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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] wandten/ zur Verbannung seines einigen En-
ckels Agrippa auf die Jnsel Planasia/ und sei-
ner Tochter auf die Jnsel Pandateria; Dringe
den Tiberius hingegen ihm zum Sohne und
unzweifelbaren Nachfolger im Käyserthum ein;
also/ daß der/ welcher vorhin mehr als eine Welt
klüglich zu beherrschen fähig geachtet worden/ itzt
seines Hauses nicht mächtig wäre. Daß auch
das Glücke/ als eine Buhlerin der Jugend/ ihn
verliesse/ hätten sie in itziger Niederlage erfah-
ren. Der für Jahren ein Wunder des Volcks
gewest/ wäre itzt ihr Gelächter. Die Unter-
thanen hielten seine Befehle verächtlich/ die
Feinde seine Gewalt geringe. Die durch
frembde Einfälle beschädigten Länder liessen ih-
re Liebe sincken/ die bey seines gleichen insge-
mein/ bey Fürsten aber allezeit vom Nutzen ge-
bohren/ von der Hoffnung unterhalten wird.
Die untergedrückten Freunde würden ihm
gram/ die Staats-Diener/ weil sie mehr wenige
Zeit übrig zu haben meinten/ griffen wie die
Habichte desto unverschämter in den gemeinen
Schatzkasten/ die freygelassenen verkauften die
Rathsstellen/ die Knechte machten ihren Herrn
ihnen dienstbar/ und alle beteten die aufgehende
Sonne noch in ihrer düsternen Wiege an. Allen
diesen Spott und Schaden hätte Augustus ver-
hütet/ wenn er wie Marcomir seine Herrschafft
nur für etlichen Jahren abgetreten/ und sich den
Mecenas hiervon nicht hätte ableiten lassen.
Marcomir fing hier auf an: die freywillige und
aus irrdischen Ursachen herrührende Abdan-
ckung sey bey grossen Fürsten ein so unbekand-
tes Wunderwerck/ daß er sich keines merck-
würdigen Beyspiels erinnerte/ auch nicht glaub-
te/ daß es iemahls des Augustus Ernst gewesen
wäre. Solte sich doch Marcomirs Sohn und
Erbe Hippon einst haben verlauten lassen/ daß
sein Vater die Ablegung Cron und Zepters
noch für der Sonnen Untergang bereuet hätte;
ungeachtet seine Entschlüssung gewiß aus himm-
[Spaltenumbruch] lischer Regung geschehen/ er auch in seiner Ein-
samkeit nicht einst nach seiner Stul-Erben Ver-
richtungen gefragt; sondern seine Hände mit
Pflantzung eines Gartens/ seine Gedancken a-
ber mit Nachsinnen über der Seelen Unsterb-
ligkeit beschäfftigt; ja noch bey seinem Leben sein
eigen Begräbniß-Feyer angestellt hätte.

Rhemetalces fragte hierauf: Ob sein Sohn
Hippon der siebende unter den Gemälden/ und
folgender Feldherr gewest wäre? Nein/ ant-
wortete Malovend/ wiewohl Hippon ein so klu-
ger Fürst war/ daß wenn Marcomir schon wie
der grosse Alexander den besten/ oder wie Pyr-
rhus den/ welcher den schärfsten Degen haben
würde/ zum Reichsfolger erkläret hätte/ er son-
der das Recht seines Geblüts diese hohe Würde
zu bekleiden würdig gewest wäre. Denn es
wäre Jngram/ Marcomirs Bruder/ der sie-
bende unter den Gemälden/ ein Herr hohen
Verstandes/ grossen Gemüths und unerschöpf-
licher Gütigkeit an seine Stelle kommen; weil
die Fürsten Deutschlands/ um künfftiger Zwy-
tracht vorzubeugen/ ihn schon für dreißig Jah-
ren zum künftigen Feldherrn bestimmt hatten.
Diesem verließ er seine Länder in Deutschland/
als welcher vorher schon das Reich der Qvaden
und Pannonier erheyrathet hatte/ seinem Soh-
ne aber trat er die Britannischen Reiche mit de-
nen Atlantischen Eylanden und andern ent-
fernten Reichen mit grossem Gepränge ab/ ü-
bergab ihm auch/ wiewohl mit grösserer Groß-
müthigkeit/ als der schon stumme Alexander
dem Perdiccas/ seinen Siegelring/ mit der Er-
mahnung/ daß er den ihm für diese frühzeitige
Erbschafft und solche ungemeine Wohlthat
schuldigen Danck (in dem andere Könige ihren
Söhnen zwar das Leben/ nicht das Reich zu ge-
ben/ sondern nur zu verlassen pflegten) seinen
Unterthanen durch väterliche Liebe abstatten
solte. Durch den Ritter Nassau aber schickte
er seinem Vruder Jngram den Stab und das

Schwerd/
S 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] wandten/ zur Verbannung ſeines einigen En-
ckels Agrippa auf die Jnſel Planaſia/ und ſei-
ner Tochter auf die Jnſel Pandateria; Dringe
den Tiberius hingegen ihm zum Sohne und
unzweifelbaren Nachfolger im Kaͤyſerthum ein;
alſo/ daß der/ welcher vorhin mehr als eine Welt
kluͤglich zu beherrſchen faͤhig geachtet worden/ itzt
ſeines Hauſes nicht maͤchtig waͤre. Daß auch
das Gluͤcke/ als eine Buhlerin der Jugend/ ihn
verlieſſe/ haͤtten ſie in itziger Niederlage erfah-
ren. Der fuͤr Jahren ein Wunder des Volcks
geweſt/ waͤre itzt ihr Gelaͤchter. Die Unter-
thanen hielten ſeine Befehle veraͤchtlich/ die
Feinde ſeine Gewalt geringe. Die durch
frembde Einfaͤlle beſchaͤdigten Laͤnder lieſſen ih-
re Liebe ſincken/ die bey ſeines gleichen insge-
mein/ bey Fuͤrſten aber allezeit vom Nutzen ge-
bohren/ von der Hoffnung unterhalten wird.
Die untergedruͤckten Freunde wuͤrden ihm
gram/ die Staats-Diener/ weil ſie mehr wenige
Zeit uͤbrig zu haben meinten/ griffen wie die
Habichte deſto unverſchaͤmter in den gemeinen
Schatzkaſten/ die freygelaſſenen verkauften die
Rathsſtellen/ die Knechte machten ihren Herrn
ihnen dienſtbar/ und alle beteten die aufgehende
Sonne noch in ihrer duͤſternen Wiege an. Allen
dieſen Spott und Schaden haͤtte Auguſtus ver-
huͤtet/ wenn er wie Marcomir ſeine Herrſchafft
nur fuͤr etlichen Jahren abgetreten/ und ſich den
Mecenas hiervon nicht haͤtte ableiten laſſen.
Marcomir fing hier auf an: die freywillige und
aus irrdiſchen Urſachen herruͤhrende Abdan-
ckung ſey bey groſſen Fuͤrſten ein ſo unbekand-
tes Wunderwerck/ daß er ſich keines merck-
wuͤrdigen Beyſpiels erinnerte/ auch nicht glaub-
te/ daß es iemahls des Auguſtus Ernſt geweſen
waͤre. Solte ſich doch Marcomirs Sohn und
Erbe Hippon einſt haben verlauten laſſen/ daß
ſein Vater die Ablegung Cron und Zepters
noch fuͤr der Sonnen Untergang bereuet haͤtte;
ungeachtet ſeine Entſchluͤſſung gewiß aus him̃-
[Spaltenumbruch] liſcher Regung geſchehen/ er auch in ſeiner Ein-
ſamkeit nicht einſt nach ſeiner Stul-Erben Ver-
richtungen gefragt; ſondern ſeine Haͤnde mit
Pflantzung eines Gartens/ ſeine Gedancken a-
ber mit Nachſinnen uͤber der Seelen Unſterb-
ligkeit beſchaͤfftigt; ja noch bey ſeinem Leben ſein
eigen Begraͤbniß-Feyer angeſtellt haͤtte.

Rhemetalces fragte hierauf: Ob ſein Sohn
Hippon der ſiebende unter den Gemaͤlden/ und
folgender Feldherr geweſt waͤre? Nein/ ant-
wortete Malovend/ wiewohl Hippon ein ſo klu-
ger Fuͤrſt war/ daß wenn Marcomir ſchon wie
der groſſe Alexander den beſten/ oder wie Pyr-
rhus den/ welcher den ſchaͤrfſten Degen haben
wuͤrde/ zum Reichsfolger erklaͤret haͤtte/ er ſon-
der das Recht ſeines Gebluͤts dieſe hohe Wuͤrde
zu bekleiden wuͤrdig geweſt waͤre. Denn es
waͤre Jngram/ Marcomirs Bruder/ der ſie-
bende unter den Gemaͤlden/ ein Herr hohen
Verſtandes/ groſſen Gemuͤths und unerſchoͤpf-
licher Guͤtigkeit an ſeine Stelle kommen; weil
die Fuͤrſten Deutſchlands/ um kuͤnfftiger Zwy-
tracht vorzubeugen/ ihn ſchon fuͤr dreißig Jah-
ren zum kuͤnftigen Feldherrn beſtimmt hatten.
Dieſem verließ er ſeine Laͤnder in Deutſchland/
als welcher vorher ſchon das Reich der Qvaden
und Pannonier erheyrathet hatte/ ſeinem Soh-
ne aber trat er die Britanniſchen Reiche mit de-
nen Atlantiſchen Eylanden und andern ent-
fernten Reichen mit groſſem Gepraͤnge ab/ uͤ-
bergab ihm auch/ wiewohl mit groͤſſerer Groß-
muͤthigkeit/ als der ſchon ſtumme Alexander
dem Perdiccas/ ſeinen Siegelring/ mit der Er-
mahnung/ daß er den ihm fuͤr dieſe fruͤhzeitige
Erbſchafft und ſolche ungemeine Wohlthat
ſchuldigen Danck (in dem andere Koͤnige ihren
Soͤhnen zwar das Leben/ nicht das Reich zu ge-
ben/ ſondern nur zu verlaſſen pflegten) ſeinen
Unterthanen durch vaͤterliche Liebe abſtatten
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er ſeinem Vruder Jngram den Stab und das

Schwerd/
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/191>, abgerufen am 25.11.2024.