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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] aber ist mit einem Löwen-Muthe der Gefahr
mehrmahls vorsätzlich entgegen gegangen/ und
hat ohne weniger Schrecken als Brutus dem
Tode das blaue in Augen gesehen; Da hinge-
gen Julius insgemein das gewisse gespielet/ und
so wenig als Parmenio in der grossen Schlacht
mit dem Darius alles auf die Spitze gesetzt/ we-
niger sich alleine in die Stadt der Maller unter
so viel tausend Feinde gestürtzt haben würde.
Alexander wäre allhier und sonst unterschiedene
mahl/ Julius aber niemahls gefährlich ver-
wundet worden. Zeno brach ein: weil ein Ver-
nünfftiger niemahls/ als in unvermeidlicher
Noth/ in der Verwegenheit/ wie kluge Aertzte
bey verzweiffelten Kranckheiten aus gefährli-
cher Artzney sein Heil suchen solte/ wüste er nicht:
ob Alexander seiner Kühnheit/ oder Julius sei-
ner Vorsicht halber mehr zu rühmen wäre.
Wiewohl dieser unter den See-Räubern/ beym
Ungewitter/ und/ ungeachtet aller Unglücks-
Zeichen/ fürgenommener Schiffarthen gleich-
falls erwiesen/ daß keine Furcht in seinem Her-
tzen Raum hätte. Rhemetalces begegnete ihm:
Die Verwegenheit wäre das Saltz der Tapf-
ferkeit/ und ohne derselben Beysatz wäre kein
Held ein grosser Eroberer worden. Alexander
aber hätte in zwölf Jahren mehr Landes/ als die
Römer in siebenhunderten/ und alle vorige
Reiche in mehr als Tausenden gewonnen. Ja/
sagte Zeno: Aber er hat mit den Weichlingen
des wollüstigen Asiens zu kämpffen gehabt. Rhe-
metalces antwortete: Und Julius mit den rei-
chen und feigen Galliern/ welche weder Waf-
fen noch Schlacht-Ordnung verstanden. Die-
se hat er alleine bezwungen; Denn alles andere
des Römischen Reichs war ein Gewin der
Scipionen/ der Meteller/ des Marius/ des
Sylla und des Pompejus/ welche in sechs hun-
dert Jahren zusammen gewachsene Macht ihm
wenig Stunden der Pharsalischen Schlacht
zueigneten. Alexander aber hatte in Persien
und Jndien mit keinen Weibern zu thun/ son-
[Spaltenumbruch] dern mit Völckern/ derer eines nur den Crassus
erschlagen/ den Antonius überwunden/ und das
noch itzt der Römischen Macht das Gewichte
hält. Und es kan so wohl für Alexanders Klug-
heit als seine Tapfferkeit kein herrlicher Merck-
maal seyn/ denn daß alle seine Kriegs-Obersten/
die aus seiner Schule kommen/ grosse Kriegs-
Helden und kluge Könige worden.

Zeno fing an: Er gestünde gerne/ daß Ale-
xanders Thaten mehr Glantz hätten/ aber des
Julius nicht wenigern Kern. Jenen hätte er
als ein Bürger zu Rom mehr verstecken/ und
das Gold seiner Vermögenheit mit was unan-
sehnlichem überfirnßen müssen. Sein Krieg
wider den Petrejus und Afranius in Spanien
wäre ein Begriff der vollkommensten Kriegs-
Wissenschafft; Die Belägerung der Stadt
Alesia ein Wunderwerck/ und ein Muster/ da-
von alle nachfolgende Belägerungen nur
Stückwercke entlehnen; Die Schlacht bey
Munda wäre die schärfste Prüfung seiner
Hertzhafftigkeit gewest. Jch gestehe/ antwor-
tete Zeno/ mit dem Redner Tullius/ daß Ju-
lius der erste unter den Römern sey/ aber Ale-
xander sicherlich unter den Helden insgemein.
Julius beobachtete sorgfältig die sichere Mittel-
Bahn; Vernunfft und Vortheil waren seine
Wegweiser/ wie Alexanders die Ehre und seine
Neigung. Alles sein Absehn ging über die ge-
meinen Schrancken. Er hielt es für eine
Schande mit Ohnmächtigen kriegen. Auf der
Jagt fällete er nichts als Löwen/ und er war nie-
mahls unerschrockener/ als wenn andere aus
Zagheit verzweiffelten/ oder auch die behertzten
aus anderer Schwachheit sich verlohren. Die
wildesten Barbarn verehreten ihn/ und die U-
berwundenen liebten ihn mehr/ als sie ihn vor-
her gefürchtet hatten; ja er hatte weniger zu thun
mit ihrer Erlegung/ als es ihn Mühe kostete/ sie
für Unterthanen anzunehmen; und mit einem
Worte: Er war zu einem Herrn der Welt ge-
bohren. Malovend fing an: Jn Warheit alle

entfern-
Erster Theil. S

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] aber iſt mit einem Loͤwen-Muthe der Gefahr
mehrmahls vorſaͤtzlich entgegen gegangen/ und
hat ohne weniger Schrecken als Brutus dem
Tode das blaue in Augen geſehen; Da hinge-
gen Julius insgemein das gewiſſe geſpielet/ und
ſo wenig als Parmenio in der groſſen Schlacht
mit dem Darius alles auf die Spitze geſetzt/ we-
niger ſich alleine in die Stadt der Maller unter
ſo viel tauſend Feinde geſtuͤrtzt haben wuͤrde.
Alexander waͤre allhier und ſonſt unterſchiedene
mahl/ Julius aber niemahls gefaͤhrlich ver-
wundet worden. Zeno brach ein: weil ein Ver-
nuͤnfftiger niemahls/ als in unvermeidlicher
Noth/ in der Verwegenheit/ wie kluge Aertzte
bey verzweiffelten Kranckheiten aus gefaͤhrli-
cher Artzney ſein Heil ſuchen ſolte/ wuͤſte er nicht:
ob Alexander ſeiner Kuͤhnheit/ oder Julius ſei-
ner Vorſicht halber mehr zu ruͤhmen waͤre.
Wiewohl dieſer unter den See-Raͤubern/ beym
Ungewitter/ und/ ungeachtet aller Ungluͤcks-
Zeichen/ fuͤrgenommener Schiffarthen gleich-
falls erwieſen/ daß keine Furcht in ſeinem Her-
tzen Raum haͤtte. Rhemetalces begegnete ihm:
Die Verwegenheit waͤre das Saltz der Tapf-
ferkeit/ und ohne derſelben Beyſatz waͤre kein
Held ein groſſer Eroberer worden. Alexander
aber haͤtte in zwoͤlf Jahren mehr Landes/ als die
Roͤmer in ſiebenhunderten/ und alle vorige
Reiche in mehr als Tauſenden gewonnen. Ja/
ſagte Zeno: Aber er hat mit den Weichlingen
des wolluͤſtigen Aſiens zu kaͤmpffen gehabt. Rhe-
metalces antwortete: Und Julius mit den rei-
chen und feigen Galliern/ welche weder Waf-
fen noch Schlacht-Ordnung verſtanden. Die-
ſe hat er alleine bezwungen; Denn alles andere
des Roͤmiſchen Reichs war ein Gewin der
Scipionen/ der Meteller/ des Marius/ des
Sylla und des Pompejus/ welche in ſechs hun-
dert Jahren zuſammen gewachſene Macht ihm
wenig Stunden der Pharſaliſchen Schlacht
zueigneten. Alexander aber hatte in Perſien
und Jndien mit keinen Weibern zu thun/ ſon-
[Spaltenumbruch] dern mit Voͤlckern/ derer eines nur den Craſſus
erſchlagen/ den Antonius uͤberwunden/ und das
noch itzt der Roͤmiſchen Macht das Gewichte
haͤlt. Und es kan ſo wohl fuͤr Alexanders Klug-
heit als ſeine Tapfferkeit kein herrlicher Merck-
maal ſeyn/ denn daß alle ſeine Kriegs-Oberſten/
die aus ſeiner Schule kommen/ groſſe Kriegs-
Helden und kluge Koͤnige worden.

Zeno fing an: Er geſtuͤnde gerne/ daß Ale-
xanders Thaten mehr Glantz haͤtten/ aber des
Julius nicht wenigern Kern. Jenen haͤtte er
als ein Buͤrger zu Rom mehr verſtecken/ und
das Gold ſeiner Vermoͤgenheit mit was unan-
ſehnlichem uͤberfirnßen muͤſſen. Sein Krieg
wider den Petrejus und Afranius in Spanien
waͤre ein Begriff der vollkommenſten Kriegs-
Wiſſenſchafft; Die Belaͤgerung der Stadt
Aleſia ein Wunderwerck/ und ein Muſter/ da-
von alle nachfolgende Belaͤgerungen nur
Stuͤckwercke entlehnen; Die Schlacht bey
Munda waͤre die ſchaͤrfſte Pruͤfung ſeiner
Hertzhafftigkeit geweſt. Jch geſtehe/ antwor-
tete Zeno/ mit dem Redner Tullius/ daß Ju-
lius der erſte unter den Roͤmern ſey/ aber Ale-
xander ſicherlich unter den Helden insgemein.
Julius beobachtete ſorgfaͤltig die ſichere Mittel-
Bahn; Vernunfft und Vortheil waren ſeine
Wegweiſer/ wie Alexanders die Ehre und ſeine
Neigung. Alles ſein Abſehn ging uͤber die ge-
meinen Schrancken. Er hielt es fuͤr eine
Schande mit Ohnmaͤchtigen kriegen. Auf der
Jagt faͤllete er nichts als Loͤwen/ und er war nie-
mahls unerſchrockener/ als wenn andere aus
Zagheit verzweiffelten/ oder auch die behertzten
aus anderer Schwachheit ſich verlohren. Die
wildeſten Barbarn verehreten ihn/ und die U-
berwundenen liebten ihn mehr/ als ſie ihn vor-
her gefuͤrchtet hatten; ja er hatte weniger zu thun
mit ihrer Erlegung/ als es ihn Muͤhe koſtete/ ſie
fuͤr Unterthanen anzunehmen; und mit einem
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bohren. Malovend fing an: Jn Warheit alle

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Erſter Theil. S
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/187>, abgerufen am 22.11.2024.