Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ieden Satzes/ wiewohl allemal verändert/ Her-tzog Herrmanns Nahmen durch ihre Stellun- gen abbildeten. Nach dessen Endigung rückte Deutschland/ die Natur und Kunst mit ihrem Aufzuge an ein Ende des Schau-Platzes enge zusammen; der Monde aber zoh/ weil es nun völlig tagte/ vom Schau-Platze wieder ab. Zu denen eröffneten Thoren sahe nun der Son- P p p p p p p p 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ieden Satzes/ wiewohl allemal veraͤndert/ Her-tzog Herrmanns Nahmen durch ihre Stellun- gen abbildeten. Nach deſſen Endigung ruͤckte Deutſchland/ die Natur und Kunſt mit ihrem Aufzuge an ein Ende des Schau-Platzes enge zuſammen; der Monde aber zoh/ weil es nun voͤllig tagte/ vom Schau-Platze wieder ab. Zu denen eroͤffneten Thoren ſahe nun der Son- P p p p p p p p 3
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Arminius und Thußnelda.
ieden Satzes/ wiewohl allemal veraͤndert/ Her-
tzog Herrmanns Nahmen durch ihre Stellun-
gen abbildeten. Nach deſſen Endigung ruͤckte
Deutſchland/ die Natur und Kunſt mit ihrem
Aufzuge an ein Ende des Schau-Platzes enge
zuſammen; der Monde aber zoh/ weil es nun
voͤllig tagte/ vom Schau-Platze wieder ab.
Zu denen eroͤffneten Thoren ſahe nun der
gleichſam in der Geburt ſtehende Tag hinein.
Es kam auch alſo fort der fuͤr Furcht gleichſam
erblaßte Morgen-Stern auf einem weiſſen
Pferde hinein gerennet; welch Pfoͤrtner des
Tages aber nicht Stand hielt/ ſondern geraden
Weges zum andern Thore hinaus eilete. Hier-
auf folgte die Morgen-Roͤthe auf einem roth-
guͤldenen und von zwey gefluͤgelten weiſſen
Pferden gezogenem Wagen. Die Raͤder
und Pferde waren ſo naß: daß ſie troffen;
gleich als wenn ſie allererſt in dem Meere waͤ-
ren abgeſpielet worden. Dieſe rauchten gleich-
ſam und ſchaͤumeten ſchier Feuer aus gegen die
vorher gehende in eine Wolcke eingehuͤllete/ und
mit einer ſchwartzen/ iedoch mit Stralen beſaͤ-
meten Haube bedeckte Nacht. Die Morgen-
Roͤthe hatte ein weiß ſilbern Gewand an/ umb
die Stiꝛne einen guͤldenẽ und puꝛpeꝛnen Schley-
er/ einen erhobenen Leib/ gleich als wenn ſie alle-
zeit mit dem Tage ſchwanger gienge. Auf der
Schoß lag ein hell-glaͤntzender Spiegel; gleich
als wenn ſie der Welt ſich aufs neue zu beſchau-
en das Geſichte wieder gaͤbe. Auf dem Haupte
trug ſie einen Roſen-Krantz; ſintemal ſie den
Garten des Himmels gleichſam mit eitel ſol-
chem Gebluͤme beſtreuet. Hinter ihrem Haupte
glaͤntzete eine guͤldene Sonne; weil ſie/ wo
nicht die Tochter/ doch der Schatten dieſes Ge-
ſtirnes iſt. An der Spitze des Wagens aber
erblaßten und flohen zugleich fuͤr ihr her der
gemahlte Monde und andere Sternen. Jhr
Mund lachte fuͤr Purper/ aus ihren Augen fie-
len haͤuffig Thraͤnen/ womit ſie taͤglich ihren
vom Achilles getoͤdteten Sohn Memnon be-
weinet. Mit jenem mahlet ſie; mit ihren
Perlen aber bethauet und erfriſchet ſie ſie; und
mit beyden ſcheint ſie zu erinnern: daß alle
Luſt ein weinendes Lachen/ ja die fruchtbaren
Thraͤnen nuͤtzlicher/ als Schimmer und Freude
ſind. Uber diß ſtand zu ihren Fuͤſſen auf der
rechten Seiten ein alabaſterner Krug/ auf der
lincken ein zierlich geflochtener Korb/ jener ein
Geſchencke deꝛ Thetys/ dieſer deꝛ Blumen-Goͤt-
tin. Aus dem Kꝛuge ſchuͤttete ſie mit einẽ Spꝛen-
gewedel wohlruͤchendes Waſſer/ aus dem Korbe
Blumẽ aus. Harte fuͤr dem Wagẽ giengen der
naſſe Sud-Wind/ der ſpielende Weſt- und der
beſchneyete Nord Wind/ als ihre drey mit dem
Aſtreus erzeugete Soͤhne; der Oſt-Wind aber
folgte dem Wagen als ein Diener nach. Bey
ihr auf dem Wagen aber ſaß als ein ſchoͤner
Juͤngling ihr geliebter Orion/ von dem ſie ſchier
kein Auge verwendete. Jhres Sohnes Mem-
nons ſchwartz-ſteinerne Seule aber ſtand auff
der Spitze des Foͤrder-Wagens hoch erhoͤhet;
hatte in der Hand eine Harffe/ auf dem Haupt
einen Vogel/ darein er bey ſeiner Verbren-
nung ſoll verwandelt worden ſeyn. Von dem
Bilde der Sonne gieng ein ſichtbarer Feuer-
Strahl auf Memnons Mund/ wovon er den
allerſuͤſſeſten Laut/ gleich als dieſer Stein wahr-
haftig auf der Harffe ſpielte/ von ſich gab. Nach
dieſem Aufzuge der Morgen-Roͤthe folgten vieꝛ
gethuͤrmte Elefanten mit Gold-Stuͤck be-
deckt. Die Thuͤrme waren mit Mohren-
Jungfrauen angefuͤllt; welche mit denen an-
nehmlichſten Seiten-Spielen die Lufft erfuͤlle-
ten. Worunter fuͤrnemlich eine vollſtimmige
Leyer als ein der Sonne eigentlich zugehoͤren-
des Seiten-Spiel zu hoͤren war; weil ſie mit
ihrer Bewegung in der Welt einen ſo ſuͤſſen
Laut machen ſoll/ und deſthalben fuͤr den
Vater der Muſen/ der Himmel fuͤr die
Leyer Gottes/ und die Welt fuͤr eine
Harffe der Sonne gehalten wird. Hier-
auff ritt auff einem feuer - farbich-
ten Pferde Zirolane eine Marſingi-
ſche Fuͤrſtin/ welche die Tochter der
Son-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1405[1407]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1473>, abgerufen am 19.07.2024. |