuweilen iſt dieſe beredſamer/ als die zierlichſte
Rede das Erkaͤntnuͤß ſeines Gemuͤthes auszu-
druͤcken. Nach vielfaͤltiger Abwechſelung ge-
gen einander betheuerter Verbindligkeiten/
entſchuldigte der Feldherr den ihr in dem Zwey-
kampff zugeſtoſſenen Zufall/ bat/ ſie moͤchte
den Deutſchen dieſe Unart nicht zutrauen/ daß
ſie wider das Frauenzimmer vorſetzlich ihre
Degen zuͤckten. Die ungemeine Verſtellung
ihres Geſchlechtes/ oder vielmehr die eigenwil-
lige Stuͤrtzung in die Gefahr waͤre dißmal die
Urſache eines ſo ſchaͤdlichen Fehlers geweſt.
Die Koͤnigin antwortete mit laͤchelndem Mun-
de: So hoͤre ich wol/ der Feldherr halte die
Tapfferkeit fuͤr eine dem Frauenzimmer unan-
ſtaͤndige Tugend/ und die Waffen fuͤr eine ih-
rem Geſchlechte nicht gewiedmete Waare.
Hertzog Herrmann verſetzte: Es haͤtten zwar
beyde Geſchlechte an allen Tugenden ihr Theil/
und koͤnten die Weiber auch wol gewiſſer maſ-
ſen und in etlichen Dingen ihre Hertzhaftigkeit
bezeigen. Alleine/ wie das weibliche Geſchlech-
te gewiſſe Tugenden/ als Keuſchheit und De-
muth/ in ihrer Vollkommenheit zu voraus be-
kommen haͤtte/ als haͤtte die Natur ſelbtes mit
der Buͤrde der Waffen/ als dem Eigenthume
der Maͤnner/ verſchonet. Der Koͤnigin ſtieg
hieruͤber eine kleine Roͤthe ins Antlitz/ und fing
an: Sie wolte ſich zu der Natur nicht verſe-
hen/ daß ſie dem Frauenzimmer ein ſo ſchlim-
mes Recht/ und eine ſo aͤrgerliche Freyheit durch
Entziehung der ſo herrlichen Tapfferkeit gege-
ben habe. Der Feldherr brach alſofort ein:
Es waͤre diß Kleinod ihnen nicht gar verſagt/
und bliebe/ auſſer dem Kriege/ ihnen noch ein
weites Feld uͤbrig ihre Großmuͤthigkeit auszu-
uͤben. Welche ihre Keuſchheit wider die Rei-
tzungen der Wolluſt/ wider den Glantz der
blendenden Ehrſucht/ wider den Donner ange-
draͤueter Schande/ wider die Pfeile der Ver-
laͤumbdung vertheidigen/ welche das Band ih-
rer Liebe kein Ungewitter der Truͤbſal/ keine
frembde Ablockungen und Fuͤrbildung guͤlde-
ner Berge/ keine Widerſinnligkeit ihres eige-
nen Gebluͤtes/ keine heimliche Verkleinerung/
keine offentliche Verfolgung/ keine Zeit und
Abweſenheit vertilgen laſſen/ ſondern den ein-
mahl gefangenen reinen Zunder in ihrem Her-
tzen bewahrten; dieſelbten uͤbten ſicherlich ſo
groſſe Heldenthaten aus/ als kaum dieſe/ die ein
geharniſchtes Krieges-Volck aus dem Felde
ſchluͤgen/ oder eine Feſtung eroberten. Jn
ſeinen Augen ſey Camme/ des Fuͤrſten in Ga-
latien Sinnate Gemahlin eine groͤſſere Hel-
din/ daß ſie den Sinorix fuͤr dem brennenden
Altare/ allwo ſie ſich dieſem unkeuſchen Meu-
chelmoͤrder ihres Ehherrn ſolte verloben laſ-
ſen/ durch einen Gifft-Trunck des erblaſten
Geiſte aufopffert/ als der groſſe Alexander/ der
die halbe Welt bemeiſtert. So koͤnne auch eine
Frau ihren groſſen Geiſt in Rathſchlaͤgen/ ih-
re Tapfferkeit in Anordnungen/ ihre Ruhms-
Begierde in Pracht der Gebaͤue ſchauen laſſen.
Livia ſey Auguſtus taͤgliche Rathgeberin. Fuͤr
nicht gar langer Zeit habe eine Koͤnigin Bri-
tannien gluͤckſelig beherrſchet. Die hoͤchſte
Wunderſaͤule in Egypten ſey ein Werck einer
Koͤnigin. Mauſolens Grab/ welches die
Kuͤnſte aller Baumeiſter/ die koſtbaren Stein-
bruͤche gantz Aſiens erſchoͤpffet; Die haͤngen-
den Gaͤrte/ die unvergleichlichen Mauren Ba-
bylons waͤren unvergeßliche Zeugnuͤſſe der
trefflichen Artemiſie/ und der groſſen Semira-
mis. Ja dieſer ihre Pracht haͤtte allen Glantz
uͤberſtiegen/ der einem Manne ie traͤumen koͤn-
nen; als ſie auf einem ihrer Sieges-Plaͤtze ihr
eine Ehren- und Gedaͤchtnuͤß-Saͤule aus dem
groſſen Berge Bagiſtan hauen laſſen. Die
Koͤnigin brach ihm ein: Wol an dem! warum
ſoll denn eine Frau mit dem Degen in der
Fauſt ein Ungeheuer ſeyn? Warum ſoll ein
Helm/ oder ein Hut voll Federn ſie mehr als die
Schlangen das Haupt Meduſens verſtellen?
Jch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |