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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] dem dritten Theile der Hermundurer versetzt;
also: daß Segesthes eine Stunde lang verge-
bens heraus zu kommen sich mühte/ als inzwi-
schen die Cherusker die Gallier abschlachteten/
Jubil aber die Cassuarier im Läger in Verwir-
rung/ hernach in die Flucht brachte. Bey an-
brechendem Tage brach Segesthes durch das
andere Thor mit zweytausend Mann heraus;
aber Hertzog Herrmann setzte ihm nicht allein
seinen Hinterhalt entgegen; sondern/ weil die
Gallier ohne diß schon meistentheils aufgeopf-
fert waren/ und der Ritter Stirum mit sechs-
hundert Cheruskern und einer daselbst gemach-
ten Wagenburg das andere Thor genungsam
einschloß/ gieng er mit fünffhundert Pferden
gleichfalls dem Segesthes entgegen; welcher
von Wein und Rache erhitzet mehr verzweiffelt/
als tapffer fochte/ auch bey Erblickung Hertzog
Herrmanns gegen ihn sich so weit herfür zück-
te: daß nach dem dieser seinen Wurffspieß be-
hutsam versetzt/ und ihm das Pferd durch einen
Schwerdtstreich in Hals getödtet hatte/ Sege-
sthes/ ungeachtet der Cassuarier ruhmwür diger
Gegenwehr/ vom Ritter Bodenstein gefangen;
und hierauff die Cassuarier in die Flucht ge-
bracht wurden. Wie nun diese in die Stadt
sich flüchteten/ Hertzog Herrmann aber mit sei-
nen Cheruskern sich mit ihnen so vermengte:
daß es unmöglich war für dieser ein dringenden
Gewalt das Thor zu sperren; also drang Her-
tzog Jubil nach gantz überwundenem Lager mit
seinen Hermundurern zum andern Thore mit
einer gleichmäßigen Tapfferkeit in die Stadt;
welche denn nunmehr für denen Uberwündern
mit Wegwerffung der Waffen sich demüthigte.
Und ob wol das Schloß sich noch zu einer Ge-
genwehr rüstete; ergab es sich doch folgenden
Tag bey verspürtem Ernste des Sturmes als
ein solches Glied/ welches nach Verlust des
Hauptes zwar noch einige Regung/ aber keine
Geschickligkeit zu vernünfftigen Anstalten hat.
Jn dem Schlosse wurden die zwey Fürsten der
[Spaltenumbruch] Gallier gefangen/ und in Segesthens Geheim-
Schrancke ein Schreiben des Tiberius und
Varus gefunden/ derer ersteres dem Segesthes
die heimliche oder gewaltsame Hinrichtung
Hertzog Herrmanns/ und anderer ihm am
liechten stehender deutschen Fürsten/ mit hoch-
betheuerlicher Versicherung der deutschen Feld-
herrschafft auftrug; das andere aber Segesthen
wieder den Herrmann mit vielen Schmehun-
gen auffrischte; und daß über die bereit zu sei-
nen Diensten geschickten Gallier ihm auff den
Nothfall noch mehr Hülffe zukommen solte.
Hertzog Herrmann/ welcher Segesthens Ab-
neigung endlich durch die Ubermaaß seiner
Wolthaten zu gewinnen vermeinte/ und durch
seine Beleidigung nicht seine hertzliebste Thuß-
nelde/ durch diese aber sein eigen Hertz beleidi-
gen wolte; ließ ihm nicht nur die von etlichen
verbitterten Cheruskern und Hermundurern
umgelegte Ketten und Fessel abnehmen/ und
ihn Fürstlich bedienen; sondern auch durch den
Fürsten Jubil ihm die augenscheinliche Wie-
derstrebung des Verhängnüßes in anderwär-
tiger Verheyrathung seiner Tochter/ aus des
Tiberius Schreiben seine Mord-Lust; aus
den zweyen Briessen des Varus aber/ dieses auf
beyden Achseln tragenden Verräthers Arglist
und Vorsatz/ die Deutschen an einander zu he-
tzen/ für Augen stellen. Die verheissene Hülffe
zu der deutschen Feldherrschafft wäre dem Her-
tzog Herrmann so betheuerlich/ als Segesthen
versprochen; und ein Angel - Hacken/ an wel-
chem alle beyde ersticken solten. Der Römer
Absehen wäre: daß die Cassuarier und Cherus-
ker/ als zwey gegen einander stürtzende Felsen
einander zermalmen/ und ihrer einfältigen
Bunds-Genossen Hände die gebratenen Ka-
stanien aus den glüenden Kohlen scharren/ den
Kern aber ihnen zu essen geben solten. Dieses
möchte er doch nun einmahl behertzigen; des
Cheruskischen Helden auffsteigende Glücks-
Sonne durch ferner verweigerte Vermählung

und

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] dem dritten Theile der Hermundurer verſetzt;
alſo: daß Segeſthes eine Stunde lang verge-
bens heraus zu kommen ſich muͤhte/ als inzwi-
ſchen die Cherusker die Gallier abſchlachteten/
Jubil aber die Caſſuarier im Laͤger in Verwir-
rung/ hernach in die Flucht brachte. Bey an-
brechendem Tage brach Segeſthes durch das
andere Thor mit zweytauſend Mann heraus;
aber Hertzog Herrmann ſetzte ihm nicht allein
ſeinen Hinterhalt entgegen; ſondern/ weil die
Gallier ohne diß ſchon meiſtentheils aufgeopf-
fert waren/ und der Ritter Stirum mit ſechs-
hundert Cheruskern und einer daſelbſt gemach-
ten Wagenburg das andere Thor genungſam
einſchloß/ gieng er mit fuͤnffhundert Pferden
gleichfalls dem Segeſthes entgegen; welcher
von Wein und Rache erhitzet mehr verzweiffelt/
als tapffer fochte/ auch bey Erblickung Hertzog
Herrmanns gegen ihn ſich ſo weit herfuͤr zuͤck-
te: daß nach dem dieſer ſeinen Wurffſpieß be-
hutſam verſetzt/ und ihm das Pferd durch einen
Schwerdtſtreich in Hals getoͤdtet hatte/ Sege-
ſthes/ ungeachtet der Caſſuarier ruhmwuͤr diger
Gegenwehr/ vom Ritter Bodenſtein gefangen;
und hierauff die Caſſuarier in die Flucht ge-
bracht wurden. Wie nun dieſe in die Stadt
ſich fluͤchteten/ Hertzog Herrmann aber mit ſei-
nen Cheruskern ſich mit ihnen ſo vermengte:
daß es unmoͤglich war fuͤr dieſer ein dringenden
Gewalt das Thor zu ſperren; alſo drang Her-
tzog Jubil nach gantz uͤberwundenem Lager mit
ſeinen Hermundurern zum andern Thore mit
einer gleichmaͤßigen Tapfferkeit in die Stadt;
welche denn nunmehr fuͤr denen Uberwuͤndern
mit Wegwerffung der Waffen ſich demuͤthigte.
Und ob wol das Schloß ſich noch zu einer Ge-
genwehr ruͤſtete; ergab es ſich doch folgenden
Tag bey verſpuͤrtem Ernſte des Sturmes als
ein ſolches Glied/ welches nach Verluſt des
Hauptes zwar noch einige Regung/ aber keine
Geſchickligkeit zu vernuͤnfftigen Anſtalten hat.
Jn dem Schloſſe wurden die zwey Fuͤrſten der
[Spaltenumbruch] Gallieꝛ gefangen/ und in Segeſthens Geheim-
Schrancke ein Schreiben des Tiberius und
Varus gefunden/ derer erſteres dem Segeſthes
die heimliche oder gewaltſame Hinrichtung
Hertzog Herrmanns/ und anderer ihm am
liechten ſtehender deutſchen Fuͤrſten/ mit hoch-
betheuerlicher Verſicherung der deutſchen Feld-
herrſchafft auftrug; das andere aber Segeſthen
wieder den Herrmann mit vielen Schmehun-
gen auffriſchte; und daß uͤber die bereit zu ſei-
nen Dienſten geſchickten Gallier ihm auff den
Nothfall noch mehr Huͤlffe zukommen ſolte.
Hertzog Herrmann/ welcher Segeſthens Ab-
neigung endlich durch die Ubermaaß ſeiner
Wolthaten zu gewinnen vermeinte/ und durch
ſeine Beleidigung nicht ſeine hertzliebſte Thuß-
nelde/ durch dieſe aber ſein eigen Hertz beleidi-
gen wolte; ließ ihm nicht nur die von etlichen
verbitterten Cheruskern und Hermundurern
umgelegte Ketten und Feſſel abnehmen/ und
ihn Fuͤrſtlich bedienen; ſondern auch durch den
Fuͤrſten Jubil ihm die augenſcheinliche Wie-
derſtrebung des Verhaͤngnuͤßes in anderwaͤr-
tiger Verheyrathung ſeiner Tochter/ aus des
Tiberius Schreiben ſeine Mord-Luſt; aus
den zweyen Brieſſen des Varus aber/ dieſes auf
beyden Achſeln tragenden Verraͤthers Argliſt
und Vorſatz/ die Deutſchen an einander zu he-
tzen/ fuͤr Augen ſtellen. Die verheiſſene Huͤlffe
zu der deutſchen Feldherrſchafft waͤre dem Her-
tzog Herrmann ſo betheuerlich/ als Segeſthen
verſprochen; und ein Angel - Hacken/ an wel-
chem alle beyde erſticken ſolten. Der Roͤmer
Abſehen waͤre: daß die Caſſuarier und Cherus-
ker/ als zwey gegen einander ſtuͤrtzende Felſen
einander zermalmen/ und ihrer einfaͤltigen
Bunds-Genoſſen Haͤnde die gebratenen Ka-
ſtanien aus den gluͤenden Kohlen ſcharren/ den
Kern aber ihnen zu eſſen geben ſolten. Dieſes
moͤchte er doch nun einmahl behertzigen; des
Cheruskiſchen Helden auffſteigende Gluͤcks-
Sonne durch ferner verweigerte Vermaͤhlung

und
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[1310[1312]/1376] Achtes Buch dem dritten Theile der Hermundurer verſetzt; alſo: daß Segeſthes eine Stunde lang verge- bens heraus zu kommen ſich muͤhte/ als inzwi- ſchen die Cherusker die Gallier abſchlachteten/ Jubil aber die Caſſuarier im Laͤger in Verwir- rung/ hernach in die Flucht brachte. Bey an- brechendem Tage brach Segeſthes durch das andere Thor mit zweytauſend Mann heraus; aber Hertzog Herrmann ſetzte ihm nicht allein ſeinen Hinterhalt entgegen; ſondern/ weil die Gallier ohne diß ſchon meiſtentheils aufgeopf- fert waren/ und der Ritter Stirum mit ſechs- hundert Cheruskern und einer daſelbſt gemach- ten Wagenburg das andere Thor genungſam einſchloß/ gieng er mit fuͤnffhundert Pferden gleichfalls dem Segeſthes entgegen; welcher von Wein und Rache erhitzet mehr verzweiffelt/ als tapffer fochte/ auch bey Erblickung Hertzog Herrmanns gegen ihn ſich ſo weit herfuͤr zuͤck- te: daß nach dem dieſer ſeinen Wurffſpieß be- hutſam verſetzt/ und ihm das Pferd durch einen Schwerdtſtreich in Hals getoͤdtet hatte/ Sege- ſthes/ ungeachtet der Caſſuarier ruhmwuͤr diger Gegenwehr/ vom Ritter Bodenſtein gefangen; und hierauff die Caſſuarier in die Flucht ge- bracht wurden. Wie nun dieſe in die Stadt ſich fluͤchteten/ Hertzog Herrmann aber mit ſei- nen Cheruskern ſich mit ihnen ſo vermengte: daß es unmoͤglich war fuͤr dieſer ein dringenden Gewalt das Thor zu ſperren; alſo drang Her- tzog Jubil nach gantz uͤberwundenem Lager mit ſeinen Hermundurern zum andern Thore mit einer gleichmaͤßigen Tapfferkeit in die Stadt; welche denn nunmehr fuͤr denen Uberwuͤndern mit Wegwerffung der Waffen ſich demuͤthigte. Und ob wol das Schloß ſich noch zu einer Ge- genwehr ruͤſtete; ergab es ſich doch folgenden Tag bey verſpuͤrtem Ernſte des Sturmes als ein ſolches Glied/ welches nach Verluſt des Hauptes zwar noch einige Regung/ aber keine Geſchickligkeit zu vernuͤnfftigen Anſtalten hat. Jn dem Schloſſe wurden die zwey Fuͤrſten der Gallieꝛ gefangen/ und in Segeſthens Geheim- Schrancke ein Schreiben des Tiberius und Varus gefunden/ derer erſteres dem Segeſthes die heimliche oder gewaltſame Hinrichtung Hertzog Herrmanns/ und anderer ihm am liechten ſtehender deutſchen Fuͤrſten/ mit hoch- betheuerlicher Verſicherung der deutſchen Feld- herrſchafft auftrug; das andere aber Segeſthen wieder den Herrmann mit vielen Schmehun- gen auffriſchte; und daß uͤber die bereit zu ſei- nen Dienſten geſchickten Gallier ihm auff den Nothfall noch mehr Huͤlffe zukommen ſolte. Hertzog Herrmann/ welcher Segeſthens Ab- neigung endlich durch die Ubermaaß ſeiner Wolthaten zu gewinnen vermeinte/ und durch ſeine Beleidigung nicht ſeine hertzliebſte Thuß- nelde/ durch dieſe aber ſein eigen Hertz beleidi- gen wolte; ließ ihm nicht nur die von etlichen verbitterten Cheruskern und Hermundurern umgelegte Ketten und Feſſel abnehmen/ und ihn Fuͤrſtlich bedienen; ſondern auch durch den Fuͤrſten Jubil ihm die augenſcheinliche Wie- derſtrebung des Verhaͤngnuͤßes in anderwaͤr- tiger Verheyrathung ſeiner Tochter/ aus des Tiberius Schreiben ſeine Mord-Luſt; aus den zweyen Brieſſen des Varus aber/ dieſes auf beyden Achſeln tragenden Verraͤthers Argliſt und Vorſatz/ die Deutſchen an einander zu he- tzen/ fuͤr Augen ſtellen. Die verheiſſene Huͤlffe zu der deutſchen Feldherrſchafft waͤre dem Her- tzog Herrmann ſo betheuerlich/ als Segeſthen verſprochen; und ein Angel - Hacken/ an wel- chem alle beyde erſticken ſolten. Der Roͤmer Abſehen waͤre: daß die Caſſuarier und Cherus- ker/ als zwey gegen einander ſtuͤrtzende Felſen einander zermalmen/ und ihrer einfaͤltigen Bunds-Genoſſen Haͤnde die gebratenen Ka- ſtanien aus den gluͤenden Kohlen ſcharren/ den Kern aber ihnen zu eſſen geben ſolten. Dieſes moͤchte er doch nun einmahl behertzigen; des Cheruskiſchen Helden auffſteigende Gluͤcks- Sonne durch ferner verweigerte Vermaͤhlung und

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1310[1312]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1376>, abgerufen am 06.05.2024.