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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] kommenheit. Dahero sich der frohe Tag/ und
die reinen Gestirne in die weisse Farbe des Lich-
tes gekleidet hätten. Und in denen weissen
Blumen gläntzete die Milch ihrer unbefleckten
Mutter der Blumen-Göttin; welche ihr Be-
lieben an so reiner Farbe dardurch bezeigte:
daß auch die tunckelsten Pflantzen anfangs an
der Wurtzel oder Zwiebel weiß aus schlügen/
hernach grünlicht-gelbe würden/ oder ferner in
mehr schattichte Farben sich verstellten. Die
gelben Blumen widersprachen die Vollkom-
menheit der weissen. Denn sie hätten nicht
einst das Wesen einer Farbe/ sondern ihr Licht
wäre nur eine blancke Tafel/ darauf die Natur/
als die künstlichste Mahlerin/ mit ihrem Pinsel
ihre Schönheiten streichen solte. Diese hätte
in allen ihren Geheimnüssen nichts kräfftigers
als den Schwefel/ welchem aller Farben Unter-
scheid zuzuschreiben wäre. Für sich selbst
aber behielt er die gelbe Farbe/ als die erste und
vollkommenste/ und eignete sie denen herrlich-
sten Geschöpffen/ in der Erde dem Golde/ im
Himmel der Sonne zu. Daß alle weisse Käu-
me der Pflantzen sich meist anders färbten/
wäre ein unverneinliches Merckmaal ihrer
Unvollkommenheit; Weil die kluge Mutter der
Natur ja ihre Früh-Geburten mit nichts
vollkommenerm/ als ihre zeitige Kinder aus-
putzen würde. Was im Lentzen weiß blühe-
te/ im Sommer grünete/ färbte der reiffe
Herbst ins gemein gelbe. Ja keine Narcisse
oder andere weisse Blume wäre fast zu finden/
die nicht in ihrer Mitte zu ihrem Aufputze et-
was zu ihrem Schmucke entlehnte; und wie
die Danae ihr Gold in ihre Schoos regnen
ließe. Die rothen Blumen gaben denen gel-
ben zwar nach: daß ihr Gold die Blüte der
Schönheit fürstellte; allein der Purper der
Röthe wäre der königliche Glantz aller Far-
ben; worüber weder die Natur noch die
Kunst mit ihrer Mahlerey zu steigen wüste.
Durch diese prangte das Meer mit seinen
[Spaltenumbruch] Korallen und Purper-Schnecken; die Erde
mit ihren Rubinen; die Lufft mit ihrer Mor-
gen- und Abend-Röthe; ja die schönsten un-
ter den Sternen wären die röthesten. Wenn
Kunst und Feuer das Ertzt zerflößete/ und auf
seine höchste Staffel brächte/ nähme es nach
vielen Verwandlungen die Gestalt eines ro-
then Löwen an. Eben dieses würckten sie in
den Blumen. Die weisse Schönheit der
Narcissen wüste ihre innerliche Freude nicht
vollkommen auszudrücken/ und ihre Anschau-
er annehmlich genung anzulachen/ wenn
nicht ihre Milch sich mit ihrem Schnecken-
Blute vermählte/ oder mit einer verschäm-
ten Röthe ihre Unschuld beschirmete. Die
gelben Blumen aber besäßen den lebhafften
Zinober mit Armuth; den die Natur mit
verschwenderischer Hand über sie ausgestreu-
et/ und sie durch diese eigenthümliche Farbe
der Liebe aller Welt beliebt/ ja gegen ihrer
Flamme das Feuer gleichsam blaß und todt
gemacht hätte. Endlich striechen die bundten
Blumen ihre Fürtrefligkeit heraus; in denen
die Natur mehr herrliche Vermischungen mach-
te/ als die reichsten Sprachen nicht zu nennen/ kei-
ne Seidenstücker nachzuweben/ kein Apelles nach-
zumahlen/ ja weder Erde noch Meer gnungsam
und so hohe Farben her zu geben wüsten. Für-
nemlich aber wäre an ihnen die Verschwiste-
rung der weissen und rothen Farbe mehr wun-
derns werth/ als daß der Wasser-Gott Pro-
teus sich auch habe in Feuer verwandeln
können. Denn jede Farbe für sich wäre nur
Stückwerck; die Vollkommenheit aber müste
hier und anderwerts alles in sich begreiffen.
Aus diesem Absehen hätte die Natur die Wie-
sen mit so vielfärbichten Blumen/ die Bäume
mit unter schiedenen Blüten/ Blättern und
Früchten/ die Vögel mit so seltzamen Federn/
die Hälse der Tauben/ die Schwäntze der
Pfauen/ und die Flügel der Fasanen mit so ver-
mengten Spiegeln/ den Regenbogen mit allen

Farben

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] kommenheit. Dahero ſich der frohe Tag/ und
die reinen Geſtirne in die weiſſe Farbe des Lich-
tes gekleidet haͤtten. Und in denen weiſſen
Blumen glaͤntzete die Milch ihrer unbefleckten
Mutter der Blumen-Goͤttin; welche ihr Be-
lieben an ſo reiner Farbe dardurch bezeigte:
daß auch die tunckelſten Pflantzen anfangs an
der Wurtzel oder Zwiebel weiß aus ſchluͤgen/
hernach gruͤnlicht-gelbe wuͤrden/ oder ferner in
mehr ſchattichte Farben ſich verſtellten. Die
gelben Blumen widerſprachen die Vollkom-
menheit der weiſſen. Denn ſie haͤtten nicht
einſt das Weſen einer Farbe/ ſondern ihr Licht
waͤre nur eine blancke Tafel/ darauf die Natur/
als die kuͤnſtlichſte Mahlerin/ mit ihrem Pinſel
ihre Schoͤnheiten ſtreichen ſolte. Dieſe haͤtte
in allen ihren Geheimnuͤſſen nichts kraͤfftigers
als den Schwefel/ welchem aller Farben Unter-
ſcheid zuzuſchreiben waͤre. Fuͤr ſich ſelbſt
aber behielt er die gelbe Farbe/ als die erſte und
vollkommenſte/ und eignete ſie denen herꝛlich-
ſten Geſchoͤpffen/ in der Erde dem Golde/ im
Himmel der Sonne zu. Daß alle weiſſe Kaͤu-
me der Pflantzen ſich meiſt anders faͤrbten/
waͤre ein unverneinliches Merckmaal ihrer
Unvollkom̃enheit; Weil die kluge Mutter der
Natur ja ihre Fruͤh-Geburten mit nichts
vollkommenerm/ als ihre zeitige Kinder aus-
putzen wuͤrde. Was im Lentzen weiß bluͤhe-
te/ im Sommer gruͤnete/ faͤrbte der reiffe
Herbſt ins gemein gelbe. Ja keine Narciſſe
oder andere weiſſe Blume waͤre faſt zu finden/
die nicht in ihrer Mitte zu ihrem Aufputze et-
was zu ihrem Schmucke entlehnte; und wie
die Danae ihr Gold in ihre Schoos regnen
ließe. Die rothen Blumen gaben denen gel-
ben zwar nach: daß ihr Gold die Bluͤte der
Schoͤnheit fuͤrſtellte; allein der Purper der
Roͤthe waͤre der koͤnigliche Glantz aller Far-
ben; woruͤber weder die Natur noch die
Kunſt mit ihrer Mahlerey zu ſteigen wuͤſte.
Durch dieſe prangte das Meer mit ſeinen
[Spaltenumbruch] Korallen und Purper-Schnecken; die Erde
mit ihren Rubinen; die Lufft mit ihrer Mor-
gen- und Abend-Roͤthe; ja die ſchoͤnſten un-
ter den Sternen waͤren die roͤtheſten. Wenn
Kunſt und Feuer das Ertzt zerfloͤßete/ und auf
ſeine hoͤchſte Staffel braͤchte/ naͤhme es nach
vielen Verwandlungen die Geſtalt eines ro-
then Loͤwen an. Eben dieſes wuͤrckten ſie in
den Blumen. Die weiſſe Schoͤnheit der
Narciſſen wuͤſte ihre innerliche Freude nicht
vollkommen auszudruͤcken/ und ihꝛe Anſchau-
er annehmlich genung anzulachen/ wenn
nicht ihre Milch ſich mit ihrem Schnecken-
Blute vermaͤhlte/ oder mit einer verſchaͤm-
ten Roͤthe ihre Unſchuld beſchirmete. Die
gelben Blumen aber beſaͤßen den lebhafften
Zinober mit Armuth; den die Natur mit
verſchwenderiſcher Hand uͤber ſie ausgeſtreu-
et/ und ſie durch dieſe eigenthuͤmliche Farbe
der Liebe aller Welt beliebt/ ja gegen ihrer
Flamme das Feuer gleichſam blaß und todt
gemacht haͤtte. Endlich ſtriechen die bundten
Blumen ihre Fuͤrtrefligkeit heraus; in denen
die Natur mehr herꝛliche Veꝛmiſchungen mach-
te/ als die reichſten Sprachen nicht zu neñen/ kei-
ne Seidenſtuͤcker nachzuwebẽ/ kein Apelles nach-
zumahlen/ ja weder Erde noch Meer gnungſam
und ſo hohe Farben her zu geben wuͤſten. Fuͤr-
nemlich aber waͤre an ihnen die Verſchwiſte-
rung der weiſſen und rothen Farbe mehr wun-
derns werth/ als daß der Waſſer-Gott Pro-
teus ſich auch habe in Feuer verwandeln
koͤnnen. Denn jede Farbe fuͤr ſich waͤre nur
Stuͤckwerck; die Vollkommenheit aber muͤſte
hier und anderwerts alles in ſich begreiffen.
Aus dieſem Abſehen haͤtte die Natur die Wie-
ſen mit ſo vielfaͤrbichten Blumen/ die Baͤume
mit unter ſchiedenen Bluͤten/ Blaͤttern und
Fruͤchten/ die Voͤgel mit ſo ſeltzamen Federn/
die Haͤlſe der Tauben/ die Schwaͤntze der
Pfauen/ und die Fluͤgel der Faſanen mit ſo veꝛ-
mengten Spiegeln/ den Regenbogen mit allen

Farben
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[1394[1396]/1462] Neuntes Buch kommenheit. Dahero ſich der frohe Tag/ und die reinen Geſtirne in die weiſſe Farbe des Lich- tes gekleidet haͤtten. Und in denen weiſſen Blumen glaͤntzete die Milch ihrer unbefleckten Mutter der Blumen-Goͤttin; welche ihr Be- lieben an ſo reiner Farbe dardurch bezeigte: daß auch die tunckelſten Pflantzen anfangs an der Wurtzel oder Zwiebel weiß aus ſchluͤgen/ hernach gruͤnlicht-gelbe wuͤrden/ oder ferner in mehr ſchattichte Farben ſich verſtellten. Die gelben Blumen widerſprachen die Vollkom- menheit der weiſſen. Denn ſie haͤtten nicht einſt das Weſen einer Farbe/ ſondern ihr Licht waͤre nur eine blancke Tafel/ darauf die Natur/ als die kuͤnſtlichſte Mahlerin/ mit ihrem Pinſel ihre Schoͤnheiten ſtreichen ſolte. Dieſe haͤtte in allen ihren Geheimnuͤſſen nichts kraͤfftigers als den Schwefel/ welchem aller Farben Unter- ſcheid zuzuſchreiben waͤre. Fuͤr ſich ſelbſt aber behielt er die gelbe Farbe/ als die erſte und vollkommenſte/ und eignete ſie denen herꝛlich- ſten Geſchoͤpffen/ in der Erde dem Golde/ im Himmel der Sonne zu. Daß alle weiſſe Kaͤu- me der Pflantzen ſich meiſt anders faͤrbten/ waͤre ein unverneinliches Merckmaal ihrer Unvollkom̃enheit; Weil die kluge Mutter der Natur ja ihre Fruͤh-Geburten mit nichts vollkommenerm/ als ihre zeitige Kinder aus- putzen wuͤrde. Was im Lentzen weiß bluͤhe- te/ im Sommer gruͤnete/ faͤrbte der reiffe Herbſt ins gemein gelbe. Ja keine Narciſſe oder andere weiſſe Blume waͤre faſt zu finden/ die nicht in ihrer Mitte zu ihrem Aufputze et- was zu ihrem Schmucke entlehnte; und wie die Danae ihr Gold in ihre Schoos regnen ließe. Die rothen Blumen gaben denen gel- ben zwar nach: daß ihr Gold die Bluͤte der Schoͤnheit fuͤrſtellte; allein der Purper der Roͤthe waͤre der koͤnigliche Glantz aller Far- ben; woruͤber weder die Natur noch die Kunſt mit ihrer Mahlerey zu ſteigen wuͤſte. Durch dieſe prangte das Meer mit ſeinen Korallen und Purper-Schnecken; die Erde mit ihren Rubinen; die Lufft mit ihrer Mor- gen- und Abend-Roͤthe; ja die ſchoͤnſten un- ter den Sternen waͤren die roͤtheſten. Wenn Kunſt und Feuer das Ertzt zerfloͤßete/ und auf ſeine hoͤchſte Staffel braͤchte/ naͤhme es nach vielen Verwandlungen die Geſtalt eines ro- then Loͤwen an. Eben dieſes wuͤrckten ſie in den Blumen. Die weiſſe Schoͤnheit der Narciſſen wuͤſte ihre innerliche Freude nicht vollkommen auszudruͤcken/ und ihꝛe Anſchau- er annehmlich genung anzulachen/ wenn nicht ihre Milch ſich mit ihrem Schnecken- Blute vermaͤhlte/ oder mit einer verſchaͤm- ten Roͤthe ihre Unſchuld beſchirmete. Die gelben Blumen aber beſaͤßen den lebhafften Zinober mit Armuth; den die Natur mit verſchwenderiſcher Hand uͤber ſie ausgeſtreu- et/ und ſie durch dieſe eigenthuͤmliche Farbe der Liebe aller Welt beliebt/ ja gegen ihrer Flamme das Feuer gleichſam blaß und todt gemacht haͤtte. Endlich ſtriechen die bundten Blumen ihre Fuͤrtrefligkeit heraus; in denen die Natur mehr herꝛliche Veꝛmiſchungen mach- te/ als die reichſten Sprachen nicht zu neñen/ kei- ne Seidenſtuͤcker nachzuwebẽ/ kein Apelles nach- zumahlen/ ja weder Erde noch Meer gnungſam und ſo hohe Farben her zu geben wuͤſten. Fuͤr- nemlich aber waͤre an ihnen die Verſchwiſte- rung der weiſſen und rothen Farbe mehr wun- derns werth/ als daß der Waſſer-Gott Pro- teus ſich auch habe in Feuer verwandeln koͤnnen. Denn jede Farbe fuͤr ſich waͤre nur Stuͤckwerck; die Vollkommenheit aber muͤſte hier und anderwerts alles in ſich begreiffen. Aus dieſem Abſehen haͤtte die Natur die Wie- ſen mit ſo vielfaͤrbichten Blumen/ die Baͤume mit unter ſchiedenen Bluͤten/ Blaͤttern und Fruͤchten/ die Voͤgel mit ſo ſeltzamen Federn/ die Haͤlſe der Tauben/ die Schwaͤntze der Pfauen/ und die Fluͤgel der Faſanen mit ſo veꝛ- mengten Spiegeln/ den Regenbogen mit allen Farben

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1394[1396]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1462>, abgerufen am 18.05.2024.