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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] len des Meeres/ die Rubinen der Schnecken/
noch alle andere Farben durch ihre Vermi-
schungen gegen ihr zulangten; zumal sie noch
alle Jahr neue Farben/ wie Africa neue
Wunder gebehre; sie hätte auch nichts an
ihr/ was nicht etwas göttliches wäre/ auser die
Sterbligkeit. Wiewohl es der meisten Blu-
men Eigenschafft wäre in einem Tage ein
Kind und ein altes Weib seyn; oder wenn
sie lange tauerten/ lägen sie heute in der Wie-
ge/ morgen kriegten sie Runtzeln/ übermorgen
würden sie zu Leichen. Der männliche Hya-
cinth lächelte hierüber/ und warff ein: Jhn
wunderte: daß der Narciß/ dessen Wesen in
nichts/ als im Wasser bestünde/ massen diß
vorher seine Mörderin gewest wäre/ und noch
immer seine Amme abgäbe/ oder auch die Tu-
lipane mit ihren vergänglichen Farben ihrer
Hoffart eine Farbe anstreichen wolte; da sie
doch selbte nicht übers andere Jahr ohne Hülf-
fe der Kunst unverändert zu behalten wüßte;
sondern endlich alle Vermischung in eine Bau-
er-Röthe oder Gelbe-Sucht abschüsse. Sie
wäre ein lebloses Gewächse. Denn eine
Blume ohne Geruch gleichte einem Leibe ohne
Seele. Bey trübem Himmel liesse sie den
Muth/ bey nassem Wetter das Haupt sincken/
bey der Hitze die geistlosen Blätter fallen.
Der Hyacinth hingegen prangte fast mit al-
lerhand Farben/ aber beständig. Er wiese sich
auf einem Bäthe wie Scharlach/ auf dem an-
dern wie Perlen. Bald bildete er mit seiner
Ascher-Farbe einen die Asche beseelenden Fe-
nix/ bald mit seinen Berg-blau als ein Archi-
medes den Himmel/ mit seiner Röthe die Wan-
gen der Liebe/ mit Vielheit seiner Blumen eine
fruchtbare Kinder-Mutter/ mit seinem Geru-
che das gantze wohlrüchende Arabien/ und eine
schier verschwenderische Wohlthäterin ab. Die
Phönicier hätten von seiner Farbe das Mu-
ster genommen aus Schnecken-Blute den
Königlichen Purper zu färben; die Agathyr-
[Spaltenumbruch] sen und die Periegeten in Jndien rühmten
sich die schönsten Leute in der Welt zu seyn/
weil ihr Haar denen unvergleichlichen Hya-
cinthen gleichte. Seine Gemeinschafft mit
der Sonne bestätige: daß sie ihn aus einem
ihr lieben Knaben in eine so holde Pflantze
verwandelt habe; ja die klaren Buchstaben
mit Königlichem Blute auf seinen Blättern:
daß er nichts minder ein König der Blumen/
als eine Geburt des verwundeten Ajax sey.
Die Königs-Krone warff sich hierauf für eine
Königin auf; sintemal diese Würde ihr nicht
allein die Höhe ihres Stengels/ der Purper
ihres Kleides/ das Gold seiner inwendigen 6. Zep-
ter/ sondern die gantze Welt durch den zugeei-
gneten Nahmen der Königlichen Krone zuerkennte.
Welcher Eigenschafft sie auch darmit abbilde-
te: daß sie in iedem Blate zwey perlene Hü-
gel hätte/ woraus sie bey Regen- und hellem
Wetter stets süsse Tropfen abthränete; zu ei-
nem nachdencklichen Merckmale: daß die Kro-
nen auch Quellen der Thränen wären. Alle
Hecken erkennten den Egyptischen Dorn-
Strauch für ihren König/ weil ihre Blätter sich
von der Zeit an wie Königs-Kräntze zusammen
wickelten; da die über dem Tode des Titho-
nus bestürtzten Mohren ihre Kräntze auf selbi-
gen Strauch geworffen hätten. Warumb
wolte man denn ihr die Ehre mißgönnen/ wor-
mit sie der Himmel beschenckt/ die Natur aus-
geschmückt hätte? Aber der güldene Sonnen-
Stengel meynte nichts minder unter
dem Geblüme/ als das grosse Welt-Auge unter
den Sternen die Ober-Stelle zu verdienen; der
Königs-Krone aber/ welche nach Knobloch und
Böcken stincke/ keinen Fuß breit zu enträumen.
Denn wäre sie eine Krone; so wäre er ein Zepter;
welches ein eigentlicher Merckmal der Herr-
schafft als jene wäre. Jupiter und Apollo be-
dienten sich dessen selbst im Himmel; und Aga-
memnon wäre von den Göttern selbst
damit beschencket worden. Das Sonnen-Auge

wolte
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] len des Meeres/ die Rubinen der Schnecken/
noch alle andere Farben durch ihre Vermi-
ſchungen gegen ihr zulangten; zumal ſie noch
alle Jahr neue Farben/ wie Africa neue
Wunder gebehre; ſie haͤtte auch nichts an
ihr/ was nicht etwas goͤttliches waͤre/ auſer die
Sterbligkeit. Wiewohl es der meiſten Blu-
men Eigenſchafft waͤre in einem Tage ein
Kind und ein altes Weib ſeyn; oder wenn
ſie lange tauerten/ laͤgen ſie heute in der Wie-
ge/ morgen kriegten ſie Runtzeln/ uͤbermorgen
wuͤrden ſie zu Leichen. Der maͤnnliche Hya-
cinth laͤchelte hieruͤber/ und warff ein: Jhn
wunderte: daß der Narciß/ deſſen Weſen in
nichts/ als im Waſſer beſtuͤnde/ maſſen diß
vorher ſeine Moͤrderin geweſt waͤre/ und noch
immer ſeine Amme abgaͤbe/ oder auch die Tu-
lipane mit ihren vergaͤnglichen Farben ihrer
Hoffart eine Farbe anſtreichen wolte; da ſie
doch ſelbte nicht uͤbers andere Jahr ohne Huͤlf-
fe der Kunſt unveraͤndert zu behalten wuͤßte;
ſondern endlich alle Vermiſchung in eine Bau-
er-Roͤthe oder Gelbe-Sucht abſchuͤſſe. Sie
waͤre ein lebloſes Gewaͤchſe. Denn eine
Blume ohne Geruch gleichte einem Leibe ohne
Seele. Bey truͤbem Himmel lieſſe ſie den
Muth/ bey naſſem Wetter das Haupt ſincken/
bey der Hitze die geiſtloſen Blaͤtter fallen.
Der Hyacinth hingegen prangte faſt mit al-
lerhand Farben/ aber beſtaͤndig. Er wieſe ſich
auf einem Baͤthe wie Scharlach/ auf dem an-
dern wie Perlen. Bald bildete er mit ſeiner
Aſcher-Farbe einen die Aſche beſeelenden Fe-
nix/ bald mit ſeinẽ Berg-blau als ein Archi-
medes den Himmel/ mit ſeineꝛ Roͤthe die Wan-
gen der Liebe/ mit Vielheit ſeiner Blumen eine
fruchtbare Kinder-Mutter/ mit ſeinem Geru-
che das gantze wohlruͤchende Arabien/ und eine
ſchier verſchwenderiſche Wohlthaͤterin ab. Die
Phoͤnicier haͤtten von ſeiner Farbe das Mu-
ſter genommen aus Schnecken-Blute den
Koͤniglichen Purper zu faͤrben; die Agathyr-
[Spaltenumbruch] ſen und die Periegeten in Jndien ruͤhmten
ſich die ſchoͤnſten Leute in der Welt zu ſeyn/
weil ihr Haar denen unvergleichlichen Hya-
cinthen gleichte. Seine Gemeinſchafft mit
der Sonne beſtaͤtige: daß ſie ihn aus einem
ihr lieben Knaben in eine ſo holde Pflantze
verwandelt habe; ja die klaren Buchſtaben
mit Koͤniglichem Blute auf ſeinen Blaͤttern:
daß er nichts minder ein Koͤnig der Blumen/
als eine Geburt des verwundeten Ajax ſey.
Die Koͤnigs-Krone warff ſich hierauf fuͤr eine
Koͤnigin auf; ſintemal dieſe Wuͤrde ihr nicht
allein die Hoͤhe ihres Stengels/ der Purper
ihres Kleides/ das Gold ſeiner inwendigẽ 6. Zep-
ter/ ſondern die gantze Welt durch den zugeei-
gnetẽ Nahmẽ der Koͤniglichen Krone zuerkennte.
Welcher Eigenſchafft ſie auch darmit abbilde-
te: daß ſie in iedem Blate zwey perlene Huͤ-
gel haͤtte/ woraus ſie bey Regen- und hellem
Wetter ſtets ſuͤſſe Tropfen abthraͤnete; zu ei-
nem nachdencklichen Merckmale: daß die Kro-
nen auch Quellen der Thraͤnen waͤren. Alle
Hecken erkennten den Egyptiſchen Dorn-
Strauch fuͤr ihren Koͤnig/ weil ihre Blaͤtter ſich
von der Zeit an wie Koͤnigs-Kraͤntze zuſammen
wickelten; da die uͤber dem Tode des Titho-
nus beſtuͤrtzten Mohren ihre Kraͤntze auf ſelbi-
gen Strauch geworffen haͤtten. Warumb
wolte man denn ihr die Ehre mißgoͤnnen/ wor-
mit ſie der Himmel beſchenckt/ die Natur aus-
geſchmuͤckt haͤtte? Aber der guͤldene Sonnen-
Stengel meynte nichts minder unter
dem Gebluͤme/ als das groſſe Welt-Auge unter
den Sternen die Ober-Stelle zu verdienen; deꝛ
Koͤnigs-Krone aber/ welche nach Knobloch und
Boͤcken ſtincke/ keinen Fuß breit zu entraͤumen.
Denn waͤre ſie eine Krone; ſo waͤre er ein Zepter;
welches ein eigentlicher Merckmal der Herr-
ſchafft als jene waͤre. Jupiter und Apollo be-
dienten ſich deſſen ſelbſt im Himmel; und Aga-
memnon waͤre von den Goͤttern ſelbſt
damit beſchencket worden. Das Sonnen-Auge

wolte
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[1387[1389]/1455] Arminius und Thußnelda. len des Meeres/ die Rubinen der Schnecken/ noch alle andere Farben durch ihre Vermi- ſchungen gegen ihr zulangten; zumal ſie noch alle Jahr neue Farben/ wie Africa neue Wunder gebehre; ſie haͤtte auch nichts an ihr/ was nicht etwas goͤttliches waͤre/ auſer die Sterbligkeit. Wiewohl es der meiſten Blu- men Eigenſchafft waͤre in einem Tage ein Kind und ein altes Weib ſeyn; oder wenn ſie lange tauerten/ laͤgen ſie heute in der Wie- ge/ morgen kriegten ſie Runtzeln/ uͤbermorgen wuͤrden ſie zu Leichen. Der maͤnnliche Hya- cinth laͤchelte hieruͤber/ und warff ein: Jhn wunderte: daß der Narciß/ deſſen Weſen in nichts/ als im Waſſer beſtuͤnde/ maſſen diß vorher ſeine Moͤrderin geweſt waͤre/ und noch immer ſeine Amme abgaͤbe/ oder auch die Tu- lipane mit ihren vergaͤnglichen Farben ihrer Hoffart eine Farbe anſtreichen wolte; da ſie doch ſelbte nicht uͤbers andere Jahr ohne Huͤlf- fe der Kunſt unveraͤndert zu behalten wuͤßte; ſondern endlich alle Vermiſchung in eine Bau- er-Roͤthe oder Gelbe-Sucht abſchuͤſſe. Sie waͤre ein lebloſes Gewaͤchſe. Denn eine Blume ohne Geruch gleichte einem Leibe ohne Seele. Bey truͤbem Himmel lieſſe ſie den Muth/ bey naſſem Wetter das Haupt ſincken/ bey der Hitze die geiſtloſen Blaͤtter fallen. Der Hyacinth hingegen prangte faſt mit al- lerhand Farben/ aber beſtaͤndig. Er wieſe ſich auf einem Baͤthe wie Scharlach/ auf dem an- dern wie Perlen. Bald bildete er mit ſeiner Aſcher-Farbe einen die Aſche beſeelenden Fe- nix/ bald mit ſeinẽ Berg-blau als ein Archi- medes den Himmel/ mit ſeineꝛ Roͤthe die Wan- gen der Liebe/ mit Vielheit ſeiner Blumen eine fruchtbare Kinder-Mutter/ mit ſeinem Geru- che das gantze wohlruͤchende Arabien/ und eine ſchier verſchwenderiſche Wohlthaͤterin ab. Die Phoͤnicier haͤtten von ſeiner Farbe das Mu- ſter genommen aus Schnecken-Blute den Koͤniglichen Purper zu faͤrben; die Agathyr- ſen und die Periegeten in Jndien ruͤhmten ſich die ſchoͤnſten Leute in der Welt zu ſeyn/ weil ihr Haar denen unvergleichlichen Hya- cinthen gleichte. Seine Gemeinſchafft mit der Sonne beſtaͤtige: daß ſie ihn aus einem ihr lieben Knaben in eine ſo holde Pflantze verwandelt habe; ja die klaren Buchſtaben mit Koͤniglichem Blute auf ſeinen Blaͤttern: daß er nichts minder ein Koͤnig der Blumen/ als eine Geburt des verwundeten Ajax ſey. Die Koͤnigs-Krone warff ſich hierauf fuͤr eine Koͤnigin auf; ſintemal dieſe Wuͤrde ihr nicht allein die Hoͤhe ihres Stengels/ der Purper ihres Kleides/ das Gold ſeiner inwendigẽ 6. Zep- ter/ ſondern die gantze Welt durch den zugeei- gnetẽ Nahmẽ der Koͤniglichen Krone zuerkennte. Welcher Eigenſchafft ſie auch darmit abbilde- te: daß ſie in iedem Blate zwey perlene Huͤ- gel haͤtte/ woraus ſie bey Regen- und hellem Wetter ſtets ſuͤſſe Tropfen abthraͤnete; zu ei- nem nachdencklichen Merckmale: daß die Kro- nen auch Quellen der Thraͤnen waͤren. Alle Hecken erkennten den Egyptiſchen Dorn- Strauch fuͤr ihren Koͤnig/ weil ihre Blaͤtter ſich von der Zeit an wie Koͤnigs-Kraͤntze zuſammen wickelten; da die uͤber dem Tode des Titho- nus beſtuͤrtzten Mohren ihre Kraͤntze auf ſelbi- gen Strauch geworffen haͤtten. Warumb wolte man denn ihr die Ehre mißgoͤnnen/ wor- mit ſie der Himmel beſchenckt/ die Natur aus- geſchmuͤckt haͤtte? Aber der guͤldene Sonnen- Stengel meynte nichts minder unter dem Gebluͤme/ als das groſſe Welt-Auge unter den Sternen die Ober-Stelle zu verdienen; deꝛ Koͤnigs-Krone aber/ welche nach Knobloch und Boͤcken ſtincke/ keinen Fuß breit zu entraͤumen. Denn waͤre ſie eine Krone; ſo waͤre er ein Zepter; welches ein eigentlicher Merckmal der Herr- ſchafft als jene waͤre. Jupiter und Apollo be- dienten ſich deſſen ſelbſt im Himmel; und Aga- memnon waͤre von den Goͤttern ſelbſt damit beſchencket worden. Das Sonnen-Auge wolte N n n n n n n n 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1387[1389]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1455>, abgerufen am 18.05.2024.