Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
diesen/ als sie neben einander vorbey jagten/ mitKarten-Disteln/ dieser auf jenen aber mit Gra- nat- und andern Aepfeln warff. Jhre Blu- men traffen auch von Gliede zu Gliede auf einander/ und zwar warff iede Blume mit ei- nem Püschel Blumen auf seinen Feind/ wel- che alle ihrer Farbe waren/ nemlich die weissen mit weissen/ die rothen mit rothen und so fort. Sie verwechselten aber ihre Glieder deroge- stalt: daß allemal zweyerley Farben Blu- men gegen einander fochten/ und also durch solche Vermischung so wohl der Blumen an sich selbst/ als ihrer unschädlichen Kugeln/ die Augen sich überaus erlustigten. Auf gleiche Weise traten nun auch bald der Sommer und Winter gegen einander. Des Som- mers Geschoß waren Schwämme/ des Winters die so genanten Schnee-Ball- Blumen. Und folgten beyder Zeiten Blumwerck mit gleichmässigem Gefech- te. Wie sich nun iedes Theil nach ein- ander herumb schwang/ fielen der Frühling und Sommer/ der Herbst und Winter/ das dritte mal der Frühling und Winter/ der Sommer und Herbst mit denen nachfolgenden Blumen einander an. Diesen Kampf aber unterbrach die Blumen-Göttin mit ihrem nichts minder lieblichen Gesange/ als anmuthigem Antlitze; darinnen sie denen Jahres-Zeiten zu verstehen gab: daß ehe einer ieden Zeit Blumen mit frem- den umb den Vorzug kämpften; sie unter sich selbst einen König erwehlen solten. Diese Anweisung erregte unter denen Blumen einen vierfachen bürgerlichen Krieg; indem keine Zeit-Blume so klein oder niedrig war; die ihr durch eine ehrsüchtige Heucheley nicht wie der Schnee-König für dem Adler ein Vor- Recht zueignete. Unter denen Frühlings- Blumen trug das Haupt überaus empor die zweyfache Anemone. Die Chalcedonische rühmte sich: Sie wäre aus dem Schnecken- [Spaltenumbruch] Blute des Adon; die blassere: Sie wäre von denen Thränen-Perlen der Venus ent- sprossen; sie prangte nicht nur mit dem Kö- niglichen Purper/ sondern mit allen andern hohen Farben. Sie beschämte mit ihren Spiegeln die Pfauen-Schwäntze; ja man hätte ihr auch fürlängst den Königlichen Titul beygelegt. Vom linden West-Wind wäre sie für seine Braut erkieset worden/ dem sie nur die Liebe thäte: daß sie bey seiner Ankunft sich öffnete/ sonst aber als ein Bild der Keusch- heit sich verschlossen hielte. Andere Blumen wären auch nur Kinder einer einigen Jahres- Zeit/ sie aber blühete nach dem Unterschiede ihrer eingesetzten Zwiebel im Frühlinge/ im Sommer/ im Herbst/ ja gar im Winter. Der Anemone both der Narciß-Stengel männlich die Stirne/ anführende: Er wäre aus dem schönsten Jünglinge der Welt in eine nicht heßlichere Blume verwandelt. Wie er in der ersten Gestalt aus einem eyß - kalten Brunnen eine übermässige Flamme der Selbst-Liebe geschöpft hätte/ also könte kein Auge seinen belebten Schnee anschauen/ das nicht gegen ihn entzündet würde. Die Na- tur hätte ihn nicht ohne Ursache mit einem so ausgestreckten Kamel-Halse begabet; wor- mit er die andern Blumen gleichsam als sei- ne Unterthanen übersehen könte. Er zählte/ wie fast alle andere/ seine Blumen nicht einze- lich; sondern er hätte auch solche Stengel/ welcher iede der neun Musen mit einer Nar- cisse deschencken könte. Diesem widersetzte sich aufs eifrigste die Tulipane mit dem Ein- halte: Andere Blumen möchten sich mit einer ertichteten Todten-Farbe seltzamer Ver- wandlungen schmücken; sie hätte die künst- lichste Mahlerin die Natur mit mehr als zwey- hunderterley Farben ausgeputzt/ also: daß we- der das Gold der Sterne/ der Saphier des Himmels/ der Schmaragd der Erde/ die Per- len
Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
dieſen/ als ſie neben einander vorbey jagten/ mitKarten-Diſteln/ dieſer auf jenen aber mit Gra- nat- und andern Aepfeln warff. Jhre Blu- men traffen auch von Gliede zu Gliede auf einander/ und zwar warff iede Blume mit ei- nem Puͤſchel Blumen auf ſeinen Feind/ wel- che alle ihrer Farbe waren/ nemlich die weiſſen mit weiſſen/ die rothen mit rothen und ſo fort. Sie verwechſelten aber ihre Glieder deroge- ſtalt: daß allemal zweyerley Farben Blu- men gegen einander fochten/ und alſo durch ſolche Vermiſchung ſo wohl der Blumen an ſich ſelbſt/ als ihrer unſchaͤdlichen Kugeln/ die Augen ſich uͤberaus erluſtigten. Auf gleiche Weiſe traten nun auch bald der Sommer und Winter gegen einander. Des Som- mers Geſchoß waren Schwaͤmme/ des Winters die ſo genanten Schnee-Ball- Blumen. Und folgten beyder Zeiten Blumwerck mit gleichmaͤſſigem Gefech- te. Wie ſich nun iedes Theil nach ein- ander herumb ſchwang/ fielen der Fruͤhling und Sommer/ der Herbſt und Winter/ das dritte mal der Fruͤhling und Winter/ der Sommer und Herbſt mit denen nachfolgenden Blumen einander an. Dieſen Kampf aber unterbrach die Blumen-Goͤttin mit ihrem nichts minder lieblichen Geſange/ als anmuthigem Antlitze; darinnen ſie denen Jahres-Zeiten zu verſtehen gab: daß ehe einer ieden Zeit Blumen mit frem- den umb den Vorzug kaͤmpften; ſie unter ſich ſelbſt einen Koͤnig erwehlen ſolten. Dieſe Anweiſung erregte unter denen Blumen einen vierfachen buͤrgerlichen Krieg; indem keine Zeit-Blume ſo klein oder niedrig war; die ihr durch eine ehrſuͤchtige Heucheley nicht wie der Schnee-Koͤnig fuͤr dem Adler ein Vor- Recht zueignete. Unter denen Fruͤhlings- Blumen trug das Haupt uͤberaus empor die zweyfache Anemone. Die Chalcedoniſche ruͤhmte ſich: Sie waͤre aus dem Schnecken- [Spaltenumbruch] Blute des Adon; die blaſſere: Sie waͤre von denen Thraͤnen-Perlen der Venus ent- ſproſſen; ſie prangte nicht nur mit dem Koͤ- niglichen Purper/ ſondern mit allen andern hohen Farben. Sie beſchaͤmte mit ihren Spiegeln die Pfauen-Schwaͤntze; ja man haͤtte ihr auch fuͤrlaͤngſt den Koͤniglichen Titul beygelegt. Vom linden Weſt-Wind waͤre ſie fuͤr ſeine Braut erkieſet worden/ dem ſie nur die Liebe thaͤte: daß ſie bey ſeiner Ankunft ſich oͤffnete/ ſonſt aber als ein Bild der Keuſch- heit ſich verſchloſſen hielte. Andere Blumen waͤren auch nur Kinder einer einigen Jahres- Zeit/ ſie aber bluͤhete nach dem Unterſchiede ihrer eingeſetzten Zwiebel im Fruͤhlinge/ im Sommer/ im Herbſt/ ja gar im Winter. Der Anemone both der Narciß-Stengel maͤnnlich die Stirne/ anfuͤhrende: Er waͤre aus dem ſchoͤnſten Juͤnglinge der Welt in eine nicht heßlichere Blume verwandelt. Wie er in der erſten Geſtalt aus einem eyß - kalten Brunnen eine uͤbermaͤſſige Flamme der Selbſt-Liebe geſchoͤpft haͤtte/ alſo koͤnte kein Auge ſeinen belebten Schnee anſchauen/ das nicht gegen ihn entzuͤndet wuͤrde. Die Na- tur haͤtte ihn nicht ohne Urſache mit einem ſo ausgeſtreckten Kamel-Halſe begabet; wor- mit er die andern Blumen gleichſam als ſei- ne Unterthanen uͤberſehen koͤnte. Er zaͤhlte/ wie faſt alle andere/ ſeine Blumen nicht einze- lich; ſondern er haͤtte auch ſolche Stengel/ welcher iede der neun Muſen mit einer Nar- ciſſe deſchencken koͤnte. Dieſem widerſetzte ſich aufs eifrigſte die Tulipane mit dem Ein- halte: Andere Blumen moͤchten ſich mit einer ertichteten Todten-Farbe ſeltzamer Ver- wandlungen ſchmuͤcken; ſie haͤtte die kuͤnſt- lichſte Mahlerin die Natur mit mehr als zwey- hunderterley Farben ausgeputzt/ alſo: daß we- der das Gold der Sterne/ der Saphier des Himmels/ der Schmaragd der Erde/ die Per- len
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Neuntes Buch
dieſen/ als ſie neben einander vorbey jagten/ mit
Karten-Diſteln/ dieſer auf jenen aber mit Gra-
nat- und andern Aepfeln warff. Jhre Blu-
men traffen auch von Gliede zu Gliede auf
einander/ und zwar warff iede Blume mit ei-
nem Puͤſchel Blumen auf ſeinen Feind/ wel-
che alle ihrer Farbe waren/ nemlich die weiſſen
mit weiſſen/ die rothen mit rothen und ſo fort.
Sie verwechſelten aber ihre Glieder deroge-
ſtalt: daß allemal zweyerley Farben Blu-
men gegen einander fochten/ und alſo durch
ſolche Vermiſchung ſo wohl der Blumen an
ſich ſelbſt/ als ihrer unſchaͤdlichen Kugeln/ die
Augen ſich uͤberaus erluſtigten. Auf gleiche
Weiſe traten nun auch bald der Sommer
und Winter gegen einander. Des Som-
mers Geſchoß waren Schwaͤmme/ des
Winters die ſo genanten Schnee-Ball-
Blumen. Und folgten beyder Zeiten
Blumwerck mit gleichmaͤſſigem Gefech-
te. Wie ſich nun iedes Theil nach ein-
ander herumb ſchwang/ fielen der Fruͤhling und
Sommer/ der Herbſt und Winter/ das dritte
mal der Fruͤhling und Winter/ der Sommer
und Herbſt mit denen nachfolgenden Blumen
einander an. Dieſen Kampf aber unterbrach
die Blumen-Goͤttin mit ihrem nichts minder
lieblichen Geſange/ als anmuthigem Antlitze;
darinnen ſie denen Jahres-Zeiten zu verſtehen
gab: daß ehe einer ieden Zeit Blumen mit frem-
den umb den Vorzug kaͤmpften; ſie unter ſich
ſelbſt einen Koͤnig erwehlen ſolten. Dieſe
Anweiſung erregte unter denen Blumen einen
vierfachen buͤrgerlichen Krieg; indem keine
Zeit-Blume ſo klein oder niedrig war; die
ihr durch eine ehrſuͤchtige Heucheley nicht wie
der Schnee-Koͤnig fuͤr dem Adler ein Vor-
Recht zueignete. Unter denen Fruͤhlings-
Blumen trug das Haupt uͤberaus empor die
zweyfache Anemone. Die Chalcedoniſche
ruͤhmte ſich: Sie waͤre aus dem Schnecken-
Blute des Adon; die blaſſere: Sie waͤre
von denen Thraͤnen-Perlen der Venus ent-
ſproſſen; ſie prangte nicht nur mit dem Koͤ-
niglichen Purper/ ſondern mit allen andern
hohen Farben. Sie beſchaͤmte mit ihren
Spiegeln die Pfauen-Schwaͤntze; ja man
haͤtte ihr auch fuͤrlaͤngſt den Koͤniglichen Titul
beygelegt. Vom linden Weſt-Wind waͤre
ſie fuͤr ſeine Braut erkieſet worden/ dem ſie
nur die Liebe thaͤte: daß ſie bey ſeiner Ankunft
ſich oͤffnete/ ſonſt aber als ein Bild der Keuſch-
heit ſich verſchloſſen hielte. Andere Blumen
waͤren auch nur Kinder einer einigen Jahres-
Zeit/ ſie aber bluͤhete nach dem Unterſchiede
ihrer eingeſetzten Zwiebel im Fruͤhlinge/ im
Sommer/ im Herbſt/ ja gar im Winter. Der
Anemone both der Narciß-Stengel maͤnnlich
die Stirne/ anfuͤhrende: Er waͤre aus dem
ſchoͤnſten Juͤnglinge der Welt in eine nicht
heßlichere Blume verwandelt. Wie er in
der erſten Geſtalt aus einem eyß - kalten
Brunnen eine uͤbermaͤſſige Flamme der
Selbſt-Liebe geſchoͤpft haͤtte/ alſo koͤnte kein
Auge ſeinen belebten Schnee anſchauen/ das
nicht gegen ihn entzuͤndet wuͤrde. Die Na-
tur haͤtte ihn nicht ohne Urſache mit einem
ſo ausgeſtreckten Kamel-Halſe begabet; wor-
mit er die andern Blumen gleichſam als ſei-
ne Unterthanen uͤberſehen koͤnte. Er zaͤhlte/
wie faſt alle andere/ ſeine Blumen nicht einze-
lich; ſondern er haͤtte auch ſolche Stengel/
welcher iede der neun Muſen mit einer Nar-
ciſſe deſchencken koͤnte. Dieſem widerſetzte
ſich aufs eifrigſte die Tulipane mit dem Ein-
halte: Andere Blumen moͤchten ſich mit einer
ertichteten Todten-Farbe ſeltzamer Ver-
wandlungen ſchmuͤcken; ſie haͤtte die kuͤnſt-
lichſte Mahlerin die Natur mit mehr als zwey-
hunderterley Farben ausgeputzt/ alſo: daß we-
der das Gold der Sterne/ der Saphier des
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1386[1388]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1454>, abgerufen am 17.07.2024. |