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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] denn für ein bloß Getichte hielte/ daß ein in ei-
nes Hahnes Magen gefundener Stein den
Milo Crotoniates unüberwindlich gemacht ha-
be. Gleicher gestalt wäre ihm unglaublich oder
eine Zauberey/ daß iemals ein in ein Glas ge-
henckter Ring gewisse daran gehaltene Buchsta-
ben durch seine Bewegung bezeichnet/ und einen
Nachfolger im Reiche angedeutet; daß der welt-
weise Eudamus Ringe bereitet hätte/ welche die
Gespenster verjagt/ die Schlangen-Bisse ver-
hindert/ und die Verstorbenen zu erscheinen ge-
nöthigt; Moses aber mit einem/ seinem Egypti-
schen Weibe seiner und aller vorhergehenden
Vergessenheit beybracht. Weßwegen er auch diß
für den ärgsten Aberglauben hielte/ wenn etliche
Wagehälse aus denen vom Kreutze genomme-
nen Ketten/ oder von den Klingen der Scharff-
richter ihnen zu allerhand verdächtigem Ge-
brauche (wie der ruchlose Eucrates gethan ha-
ben soll) Ringe schmieden lassen. Rhemetal-
ces versetzte: Keine gründliche Ursache könte er
so wenig geben/ als die scharffsichtigsten Welt-
weisen in vielen andern Geheimnüssen. Unter-
dessen bekräfftigte es die Erfahrung und ihr heu-
tiges Beyspiel. Niemanden wäre iemals ein
Stein aus dem Ringe/ oder der Ring selbst zer-
sprungen/ dem nicht ein Unglück auff dem Na-
cken gesessen. Woraus allem Ansehen nach
geflossen zu seyn schiene/ daß die Traurenden/
die Fußfälligen/ die zum Tode verdammten die
Ringe abnehmen/ denen Sterbenden aber selbte
abgezogen würden; gleich als wenn ihr Leid keines
grössern Unglücks Ankündigung aus ihren Rin-
gen mehr zu erwarten hätte. Jhrer viel hätten
deswegen umb auff den Nothfall ihrem Leben
abzuhelffen/ Gifft in ihren Ringen verwahret.
Massen Demosthenes dardurch dem vom An-
tipater abgeschickten Mörder Archias/ und
Hannibal des Flaminius Kriegsleuten zuvor
kommen wären/ und der Bewahrer des von
dem Camillus dem Capitolinischen Jupiter ge-
wiedmeten Schatzes hätte mit Zerbeissung eines
[Spaltenumbruch] in seinen Ring eingesetzten Steines ihm augen-
blicklich sein Leben verkürtzt/ als Marcus Cras-
sus daselbst zweytausend Pfund Goldes wegge-
nommen. Also durchgraben die eitlen Sterb-
lichen nicht allein die Eingeweide der Erde/ und
beschinden ihnen so viel Hände/ nur daß eines
einigen Fingers Glied gläntzend sey/ sondern sie
mühen sich auch ihre Scharffsinnigkeit zu Be-
förderung ihres Todes an zugewehren/ also/ daß
wenn in der Tieffe der Erdkugel nur eine Hölle
zu finden wäre/ diese Kaninichen des Geitzes
solche fürlängst untergraben/ und/ wo nicht Ertzt/
doch Schwefel und Gifft daraus geraubet haben
würden.

Die Sonne war hiermit schon über den Mit-
tags-Wirbel gelauffen/ als Hertzog Herrmanns
Jägermeister sie in das unfern davon gelegene
Fürstliche Jägerhaus zur Mittagsmahlzeit ein-
lud. Dieses war ein sechseckichtes von gebacke-
nen Steinen aufgeführtes/ und mitten in einem
lustigen Thiergarten gelegenes Gebäue/ darin-
nen sie bey ihrer Ankunft unten auff einem ge-
pflasterten Voden schon eine fertige Taffel fan-
den/ und in dieser Wildnüß nicht allein den hun-
grigen Magen mit schmackhafter Kost/ als das
Gemüthe mit annehmlichem Gespräche sättig-
ten. Wie sie aber im besten Essen waren/ er-
hob sich in einem Augenblicke unter der Taffel
ein Geprudel und Geräusche/ das Wasser spritzte
auch bald darauf so heftig in die Höhe/ daß alle an
der Taffel sitzende häuffig bespritzet/ und darvon
auffzuspringen genöthigt waren. Dieses Bad
verursachte ein nicht weniges Gelächter/ und
Zeno fing an: Er hätte in dieser sandichten Flä-
che keine Wasser-Kunst gesucht. Der Graf
von Uffen/ des Feldherrn Jägermeister antwor-
tete: Es hätte sie die Natur/ keine Kunst an die-
sen Ort versetzet. Denn es wäre diß der be-
rühmte Boller-Brunn/ welcher alle Tage zwey-
mal zwischen den Sand sich versteckte/ und so
vielmal wieder herfür springe/ also nicht anders/
als das Meer Epp und Fluth habe. Sie liessen

hier-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] denn fuͤr ein bloß Getichte hielte/ daß ein in ei-
nes Hahnes Magen gefundener Stein den
Milo Crotoniates unuͤberwindlich gemacht ha-
be. Gleicher geſtalt waͤre ihm unglaublich oder
eine Zauberey/ daß iemals ein in ein Glas ge-
henckter Ring gewiſſe daran gehaltene Buchſta-
ben durch ſeine Bewegung bezeichnet/ und einen
Nachfolger im Reiche angedeutet; daß der welt-
weiſe Eudamus Ringe bereitet haͤtte/ welche die
Geſpenſter verjagt/ die Schlangen-Biſſe ver-
hindert/ und die Verſtorbenen zu erſcheinen ge-
noͤthigt; Moſes aber mit einem/ ſeinem Egypti-
ſchen Weibe ſeiner und aller vorhergehenden
Vergeſſenheit beybꝛacht. Weßwegen eꝛ auch diß
fuͤr den aͤrgſten Aberglauben hielte/ wenn etliche
Wagehaͤlſe aus denen vom Kreutze genomme-
nen Ketten/ oder von den Klingen der Scharff-
richter ihnen zu allerhand verdaͤchtigem Ge-
brauche (wie der ruchloſe Eucrates gethan ha-
ben ſoll) Ringe ſchmieden laſſen. Rhemetal-
ces verſetzte: Keine gruͤndliche Urſache koͤnte er
ſo wenig geben/ als die ſcharffſichtigſten Welt-
weiſen in vielen andern Geheimnuͤſſen. Unter-
deſſen bekraͤfftigte es die Erfahrung und ihr heu-
tiges Beyſpiel. Niemanden waͤre iemals ein
Stein aus dem Ringe/ oder der Ring ſelbſt zer-
ſprungen/ dem nicht ein Ungluͤck auff dem Na-
cken geſeſſen. Woraus allem Anſehen nach
gefloſſen zu ſeyn ſchiene/ daß die Traurenden/
die Fußfaͤlligen/ die zum Tode verdammten die
Ringe abnehmen/ denen Sterbenden aber ſelbte
abgezogen wuͤrden; gleich als weñ ihr Leid keines
groͤſſern Ungluͤcks Ankuͤndigung aus ihren Rin-
gen mehr zu erwarten haͤtte. Jhrer viel haͤtten
deswegen umb auff den Nothfall ihrem Leben
abzuhelffen/ Gifft in ihren Ringen verwahret.
Maſſen Demoſthenes dardurch dem vom An-
tipater abgeſchickten Moͤrder Archias/ und
Hannibal des Flaminius Kriegsleuten zuvor
kommen waͤren/ und der Bewahrer des von
dem Camillus dem Capitoliniſchen Jupiter ge-
wiedmeten Schatzes haͤtte mit Zerbeiſſung eines
[Spaltenumbruch] in ſeinen Ring eingeſetzten Steines ihm augen-
blicklich ſein Leben verkuͤrtzt/ als Marcus Craſ-
ſus daſelbſt zweytauſend Pfund Goldes wegge-
nommen. Alſo durchgraben die eitlen Sterb-
lichen nicht allein die Eingeweide der Erde/ und
beſchinden ihnen ſo viel Haͤnde/ nur daß eines
einigen Fingers Glied glaͤntzend ſey/ ſondern ſie
muͤhen ſich auch ihre Scharffſinnigkeit zu Be-
foͤrderung ihres Todes an zugewehren/ alſo/ daß
wenn in der Tieffe der Erdkugel nur eine Hoͤlle
zu finden waͤre/ dieſe Kaninichen des Geitzes
ſolche fuͤrlaͤngſt unteꝛgraben/ und/ wo nicht Eꝛtzt/
doch Schwefel und Gifft daraus geraubet haben
wuͤrden.

Die Sonne war hiermit ſchon uͤber den Mit-
tags-Wirbel gelauffen/ als Hertzog Herrmanns
Jaͤgermeiſter ſie in das unfern davon gelegene
Fuͤrſtliche Jaͤgerhaus zur Mittagsmahlzeit ein-
lud. Dieſes war ein ſechseckichtes von gebacke-
nen Steinen aufgefuͤhrtes/ und mitten in einem
luſtigen Thiergarten gelegenes Gebaͤue/ darin-
nen ſie bey ihrer Ankunft unten auff einem ge-
pflaſterten Voden ſchon eine fertige Taffel fan-
den/ und in dieſer Wildnuͤß nicht allein den hun-
grigen Magen mit ſchmackhafter Koſt/ als das
Gemuͤthe mit annehmlichem Geſpraͤche ſaͤttig-
ten. Wie ſie aber im beſten Eſſen waren/ er-
hob ſich in einem Augenblicke unter der Taffel
ein Geprudel und Geraͤuſche/ das Waſſeꝛ ſpritzte
auch bald darauf ſo heftig in die Hoͤhe/ daß alle an
der Taffel ſitzende haͤuffig beſpritzet/ und darvon
auffzuſpringen genoͤthigt waren. Dieſes Bad
verurſachte ein nicht weniges Gelaͤchter/ und
Zeno fing an: Er haͤtte in dieſer ſandichten Flaͤ-
che keine Waſſer-Kunſt geſucht. Der Graf
von Uffen/ des Feldherrn Jaͤgermeiſter antwor-
tete: Es haͤtte ſie die Natur/ keine Kunſt an die-
ſen Ort verſetzet. Denn es waͤre diß der be-
ruͤhmte Boller-Brunn/ welcher alle Tage zwey-
mal zwiſchen den Sand ſich verſteckte/ und ſo
vielmal wieder herfuͤr ſpringe/ alſo nicht anders/
als das Meer Epp und Fluth habe. Sie lieſſen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/153>, abgerufen am 22.11.2024.