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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] und noch weiche Ambra uns ärger/ als ein Aaß
anstincket/ ob schon mit der Zeit dieser alles süsse
Rauchwerck Arabiens im Geruche/ jene alle
Wollüste der Welt an Süßigkeit übertrifft.
Diesemnach denn die Alironische Anweiserin-
nen/ welche allzuwol verstehen: daß heilsam
und bitter nicht einerley sey/ und die Wermuth
viel eine andere Würckung/ als Gifft habe/ alle
ihre heilsame Artzneyen/ besonders anfangs mit
wolrüchendem Bisam und Zucker anmachen;
und die Tugend zwar nicht als ein geiles Kebs-
Weib/ doch auch nicht als eine Betlerin; son-
dern mit einem anständigen Schmucke/ und
ohne Knechtische Fessel fürstellen. Bey diesem
Grunde verschmehen sie dieselben Mißgebur-
ten der Weisen/ welche den Betler-Stab und
die Tasche für ihr Eigenthum halten/ und
gleichwol unter ihren zerrissenen Lumpen mehr
Ehrsucht/ als andere unter Goldstücke und
Purper verbergen; welche ihren Begierden
den Zügel schüssen lassen/ und dennoch Liebe/
Freude/ Haß/ Furcht und andere Gemüths-
Regungen als abscheuliche Ungeheuer ver-
dammen; Gleich als wenn diese die Ver-
nunfft versinsterten/ den Leib schwächten/ und
den Menschen öffter/ als Feber und Wasser-
sucht tödteten. Viel glimpflicher aber urtheil-
te der Alironien Weißheit hiervon; welche we-
der den Leib mit übriger Strengigkeit quälet/
noch das Gemüthe in Eisen schleust. Denn sie
gönnet der Natur ihre Ergetzligkeit/ wie den
heilsamen Kräutern ihre Zlerde und Geruch;
sie enthenget dem Gemüthe seine Erleichte-
rung/ und machet den Menschen durch Be-
raubung aller Zuneigungen zu keinem todten
Klotze oder Steine. Die Königin Erato fiel
Asblasten/ als selbte ohne diß etwas Athem
schöpffte/ mit diesem höflichen Einwurffe ein:
Jch kan nicht leugnen: daß ich zum Theil ein
Lehrling der Stoischen Weltweisen gewest sey/
welche diese Regungen für Kranckheiten des
Gemüths halten/ und/ weil auch die schlechtern
[Spaltenumbruch] Schwachheiten eben so wenig aufhören ein U-
bel/ als das kleinere Ungeziefer schädlich zu
seyn/ dünckt mich also thulicher zu seyn/ selbte gar
zu vertilgen/ nicht aber mit selbten so sanffte/ als
mit denen Feuchtigkeiten des Leibes/ welche e-
ben so wol als das Geblüte ein Oel des Lebens
sind/ umzugehen. Asblaste antwortete: Es
wären zwar gewisse Kranckheiten/ welche
mehr der Gesundheit zu statten kämen/ als ihr
schadeten/ nichts minder als das gifftige Gestir-
ne des höchsten Jrrsternes in der Welt viel heil-
sames würckte. Gleichwol wolte sie ihr und
ihren Lehrern recht geben; wenn ihr Grund:
daß alle Neigungen Kranckheiten wären/ nicht
auf schlüpfrigem Grunde bestünde; Sie wä-
ren aber diß weder nach ihrem Uhrsprunge/
noch nach ihrem Wesen. Denn die Natur wä-
re gegen ihr liebstes Kind den Menschen eine
viel zu gütige Mutter: daß sie ihm eitel Kranck-
heiten der Seele solle eingepflantzt haben. Jhre
Eigenschafft würde nur zufälliger Weise ver-
terbet/ und wie der süsseste Wein in schärffsten
Eßig verwandelt. Denn wer wolte glauben:
daß sie so viel ärger/ als die Galle der Drachen;
die Gifftbläßlein der Nattern/ als Napel und
andere zwar zum Theil schädliche/ iedoch auch
sehr nutzbare Dinge wären. Diese Neigun-
gen stiffteten mehrmahls tausend Ubel/ fräfsen
gantze Städte/ äscherten die halbe Welt ein.
Dieses aber wären Würckungen ihres Miß-
brauchs/ nicht ihrer Natur. Die Sonne das
Hertze der Welt/ welche alles lebhafft macht/
würde derogestalt eben so verdammlich/ und
mit den Mohren zu verfluchen seyn/ weil sie
mit ihrer Hitze eben so wol Kröten/ als Schwa-
nen beseelte; nichts minder die heilsamen/ als
die Schwantz-Sterne erleuchtete; und mit
eben der Wärmbde/ welche Oel und Granat-
Aepffel zeuget/ Ungeheuer heckete. Das so
nützliche Feuer/ daß das Ertzt gleichsam zum
andern mahl gebieret/ das unvollkommene aus-
kochet/ und die andere Sonne der meisten

Hand-

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] und noch weiche Ambra uns aͤrger/ als ein Aaß
anſtincket/ ob ſchon mit der Zeit dieſer alles ſuͤſſe
Rauchwerck Arabiens im Geruche/ jene alle
Wolluͤſte der Welt an Suͤßigkeit uͤbertrifft.
Dieſemnach denn die Alironiſche Anweiſerin-
nen/ welche allzuwol verſtehen: daß heilſam
und bitter nicht einerley ſey/ und die Wermuth
viel eine andere Wuͤrckung/ als Gifft habe/ alle
ihre heilſame Artzneyen/ beſonders anfangs mit
wolruͤchendem Biſam und Zucker anmachen;
und die Tugend zwar nicht als ein geiles Kebs-
Weib/ doch auch nicht als eine Betlerin; ſon-
dern mit einem anſtaͤndigen Schmucke/ und
ohne Knechtiſche Feſſel fuͤrſtellen. Bey dieſem
Grunde verſchmehen ſie dieſelben Mißgebur-
ten der Weiſen/ welche den Betler-Stab und
die Taſche fuͤr ihr Eigenthum halten/ und
gleichwol unter ihren zerriſſenen Lumpen mehr
Ehrſucht/ als andere unter Goldſtuͤcke und
Purper verbergen; welche ihren Begierden
den Zuͤgel ſchuͤſſen laſſen/ und dennoch Liebe/
Freude/ Haß/ Furcht und andere Gemuͤths-
Regungen als abſcheuliche Ungeheuer ver-
dammen; Gleich als wenn dieſe die Ver-
nunfft verſinſterten/ den Leib ſchwaͤchten/ und
den Menſchen oͤffter/ als Feber und Waſſer-
ſucht toͤdteten. Viel glimpflicher aber urtheil-
te der Alironien Weißheit hiervon; welche we-
der den Leib mit uͤbriger Strengigkeit quaͤlet/
noch das Gemuͤthe in Eiſen ſchleuſt. Denn ſie
goͤnnet der Natur ihre Ergetzligkeit/ wie den
heilſamen Kraͤutern ihre Zlerde und Geruch;
ſie enthenget dem Gemuͤthe ſeine Erleichte-
rung/ und machet den Menſchen durch Be-
raubung aller Zuneigungen zu keinem todten
Klotze oder Steine. Die Koͤnigin Erato fiel
Asblaſten/ als ſelbte ohne diß etwas Athem
ſchoͤpffte/ mit dieſem hoͤflichen Einwurffe ein:
Jch kan nicht leugnen: daß ich zum Theil ein
Lehrling der Stoiſchen Weltweiſen geweſt ſey/
welche dieſe Regungen fuͤr Kranckheiten des
Gemuͤths halten/ und/ weil auch die ſchlechtern
[Spaltenumbruch] Schwachheiten eben ſo wenig aufhoͤren ein U-
bel/ als das kleinere Ungeziefer ſchaͤdlich zu
ſeyn/ duͤnckt mich alſo thulicheꝛ zu ſeyn/ ſelbte gaꝛ
zu vertilgen/ nicht aber mit ſelbten ſo ſanffte/ als
mit denen Feuchtigkeiten des Leibes/ welche e-
ben ſo wol als das Gebluͤte ein Oel des Lebens
ſind/ umzugehen. Asblaſte antwortete: Es
waͤren zwar gewiſſe Kranckheiten/ welche
mehr der Geſundheit zu ſtatten kaͤmen/ als ihr
ſchadeten/ nichts minder als das gifftige Geſtir-
ne des hoͤchſten Jrrſternes in der Welt viel heil-
ſames wuͤrckte. Gleichwol wolte ſie ihr und
ihren Lehrern recht geben; wenn ihr Grund:
daß alle Neigungen Kranckheiten waͤren/ nicht
auf ſchluͤpfrigem Grunde beſtuͤnde; Sie waͤ-
ren aber diß weder nach ihrem Uhrſprunge/
noch nach ihrem Weſen. Denn die Natur waͤ-
re gegen ihr liebſtes Kind den Menſchen eine
viel zu guͤtige Mutter: daß ſie ihm eitel Kranck-
heiten der Seele ſolle eingepflantzt haben. Jhre
Eigenſchafft wuͤrde nur zufaͤlliger Weiſe ver-
terbet/ und wie der ſuͤſſeſte Wein in ſchaͤrffſten
Eßig verwandelt. Denn wer wolte glauben:
daß ſie ſo viel aͤrger/ als die Galle der Drachen;
die Gifftblaͤßlein der Nattern/ als Napel und
andere zwar zum Theil ſchaͤdliche/ iedoch auch
ſehr nutzbare Dinge waͤren. Dieſe Neigun-
gen ſtiffteten mehrmahls tauſend Ubel/ fraͤfſen
gantze Staͤdte/ aͤſcherten die halbe Welt ein.
Dieſes aber waͤren Wuͤrckungen ihres Miß-
brauchs/ nicht ihrer Natur. Die Sonne das
Hertze der Welt/ welche alles lebhafft macht/
wuͤrde derogeſtalt eben ſo verdammlich/ und
mit den Mohren zu verfluchen ſeyn/ weil ſie
mit ihrer Hitze eben ſo wol Kroͤten/ als Schwa-
nen beſeelte; nichts minder die heilſamen/ als
die Schwantz-Sterne erleuchtete; und mit
eben der Waͤrmbde/ welche Oel und Granat-
Aepffel zeuget/ Ungeheuer heckete. Das ſo
nuͤtzliche Feuer/ daß das Ertzt gleichſam zum
andern mahl gebieret/ das unvollkommene aus-
kochet/ und die andere Sonne der meiſten

Hand-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1344[1346]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1412>, abgerufen am 06.05.2024.