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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Der Monde spielte auf einer Viole/ Mercur
auf einer Flöte/ Venus auf einer Laute/ Mars
auf Zimbeln/ Jupiter auf einer Harffe/ Saturn
auf einer Schalmey/ die Sonne selbst auf einer
Leyer; wiewohl hiervon ein über-irrdischer
Klang erreget ward/ welcher die himmlische Zu-
sammenstimmung abbildete. Die sich wieder in
erste Ordnung stellenden Blumen verehrten die
Sonne als ihren Vater mit gebogenen Knien;
sie aber deutete ihnen an: daß sie kommen wäre
ihnen einen anständigen König zu geben. Wor-
auf Mercur ein grosses Kristallen-Gefässe in
Gestalt einer See-Muschel in die Mitten setz-
te; darein iede Blume ihren Pusch; die Ster-
nen ihre beste Schätze zu bringen
befehlicht wurden. Saturn goß aus einer
Muschel Perlen und Meer-Saltz; weil das
Meer seine Thränen seyn sollen; Jupiter eine
Schale Nectar/ Mars ein Glas voll Schne-
cken-Blut/ Mercur/ als der Hirten- und Han-
dels-Gott/ einen Topf voll Milch/ und ein Fäß-
lein allerhand Gewürtze/ die Venus eine Fla-
sche voll des kräfftigsten mit ihrem Blute ge-
färbten Balsams/ der Monde ein Horn voll
Morgen-Thau über das versammlete Blum-
werck. Die Sonne verdoppelte hierüber ihre
lebhafte Krafft alles zu beseelen so nach drücklich:
daß aus diesem Gefässe/ ich weiß nicht ob viel-
leicht durch Zauberey ein annehmlicher Strauch
mit allerhand Arten Rosen hervor wuchs. Alle
anwesende Sternen aber erstarreten/ und hien-
gen ihre vorhin stoltzen Häupter traurig zur Er-
den. Die Sonne alleine ward gleichsam von
einem zweyfachen Geiste gereget/ und fieng an
in ihre-vollstimmige Leyer nachfolgende Reymen
zu singen:

Diß ist die Königin der Blumen und Gewächse/
Des Himmels Braut/ ein Schatz der Welt/ ein Sternen-
Kind;
Nach der die Liebe seufzt/ ich Sonne selber lechse;
Weil ihre Krone Gold/ die Blätter Sammet sind/
Jhr Stiel und Fuß Schmaragd/ ihr Glantz Rubin beschämet/
Dem Safte Zucker weicht/ der Farbe Schnecken-Blut/
[Spaltenumbruch] Weil ihr Geruch die Lufft mit Balsame besämet/
Wenn der beliebte West ihr tausend Hold anthut.
Führn Hyacinthen gleich des Ajax Helden-Nahmen;
So ist die Schönheit selbst auf Rosen abgemahlt.
Jst gleich der Juno Milch der Lilgen edler Saamen/
So denckt: daß hier das Blut der Liebes-Göttin prahlt.
Was die Geschöpfe sonst nur einzelweis' empfangen/
Mit allem dem macht die Natur die Rose schön.
Sie selber schämet sich/ und röthet ihre Wangen/
Weil sie für ihr beschämt sieht alle Blumen stehn.
Kurtz! sie ist ein Begrieff der schönen Welt/ ein Spiegel
Der Anmuth/ und der Lieb' ihr wahres Ebenbild.
Der Dorn ist ihr Geschoß/ die Blätter sind die Flügel/
Zur Fackel dient ihr Glantz/ das Laubwerck ist ihr Schild.
Sie muß zwar selbten Tag/ da sie gebohrn/ erblassen/
Allein ich Sonne selbst versch wind iedweden Tag.
So wil der Himmel auch sie nicht vergrauen lassen/
Weil er kein altes Weib zur Buhlschafft haben mag.
Der Monde träncket sie mit Thau/ sie saugt die Bieuen/
Die ihren edlen Safft in süssen Honig kehrn.
Ja ihres Purpers muß sich ieder Mund bedienen/
Wenn ein nicht-todter Kuß ist nötbig zu gewehrn.
Der Morgen selbst muß sich mit eitel Rosen färben/
Wenn er der Herold ist des Auges dieser Welt.
Auch muß der güldne Tag in ihrem Purper sterben/
Wenn mir die Abend-Röth' ein falsch Begräbnüß hält.
Jch Sonne werde selbst nie angebetet werden/
Wenn sich mein Antlitz nicht in Rosen hüllet ein.
Ja wie die Rose wird die Sonne seyn auf Erden;
So muß der Sonne Rad des Himmels Rose seyn.
Und daß der Erd-Kreiß recht mög' unser Bündnüß wissen/
Wie Sonn' und Rose sind einander zugethan/
Soll'n Rosen solcher Art in Morgenland aufschüssen/
Die/ wie der Tag/ schneeweiß den Morgen fangen an/
Die/ wie das Mittags-Licht/ so denn mit Feuer brennen/
Des Abends/ wie die Nacht/ kohlschwartz im Trauren gehn.
Wer nun die Sonne wil für's Sternen-Haupt erkennen/
Der muß den Königs-Krantz auch Rosen zugestehn.
Was aber wird das Lob der Rose viel gesungen?
Kein Ruhm gleicht ihrem Werth/ sie selbst ist schon ihr Preiß.
Die Red' ist ihr Geruch/ d[i]e Blätter sind die Zungen;
Dardurch sie sich allein recht aus zustreichen weiß.

Bey diesem Singen rührte die Sonne mit
ihrem Königs-Stabe den Rosen-Stab an;
worauf alsofort eine Anzahl schnee weisser
Rosen herfür blüheten; welche sich her-
nach in eine hohe Leib - endlich in eine
schwartz-tunckele Purper-Farbe verwan-
delten. Gleich als wenn auch dieser Wunder-
Blume Kindheit sich an ihrer Mutter-Milch
ergetzte/ ihre Vollkommenheit aber sich denen
menschlichen Lippen ähnlich/ und daher desto

beliebter
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Der Monde ſpielte auf einer Viole/ Mercur
auf einer Floͤte/ Venus auf einer Laute/ Mars
auf Zimbeln/ Jupiter auf einer Harffe/ Saturn
auf einer Schalmey/ die Sonne ſelbſt auf einer
Leyer; wiewohl hiervon ein uͤber-irrdiſcher
Klang erreget ward/ welcher die him̃liſche Zu-
ſammenſtimmung abbildete. Die ſich wieder in
erſte Ordnung ſtellenden Blumẽ verehrten die
Sonne als ihren Vater mit gebogenen Knien;
ſie aber deutete ihnen an: daß ſie kommen waͤre
ihnen einen anſtaͤndigen Koͤnig zu geben. Wor-
auf Mercur ein groſſes Kriſtallen-Gefaͤſſe in
Geſtalt einer See-Muſchel in die Mitten ſetz-
te; darein iede Blume ihren Puſch; die Ster-
nen ihre beſte Schaͤtze zu bringen
befehlicht wurden. Saturn goß aus einer
Muſchel Perlen und Meer-Saltz; weil das
Meer ſeine Thraͤnen ſeyn ſollen; Jupiter eine
Schale Nectar/ Mars ein Glas voll Schne-
cken-Blut/ Mercur/ als der Hirten- und Han-
dels-Gott/ einen Topf voll Milch/ und ein Faͤß-
lein allerhand Gewuͤrtze/ die Venus eine Fla-
ſche voll des kraͤfftigſten mit ihrem Blute ge-
faͤrbten Balſams/ der Monde ein Horn voll
Morgen-Thau uͤber das verſam̃lete Blum-
werck. Die Sonne verdoppelte hieruͤber ihre
lebhafte Krafft alles zu beſeelen ſo nach druͤcklich:
daß aus dieſem Gefaͤſſe/ ich weiß nicht ob viel-
leicht durch Zauberey ein annehmlicher Strauch
mit allerhand Arten Roſen hervor wuchs. Alle
anweſende Sternen aber erſtarreten/ und hien-
gen ihre vorhin ſtoltzẽ Haͤupter traurig zur Er-
den. Die Sonne alleine ward gleichſam von
einem zweyfachen Geiſte gereget/ und fieng an
in ihꝛe-vollſtimmige Leyeꝛ nachfolgende Reymen
zu ſingen:

Diß iſt die Koͤnigin der Blumen und Gewaͤchſe/
Des Himmels Braut/ ein Schatz der Welt/ ein Sternen-
Kind;
Nach der die Liebe ſeufzt/ ich Sonne ſelber lechſe;
Weil ihre Krone Gold/ die Blaͤtter Sammet ſind/
Jhr Stiel und Fuß Schmaragd/ ihr Glantz Rubin beſchaͤmet/
Dem Safte Zucker weicht/ der Farbe Schnecken-Blut/
[Spaltenumbruch] Weil ihr Geruch die Lufft mit Balſame beſaͤmet/
Wenn der beliebte Weſt ihr tauſend Hold anthut.
Fuͤhrn Hyacinthen gleich des Ajax Helden-Nahmen;
So iſt die Schoͤnheit ſelbſt auf Roſen abgemahlt.
Jſt gleich der Juno Milch der Lilgen edler Saamen/
So denckt: daß hier das Blut der Liebes-Goͤttin prahlt.
Was die Geſchoͤpfe ſonſt nur einzelweis’ empfangen/
Mit allem dem macht die Natur die Roſe ſchoͤn.
Sie ſelber ſchaͤmet ſich/ und roͤthet ihre Wangen/
Weil ſie fuͤr ihr beſchaͤmt ſieht alle Blumen ſtehn.
Kurtz! ſie iſt ein Begrieff der ſchoͤnen Welt/ ein Spiegel
Der Anmuth/ und der Lieb’ ihr wahres Ebenbild.
Der Dorn iſt ihr Geſchoß/ die Blaͤtter ſind die Fluͤgel/
Zur Fackel dient ihr Glantz/ das Laubwerck iſt ihr Schild.
Sie muß zwar ſelbten Tag/ da ſie gebohrn/ erblaſſen/
Allein ich Sonne ſelbſt verſch wind iedweden Tag.
So wil der Himmel auch ſie nicht vergrauen laſſen/
Weil er kein altes Weib zur Buhlſchafft haben mag.
Der Monde traͤncket ſie mit Thau/ ſie ſaugt die Bieuen/
Die ihren edlen Safft in ſuͤſſen Honig kehrn.
Ja ihres Purpers muß ſich ieder Mund bedienen/
Wenn ein nicht-todter Kuß iſt noͤtbig zu gewehrn.
Der Morgen ſelbſt muß ſich mit eitel Roſen faͤrben/
Wenn er der Herold iſt des Auges dieſer Welt.
Auch muß der guͤldne Tag in ihrem Purper ſterben/
Wenn mir die Abend-Roͤth’ ein falſch Begraͤbnuͤß haͤlt.
Jch Sonne werde ſelbſt nie angebetet werden/
Wenn ſich mein Antlitz nicht in Roſen huͤllet ein.
Ja wie die Roſe wird die Sonne ſeyn auf Erden;
So muß der Sonne Rad des Himmels Roſe ſeyn.
Und daß der Erd-Kreiß recht moͤg’ unſer Buͤndnuͤß wiſſen/
Wie Sonn’ und Roſe ſind einander zugethan/
Soll’n Roſen ſolcher Art in Morgenland aufſchuͤſſen/
Die/ wie der Tag/ ſchneeweiß den Morgen fangen an/
Die/ wie das Mittags-Licht/ ſo denn mit Feuer brennen/
Des Abends/ wie die Nacht/ kohlſchwartz im Trauren gehn.
Wer nun die Sonne wil fuͤr’s Sternen-Haupt erkennen/
Der muß den Koͤnigs-Krantz auch Roſen zugeſtehn.
Was aber wird das Lob der Roſe viel geſungen?
Kein Ruhm gleicht ihrem Werth/ ſie ſelbſt iſt ſchon ihr Preiß.
Die Red’ iſt ihr Geruch/ d[i]e Blaͤtter ſind die Zungen;
Dardurch ſie ſich allein recht aus zuſtreichen weiß.

Bey dieſem Singen ruͤhrte die Sonne mit
ihrem Koͤnigs-Stabe den Roſen-Stab an;
worauf alſofort eine Anzahl ſchnee weiſſer
Roſen herfuͤr bluͤheten; welche ſich her-
nach in eine hohe Leib - endlich in eine
ſchwartz-tunckele Purper-Farbe verwan-
delten. Gleich als wenn auch dieſer Wunder-
Blume Kindheit ſich an ihrer Mutter-Milch
ergetzte/ ihre Vollkommenheit aber ſich denen
menſchlichen Lippen aͤhnlich/ und daher deſto

beliebter
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[1397[1399]/1465] Arminius und Thußnelda. Der Monde ſpielte auf einer Viole/ Mercur auf einer Floͤte/ Venus auf einer Laute/ Mars auf Zimbeln/ Jupiter auf einer Harffe/ Saturn auf einer Schalmey/ die Sonne ſelbſt auf einer Leyer; wiewohl hiervon ein uͤber-irrdiſcher Klang erreget ward/ welcher die him̃liſche Zu- ſammenſtimmung abbildete. Die ſich wieder in erſte Ordnung ſtellenden Blumẽ verehrten die Sonne als ihren Vater mit gebogenen Knien; ſie aber deutete ihnen an: daß ſie kommen waͤre ihnen einen anſtaͤndigen Koͤnig zu geben. Wor- auf Mercur ein groſſes Kriſtallen-Gefaͤſſe in Geſtalt einer See-Muſchel in die Mitten ſetz- te; darein iede Blume ihren Puſch; die Ster- nen ihre beſte Schaͤtze zu bringen befehlicht wurden. Saturn goß aus einer Muſchel Perlen und Meer-Saltz; weil das Meer ſeine Thraͤnen ſeyn ſollen; Jupiter eine Schale Nectar/ Mars ein Glas voll Schne- cken-Blut/ Mercur/ als der Hirten- und Han- dels-Gott/ einen Topf voll Milch/ und ein Faͤß- lein allerhand Gewuͤrtze/ die Venus eine Fla- ſche voll des kraͤfftigſten mit ihrem Blute ge- faͤrbten Balſams/ der Monde ein Horn voll Morgen-Thau uͤber das verſam̃lete Blum- werck. Die Sonne verdoppelte hieruͤber ihre lebhafte Krafft alles zu beſeelen ſo nach druͤcklich: daß aus dieſem Gefaͤſſe/ ich weiß nicht ob viel- leicht durch Zauberey ein annehmlicher Strauch mit allerhand Arten Roſen hervor wuchs. Alle anweſende Sternen aber erſtarreten/ und hien- gen ihre vorhin ſtoltzẽ Haͤupter traurig zur Er- den. Die Sonne alleine ward gleichſam von einem zweyfachen Geiſte gereget/ und fieng an in ihꝛe-vollſtimmige Leyeꝛ nachfolgende Reymen zu ſingen: Diß iſt die Koͤnigin der Blumen und Gewaͤchſe/ Des Himmels Braut/ ein Schatz der Welt/ ein Sternen- Kind; Nach der die Liebe ſeufzt/ ich Sonne ſelber lechſe; Weil ihre Krone Gold/ die Blaͤtter Sammet ſind/ Jhr Stiel und Fuß Schmaragd/ ihr Glantz Rubin beſchaͤmet/ Dem Safte Zucker weicht/ der Farbe Schnecken-Blut/ Weil ihr Geruch die Lufft mit Balſame beſaͤmet/ Wenn der beliebte Weſt ihr tauſend Hold anthut. Fuͤhrn Hyacinthen gleich des Ajax Helden-Nahmen; So iſt die Schoͤnheit ſelbſt auf Roſen abgemahlt. Jſt gleich der Juno Milch der Lilgen edler Saamen/ So denckt: daß hier das Blut der Liebes-Goͤttin prahlt. Was die Geſchoͤpfe ſonſt nur einzelweis’ empfangen/ Mit allem dem macht die Natur die Roſe ſchoͤn. Sie ſelber ſchaͤmet ſich/ und roͤthet ihre Wangen/ Weil ſie fuͤr ihr beſchaͤmt ſieht alle Blumen ſtehn. Kurtz! ſie iſt ein Begrieff der ſchoͤnen Welt/ ein Spiegel Der Anmuth/ und der Lieb’ ihr wahres Ebenbild. Der Dorn iſt ihr Geſchoß/ die Blaͤtter ſind die Fluͤgel/ Zur Fackel dient ihr Glantz/ das Laubwerck iſt ihr Schild. Sie muß zwar ſelbten Tag/ da ſie gebohrn/ erblaſſen/ Allein ich Sonne ſelbſt verſch wind iedweden Tag. So wil der Himmel auch ſie nicht vergrauen laſſen/ Weil er kein altes Weib zur Buhlſchafft haben mag. Der Monde traͤncket ſie mit Thau/ ſie ſaugt die Bieuen/ Die ihren edlen Safft in ſuͤſſen Honig kehrn. Ja ihres Purpers muß ſich ieder Mund bedienen/ Wenn ein nicht-todter Kuß iſt noͤtbig zu gewehrn. Der Morgen ſelbſt muß ſich mit eitel Roſen faͤrben/ Wenn er der Herold iſt des Auges dieſer Welt. Auch muß der guͤldne Tag in ihrem Purper ſterben/ Wenn mir die Abend-Roͤth’ ein falſch Begraͤbnuͤß haͤlt. Jch Sonne werde ſelbſt nie angebetet werden/ Wenn ſich mein Antlitz nicht in Roſen huͤllet ein. Ja wie die Roſe wird die Sonne ſeyn auf Erden; So muß der Sonne Rad des Himmels Roſe ſeyn. Und daß der Erd-Kreiß recht moͤg’ unſer Buͤndnuͤß wiſſen/ Wie Sonn’ und Roſe ſind einander zugethan/ Soll’n Roſen ſolcher Art in Morgenland aufſchuͤſſen/ Die/ wie der Tag/ ſchneeweiß den Morgen fangen an/ Die/ wie das Mittags-Licht/ ſo denn mit Feuer brennen/ Des Abends/ wie die Nacht/ kohlſchwartz im Trauren gehn. Wer nun die Sonne wil fuͤr’s Sternen-Haupt erkennen/ Der muß den Koͤnigs-Krantz auch Roſen zugeſtehn. Was aber wird das Lob der Roſe viel geſungen? Kein Ruhm gleicht ihrem Werth/ ſie ſelbſt iſt ſchon ihr Preiß. Die Red’ iſt ihr Geruch/ die Blaͤtter ſind die Zungen; Dardurch ſie ſich allein recht aus zuſtreichen weiß. Bey dieſem Singen ruͤhrte die Sonne mit ihrem Koͤnigs-Stabe den Roſen-Stab an; worauf alſofort eine Anzahl ſchnee weiſſer Roſen herfuͤr bluͤheten; welche ſich her- nach in eine hohe Leib - endlich in eine ſchwartz-tunckele Purper-Farbe verwan- delten. Gleich als wenn auch dieſer Wunder- Blume Kindheit ſich an ihrer Mutter-Milch ergetzte/ ihre Vollkommenheit aber ſich denen menſchlichen Lippen aͤhnlich/ und daher deſto beliebter O o o o o o o o 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1397[1399]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1465>, abgerufen am 23.11.2024.