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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] weil sie ohne diß dem das Leben zu nehmen
nicht befugt wäre/ das er vom Hertzog Herr-
mann/ als dem Gebieter ihrer Seele/ schon
einmal zum Geschencke bekommen hätte. Die-
ser schon halb-todte ward hierdurch auffs neue
beseelet/ Herrmann aber veranlasset: daß er alle
Gefangene von Stund an frey/ seine wenige
Todten aber herrlich beerdigen/ und der Ver-
wundeten in dieser besetzten Festung wol pfle-
gen ließ. Den dritten Tag darauff erhielt
Herrmann und Jubil die Nachricht: daß Se-
gesthes sich mit zehntausend Galliern ver-
stärckt/ und bey Henneberg ein Läger geschla-
gen/ auch an der Werra und der Fulde ihnen
alle Pässe verhauen und besetzt hätte. Wenig
Stunden darauff fand sich ein Römischer E-
delmann beym Hertzog Herrmann mit Schrei-
ben aus Meyntz vom Quintilius Varus ein;
darinnen er ihn versicherte: daß der Kayser
die vorhabende Heyrath Marbods und Thuß-
neldens nicht/ wol aber Hinderung dieses ver-
dächtigen Beginnens und die Demüthigung
des undanckbaren Segesthes billigte/ derowe-
gen er auff den Nothfall dem Fürsten Herr-
mann hülffbar beyzuspringen nicht vergessen
würde. Herrmann/ ob er wol dieser Verträu-
ligkeit des schlimmen Varus wenig zutraute/
fertigte doch diesen Römer mit Geschäncken
und mit vielem Wort-Gepränge seiner Ver-
bindligkeit halber gegen den Kayser und Va-
rus ab. Denn solche Anstellung ist ein ehrba-
rer Betrug der Fürsten wieder die Betrüger;
und also nicht nur zuläßlich/ sondern nöthig.
Dieser war kaum abgefertigt/ als beyde Her-
tzoge den Segesthes des Nachts zu überfallen
schlüßig wurden; und mit dem sinckenden A-
bend ihre Völcker in möglichster Stille gegen
Henneberg fortrücken liessen. Denn ob sie
zwar sich dreymahl schwächer/ als den Feind
wusten/ trauten sie doch ihrer Tapfferkeit in al-
lem so viel zu: daß sie an nichts einiges Miß-
trauen hatten; zumahl ihr voriger Sieg ihrem
Volcke so viel mehr Hoffnung/ den Feind aber
[Spaltenumbruch] verzagt gemacht hatte/ und selbter also ein
Werckzeug mehrer Siege zu seyn tauglich
schien. Die Cherusker und Hermundurer ka-
men guter drey Stunden für Tage harte an
das Läger/ in welchem sich schier keine Mauß
nicht rührte; hingegen sahen sie das Schloß in
Henneberg von unzehlbaren Lichtern und Fa-
ckeln gleichsam lodern; und die hellen Krumb-
Hörner erfülleten die Lufft mit einem unauff-
hörlichen bey denen Gesundheit-Trincken ge-
wöhnlichen Gethöne. Weil nun dieses das
wenigere Geräusche verdrückte/ ließ Herrmann
etliche Cherusker an die Wagenburg kriechen;
welche alsofort zwey in so tieffen Schlaff und
Trunckenheit versenckte Gallier zum Herr-
mann schlepten: daß sie nach vielem Rütteln
kaum zu erwecken waren. Diese bekennten:
daß zwey Fürsten der Gallier nebst den für-
nehmsten Kriegs-Obersten beym Hertzog Se-
gesthes zu Gaste/ die den Abend vorher mit
vieler Kost und Geträncke beschenckten Gal-
lier auch grossen theils truncken wären. Die
Hertzoge theilten ihr Kriegs-Volck sonder ei-
nige Zeit-Verlierung in vier Theil; mit zwey-
en ward ins Läger gebrochen/ die schlaffenden
Wachen nieder gehauen/ die Wagenburg er-
öffnet/ ehe sich schier ein Mensch in dem Läger
rührte/ weniger zu den Waffen grieff. Man
schlachtete die Gallier gleichsam wie das unver-
nünfftige und angebundene Vieh ab; biß Her-
tzog Jubil an das Lager der Chassuarier kam;
welche alsofort die Waffen ergrieffen/ und de-
nen Hermundurern die Stirneboten. Hier-
über ward auch Lermen in Henneberg/ und
Segesthes nebst seinen von dem Truncke erhitz-
ten Gästen wolten durch das nechste Thor mit
dreytausend darinnen liegenden Chassuariern
heraus brechen/ und denen die Lufft mit
erbärmlichem Mord-Geschrey erfüllen den
Galliern/ welche nun hin und wieder zu der
Gegenwehre sich anstelleten/ zu Hülffe kom-
men. Aber Hertzog Herrmann hatte bald
im Anfange seines Einbruchs dieses Thor mit

dem
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] weil ſie ohne diß dem das Leben zu nehmen
nicht befugt waͤre/ das er vom Hertzog Herꝛ-
mann/ als dem Gebieter ihrer Seele/ ſchon
einmal zum Geſchencke bekommen haͤtte. Die-
ſer ſchon halb-todte ward hierdurch auffs neue
beſeelet/ Herꝛmann aber veranlaſſet: daß er alle
Gefangene von Stund an frey/ ſeine wenige
Todten aber herrlich beerdigen/ und der Ver-
wundeten in dieſer beſetzten Feſtung wol pfle-
gen ließ. Den dritten Tag darauff erhielt
Herꝛmann und Jubil die Nachricht: daß Se-
geſthes ſich mit zehntauſend Galliern ver-
ſtaͤrckt/ und bey Henneberg ein Laͤger geſchla-
gen/ auch an der Werra und der Fulde ihnen
alle Paͤſſe verhauen und beſetzt haͤtte. Wenig
Stunden darauff fand ſich ein Roͤmiſcher E-
delmann beym Hertzog Herꝛmann mit Schrei-
ben aus Meyntz vom Quintilius Varus ein;
darinnen er ihn verſicherte: daß der Kayſer
die vorhabende Heyrath Marbods und Thuß-
neldens nicht/ wol aber Hinderung dieſes ver-
daͤchtigen Beginnens und die Demuͤthigung
des undanckbaren Segeſthes billigte/ derowe-
gen er auff den Nothfall dem Fuͤrſten Herꝛ-
mann huͤlffbar beyzuſpringen nicht vergeſſen
wuͤrde. Herrmann/ ob er wol dieſer Vertraͤu-
ligkeit des ſchlimmen Varus wenig zutraute/
fertigte doch dieſen Roͤmer mit Geſchaͤncken
und mit vielem Wort-Gepraͤnge ſeiner Ver-
bindligkeit halber gegen den Kayſer und Va-
rus ab. Denn ſolche Anſtellung iſt ein ehrba-
rer Betrug der Fuͤrſten wieder die Betruͤger;
und alſo nicht nur zulaͤßlich/ ſondern noͤthig.
Dieſer war kaum abgefertigt/ als beyde Her-
tzoge den Segeſthes des Nachts zu uͤberfallen
ſchluͤßig wurden; und mit dem ſinckenden A-
bend ihre Voͤlcker in moͤglichſter Stille gegen
Henneberg fortruͤcken lieſſen. Denn ob ſie
zwar ſich dreymahl ſchwaͤcher/ als den Feind
wuſten/ trauten ſie doch ihrer Tapfferkeit in al-
lem ſo viel zu: daß ſie an nichts einiges Miß-
trauen hatten; zumahl ihr voriger Sieg ihrem
Volcke ſo viel mehr Hoffnung/ den Feind aber
[Spaltenumbruch] verzagt gemacht hatte/ und ſelbter alſo ein
Werckzeug mehrer Siege zu ſeyn tauglich
ſchien. Die Cherusker und Hermundurer ka-
men guter drey Stunden fuͤr Tage harte an
das Laͤger/ in welchem ſich ſchier keine Mauß
nicht ruͤhrte; hingegen ſahen ſie das Schloß in
Henneberg von unzehlbaren Lichtern und Fa-
ckeln gleichſam lodern; und die hellen Krumb-
Hoͤrner erfuͤlleten die Lufft mit einem unauff-
hoͤrlichen bey denen Geſundheit-Trincken ge-
woͤhnlichen Gethoͤne. Weil nun dieſes das
wenigere Geraͤuſche verdruͤckte/ ließ Herrmann
etliche Cherusker an die Wagenburg kriechen;
welche alſofort zwey in ſo tieffen Schlaff und
Trunckenheit verſenckte Gallier zum Herꝛ-
mann ſchlepten: daß ſie nach vielem Ruͤtteln
kaum zu erwecken waren. Dieſe bekennten:
daß zwey Fuͤrſten der Gallier nebſt den fuͤr-
nehmſten Kriegs-Oberſten beym Hertzog Se-
geſthes zu Gaſte/ die den Abend vorher mit
vieler Koſt und Getraͤncke beſchenckten Gal-
lier auch groſſen theils truncken waͤren. Die
Hertzoge theilten ihr Kriegs-Volck ſonder ei-
nige Zeit-Verlierung in vier Theil; mit zwey-
en ward ins Laͤger gebrochen/ die ſchlaffenden
Wachen nieder gehauen/ die Wagenburg er-
oͤffnet/ ehe ſich ſchier ein Menſch in dem Laͤger
ruͤhrte/ weniger zu den Waffen grieff. Man
ſchlachtete die Gallier gleichſam wie das unver-
nuͤnfftige und angebundene Vieh ab; biß Her-
tzog Jubil an das Lager der Chaſſuarier kam;
welche alſofort die Waffen ergrieffen/ und de-
nen Hermundurern die Stirneboten. Hier-
uͤber ward auch Lermen in Henneberg/ und
Segeſthes nebſt ſeinen von dem Truncke erhitz-
ten Gaͤſten wolten durch das nechſte Thor mit
dreytauſend darinnen liegenden Chaſſuariern
heraus brechen/ und denen die Lufft mit
erbaͤrmlichem Mord-Geſchrey erfuͤllen den
Galliern/ welche nun hin und wieder zu der
Gegenwehre ſich anſtelleten/ zu Huͤlffe kom-
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im Anfange ſeines Einbruchs dieſes Thor mit

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[1309[1311]/1375] Arminius und Thußnelda. weil ſie ohne diß dem das Leben zu nehmen nicht befugt waͤre/ das er vom Hertzog Herꝛ- mann/ als dem Gebieter ihrer Seele/ ſchon einmal zum Geſchencke bekommen haͤtte. Die- ſer ſchon halb-todte ward hierdurch auffs neue beſeelet/ Herꝛmann aber veranlaſſet: daß er alle Gefangene von Stund an frey/ ſeine wenige Todten aber herrlich beerdigen/ und der Ver- wundeten in dieſer beſetzten Feſtung wol pfle- gen ließ. Den dritten Tag darauff erhielt Herꝛmann und Jubil die Nachricht: daß Se- geſthes ſich mit zehntauſend Galliern ver- ſtaͤrckt/ und bey Henneberg ein Laͤger geſchla- gen/ auch an der Werra und der Fulde ihnen alle Paͤſſe verhauen und beſetzt haͤtte. Wenig Stunden darauff fand ſich ein Roͤmiſcher E- delmann beym Hertzog Herꝛmann mit Schrei- ben aus Meyntz vom Quintilius Varus ein; darinnen er ihn verſicherte: daß der Kayſer die vorhabende Heyrath Marbods und Thuß- neldens nicht/ wol aber Hinderung dieſes ver- daͤchtigen Beginnens und die Demuͤthigung des undanckbaren Segeſthes billigte/ derowe- gen er auff den Nothfall dem Fuͤrſten Herꝛ- mann huͤlffbar beyzuſpringen nicht vergeſſen wuͤrde. Herrmann/ ob er wol dieſer Vertraͤu- ligkeit des ſchlimmen Varus wenig zutraute/ fertigte doch dieſen Roͤmer mit Geſchaͤncken und mit vielem Wort-Gepraͤnge ſeiner Ver- bindligkeit halber gegen den Kayſer und Va- rus ab. Denn ſolche Anſtellung iſt ein ehrba- rer Betrug der Fuͤrſten wieder die Betruͤger; und alſo nicht nur zulaͤßlich/ ſondern noͤthig. Dieſer war kaum abgefertigt/ als beyde Her- tzoge den Segeſthes des Nachts zu uͤberfallen ſchluͤßig wurden; und mit dem ſinckenden A- bend ihre Voͤlcker in moͤglichſter Stille gegen Henneberg fortruͤcken lieſſen. Denn ob ſie zwar ſich dreymahl ſchwaͤcher/ als den Feind wuſten/ trauten ſie doch ihrer Tapfferkeit in al- lem ſo viel zu: daß ſie an nichts einiges Miß- trauen hatten; zumahl ihr voriger Sieg ihrem Volcke ſo viel mehr Hoffnung/ den Feind aber verzagt gemacht hatte/ und ſelbter alſo ein Werckzeug mehrer Siege zu ſeyn tauglich ſchien. Die Cherusker und Hermundurer ka- men guter drey Stunden fuͤr Tage harte an das Laͤger/ in welchem ſich ſchier keine Mauß nicht ruͤhrte; hingegen ſahen ſie das Schloß in Henneberg von unzehlbaren Lichtern und Fa- ckeln gleichſam lodern; und die hellen Krumb- Hoͤrner erfuͤlleten die Lufft mit einem unauff- hoͤrlichen bey denen Geſundheit-Trincken ge- woͤhnlichen Gethoͤne. Weil nun dieſes das wenigere Geraͤuſche verdruͤckte/ ließ Herrmann etliche Cherusker an die Wagenburg kriechen; welche alſofort zwey in ſo tieffen Schlaff und Trunckenheit verſenckte Gallier zum Herꝛ- mann ſchlepten: daß ſie nach vielem Ruͤtteln kaum zu erwecken waren. Dieſe bekennten: daß zwey Fuͤrſten der Gallier nebſt den fuͤr- nehmſten Kriegs-Oberſten beym Hertzog Se- geſthes zu Gaſte/ die den Abend vorher mit vieler Koſt und Getraͤncke beſchenckten Gal- lier auch groſſen theils truncken waͤren. Die Hertzoge theilten ihr Kriegs-Volck ſonder ei- nige Zeit-Verlierung in vier Theil; mit zwey- en ward ins Laͤger gebrochen/ die ſchlaffenden Wachen nieder gehauen/ die Wagenburg er- oͤffnet/ ehe ſich ſchier ein Menſch in dem Laͤger ruͤhrte/ weniger zu den Waffen grieff. Man ſchlachtete die Gallier gleichſam wie das unver- nuͤnfftige und angebundene Vieh ab; biß Her- tzog Jubil an das Lager der Chaſſuarier kam; welche alſofort die Waffen ergrieffen/ und de- nen Hermundurern die Stirneboten. Hier- uͤber ward auch Lermen in Henneberg/ und Segeſthes nebſt ſeinen von dem Truncke erhitz- ten Gaͤſten wolten durch das nechſte Thor mit dreytauſend darinnen liegenden Chaſſuariern heraus brechen/ und denen die Lufft mit erbaͤrmlichem Mord-Geſchrey erfuͤllen den Galliern/ welche nun hin und wieder zu der Gegenwehre ſich anſtelleten/ zu Huͤlffe kom- men. Aber Hertzog Herrmann hatte bald im Anfange ſeines Einbruchs dieſes Thor mit dem C c c c c c c c 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1309[1311]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1375>, abgerufen am 23.11.2024.