Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Platzes Zuruff. Weil aber die Augen ins ge-mein alle Neuigkeiten zu Wunderwercken ma- chen; fielen alle Kräfften der Sinnen durchs Gesichte auf die die Erde fürbildende Fürstin der Catten; welche auf den Wangen den Frühling/ in den Augen den Sommer/ mit den Brüsten den Herbst/ und auf allen Gliedern durch ihren Schnee den Winter/ in ihrem Rennen aber die Geschwindigkeit des Windes fürstellete/ und durch Erreichung aller vier Ziele ihren Vorgängerinnen nichts zuvor gab; also von der Zuschauer Zungen nichts minder ge- priesen/ als von ihren Händen mit Blumen be- worffen ward. Die auf die Rennebahn als die Lufft-Göttin sprengende Cattische Fürstin Adelmunde stillete alles Geräusche wieein durch- dringender Donner-Strahl. Sintemal sie als eine Königin der Götter/ als eine Vorstehe- rin der Hochzeiten/ eine Fürstin der Schätze für allen andern des Vorzugs sich berechtigt hielt. Wie sie nun in den Augen die Vollkom- menheit des Saphiers/ auf dem Munde des Rubins/ in den Haaren des Goldes/ und sonst allenthalben ihrer annehmlichen Thau-Töchter zeigete; also war ihre Bewegung auch der stür- menden Lufft gleich/ welche/ wenn sie schon am stillsten zu seyn scheinet/ doch keinen Augenblick unbeweglich ist. Diese erlangte nun auch in allen Reimen ihren Vorsatz/ und hiermit keine geringere Lob-Sprüche als die drey vorren- nende Fürstinnen. Nach dieser vier Häupter Abzuge traff die Reye den Anfang zu machen die Erde. Daher die Obst-Göttin alles denen vier geschienenen Sonnen nachzuthun bemüht war/ gleich als wenn der güldene Apfel in die- sem Liebes-Streite zu ihren Händen wieder kommen solte/ den die Zanck-Sucht in dem Kampfe der Schönheit von ihr erbor- get hatte. Jhr folgte aus dem feurigen Frauenzimmer so schnell als ein vom Him- mel fallender Stern Lampetia/ aus der [Spaltenumbruch] Lufft die Amazonin Hippolite/ und von der Erde Pleione mit ihren zugeeigneten Hauffen. Den letzten Aufzug führte von Seiten des Feu- ers Circe/ welcher wunderwürdige Bezeigun- gen einer Zauberin nicht unähnlich schienen. Von Seiten der Lufft folgte die geschickte Ory- thia/ vom Wasser die annehmliche Ephyre; und endlich machte die nichts minder vom euser- lichen Schimmer/ als tapferer Thätligkeit her- für leuchtende Ertzt-Göttin mit ihrem Ge- schwader diesem Ritterspiele ein Ende. Hier- mit aber fieng sich bey den Zuschauern die Sorgfalt an: wem bey so vollkommenen und dem Augenscheine nach so viel gleichen Rennen die Preiße würden zuerkennet werden. Die Holdinnen bezauberten mit ihren linden Sei- tenspielen gleichsam aufs neue alle Ohren des Schau-Platzes; dämpften aber dardurch am wenigsten die Befehle der Liebes-Göttin. Denn nachdem diese sich genau in denen gegen einander wohl überein treffenden Vermercken unterrichtet hatte; fieng sie von den medrigsten Siegen an die Preiße auszutheilen. Wiewohl nun wenige mehr als zwey Fehler begangen hatten; ward doch unter diesen zweyen aus dem Wasser-Hauffen die Gräfin von Spiegelberg beruffen/ und empfieng aus der Hand der Lie- be einen Rubin - Ring. Ein Liebes - Knabe rieff: Diese Siegerin hat in dem Ringe den mittelsten Kreiß der Sonne/ und mit der Ertz- Platte vollkommen eingetroffen. Hiermit kam die Ordnung alsbald zu denen/ die nur in einem gefehlet. Denn aus dem Feuer-Hauffen kriegte ein Fräulein von Hirschfeld einen Saphier- Ring; weil sie im Ringe den vierdten Kreiß des Jupiters getroffen/ und nur mit einer Ku- gel gefehlt hatte. Drittens empfieng die Gräfin von Andechs eine Perlen-Schnure; weil sie der vorigen gleich; aber im Ringe den dritten Kreiß der Venus mit der Lantze getrof- fen hatte. Vierdtens empfieng die Gräfin von
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Platzes Zuruff. Weil aber die Augen ins ge-mein alle Neuigkeiten zu Wunderwercken ma- chen; fielen alle Kraͤfften der Sinnen durchs Geſichte auf die die Erde fuͤrbildende Fuͤrſtin der Catten; welche auf den Wangen den Fruͤhling/ in den Augen den Sommer/ mit den Bruͤſten den Herbſt/ und auf allen Gliedern durch ihren Schnee den Winter/ in ihrem Rennen aber die Geſchwindigkeit des Windes fuͤrſtellete/ und durch Erreichung aller vier Ziele ihren Vorgaͤngerinnen nichts zuvor gab; alſo von der Zuſchauer Zungen nichts minder ge- prieſen/ als von ihren Haͤnden mit Blumen be- worffen ward. Die auf die Rennebahn als die Lufft-Goͤttin ſprengende Cattiſche Fuͤrſtin Adelmunde ſtillete alles Geꝛaͤuſche wieein duꝛch- dringender Donner-Strahl. Sintemal ſie als eine Koͤnigin der Goͤtter/ als eine Vorſtehe- rin der Hochzeiten/ eine Fuͤrſtin der Schaͤtze fuͤr allen andern des Vorzugs ſich berechtigt hielt. Wie ſie nun in den Augen die Vollkom- menheit des Saphiers/ auf dem Munde des Rubins/ in den Haaren des Goldes/ und ſonſt allenthalben ihrer annehmlichen Thau-Toͤchteꝛ zeigete; alſo war ihre Bewegung auch der ſtuͤr- menden Lufft gleich/ welche/ wenn ſie ſchon am ſtillſten zu ſeyn ſcheinet/ doch keinen Augenblick unbeweglich iſt. Dieſe erlangte nun auch in allen Reimen ihren Vorſatz/ und hiermit keine geringere Lob-Spruͤche als die drey vorren- nende Fuͤrſtinnen. Nach dieſer vier Haͤupter Abzuge traff die Reye den Anfang zu machen die Erde. Daher die Obſt-Goͤttin alles denen vier geſchienenen Sonnen nachzuthun bemuͤht war/ gleich als wenn der guͤldene Apfel in die- ſem Liebes-Streite zu ihren Haͤnden wieder kommen ſolte/ den die Zanck-Sucht in dem Kampfe der Schoͤnheit von ihr erbor- get hatte. Jhr folgte aus dem feurigen Frauenzimmer ſo ſchnell als ein vom Him- mel fallender Stern Lampetia/ aus der [Spaltenumbruch] Lufft die Amazonin Hippolite/ und von der Erde Pleione mit ihren zugeeigneten Hauffen. Den letzten Aufzug fuͤhrte von Seiten des Feu- ers Circe/ welcher wunderwuͤrdige Bezeigun- gen einer Zauberin nicht unaͤhnlich ſchienen. Von Seiten der Lufft folgte die geſchickte Ory- thia/ vom Waſſer die annehmliche Ephyre; und endlich machte die nichts minder vom euſer- lichen Schimmer/ als tapferer Thaͤtligkeit her- fuͤr leuchtende Ertzt-Goͤttin mit ihrem Ge- ſchwader dieſem Ritterſpiele ein Ende. Hier- mit aber fieng ſich bey den Zuſchauern die Sorgfalt an: wem bey ſo vollkommenen und dem Augenſcheine nach ſo viel gleichen Rennen die Preiße wuͤrden zuerkennet werden. Die Holdinnen bezauberten mit ihren linden Sei- tenſpielen gleichſam aufs neue alle Ohren des Schau-Platzes; daͤmpften aber dardurch am wenigſten die Befehle der Liebes-Goͤttin. Denn nachdem dieſe ſich genau in denen gegen einander wohl uͤberein treffenden Vermercken unterrichtet hatte; fieng ſie von den medrigſten Siegen an die Preiße auszutheilen. Wiewohl nun wenige mehr als zwey Fehler begangen hatten; ward doch unter dieſen zweyen aus dem Waſſer-Hauffen die Graͤfin von Spiegelberg beruffen/ und empfieng aus der Hand der Lie- be einen Rubin - Ring. Ein Liebes - Knabe rieff: Dieſe Siegerin hat in dem Ringe den mittelſten Kreiß der Sonne/ und mit der Ertz- Platte vollkommen eingetroffen. Hiermit kam die Ordnung alsbald zu denen/ die nur in einem gefehlet. Denn aus dem Feuer-Hauffen kriegte ein Fraͤulein von Hirſchfeld einen Saphier- Ring; weil ſie im Ringe den vierdten Kreiß des Jupiters getroffen/ und nur mit einer Ku- gel gefehlt hatte. Drittens empfieng die Graͤfin von Andechs eine Perlen-Schnure; weil ſie der vorigen gleich; aber im Ringe den dritten Kreiß der Venus mit der Lantze getrof- fen hatte. Vierdtens empfieng die Graͤfin von
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Arminius und Thußnelda.
Platzes Zuruff. Weil aber die Augen ins ge-
mein alle Neuigkeiten zu Wunderwercken ma-
chen; fielen alle Kraͤfften der Sinnen durchs
Geſichte auf die die Erde fuͤrbildende Fuͤrſtin
der Catten; welche auf den Wangen
den Fruͤhling/ in den Augen den Sommer/ mit
den Bruͤſten den Herbſt/ und auf allen Gliedern
durch ihren Schnee den Winter/ in ihrem
Rennen aber die Geſchwindigkeit des Windes
fuͤrſtellete/ und durch Erreichung aller vier Ziele
ihren Vorgaͤngerinnen nichts zuvor gab; alſo
von der Zuſchauer Zungen nichts minder ge-
prieſen/ als von ihren Haͤnden mit Blumen be-
worffen ward. Die auf die Rennebahn als
die Lufft-Goͤttin ſprengende Cattiſche Fuͤrſtin
Adelmunde ſtillete alles Geꝛaͤuſche wieein duꝛch-
dringender Donner-Strahl. Sintemal ſie
als eine Koͤnigin der Goͤtter/ als eine Vorſtehe-
rin der Hochzeiten/ eine Fuͤrſtin der Schaͤtze
fuͤr allen andern des Vorzugs ſich berechtigt
hielt. Wie ſie nun in den Augen die Vollkom-
menheit des Saphiers/ auf dem Munde des
Rubins/ in den Haaren des Goldes/ und ſonſt
allenthalben ihrer annehmlichen Thau-Toͤchteꝛ
zeigete; alſo war ihre Bewegung auch der ſtuͤr-
menden Lufft gleich/ welche/ wenn ſie ſchon am
ſtillſten zu ſeyn ſcheinet/ doch keinen Augenblick
unbeweglich iſt. Dieſe erlangte nun auch in
allen Reimen ihren Vorſatz/ und hiermit keine
geringere Lob-Spruͤche als die drey vorren-
nende Fuͤrſtinnen. Nach dieſer vier Haͤupter
Abzuge traff die Reye den Anfang zu machen
die Erde. Daher die Obſt-Goͤttin alles denen
vier geſchienenen Sonnen nachzuthun bemuͤht
war/ gleich als wenn der guͤldene Apfel in die-
ſem Liebes-Streite zu ihren Haͤnden wieder
kommen ſolte/ den die Zanck-Sucht in dem
Kampfe der Schoͤnheit von ihr erbor-
get hatte. Jhr folgte aus dem feurigen
Frauenzimmer ſo ſchnell als ein vom Him-
mel fallender Stern Lampetia/ aus der
Lufft die Amazonin Hippolite/ und von der
Erde Pleione mit ihren zugeeigneten Hauffen.
Den letzten Aufzug fuͤhrte von Seiten des Feu-
ers Circe/ welcher wunderwuͤrdige Bezeigun-
gen einer Zauberin nicht unaͤhnlich ſchienen.
Von Seiten der Lufft folgte die geſchickte Ory-
thia/ vom Waſſer die annehmliche Ephyre;
und endlich machte die nichts minder vom euſer-
lichen Schimmer/ als tapferer Thaͤtligkeit her-
fuͤr leuchtende Ertzt-Goͤttin mit ihrem Ge-
ſchwader dieſem Ritterſpiele ein Ende. Hier-
mit aber fieng ſich bey den Zuſchauern die
Sorgfalt an: wem bey ſo vollkommenen und
dem Augenſcheine nach ſo viel gleichen Rennen
die Preiße wuͤrden zuerkennet werden. Die
Holdinnen bezauberten mit ihren linden Sei-
tenſpielen gleichſam aufs neue alle Ohren des
Schau-Platzes; daͤmpften aber dardurch am
wenigſten die Befehle der Liebes-Goͤttin.
Denn nachdem dieſe ſich genau in denen gegen
einander wohl uͤberein treffenden Vermercken
unterrichtet hatte; fieng ſie von den medrigſten
Siegen an die Preiße auszutheilen. Wiewohl
nun wenige mehr als zwey Fehler begangen
hatten; ward doch unter dieſen zweyen aus dem
Waſſer-Hauffen die Graͤfin von Spiegelberg
beruffen/ und empfieng aus der Hand der Lie-
be einen Rubin - Ring. Ein Liebes - Knabe
rieff: Dieſe Siegerin hat in dem Ringe den
mittelſten Kreiß der Sonne/ und mit der Ertz-
Platte vollkommen eingetroffen. Hiermit kam
die Ordnung alsbald zu denen/ die nur in einem
gefehlet. Denn aus dem Feuer-Hauffen kriegte
ein Fraͤulein von Hirſchfeld einen Saphier-
Ring; weil ſie im Ringe den vierdten Kreiß
des Jupiters getroffen/ und nur mit einer Ku-
gel gefehlt hatte. Drittens empfieng die
Graͤfin von Andechs eine Perlen-Schnure;
weil ſie der vorigen gleich; aber im Ringe den
dritten Kreiß der Venus mit der Lantze getrof-
fen hatte. Vierdtens empfieng die Graͤfin
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1415[1417]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1483>, abgerufen am 20.07.2024. |